AGRYPNIE: Interview mit Torsten Hirsch
05.03.2010 | 13:28Mit "16[485]" haben AGRYPNIE eine weitere erstklassige, Avantgardistisch angehauchte Schwarzmetall-Scheibe vorgelegt – Mastermind Torsten Hirsch über den Albumtitel und künftige Australische Einflüsse.
Denn der Ex-NOCTE-OBDUCTA-Sänger und Web-Developer weilt seit geraumer Zeit beruflich im sonnigen Australien. Aber das Leben am anderen Ende der Welt ist natürlich viel zu schön, um es sich von der Arbei verdrießen zu lassen.
Carsten:
Gude Torsten, wie läuft's "down under"? Man hört von Camping unter wilden Kängurus oder Tauchen zwischen fiesen Rochen und könnte meinen, du willst gar nicht mehr aus Sydney weg.
Torsten:
Tach auch ins kalte Deutschland. Ja, da hast du nicht ganz unrecht. Mir gefällt es verdammt gut hier unten und ich könnte es mir vorstellen, hier noch sehr viel länger zu bleiben. Aber verschiedene Gründen, die ich hier nicht näher erörtern möchte, machen es mir unmöglich hier Wurzeln zu schlagen. Ich werde in ein paar Monaten hier unten leider meine Zelte abbrechen und wieder nach Deutschland kommen. Mir gefällt Australien und Sydney wirklich ungemein gut und ich muss sagen, dass ich hier, rein auf die Landschaft und die Stadt bezogen, ein sehr viel stärkeres Gefühl empfinde, zu Hause zu sein als in Deutschland. Ich habe aus meinem Schlafzimmer direkten Blick aufs Meer und die Klippen, ein anderes Wort als atemberaubend fällt mir dazu schlichtweg nicht ein.
Andererseits ist hier unten aber auch nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen. Ich habe an einem Freund gesehen, wie schnell es Probleme mit dem Visum geben kann und man das Land verlassen muss. Hier als Ausländer zu leben ist zwar definitiv sehr viel einfacher, als in manch anderen Ländern, aber es besteht trotzdem das Risiko, dass man schneller als geplant die Koffer packen muss. Davon abgesehen sind meine sozialen Kontakte hier unten stark eingeschränkt, was dazu führt, dass mir manchmal schwer die Decke auf den Kopf fällt. Ich habe zwar begonnen, neues Material zu schreiben, besitze aber immer noch kein Interface, um die Ideen aufzunehmen. Entweder die Controller sind out of stock, gar nicht erst erhältlich oder schlichtweg doppelt so teuer als in Deutschland. Nachdem ich nun einige Monate die Gitarre kaum angerührt habe, muss ich feststellen, dass ich mittlerweile ziemliche Entzugserscheinungen bekomme und ziemlich heiß darauf bin, endlich neues Material zu schreiben.
Carsten:
Inwiefern unterscheidet sich denn die Mentalität der Australier von der der Deutschen? Und hat es schon auf dich abgefärbt?
Torsten:
Hm, ob sie auf mich abgefärbt hat kann ich nicht sagen... Das müsste dann jemand in Deutschland entscheiden, wenn ich wieder da bin, he he. Ich bin ja kein großer Fan von Schubladen, aber ich würde behaupten, die Australier sind insgesamt viel lockerer als die Deutschen. Inwieweit das der Wahrheit entspricht oder nur vordergründig ist, kann ich allerdings auch nach einem halben Jahr noch nicht wirklich einschätzen. Aber ich denke, alleine die Tatsache, dass hier in Sydney das Meer vor der Haustüre liegt und viele Aussis sehr sportlich sind, trägt zu einem lockeren Gemüt bei.
Carsten:
Wie ist es eigentlich um die Metal-Szene in Australien bestellt?
Torsten:
Soweit ich das bisher beurteilen kann, eher... spärlich. Ich hatte zwar das Glück, genau in dem Jahr nach Sydney zu gehen, in dem Nazxul ihr neues Album veröffentlichen und ein Konzert geben, aber ansonsten habe ich hier bisher noch nichts nennenswertes mitbekommen. Es gibt hier zwar einige Pubs, die Rockmusik spielen, aber richtige Metal-Schuppen habe ich bisher nur ganze zwei Stück entdecken können. Und glaubt man ortsansässigen Metallern gibt es auch nicht viel mehr. Natürlich gibt es hier viele Bands, in einem der Schuppen spielen jeden Freitag beispielsweise zwei bis drei Stück. Aber ohne überheblich klingen zu wollen... bis auf eine oder zwei von denen hatten die meisten eher Schulbandcharakter.
Carsten:
Hast du auch schon mit dem Gedanken gespielt, dort unten ein Konzert zu spielen?
Torsten:
Aber hallo, klar habe ich das. Das wird sich aber wohl aus verschiedenen Gründen nicht realisieren lassen. Primär bin ich hier unten, um etwas von dem Land zu sehen bzw. ich habe einen regulären Job. Musik ist hier im Moment zweitrangig, was sich aber langsam, wie eben angesprochen, deutlich auf mein Gemütszustand auswirkt. Anyway... es müssten sich die passenden Musiker finden, Proben arrangiert und Schuppen für Gigs gefunden werden. Ein ziemlich großer Aufwand meiner Meinung nach im Hinblick darauf, dass ich in einem halben Jahr wieder nach Deutschland gehe. Außerdem, würde ich hier 'ne Band auf die Beine stellen, wäre die Gefahr noch größer, dass ich nicht mehr zurück komme, haha. Aber ich sag dir eins: Scheiße, ich freu mir echt den Arsch ab, wenn ich endlich wieder auf einer Bühne stehen darf!
Carsten:
AGRYPNIE fehlt derzeit ja ein Bassist, da Carsten nachwuchsbedingt ausgestiegen ist. Wie läuft die Suche?
Torsten:
Durchwachsen. Bisher gibt es leider noch keinen neuen Kandidaten. Wir haben ein paar Anfragen und ich habe meinerseits zwei sehr fähige Musiker angeschrieben. Einer der beiden hat auf jeden Fall Interesse und er würde ziemlich gut zur Band passen. Aber bisher gibt es noch keine Entscheidung diesbezüglich.
Carsten:
Vor geraumer Zeit sind auch deine Gitarristen Andreas und Dominik ausgeschieden, inzwischen steht u.a. dein ehemaliger NOCTE-OBDUCTA-Mitstreiter Patrick an der Klampfe. Wie kam es zu diesen Wechseln?
Torsten:
Sagen wir es so: Ich habe eine andere Vorstellung, wie Mitglieder in meiner Band zu funktionieren haben. So fähig Andreas und Domenik als Musiker auch sind und menschlich supergut in die Band gepasst haben, auf dieser Ebene hat es leider nicht funktioniert.
Patrick kam mir eigentlich als möglichen Bassisten in den Sinn, denn Carsten hatte bereits vor einiger Zeit schon Andeutungen gemacht, dass er eventuell aussteigen wird. Als dann Andi und Domenik nicht mehr Teil der Band waren, habe ich Patrick dann kurzerhand als Gitarristen engagiert... Was auch ihm sehr entgegen kam, da er eigentlich nicht mehr Bass spielen möchte.
Carsten:
Kommen wir zum neuen Album "16[485]", dass ihr vor deiner Abreise nach Sydney sicher unter großem Zeitdruck fertig gestellt habt. Was dem Ergebnis aber keinen Abbruch getan hat. Musizierst du gern unter Druck?
Torsten:
Kein Stück, aber irgendwie ist jedes Album mit einem gewissen Maße an Stress verbunden. Der Stress, den ich mir allerdings mit "16[485]" gemacht habe, war bisher der mit Abstand größte, den ich in Verbindung mit einem Album hatte. Auch in Hinblick auf NOCTE-Zeiten. Es gab mehrmals Momente, in denen ich kurz davor stand, völlig die Nerven zu verlieren, alles hinzuwerfen und das Album auf nach meinem Aufenthalt in Australien zu verschieben. Ich habe Nächte zu Hause gesessen, um die Keys und Texte fertig zu schreiben. Und gleichzeitig musste ich mich ja um meine Abreise nach Sydney kümmern. Anstatt die letzten Tage in Deutschland mit meiner Freundin zu verbringen, musste ich vier oder fünf Tage, bevor mein Flieger ging, noch mal nach Saarbrücken fahren, um den Rest des Gesangs einzusingen. Ich hatte zwischendrin wie immer eine Halsentzündung und musste zudem die Aufnahmen für die Listening Session auf'm Summer Breeze unterbrechen. Den finalen Mix habe ich mir dann schon in Sydney angehört und die letzten Änderungen per Mail an Phil geschickt. Aber was soll ich sagen, ich bin wie immer sehr stolz auf das fertige Album und natürlich froh, dass ich mir den Stress gegeben habe.
Carsten:
Die Songs hast du ja allesamt selbst geschrieben. Könntest du dir vorstellen, künftig einen Teil des Songwritings auch an deine Bandkollegen abzugeben?
Torsten:
Nein, ich kann mir nach wie vor nicht vorstellen, jemanden an diesem Prozess teilhaben zu lassen.
Carsten:
Wo siehst du Unterschiede oder eine Entwicklung zwischen zum Vorgänger "Exit"?
Torsten:
Meine Lieblingsfrage, hehe. Ich denke, dass "16[485]" sehr viel dunkler und bösartiger ausgefallen ist als "Exit". Aber ich kann das eigentlich nicht wirklich beurteilen. Ich habe "Exit" schon länger nicht mehr gehört und da "16[485]" gerade veröffentlicht wurde, besitze ich natürlich einen ganz anderen Bezug zu diesem neuen Album als zur "Exit". Was nicht heißen soll, dass "Exit" nicht nach wie vor ein Album ist, worauf ich sehr stolz bin. Ich finde diese Frage einerseits schwer, denn es fehlt mir einfach ein objektiver Blick, um abseits technischer Art Vergleiche zwischen meinen Alben anstellen zu können.
Andererseits mache ich mir auch ehrlich gesagt einfach keinerlei Gedanken über Unterschiede oder Entwicklung zwischen den Alben. Ich denke, Entwicklung entsteht automatisch und ist nichts, worüber man sich Gedanken machen sollte.
Carsten:
Bis auf den Text zu '16[485] / Brücke aus Glas', den Gastsänger Alboin von GEIST beigesteuert hat, hast du wieder selbst die Feder geschwungen. Nun weiß ich, dass du ungern über deine Texte sprichst. Andersherum gefragt: Würdest du mir zustimmen, dass die Lyrics subtiler geworden sind?
Torsten:
Subtiler... Das muss ich mir erstmal durch den Kopf gehen lassen. Nein, dem muss ich widersprechen. Ich denke, subtil ist nicht ganz das richtige Wort. Wenngleich hinter den Texten sehr viele persönliche Emotionen stecken, habe ich immer wieder das Wort "sachlich" im Kopf, wenn ich erklären soll, wie meine Texte geschrieben sind. Ich denke, die Sprache der Texte ist sehr direkt, ohne sehr große Ausschmückung. Ich versuche zwar viel Raum für Interpretationen zu lassen, gleichzeitig möchte ich aber so direkt wie möglich schreiben und kein aufgeblasenen Wortkonstruktionen verwenden.
Carsten:
Eine Detailfrage sei mir doch gestattet: In 'Der tote Trakt' singst du von "Phantasmagoria". Mit Hinblick auf den übrigen Text würde ich auf die griechische Ableitung von Trugbildern tippen. Oder bist du unter die Adventure- oder die MARILYN-MANSON-Fans gegangen?
Torsten:
Ich kann weder was zu deiner MM-Herleitung sagen, noch worauf du auf "Adventure" anspielst… Klärt mich mal jemand auf?? Aber die griechische Ableitung ist die richtige Antwort.
Carsten:
Gib mal "Phantasmagoria" bei Wikipedia, dann erklärt's sich von selbst ;-) Aber da wir gerade so schön im Kleingedruckten wühlen: Bei der Listeningsession wolltest du mir nicht verraten, was sich hinter dem Albumtitel verbirgt. Ich versuchs noch einmal...
Torsten:
Mann, Mann, du bist echt hartnäckig. Was die Bedeutung der Zahl angeht, werde ich schweigen wie ein Grab. Die Zahl selbst ist etwas sehr, sagen wir, profanes und es würde bei einigen Hörern sicherlich für lange Gesichter sorgen, die wer-weiß-was in die Zahl interpretieren. Das ist aber auch definitiv etwas, was ich bezwecke. Die Leute sollen sich Gedanken über das Album machen, eigene Sichtweisen oder Erfahrungen interpretieren und vielleicht auch wiedererkennen.
Bevor nun aber jemand meint, die Zahl hätte keinerlei Bedeutung, so kann ich nur sagen, dass er falsch liegt. Wäre dies der Fall, hätte ich sie mir nicht vor einigen Wochen hier in Sydney in die Haut stechen lassen. Die Klammern sind auf der Haut zwar Rund, was besser zum Konzept des Tattoos gepasst hat. Die Bedeutung bleibt aber die gleiche.
Die Zahl ist auf jeden Fall der bisher persönlichste Titel eines AGRYPNIE-Albums. Es ist aber nicht so, dass der Titel von Anfang an fest stand. Vielmehr habe ich mir lange Zeit Gedanken gemacht und hatte einige Ideen als möglichen Titel im Kopf. Mal bessere, mal schlechtere. Bis dann eines Abends diese Zahl quasi zu mir kam. Hört sich etwas strange an, ich weiß. Und ich wusste sofort, dass die Suche nach einem Titel gerade zu Ende gegangen ist.
Carsten:
Nach deinen ganzen Eindrücken aus Australien könnte ich mir vorstellen, dass du schon mit der einen oder anderen Idee spielst, das auf dem nächsten Album musikalisch zu verarbeiten. Und sei's nur als Intro oder Instrumental. Erfahrungen mit Holzblasinstrumenten hast du ja schon.
Torsten:
Verdammt, ist das so offensichtlich? Aber auf welche Erfahrung mit Holzblasinstrumenten spielst du an? Meinst du die Geschichte damals mit Andreas bei unserem Konzert im Steinbruch? Das war Plastik, hehe.
Carsten:
Hat seine optische Wirkung aber nicht verfehlt, haha.
Thorsten:
Um das aufzuklären: Wir haben bei einem Konzert im Steinbruch Theater bei Darmstadt ein Experiment gestartet und versucht, mit einem Plastikrohr bei 'Fenster zum Hof' eine Art Chorus auf der Bühne zu schaffen. Hat aufgrund der geringen Lautstärke nicht geklappt.
Es steht in der Tat die Idee im Raum, ein Konzeptalbum aufzunehmen, welches sich musikalisch auch von den bisherigen AGRYPNIE-Alben unterscheiden wird. Mehr kann und möchte ich im Moment dazu aber nicht sagen, da ich nicht genau weiß, ob und wie es sich realisieren lässt.
Carsten:
Sprechen wir über die weitere Zukunft: Den Auftritt beim Wolfzeit-Festival hast du aufgrund einer umstrittenen Band abgesagt. Gab es Wirbel um diese Entscheidung?
Torsten:
Zu dieser Geschichte äußere ich mich nicht. Alles was es dazu zu sagen gab, steht auf unserer Homepage.
Carsten:
Sind denn sonst schon Gigs für dieses Jahr geplant?
Torsten:
Ja, wir arbeiten gerade an einigen Konzerten für Ende des Jahres. Details wird es dann auf unserer Homepage und Myspace-Seite geben.
Carsten:
Zum Abschluss noch eine Frage, die sicher alle NOCTE-OBDUCTA-Fans interessieren würde: Was ist eigentlich aus der Idee geworden, einen zweiten Teil von "Schwarzmetall" aufzunehmen?
Torsten:
An der wird nach wie vor gearbeitet. Was der aktuelle Stand der Dinge ist, weiß ich zwar nicht, aber dieses Album wird früher oder später veröffentlicht.
Carsten:
Besten Dank! Wann können wir dich denn in Good Old Germany zurück erwarten?
Torsten:
Wenn alles so klappt wie, ich es mir vorstelle, dann Anfang August. Unter anderen Umständen kann es aber gut sein das ich schon früher zurückkomme bzw. zurückkommen muss. Wünscht mir Erfolg und ihr habt bis Anfang August eure Ruhe vor mir ;)
Andererseits ist hier unten aber auch nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen. Ich habe an einem Freund gesehen, wie schnell es Probleme mit dem Visum geben kann und man das Land verlassen muss. Hier als Ausländer zu leben ist zwar definitiv sehr viel einfacher, als in manch anderen Ländern, aber es besteht trotzdem das Risiko, dass man schneller als geplant die Koffer packen muss. Davon abgesehen sind meine sozialen Kontakte hier unten stark eingeschränkt, was dazu führt, dass mir manchmal schwer die Decke auf den Kopf fällt. Ich habe zwar begonnen, neues Material zu schreiben, besitze aber immer noch kein Interface, um die Ideen aufzunehmen. Entweder die Controller sind out of stock, gar nicht erst erhältlich oder schlichtweg doppelt so teuer als in Deutschland. Nachdem ich nun einige Monate die Gitarre kaum angerührt habe, muss ich feststellen, dass ich mittlerweile ziemliche Entzugserscheinungen bekomme und ziemlich heiß darauf bin, endlich neues Material zu schreiben.
Carsten:
Inwiefern unterscheidet sich denn die Mentalität zwischen den Australiern und uns Deutschen? Und hat es schon auf dich abgefärbt?
Torsten:
Hm, ob sie auf mich abgefärbt hat kann ich nicht sagen… Das müsste dann jemand in Deutschland entscheiden, wenn ich wieder da bin, hehe. Ich bin ja kein großer Fan von Schubladen, aber ich würde behaupten, die Australier sind insgesamt viel lockerer als die Deutschen. Inwieweit das der Wahrheit entspricht oder nur vordergründig ist, kann ich allerdings auch nach einem halben Jahr noch nicht wirklich einschätzen. Aber ich denke alleine die Tatsache, dass hier in Sydney das Meer vor der Haustüre liegt und viele Aussis sehr sportlich sind, trägt zu einem lockeren Gemüt bei.
Carsten:
Wie ist es eigentlich um die Metal-Szene in Australien bestellt?
Torsten:
Soweit ich das bisher beurteilen kann, eher… spärlich. Ich hatte zwar das Glück, genau in dem Jahr nach Sydney zu gehen, in dem Nazxul ihr neues Album veröffentlichen und ein Konzert
geben, aber ansonsten habe ich hier bisher noch nichts nennenswertes mitbekommen. Es gibt hier zwar einige Pubs, die Rockmusik spielen, aber richtige Metal-Schuppen habe ich bisher nur ganze zwei Stück entdecken können. Und glaubt man ortsansässigen Metallern gibt es auch nicht viel mehr. Natürlich gibt es hier viele Bands, in einem der Schuppen spielen jeden Freitag z.B. zwei bis drei Stück. Aber ohne überheblich klingen zu wollen… bis auf ein oder zwei von denen hatten die meisten eher Schulbandcharakter.
Carsten:
Hast du auch schon mit dem Gedanken gespielt, dort unten ein Konzert zu spielen?
Torsten:
Aber hallo, klar habe ich das. Das wird sich aber wohl aus verschiedenen Gründen nicht realisieren lassen. Primär bin ich hier unten, um etwas von dem Land zu sehen bzw. ich habe einen regulären Job. Musik ist hier im Moment zweitrangig, was sich aber langsam, wie eben angesprochen, deutlich auf mein Gemütszustand auswirkt.
Anyway… Es müssten sich die passenden Musiker finden, Proben arrangiert und Schuppen für Gigs gefunden werden. Ein ziemlich großer Aufwand meiner Meinung nach im Hinblick darauf, dass ich in einem halben Jahr wieder nach Deutschland gehe. Außerdem, würde ich hier ne Band auf die Beine stellen, wäre die Gefahr noch größer, dass ich nicht mehr zurück komme, haha.
Aber ich sag dir eins: Scheiße, ich freu mir echt den Arsch ab, wenn ich endlich wieder auf einer Bühne stehen darf!
Carsten:
AGRYPNIE fehlt derzeit ja ein Bassist, da Carsten nachwuchs bedingt ausgestiegen ist. Wie läuft die Suche?
Torsten:
Durchwachsen. Bisher gibt es leider noch keinen neuen Kandidaten. Wir haben ein paar Anfragen und ich habe meinerseits zwei sehr fähige Musiker angeschrieben. Einer der beiden hat auf jeden Fall Interesse und er würde ziemlich gut zur Band passen. Aber bisher gibt es noch keine Entscheidung diesbezüglich.
Carsten:
Vor geraumer Zeit sind auch deine Gitarristen Andreas und Dominik ausgeschieden, inzwischen steht u.a. dein ehemaliger NOCTE-OBDUCTA-Mitstreiter Patrick an der Klampfe. Wie kam es zu diesen Wechseln?
Torsten:
Sagen wir es so: Ich habe eine andere Vorstellung, wie Mitglieder in meiner Band zu funktionieren haben. So fähig Andreas und Domenik als Musiker auch sind und menschlich supergut in die Band gepasst haben, auf dieser Ebene hat es leider nicht funktioniert.
Patrick kam mir eigentlich als möglichen Bassisten in den Sinn, denn Carsten hatte bereits vor einiger Zeit schon Andeutungen gemacht, dass er eventuell aussteigen wird. Als dann Andi und Domenik nicht mehr Teil der Band waren, habe ich Patrick dann kurzerhand als Gitarristen engagiert… Was auch ihm sehr entgegen kam, da er eigentlich nicht mehr Bass spielen möchte.
Carsten:
Kommen wir zum neuen Album "16[485]", dass ihr vor deiner Abreise nach Sydney sicher unter großem Zeitdruck fertig gestellt habt. Was dem Ergebnis aber keinen Abbruch getan hat. Musizierst du gern unter Druck?
Torsten:
Kein Stück, aber irgendwie ist jedes Album mit einem gewissen Maße an Stress verbunden. Der Stress, den ich mir allerdings mit "16[485]" gemacht habe, war bisher der mit Abstand größte, den ich in Verbindung mit einem Album hatte. Auch in Hinblick auf NOCTE-Zeiten.
Es gab mehrmals Momente, in denen ich kurz davor stand, völlig die Nerven zu verlieren, alles hinzuwerfen und das Album auf nach meinem Aufenthalt in Australien zu verschieben. Ich habe Nächte zu Hause gesessen, um die Keys und Texte fertig zu schreiben. Und gleichzeitig musste ich mich ja um meine Abreise nach Sydney kümmern. Anstatt die letzten Tage in Deutschland mit meiner Freundin zu verbringen, musste ich vier oder fünf Tage, bevor mein Flieger ging, noch mal nach Saarbrücken fahren, um den Rest des Gesang einzusingen. Ich hatte zwischendrin wie immer eine Halsentzündung und musste zudem die Aufnahmen für die Listening Session auf'm Summer Breeze unterbrechen. Den finalen Mix habe ich mir dann schon in Sydney angehört und die letzten Änderungen per Mail an Phil geschickt. Aber was soll ich sagen, ich bin wie immer sehr stolz auf das fertige Album und natürlich froh, dass ich mir den Stress gegeben habe.
Carsten:
Die Songs hast du ja allesamt selbst geschrieben. Könntest du dir vorstellen, künftig einen Teil des Songwritings auch an deine Bandkollegen abzugeben?
Torsten:
Nein, ich kann mir nach wie vor nicht vorstellen, jemanden an diesem Prozess teilhaben zu lassen.
Carsten:
Wo siehst du Unterschiede oder eine Entwicklung zwischen zum Vorgänger "Exit"?
Torsten:
Meine Lieblingsfrage, hehe. Ich denke, dass "16[485]" sehr viel dunkler und bösartiger ausgefallen ist als Exit. Aber ich kann das eigentlich nicht wirklich beurteilen. Ich habe Exit schon länger nicht mehr gehört und da "16[485]" gerade veröffentlicht wurde, besitze ich natürlich einen ganz anderen Bezug zu diesem neuen Album als zur Exit. Was nicht heißen soll, dass Exit nicht nach wie vor ein Album ist, worauf ich sehr stolz bin. Ich finde diese Frage einerseits schwer, denn es fehlt mir einfach ein objektiver Blick, um abseits technischer Art Vergleiche zwischen meinen Alben anstellen zu können.
Andererseits mache ich mir auch ehrlich gesagt einfach keinerlei Gedanken über Unterschiede oder Entwicklung zwischen den Alben. Ich denke, Entwicklung entsteht automatisch und ist nichts, worüber man sich Gedanken machen sollte.
Carsten:
Bis auf den Text zu '16[485] / Brücke aus Glas', den Gastsänger Alboin von GEIST beigesteuert hat, hast du wieder selbst die Feder geschwungen. Nun weiß ich, dass du ungern über deine Texte sprichst. Andersherum gefragt: Würdest du mir zustimmen, dass die Lyrics subtiler geworden sind?
Torsten:
Subtiler… Das muss ich mir erstmal durch den Kopf gehen lassen. Nein, dem muss ich widersprechen. Ich denke, subtil ist nicht ganz das richtige Wort. Wenngleich hinter den Texten sehr viele persönliche Emotionen stecken, habe ich immer wieder das Wort "sachlich" im Kopf, wenn ich erklären soll, wie meine Texte geschrieben sind. Ich denke, die Sprache der Texte ist sehr direkt, ohne sehr große Ausschmückung. Ich versuche zwar viel Raum für Interpretationen zu lassen, gleichzeitig möchte ich aber so direkt wie möglich schreiben und kein aufgeblasenen Wortkonstruktionen verwenden.
Carsten:
Eine Detailfrage sei mir doch gestattet: In 'Der tote Trakt' singst du von "Phantasmagoria". Mit Hinblick auf den übrigen Text würde ich auf die griechische Ableitung von Trugbildern tippen. Oder bist du unter die Adventure- oder die MARILYN-MANSON-Fans gegangen?
Torsten:
Ich kann weder was zu deiner MM-Herleitung sagen, noch worauf du auf "Adventure" anspielst… Klärt mich mal jemand auf?? Aber die griechische Ableitung ist die richtige Antwort.
Carsten:
Gib mal "Phantasmagoria" bei Wikipedia, dann erklärt's sich von selbst ;-) Aber da wir gerade so schön im Kleingedruckten wühlen: Bei der Listeningsession wolltest du mir nicht verraten, was sich hinter dem Albumtitkel verbirgt. Ich versuchs noch einmal...
Torsten:
Mann, Mann, du bist echt hartnäckig. Was die Bedeutung der Zahl angeht, werde ich schweigen wie ein Grab. Die Zahl selbst ist etwas sehr, sagen wir, profanes und es würde bei einigen Hörern sicherlich für lange Gesichter sorgen, die wer weiß was in die Zahl interpretieren. Das ist aber auch definitiv etwas, was ich bezwecke. Die Leute sollen sich Gedanken über das Album machen, eigene Sichtweisen oder Erfahrungen interpretieren und vielleicht auch wider erkennen.
Bevor nun aber jemand meint die Zahl hätte keinerlei Bedeutung, so kann ich nur sagen, dass er falsch liegt. Wäre dies der Fall, hätte ich sie mir nicht vor einigen Wochen hier in Sydney in die Haut stechen lassen. Die Klammern sind auf der Haut zwar Rund, was besser zum Konzept des Tattoos gepasst hat. Die Bedeutung bleibt aber die gleiche.
Die Zahl ist auf jeden Fall der bisher persönlichste Titel eines AGRYPNIE-Albums. Es ist aber nicht so, dass der Titel von Anfang an fest stand. Vielmehr habe ich mir lange Zeit Gedanken gemacht und hatte einige Ideen als möglichen Titel im Kopf. Mal bessere, mal schlechtere. Bis dann eines Abends diese Zahl quasi zu mir kam. Hört sich etwas strange an, ich weiß. Und ich wusste sofort, dass die Suche nach einem Titel gerade zu Ende gegangen ist.
Carsten:
Nach deinen ganzen Eindrücken aus Australien könnte ich mir vorstellen, dass du schon mit der einen oder anderen Idee spielst, das auf dem nächsten Album musikalisch zu verarbeiten. Und sei's nur als Intro oder Instrumental. Erfahrungen mit Holzblasinstrumenten hast du ja schon.
Torsten:
Verdammt, ist das so offensichtlich? Aber auf welche Erfahrung mit Holzblasinstrumenten spielst du an? Meinst du die Geschichte damals mit Andreas bei unserem Konzert im Steinbruch? Das war Plastik, hehe.
Carsten:
Hat seine optische Wirkung aber nicht verfehlt, haha.
Thorsten:
Um das aufzuklären: Wir haben bei einem Konzert im Steinbruch Theater bei Darmstadt ein Experiment gestartet und versucht, mit einem Plastikrohr bei 'Fenster zum Hof' eine Art Chorus auf der Bühne zu schaffen. Hat aufgrund der geringen Lautstärke nicht geklappt.
Es steht in der Tat die Idee im Raum, ein Konzeptalbum aufzunehmen, welches sich musikalisch auch von den bisherigen AGRYPNIE-Alben unterscheiden wird. Mehr kann und möchte ich im Moment dazu aber nicht sagen, da ich nicht genau weiß, ob und wie es sich realisieren lässt.
Carsten:
Sprechen wir über die weitere Zukunft: Den Auftritt beim Wolfzeit-Festival hast du aufgrund einer umstrittenen Band abgesagt. Gab es Wirbel um diese Entscheidung?
Torsten:
Zu dieser Geschichte äußere ich mich nicht. Alles was es dazu zu sagen gab, steht auf unserer Homepage.
Carsten:
Sind denn sonst schon Gigs für dieses Jahr geplant?
Torsten:
Ja, wir arbeiten gerade an einigen Konzerten für Ende des Jahres. Details wird es dann auf unserer Homepage und Myspace-Seite geben.
Carsten:
Zum Abschluss noch eine Frage, die sicher alle NOCTE-OBDUCTA-Fans interessieren würde: Was ist eigentlich aus der Idee geworden, einen zweiten Teil von "Schwarzmetall" aufzunehmen?
Torsten:
An der wird nach wie vor gearbeitet. Was der aktuelle Stand der Dinge ist, weiß ich zwar nicht, aber dieses Album wird früher oder später veröffentlicht.
Carsten:
Besten Dank! Wann können wir dich denn in Good Old Germany zurück erwarten?
Torsten:
Wenn alles so klappt wie, ich es mir vorstelle, dann Anfang August. Unter anderen Umständen kann es aber gut sein das ich schon früher zurückkomme bzw. zurückkommen muss. Wünscht mir Erfolg und ihr habt bis Anfang August eure Ruhe vor mir ;)
- Redakteur:
- Carsten Praeg