PINK FLOYD - The Wall
Mehr über Pink Floyd
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- EMI / Colombia
- Release:
- 30.11.1979
- In The Flesh?
- The Thin Ice
- Another Brick In The Wall
- The Happiest Days Of Our Lives
- Another Brick In The Wall Pt. 2
- Mother
- Goodbye Blue Sky
- Empty Spaces
- Young Lust
- One Of My Turns
- Don't Leave Me Now
- Another Brick In The Wall Pt. 3
- Goodbye Cruel World
- Hey You
- Is There Anybody Out There?
- Nobody Home
- Vera
- Bring The Boys Back Home
- Comfortably Numb
- The Show Must Go On
- In The Flesh
- Run Like Hell
- Waiting For The Worms
- Stop
- The Trial
- Outside The Wall
Man kann sich sicherlich einfachere Alben für ein Review aussuchen als den PINK FLOYD-Klassiker "The Wall". Aber der Versuch, diesem Werk schreibenderweise gerecht zu werden, kann ja trotzdem nicht schaden, schließlich wächst man bekanntlich mit seinen Aufgaben.
"The Wall" ist ein Konzeptalbum, welches 1982 unter gleichem Namen in einem teilanimierten Streifen mit Bob Geldof in der Hauptrolle verfilmt wurde. Zunächst zur Geschichte, die in Album und Film erzählt wird. Es geht um einen Mann, den Rockmusiker Pink, der sich vor seiner Umwelt abschottet und eine Mauer um sich herum errichtet. Die Ursachen für diese Mauer liegen in vergangenen Negativerlebnissen mit Eltern und Lehrern, sind aber auch stress- und drogenbedingt. Er ist unfähig, diese durch ihn selbst errichtete Mauer zu durchbrechen, er fühlt sich ausgebrannt und leer, was in emotionalen Extremreaktionen und Depressionen mündet. Am Ende wird er von einem Gericht dazu verurteilt, die Mauer einzureißen (die Verhandlung spielt sich indes nur in seinem Kopf ab).
Interessant sind die deutlich autobiographischen Züge der Figur des Pink, die in gewisser Weise die damalige Situation Roger Waters' widerspiegeln, der eine Art Mauer zwischen sich und seinen Fans errichtete, weil er sie abstoßend fand und er in einer berühmt (oder eher berüchtigt) gewordenen Szene auf der "Animals"-Tour sogar einen übermotivierten Fan anspuckte.
Auch musikalisch reflektiert "The Wall" genau dieses Zerrissene - die Scheibe ist komplex, aber auch recht kompliziert, wirre und eingängige Momente geben sich die Klinke in die Hand, und ohne den Film gesehen zu haben, ist das Album nur sehr schwer zu verstehen. Auf jeden Fall ist "The Wall" aber ein Ausnahmewerk, auf dem Konzept und Musik unnachahmlich miteinander verwoben sind, und das in dieser Form seinesgleichen sucht. Damit ist es irgendwie typisch für PINK FLOYD und doch auch irgendwie ganz anders als deren übrige Werke. Es ist ein ganz spezielles Erlebnis, dieser Platte zu lauschen und sie auf sich wirken zu lassen. Als Einstieg ist sie allerdings denkbar schlecht geeignet und sogar viele FLOYD-Fans taten sich längere Zeit schwer damit (weil die meisten wohl etwas im Stile des Vorgängers "Animals" erwarteten), vor allem weil das psychedelische Element doch sehr kurz kommt und es dafür viele verwirrende Passagen und unverständliche Geräuschkulissen gibt. Mit der Zeit ergibt dieses Album aber sehr wohl ein schlüssiges Gesamtbild und das macht auch seinen besonderen Reiz aus.
Sicherlich kann man "The Wall" nicht pauschal als bestes PINK FLOYD-Album aller Zeiten bezeichnen, das gilt aber auch für jedes andere Werk der Briten, denn logischerweise gehen da auf Grund der vielen herausragenden Scheiben die Meinungen sehr weit auseinander. In einer etwas älteren Umfrage unter FLOYD-Fans (Quelle: Nicholas Schaffner: "Pink Floyd - Saucerful Of Secret", 1992) belegte "The Wall" den dritten Platz auf der Beliebtheitsskala (hinter "Wish You Were Here" und "Dark Side Of The Moon") und auch in meiner persönlichen Wertschätzung stehen ein paar Alben vor dem 79er Rundling. Ohne Zweifel ist es aber ein sehr essenzielles Werk in ihrer Diskographie und bescherte ihnen die zweithöchsten Verkaufszahlen für ein PINK FLOYD-Studioalbum überhaupt, aber dabei doch nicht das hohe Maß an Aufmerksamkeit, das es verdient gehabt hätte.
Ich würde allerdings zumindest behaupten, dass 'Another Brick In The Wall' so etwas wie das 'Highway To Hell' von PINK FLOYD ist - was so viel heißen soll, dass auch Leute, die die Band nicht weiter kennen, zumindest diesen einen Song untertrennbar mit dem Namen PINK FLOYD verbinden können. Dabei gibt es sicherlich eine ganze Reihe "typischere" und vor allem herausragendere FLOYD-Stücke, aber in manchen Dingen steckt man eben einfach nicht drin.
Für PINK FLOYD war es zudem der letzte richtig große Wurf, denn das 1983 erschienene Album "The Final Cut" floppte ziemlich, "A Momentary Lapse Of Reason" (1987) war eigentlich mehr ein Solo-Album von David Gilmour und die Comeback-Scheibe "The Division Bell" (1994) konnte an die großen Erfolge auch nicht mehr wirklich anknüpfen. Die Streitigkeiten der Bandmitglieder (besonders Waters und Gilmour), die etwas später schließlich zum Ende von PINK FLOYD führten, überschatteten aber auch schon den Entstehungsprozess von "The Wall". So stammen fast alle Songs aus der Feder von Roger Waters, der sich damit in den Differenzen in Bezug auf die Ausrichtung der Band gegenüber David Gilmour durchsetzte. Mit 'Comfortably Numb' schaffte es aber dennoch ein absolut großartiger Gilmour-Song auf die Platte, welcher eigentlich auf einer Soloscheibe von ihm hätte stehen sollen.
1981 gab es vier Liveaufführungen von "The Wall" und 1990 noch eine weitere in Berlin, und Augenzeugenberichten nach zu urteilen, müssen es eindrucksvolle Shows gewesen sein. Der Rezensent war damals leider noch zu jung, um selbst Zeuge dieser monumentalen Veranstaltungen gewesen sein zu können.
Das Fazit ist dann auch recht einfach: "The Wall" muss man einfach haben, wenn man auch nur ansatzweise an anspruchsvoller Rockmusik interessiert ist, da führt kein Weg dran vorbei, denn sonst geht man mit einer beträchtlichen Wissenslücke schwanger.
Anspieltipps: Another Brick In The Wall Pt. 2, Mother, Nobody Home, Comfortably Numb
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer