Wickie auf großer Fahrt (DVD)
- Regie:
- Christian Ditter
- Jahr:
- 2011
- Genre:
- Abenteuer
- Land:
- Deutschland
- Originaltitel:
- Wickie auf großer Fahrt
1 Review(s)
13.02.2012 | 16:57Michael 'Bully' Herbig hat das deutschstämmige Kino salonfähig gemacht - eine solche Aussage, so gewagt sie auch sein mag, darf man getrost einmal stehen lassen. Der Stefan Raab des hiesigen Unterhaltungsfernsehens hat nicht bloß mit seinen schrulligen Interpretationen von "Winnetou" und "Star Trek" die Kassen leergeräumt, sondern er hat auch auf die Talente der Schauspielkunst seiner Landsmänner und -frauen gesetzt und letzten Endes den verdienten Lohn für diesen Schritt eingefahren. Genau jenen bewies Herbig schließlich, als er für das Leinwandabenteuer des kleinen Wikingers Wickie eine groß angelegte Casting-Aktion startete und aus vermeintlichen Nobodys Kinohelden formte. "Wickie und die starken Männer" konnte zwar nicht ganz so viel Geld in die Kinokassen spielen wie "Der Schuh des Manitu", war jedoch unterm Strich die ambitionierteste Produktion des Publikumslieblings. Ein Nachfolger schien fest eingeplant, jedoch passte dieses Unterfangen nicht so recht in den Zeitplan des umtriebigen Medienstars, der sich kurzerhand entschloss, die Zügel abzugeben und den frisch gecasteten Helden eine weitere Show zu bieten. In "Wickie auf großer Fahrt" übergab er das Zepter schlussendlich an Christian Ditter, der bereits mit "Vorstadtkrokodile" einen Trump in der Hinterhand hatte, insofern also auch genügend Renommee aufweisen kann, um eine solch große Verantwortung zu übernehmen. Was konnte also noch schiefgehen?
Story:
Mal wieder scheint Wickie von seinem Mut verlassen, als er im Auftrag seines Vaters ein kleines Dorf überfallen und den nächsten Beutezug sicherstellen soll. Seine Schlauheit hilft ihm bei der Lösung kleiner Probleme, doch für die Raubzüge der Wikinger scheint er immer noch nicht geeignet. Jedoch lernt er ein junges Mädchen kennen, das ihm schwer imponiert und so mutig ist, wie Wickie es immer sein mag - und da dieses Mädchen scheinbar den Schlüssel zu einem großen Schatz verwaltet, wittert Wickie seine Chance, als die kleine Gaunerin als Sklavin nach Flake zurückkehrt.
Doch die Dinge laufen anders, als es Halvar und seine Gefolgsleute vorsehen: Der Häuptling wird vom schrecklichen Sven entführt, und sein Amulett dient diesem als Schlüssel zum Schatz der Götter, der sich in den Eiswelten der Eskimos befindet. Kurzerhand wird Wickie in die Verantwortung gerufen und führt den Wikingertrupp bei der Befreiung ihres Chefs an. Doch die Reise zum schrecklichen Sven und seinen Helfershelfern entpuppt sich als furchtbares Abenteuer, dem der kleine Thronfolger noch nicht gewachsen scheint. Als es ihm schließlich doch gelingt, seinen Vater aufzuspüren, macht ihm ausgerechnet die inzwischen lieb gewonnene Svenja einen Strich durch die Rechnung - und verrät ihm schließlich, dass sie die Tochter des grobschlächtigen Bösewichts ist ...
Persönlicher Eindruck:
Es hat sich spürbar eine Menge geändert, seit Wickie und seine starken Gefährten zum letzten Mal in See gestochen sind. Zwar ist "Wickie auf großer Fahrt" in Sachen Abenteuer und Spektakel mit seinem direkten Vorgänger vergleichbar, manchmal sogar noch eine Spur wagemutiger, doch dafür muss der Klamauk ein ganzes Stück zurückstecken. Ditter hat einen Film produziert, der in erster Linie das jüngere Publikum ansprechen soll, was vor allem bedeutet, dass die zweideutigen Scherze und so manche pikante Anspielung der Vergangenheit angehören. Stattdessen setzt der Regisseur auf die Ausdruckskraft seiner Schauspieler, die ihn jedoch in diesem Vorhaben mit einer sehr ansprechenden, teils auch spürbar leidenschaftlichen Performance bestätigen. Die Wikinger-Darsteller sind endgültig in ihrer Rolle angekommen, haben ihre Trickfilm-Idole offenbar noch eingehender studiert und verkörpern die jeweiligen Charaktere ausnahmslos brillant. Da glänzt der etwas unbeholfene Halvar (Waldemar Kobus) ebenso wie der ungeschickte Gorm (Mike Maas), und was die Position des Bösewichts betrifft, hätte man an dieser Stelle wohl kaum jemanden finden können, der diesen Part besser hätte ausfüllen können als Günther Kaufmann. Jonas Hämmerle spielt seinen Wickie-Part derweil noch überzeugender, als dies im Debüt der Fall war, während die hübsche Valeria Eisenbart sich ihm als verräterische Svenja absolut gewachsen sieht - hier sind Komplimente definitiv angebracht.
Was den Inhalt betrifft, darf man natürlich keine revolutionäre Handlung erwarten, wohl jedoch einen sympathischen Abenteuerfilm, der von seinen Charakteren ebenso lebt wie von den feinen Kulissen, der schön inszenierten Action und den flotten Sprüchen, die zwar nun ein anderes Niveau haben, aber dennoch genügend Humor mitbringen, dass sich auch die älteren Semester kringeln dürfen. Das einzige, was "Wickie auf großer Fahrt" abgeht, ist eine nachvollziehbare Struktur. Der Plot wirkt stellenweise hektisch und überhastet in seiner Präsentation, gerade nachdem die Helden auf der Burg des schrecklichen Sven angekommen sind. Bereits mehrfach scheint die Story abgeschlossen, bevor dann wieder einige Wendungen erzwungen werden, die nicht so recht den Fluss bedienen, der die erste Hälfte des Streifens widerspiegelt. Die Szenerie wird gerade in den letzten Sequenzen zu künstlich verlagert, und auch wenn die Geschichte nie in Gefahr gerät, undurchschaubar zu bleiben - es ist eben letzten Endes ein Kinderfilm - wünscht man sich hier und dort dann doch eine etwas klarere Linie.
Den jüngeren Zuschauern wird dies vielleicht nicht so sehr auffallen, weil die Handlung immer noch sehr stark auf das Treiben des Titelhelden zugeschnitten ist und der Fokus eigentlich ausschließlich auf seine klugen Ideen gerichtet ist. Schaut man indes ein bisschen genauer hin, kann man sich an diesen zwischenzeitlichen Verhasplungen sicherlich stören.
Nichtsdestotrotz überwiegen die liebevolle Vorgehensweise bei der Interpretation der bekannten Comic-Figuren sowie die sympathische Ausstrahlung der Hauptdarsteller. Die Figuren sind mitunter vielleicht auch bedeutsamer als die eigentliche Story, da sie die Identifikation an sich ziehen und damit erst an den Plot heranführen. Dies wäre sicherlich anders, wäre Wickie nicht bereits hinlänglich bekannt. Jedoch sollte man bei einer etwaigen Fortsetzung nicht aus den Augen verlieren, dass diesbezüglicher Kredit irgendwann erschöpft ist - auch wenn das im zweiten Teil der Wickie-Reihe nun noch nicht der Fall ist.
DVD-Aufbereitung:
Erwartungsgemäß ist die audiovisuelle Aufbereitung des Streifens makellos. Das Bild ist selbst beim Presse-Screener gestochen scharf, die Action-Sequenzen glänzen derweil mit angenehmem Raumklang und genügend Support in den aufregenden Szenen, und der Soundtrack, der zwar nicht so häufig eingeflochten wird, lässt ebenfalls keine Wünsche offen. Als Bonmus bekommt man noch diverse Extras wie ein umfangreiches Making Of, diverse Interviews mit den Darstellern, die üblichen Outtakes und ein paar kurze Berichte zu den Kulissen - auch hier darf man nicht meckern.
Fazit:
"Wickie auf großer Fahrt" ist im Großen und Ganzen ein sehr unterhaltenswerter Abenteuerfilm, der nicht mehr direkt mit seinem Vorgänger zu vergleichen ist, da sich offensichtlich die Zielgruppe verändert hat, als angenehmes Familienkino aber voll und ganz seinen Zweck erfüllt!
Ausstattung:
EAN: 4011976879183
Bildformat: 2.35:1 (anamorph 16:9)
Tonformat: Deutsch Dolby Digital 5.1, Deutsch DTS 5.1
Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte
FSK: o.A.
Länge: ca. 93 Minuten
Extras:
- Audiokommentar mit Christian Ditter (Regisseur), Christian Becker (Produzent), Jonas Hämmerle (Wickie) und Valeria Eisenbart (Svenja)
- Comedy Making of (ca. 23 Min.)
- Interviews (ca. 16 Min.)
- Musikvideo Nena als Karaoke und Singalong (ca. 2,5 Min.)
- Deleted Scenes (ca. 2 Min.)
- Outtakes (ca. 2 Min.)
- VFX Making of ARRI (ca. 3 Min.)
- VFX Making of Scanline (ca. 3 Min.)
- Teamfoto
- Weitere Produkte (ca. 7 Min.)
- Das Moffels-Lied (gesungen von Heike Makatsch ca. 2,5 Min.)
- Redakteur:
- Björn Backes