ALTER BRIDGE: Interview mit Myles Kennedy

28.09.2013 | 17:27

Mit "Fortress" hat ALTER BRIDGE bewiesen, dass die Herren die Grenzen des Heavy Rock nicht nur ausloten sondern gar aufbrechen können und dabei dann ein Album abliefern, das alle Erwartungen übertrifft. Wir sprachen mit Myles Kennedy in einem Berliner Hotel.

Natürlich müssen wir ihm zuallererst berichten, dass "Fortress" ein superbes Album ist. Logischerweise schließt sich die Frage an, ob es ein bewusster Schritt war, die Songs zumindest stellenweise etwas komplexer zu gestalten, nachdem die ersten drei Alben durchaus ähnlich im Songwriting waren und sich mehr in der Stimmung unterschieden. "Ja, das kann man schon so sagen. Wir hatten den Eindruck, dass wir zu sehr einem Schema folgen würden und wollten einfach mehr über den Tellerrand schauen. Und so sind wir dann die Scheibe auch angegangen. Dazu kamen natürlich auch Marks Erfahrungen von der Soloscheibe und meine Erfahrungen mit Slash. Außerdem habe ich wirklich viel MASTODON gehört, was man beispielsweise bei 'Fortress' auch hören kann, wo es so ein sludgy-Riff gibt. Aber auch sonst haben wir versucht etwas mehr zu experimentieren. Ein Song wie 'Lovers' ist ja eher ein pschyedelischer Drogentrip und hat ein bisschen etwas von LED ZEPPELIN, so etwas haben wir vorher auch noch nie gemacht. Und weißt du, es fühlt sich einfach gut an, die eigenen Grenzen auszuloten oder aufzubrechen. Gerade wenn dann das Ergebnis so ausfällt, wie es jetzt geworden ist. Wir sind alle sehr, sehr stolz auf "Fortress"."


Völlig zu Recht kann man da nur sagen. Stellt sich die Frage, ob sie denn die längeren Song extra an den Anfang, die Mitte und das Ende gepackt haben? "Das ist eine gute Frage, das kann ich gar nicht so sagen. Wir haben da nicht so sehr auf die Länge bzw. die Komplexität geachtet, sondern wollten einfach einen guten Fluss herstellen und ich denke, dazu gehört dann auch, dass diese Songs nicht alle direkt nacheinander kommen. Aber die Anordnung der Tracks ist auch immer anstrengend. Ich bin ja noch immer der Vinyl-Typ, der eine Platte zu Hause haben muss und diese umdrehen muss. Von daher denke ich immer noch in A- & B-Seite, was ja heutzutage doch eher selten geworden ist."

Auch textlich hat Myles natürlich wieder einiges zu sagen. "Der Titel "Fortress" (Festung - PK) ist natürlich ein sehr starkes Wort. Ich habe seit meiner Kindheit immer wieder festgestellt, dass Dinge, die so stark und unbezwingbar scheinen, mit der Zeit doch verfallen und in sich zusammenbrechen. Auch heute noch gibt es das immer wieder, da gibt es Ehen, von denen man denkt, sie würden ewig halten oder Menschen, auf die man sich ewig verlassen kann und mit der Zeit brechen diese Festungen dann weg. Bei den anderen Texten geht es viel um Verrat. Dabei geht es nicht so sehr um mich, aber in meinem Umfeld wurden viele Menschen, die mir nahestehen verraten und das ist natürlich etwas, was mich sehr berührt und worüber ich dann auch Texte schreiben und diese auch gut singen kann."

Myles hat vorhin angesprochen, dass er noch sehr der Vinyl-Typ ist. Würde es ihn dann nicht reizen, mit ALTER BRIDGE auch einmal auf altmodische Art ein Album aufzunehmen? "Doch, das würde mich auf jeden Fall reizen, auch wenn ich nicht sicher bin, ob das zu der Musik passt. Aber ich liebe es so aufzunehmen. Ich habe das ja mit Slash auf seinem letzten Album so gemacht und es ist schon ein echter Unterschied, gerade auch was die eigene Performance angeht. Bei den modernen Aufnahmen muss man nicht zu 100% perfekt sein, denn man kann das am Computer immer noch ausbessern, während man das bei diesen analogen aufnahmen nicht kann bzw. der Prozess dahinter dann viel, viel aufwändiger ist. So ist man dann viel fokussierter und konzentrierter. Das macht schon eine Menge aus, denke ich."


Auf Tour geht es dann im Oktober/November, wo man wie immer eine schweißtreibende Rockshow erwarten darf. "Ja, das machen wir auch am liebsten. Wir haben ja bislang nur sehr selten Pyros oder so etwas eingesetzt. Bei der Show in Wembley, die wir für die DVD aufgenommen haben, hatten wir ein paar und da hätten sie mir fast meine Haare und meinen Hintern angekokelt. Da bin ich so eben noch davon weg gekommen. Außerdem rauben so große Produktionen immer ein wenig die Spontanität einer Show. Manchmal spielen Mark und ich zwischen zwei Songs noch einen anderen Song kurz an oder machen sonst etwas Spontanes und das ist etwas, was so nicht mehr wirklich gehen würde. Ich freue mich aber schon sehr auf die Tour und darauf, ein paar der neuen Songs zu spielen."

Myles kann jetzt auf zehn Jahre mit ALTER BRIDGE zurückblicken. "Ja, es ist schon eine verdammt lange Zeit, oder? Ich war ja am Anfang nur froh mit diesen Jungs spielen zu dürfen. Ich meine, ich wusste, dass sie mit CREED wirklich riesig waren und in welche Fußstapfen ich da treten würde. Denn auch, wenn der Name ein anderer war, war doch klar, dass zumindest am Anfang mich jeder mit Scott (Stapp, Sänger von CREED - PK) vergleichen würde, nur um dann festzustellen, dass ich völlig anders klinge. Doch ich muss sagen, dass es mir die Jungs sehr leicht gemacht haben. Ich musste nie 'Higher' oder so etwas auf unseren Konzerten singen, sondern wir haben nur unsere Songs gespielt. Es wäre ein leichtes für sie gewesen zu sagen, Myles studier' ein paar unserer Hits ein, aber das war nie ein Thema. Sie wollten immer, dass ALTER BRIDGE eine eigene Marke wird und ich denke, man kann heute sagen, dass es so ist." Das kann man ganz sicher. Und was für eine!

Redakteur:
Peter Kubaschk

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