APEP: Ägyptologie und Todesblei mit Merlin und Oliver

09.10.2024 | 15:32

Was Ägyptologie mit Todesblei zu tun hat und was die Bedeutung von Apep ist - wir haben bei Merlin und Oliver nachgefragt.

Bereits in Prä-Pandemie-Zeiten haben die Jungs von APEP der hiesigen Death-Metal-Gemeinde mächtig einheizen können. Mit ihrem mittlerweile fast restlos ausverkauften Erstlingswerk "The Invocation Of The Deathless One" ist die Truppe aus Zwickau nicht nur im Osten der Republik auf wohlwollendes Feedback gestoßen. Mit "Before Whom Evil Trembles" meldet sich die Band nun noch eindrucksvoller zurück. Grund genug also, um bei Gitarrist Oliver und Schlagwerker Merlin mal nachzufragen, wo diese neuerliche Todesbleiladung ihren Ursprung genommen hat



Es sind nur noch wenige Tage bis zur Veröffentlichung eurer neuen Scheibe. Wie fühlt sich das konkret an, ein neues Eisen im Feuer zu haben und es endlich loslassen zu können?
Merlin: Ja, das ging nun auf der Zielgeraden alles sehr schnell. Der Zeitraum vom Produktionsbeginn bis zum Release hat sich aber über mehr als ein ganzes Jahr erstreckt, insofern ist es schön und sogar etwas erleichternd, dass es nun endlich soweit ist. Nach all der Arbeit ist es cool, dass das Teil bald jeder hören kann.

Oliver: Da kann ich Merlin nur beipflichten. Die Produktion hatte doch den einen oder anderen Stolperstein, aber wir sind mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Vor allem da wir dieses Mal "War Anthem Records" als Partner mit an Bord haben, was viele Abläufe für uns sehr vereinfacht hat. Ich bin sehr gespannt, wie das Album bei den Fans ankommt. Die Reaktionen auf die Singles sind bislang überwiegend positiv.

Der Release eures letzten Albums "The Invocation Of The Deathless One" liegt schon eine Weile zurück - was ist in der Zwischenzeit alles geschehen?
Merkin: Tja, das ist eigentlich gar nicht so spektakulär. Leider wurden wir direkt nach dem Release der ersten Scheibe erstmal sehr lange mit Corona konfrontiert und hatten somit nicht die Chance, unsere Musik im geplanten Umfang live zu präsentieren. Wir haben uns aber schnellstens wieder regelmäßig im Proberaum getroffen und an neuem Material gefeilt. Das ist das einzig Sinnvolle, was du in so einer Situation tun kannst. Einige gute Gigs gab es zwischenzeitlich natürlich trotzdem. Die aktuellsten Neuigkeiten sind, dass unser bisheriger Gitarrist Philip sich entschlossen hat, APEP zu verlassen, was wir vollständig nachvollziehen können... Family first, sagen wir es so. (Henrik Osterloh, DENY THE URGE, ex- DROWNED etc., ist sein Nachfolger. - Anm. d. Red.)



Ihr wart auf den Bühnen Europas mehrfach präsent. Welchen Einfluss haben diese Erfahrungen auf das Songwriting zur neuen Platte gehabt?
Oliver: Naja, Europa. Wir haben letztes Jahr mit den Kollegen von INCREMATE in einem Club in Tschechien gespielt, was ein sehr lustiger Abend war. Daher kann ich nur sagen, wir sind sehr motiviert und hoffen, dass wir mit dem neuen Album in der Tasche in Zukunft öfter die Gelegenheit haben, außerhalb von Deutschland zu spielen.

Nun steht "Before Whom Evil Trembles" in den Startlöchern. Welche Erwartungen habt Ihr an die neue Scheibe?
Merlin: Wir sind als Band stark zusammengewachsen und denken, dass wir diesmal das eine oder andere besser gemacht haben als auf dem ersten Album, speziell in puncto Performance und Sound. Natürlich sind wir überzeugt von unserem neuen Baby und hoffen, dass "Before Whom Evil Trembles" einige Death-Metal-Begeisterte erreicht und wir somit hoffentlich auch ein paar neue Fans gewinnen können und auch neue Bühnen betreten dürfen. Für unser Label WAR ANTHEM hoffen wir natürlich, dass sich die Tonträger gut verkaufen, denn wir sind den Jungs riesig dankbar für den Vertrauensvorschuss, ihren Mut und die grandiose Zusammenarbeit.

Und wenn ihr einige Argumente herausfiltern müsstet, die das Ganze besonders lohnenswert machen - welche wären das?
Oliver: Du meinst Argumente unsere Scheibe zu hören? Also allen, die unser erstes Album schon gehört haben, würde ich sagen, dass das zweite Album die konsequente Fortsetzung unseres Sounds ist. Wir haben wirklich in allen Bereichen noch eine Schippe draufgelegt und das ganze trotzdem noch wesentlich hörbarer bekommen. Das solltet ihr euch also nicht entgehen lassen!
Allen gänzlich neuen Hörern sage ich, gebt der Platte auf jeden Fall eine Runde auf dem Plattenteller oder in welchem Format ihr es auch immer bevorzugt. Für Fans der alten NILE- und MORBID ANGEL-Platten, die es gern auch etwas technisch und unvorhersehbar mögen, dürfte es auf jeden Fall was sein. Wobei ich uns hier nicht zu sehr schubladisieren möchte. Old-School-Sound gepaart mit 'modernen' Einflüssen ist die Devise. Allein die Produktion von Christoph Brandes (Iguana Studios) ist auf jeden Fall hörenswert für jeden Musik-Ästheten.

Das neue Album wird, wie schon angesprochen, via War Anthem Records in die Läden kommen. Ihr habt Euch dazu entschieden, lieber auf ein Label zu vertrauen, statt eigener Wege zu gehen. Zuletzt sind immer mehr Bands dazu übergegangen, neues Material in Eigenregie zu veröffentlichen. Wo sehr ihr die Vorteile einer Plattenfirma?
Merlin: Wir sind und bleiben eine Underground Band mit einem starken DIY-Gedanken, jedoch war klar, dass wir mit dem zweiten Album nichts dem Zufall überlassen wollen. Vertrieb und Promotion beispielsweise erfordern viel Zeit und Expertise und sind einfach in Labelhand bestmöglich aufgehoben.  War Anthem sind Profis und zudem verdammt coole Kerle, denen wir komplett vertrauen. Wir sind dankbar und stolz, mit ihnen arbeiten zu dürfen.

Und welche Rolle spielen für eine junge Band wie APEP die Streaming-Dienste oder Online-Portale wie Bandcamp? Die große Reichweite und die sofortige Verfügbarkeit sehen viele Hörer inzwischen als klaren Vorteil. Was meint ihr dazu?
Oliver: Schon bei der ersten Platte war klar, dass wir unsere Musik definitiv auch online anbieten wollen. Entsprechend haben wir damals schon alles in die Wege geleitet, dass unsere "The Invocation Of The Deathless One" auch digital verfügbar ist und bei gängigen Streaming-Diensten anzuhören geht. Wie du sagst, hat das etwas mit der Verfügbarkeit und der Reichweite zu tun. Gerade zu Pandemiezeiten hat uns das vermutlich den Allerwertesten gerettet, da wir keine Einnahmen durch Konzerte hatten, um die Produktionskosten auszugleichen. Bandcamp ist für uns immer ein gutes Tool gewesen, um unser Album auf physischen Tonträgern aber auch digital zu verkaufen, und es wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle für uns spielen. Ich verwende es selbst gern, um direkt von anderen Bands zu kaufen. Die eine oder andere Scheibe von uns ist somit schon in weit entfernte Winkel der Welt verschickt worden. Das hat mich immer sehr fasziniert und auch motiviert, da es zeigt, dass die Metalszene auf der ganzen Welt aktiv und auch am internationalen Underground interessiert ist. Von daher würde ich es jeder jungen Band empfehlen. Was die Streaming-Anbieter angeht, ist es natürlich immer ein zweischneidiges Schwert. Bei unseren Click-Zahlen haben wir natürlich nichts von dem, was auf Spotify abgespielt wird. Auf der anderen Seite kann man mittels Spotify aber auch unsere Musik in Instagram-Beiträge implementieren, was wiederum sehr nützlich für diesen ganzen Bereich Social Media ist.

Ihr selbst stammt aus Zwickau, und ich muss gestehen, dass ich mich mit der Szene vor Ort nicht sonderlich auskenne, bis eben auf die Tatsache, dass Death Metal im Osten der Republik ungleich populärer ist. Was kannst Du mir zur Situation in Eurer Heimat erzählen?
Merlin: Eine sonderlich aktive Bandszene gibt es in und um Zwickau zugegeben nicht mehr, was wohl leider am fehlenden Nachwuchs liegt. Das ist heute wohl fast überall so, aber in der Provinz eben umso mehr. "Vor meiner Zeit", also in den 90ern und frühen 2000ern, war in der Gegend bedeutend mehr los und mit KATHARSIS hat die Zwickauer Region in der Vergangenheit ja auch mindestens eine legendäre Band hervorgebracht. Auch MOSHQUITO sollte man im historischen Kontext erwähnen. Der Ratskeller in Fraureuth hatte in den 90ern überregionalen Kultstatus und wie ich hörte, ist auch ein Buch über die zahlreichen Konzerte dort in der Entstehung. Aber wie gesagt habe ich bzw. haben wir diese Zeiten leider nicht aktiv miterlebt.
Heutzutage sind unsere guten Freunde ARCHAIC THORN (Death Metal) und THRONECULT (Black Metal) im näheren Umkreis unbedingt zu erwähnen. Aber ja - im extremen Metal ging es im Gesamtblick auf den Osten vermutlich tatsächlich schon immer besser daher als im traditionellen Sektor, wie du schon sagst. Bands wie PURGATORY sind und waren schon immer am Ball und haben verdienterweise internationalen Kultstatus.
Der traditionelle Heavy Metal von hier erreichte hingegen wohl nie die allergrößte Popularität, da sich die damaligen Ost-Bands in der entsprechenden Glanzzeit ja gar nicht international beweisen konnten, wobei z.B. FORMEL 1 ja mit großartiger Musik heute weltweit gefeiert wird. Es hat sich scheinbar bis heute ein wenig so erhalten, dass der klassische Metal hier teilweise einen schwereren Stand hat und eher vorrangig gepoltert wird. Aber ich will es mir nicht anmaßen, darüber die urteilen oder zu spekulieren, denn dafür bin ich zu jung, haha...
Wer sich für das Thema interessiert, dem sei das Buch "Red Metal: Die Heavy-Metal-Subkultur der DDR" von Nikolai Okunew wärmstens empfohlen.

Meines Erachtens sollte extremer Metal weitgehend unpolitisch bleiben, jedoch scheint es derzeit mehr denn je nötig, Zeichen zu setzen und aufzustehen. Könntest Du Dir vorstellen, bei entsprechenden Live-Aktivitäten oder dergleichen mit der Band mitzuziehen?
Oliver: APEP ist, wie viele Extrem-Metal-Bands, eine reine Fiktionsband, deren Texte Okkultismus, archaische Rituale und altertümliche Zivilisationen behandeln. Mit der aktuellen Politsituation hat das schlicht nichts zu tun. Natürlich haben wir als Privatmenschen alle unsere Ansichten zu diesem Thema, als Band lehnen wir es aber ab, uns dafür in den Dienst zu stellen. Es gibt im Übrigen sehr viele Möglichkeiten, sich für gute Sachen einzusetzen, ohne dass es politisch wird. Ein tolles Beispiel ist das "SkullCrusher Benefiz – Metal hilft Kids", das jedes Jahr vom Verein SkullCrusher in Dresden organisiert wird und dessen Erlös an den ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst in Dresden geht. Sowas finden wir eher erstrebenswert.

Und wie bewertet ihr die Ergebnisse der jüngsten Wahlen?
Merlin: Ohne diese Ergebnisse bewerten zu wollen, waren sie abzusehen. Die Leute sind sauer und die Situation ist angespannt und traurig. Hoffen wir, dass die Zukunft Positives in petto hat und die Gesellschaft wieder zusammenwächst, auch wenn das wohl eher Wunschdenken ist in diesen Zeiten. Aber unsere Aufgabe ist es ja nicht, über Politik zu quatschen. Musik ist immer noch ein oder eher DAS Ventil, um aus dem Alltag zu entfliehen. Bewahren wir uns das einfach.

Oliver: Die politische Landschaft ist stark im Umbruch. Wie es scheint, sucht ein großer Teil der Bevölkerung ihr Heil in den Versprechen der politischen Ränder. Das wird neben viel Populismus sicherlich auch realpolitische Ursachen haben, aber ich bin auch kein Experte auf diesem Gebiet. Ich würde mir ebenfalls wünschen, dass sich der Spalt in der Gesellschaft wieder verkleinert und die Menschen die Gemeinsamkeiten miteinander suchen, nicht die Unterschiede.

Man sagt ja immer wieder, dass das dritte Album einer Band entscheidend ist. Wie zuversichtlich seid ihr, dass APEP diesen Schritt schon mit der zweiten Platte überspringen kann?
Oliver: Diese These habe ich auch schon öfter gehört, aber ich könnte dir jetzt ein paar Bands nennen, die bei mir schon mit der ersten oder zweiten Platte abgeräumt haben. Ein gutes Beispiel dafür ist DEAD CONGREGATION, eine meiner Lieblingsbands und meiner Meinung nach auch viel zu unbekannt. Bei der, ich nenne es mal "Drittes-Album-Theorie", geht es vermutlich eher darum, dass Bands so an die drei Alben brauchen, bis sie sich in einem weiten Teil der Szene etablieren können. Es gibt erfreulicherweise wieder sehr viel Underground und man kann einfach nicht alles auf dem Schirm haben. Wenn man dann bekannt genug ist, schaut natürlich jeder extra genau hin: Was bringen die als drittes Album? Wird es noch besser? Etc... Ich halte das für eine selbsterfüllende Prophezeiung und deswegen setze ich mich damit Null unter Druck. Erwartet in Zukunft Alles und Nichts von uns.  Ich hoffe auf jeden Fall, den Fans gefällt erstmal unser zweites Album und ich denke, dass wir damit im Vergleich zu unserem Erstlingswerk die Latte definitiv sehr hoch gesetzt haben.

Was wird bei Euch nun als nächstes geschehen?
Merlin: Wir haben einige gute Gigs in Aussicht und hoffen natürlich, dass weitere dazukommen – eben auch überregional. Auf jeden Fall haben wir Bock! Den zumindest live vakanten Bass-Posten zu füllen, ist auch ein großes Ziel. Wir sind dran.

Bevor wir zu den berüchtigten letzten Worten kommen - verratet mir doch bitte mal, wofür APEP eigentlich steht.
Oliver: APEP ist altägyptisch für 'Apophis', der Gott des Chaos und der Finsternis. Wobei ich hier etwas ins Detail gehen möchte. Apophis ist der einzige ägyptische Gott, für den es keinen Kult, keine Tempel oder Rituale gab. Auflösung, Finsternis und Chaos geht hier nicht weit genug. In der Vorstellungswelt der alten Ägypter musste der Verstorbene in der Unterwelt (in der Rolle des Sonnengottes) während der zwölf Nachtstunden mithilfe von diversen Zaubersprüchen immer wieder den Kampf gegen Apophis in Gestalt einer riesigen Schlange aus Feuerstein aufnehmen, um somit jeden Morgen symbolisch die Schöpfung der Welt wiederherzustellen. Apophis steht dabei für nicht weniger als die vollständige Auslöschung und das Urchaos. Gewinnt er den Kampf, bedeutet das sozusagen das Ende der Welt, der Schöpfung, des Universums an sich. Mehr Death Metal geht doch eigentlich nicht, oder?
Solche Vorstellungswelten haben speziell unseren Sänger Christopher und mich immer fasziniert und spielen natürlich auch in den Texten immer wieder eine Rolle. Bei der Wahl des Namens haben wir uns für die altägyptische Variante entschieden, um einerseits das Archaische in den Texten zu unterstreichen und außerdem wollten wir uns mit dem Namen auch aus der Masse etwas herausheben.

Last words?
Oliver: Danke für das Interview. Ich hoffe, wir konnten euch mit unseren Antworten erhellen. Kauft unser Album! Haha.

Merlin: Vielen Dank für das Interview und bis bald live!


Fotocredit: Sure Shot Worx

Before Whom Evil Trembles (Goddess Of Carnage)



https://www.youtube.com/watch?v=kM0J4ml2-3k

Redakteur:
Björn Backes

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