Texhnolyze Vol.1 - Inhuman & Beautiful
- Regie:
- Hiroshi Hamasaki
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Trickfilm
- Land:
- Japan
1 Review(s)
05.08.2006 | 21:17“Texhnolyze“ ist eine weitere Science-Fiction-Produktion von den Machern solcher Serien wie “Hellsing“, “Haibane Renmei“ und “Serial Experiments Lain“ (letztere erschienen ebenfalls über SPVision) und setzt alleine wegen dieser Tatsache die Erwartungshaltung des Zuschauers in kaum mehr überschaubare Höhen. Und das zu Recht, denn die düstere Serie von Regisseur Hiroshi Hamasaki ist ein weiteres elegantes Schmuckstück, welches die Anime-Welt mit Sicherheit begeistern wird. Falls dies nicht schon längst geschehen ist…
Story
Tief im Inneren der Erde befindet sich die experimentelle Zukunfts-Metropole Lukuss - ein Ort, an dem Verbrechen und kompromisslose Bandenkämpfe ebenso zur Tagesordnung gehören wie Mord und Genmanipulation. Inmitten dieser Welt lebt der junge Kämpfer Ichise, ein unheimlich willensstarker Vertreter seiner Zunft, der für seine jüngsten Bemühungen mit einer Prostituierten belohnt wird. Doch beim Liebesspiel kommt es zu einer Auseinandersetzung, die Ichise veranlasst, seine Gespielin zu verletzen. Aida, ihr Zuhälter, ist davon gar nicht angetan und hetzt einige seiner Männer auf Ichise, die ihm zur Strafe den rechten Arm abhacken. Gepeinigt von den Schmerzen und vom ersten Schock erholt, schleudert der schwer verletzten Junge sich gegen die Vielzahl seiner Gegner und muss diesen Angriff mit einem weiteren Körperteil, dem linken Bein, bezahlen. Bandenführer Onshi bewahrt Ichise jedoch vor dem Tod, so dass dieser elendig die Flucht antreten kann, die ihn schließlich zu einer Ärztin führt. Diese jedoch sieht in Ichise nicht den Patienten, sondern ein Versuchskaninchen zum Erproben ihrer Texhnolyze-Träger, bei denen es sich um verbesserte technisierte Ausarbeitungen der verlorenen Gliedmaßen handelt. Ichise spielt dieses riskante Spiel aus Mangel an Alternativen mit und sieht einer Zukunft mit kybernetischen Armen und Beinen entgegen.
Währenddessen betritt Yoshii, ein Bewohner der ’oberen Welt’, die Metropole, wird dort aber nicht freundlich empfangen. Verbündet mit dem Ältesten des Dorfes Gabe und dem jungen Mädchen Ran schlägt er die angreifenden Kämpfer der Allianz in die Flucht. Sein Weg führt ihn schließlich auch zur Organisation um den mächtigen Onshi, der mit seinem verbrüderten Militär in kürzester Zeit die Macht übernimmt. Lukuss steht vor einer ungewissen Zukunft, in der das Böse immer mächtiger zu werden scheint. Welche Rolle wird dabei Texhnolyze und die hierfür notwendige Substanz Lafia spielen? Und was geschieht mit den Menschen an sich?
Meine Meinung
Hiroshi Himasaki wirft mit dieser Reihe eines der düstersten Szenarien der gesamten Anime-Geschichte auf. Und dafür sind ihm auch alle Mittel recht. Von Anfang an betreibt der Regisseur ein Katz-und-Maus-Spiel mit seinen Zuschauern, die erst einmal ihre liebe Mühe haben, den Inhalt der Serie genau zu erfassen. Ganz besonders die erste Episode “Stranger“ ist ein Paradebeispiel für die Komplexität dieser beklemmend stimmenden Serie und stellt einen vor unzählige Rätsel. Himasaki erschwert zudem noch dadurch den Zugang zu “Texhnolyze“, dass er in eben dieser Folge beinahe ausschließlich die Kraft der Bilder sprechen lässt. In stetigen, raschen Wechseln springt man von Szene zu Szene, unterlässt jegliche Dialoge und stellt in äußerst nebulösen Bildern die verschiedenen Hauptdarsteller vor: den eigensinnigen, tapferen Ichise, den geheimnisvollen, weisen Yoshii, den abgebrühten Gentleman Onshi und die mysteriöse Hellseherin Ran, die jedoch noch nicht so deutlich in den Mittelpunkt rückt. Allesamt finden sie in den vier Episoden der ersten DVD noch nicht ihre exakte Rolle und werden über langsam skizzierte Umschreibungen recht behäbig in eine gewisse Stellung gerückt, die sich allerdings erst noch bestätigen muss.
Auch die Entwicklung der vielzähligen Handlungsstränge schreitet prinzipiell, d.h. auf den ersten Blick, recht langsam voran, weil Hamasaki und sein Team viele Situationen bis zuletzt auskosten und jegliche Mimik in Form von längeren Standbildern intensiv verstärken. Ein geäußerter Gedanke bleibt somit eine ganze Zeit im Raume, bis schließlich eine dazugehörige Reaktion folgt. Und dennoch täuscht diesbezüglich der erste Eindruck, denn während im Vordergrund diese gewaltigen Einstellungen erprobt werden und man selber genügend Zeit für eigene Gedanken bekommt, geschehen abseits der eigentlichen Szenerie – und sei es nur durch ein kurzes Zwinkern – sehr viele Dinge, deren Auswirkungen trotz des offensichtlichen und transparenten Verstecks von hoher Bedeutung sind.
Die Action spielt sich also definitiv nicht immer an vorderster Front ab, und das ist meiner Meinung nach auch eine große Stärke dieser Serie. Der Regisseur arbeitet fast gänzlich ohne größer angelegte Effekte und verlässt sich anstelle dessen auf eher minimalistische Mittel, was sich letzten Endes auch als das größte Geheimrezept von “Texhnolyze“ herausstellt. Hinzu kommen unheimlich tolle bewegte Illustrationen, die als portraitierte Kunstwerke die manchmal erschreckend packende Atmosphäre dieser Produktion unterstreichen. Von den Personen geht zum Beispiel eine sehr große Ausdruckskraft aus, die sich Hamasaki mittels der scharfkantigen Zeichnungen jederzeit zunutze macht, um die teils mystische Aura ihres Wesens zu bekräftigen. Man erfährt zwar schon einiges, aber bei weitem noch nicht genug, um sich schon ein genaues Bild zu machen. Aber bei einer derart komplex gestalteten Reihe wie “Texhnolyaze“ kann man von einem Start auch noch nicht die große Aufklärungsarbeit erwarten; das muss die Serie in langsamen Schritten selber leisten.
Fazit
Science-Fiction von ihrer schwermütigsten, aber ganz klar auch besten Seiten – dafür steht “Texhnolyze“. Hamasakis aktuelle Produktion ist ein düsteres, teils auch ziemlich brutales Action-Adventure, welches die zukünftige Welt aus einer ziemlich bedrückten, beängstigenden Perspektive zeigt. Damit ist die ab 16 freigegebene Reihe auch nichts für schwache Nerven, nicht zuletzt, weil man mit solchen dem Plot wohl kaum Folgen könnte - zumindest nicht zu Beginn. Aber die besten Animes sind seit jeher diejenigen, bei denen man am Ende glaubt, den Durchblick zu haben, trotzdem aber noch zahlreiche Rätsel zurückgelassen werden. “Texhnolyze“ passt, ausgehend von “Vol.1“, perfekt in dieses Schema, wenngleich die Serie losgelöst von allen Vorgaben ein Eigenleben entwickelt, das sich bereits nach dem ersten Kampf nicht mehr aufhalten lässt - und das man, sobald man Blut geleckt hat, auch nicht mehr missen möchte. Diesen Silberling mitsamt seiner schmucken Aufmachung sollte man sich aus diesem Grunde auch nicht entgehen lassen. Oder anders gesagt: Pflichtanschaffung für das Anime-Pubikum!
- Redakteur:
- Björn Backes