ASTERIUS: Interview mit Sir-I-Us

01.01.1970 | 01:00

ASTERIUS gehören zu den Bands, die vielleicht einmal die Zukunft der deutschen Metal-Szene prägen. Das Debüt-Album "A Moment Of Singularity" klingt unheimlich frisch, sprüht voller Ideen und nimmt den Hörer mit auf eine Reise durch ARCTURUS'sche Avantgarde Black Metal-Gefilde, die schwäbische Band bezeichnet ihren Stil als "Cosmic Bizarre Metal". Henri Kramer sprach mit Front-Kreischer und ASTERIUS-Texter Sir-I-Us unter anderem über Sterne, die neue Scheibe und das Verhältnis der Band zu den Leipziger Shooting-Stars von DISILLUSION.

Henri Kramer:
Wenn man auf eure Homepage geht, sieht man vor allem eines: Das Weltall. Euer Konzept scheint sich um Sterne zu drehen. Glaubt Ihr auch an die Kraft der Gestirne, also an Horoskope?

Sir-I-Us:
Nein, Horoskope sind völliger Quatsch, ein Überbleibsel aus früheren Jahrhunderten. Man muss deutlich zwischen Astronomie und Astrologie unterscheiden. Uns interessieren Themen wie die Entstehungsgeschichte des Alls oder die Evolution der Menschheit. Wir wollen in unsere laute und harte Musik eben niveauvolle Inhalte bringen, um uns auch von normalen Metal-Klischees abzuheben. Ich hoffe das gelingt uns auch.

Henri Kramer:
Ich denke schon. Erzähle aber bitte erst einmal bitte in ein paar Sätzen die Geschichte von ASTERIUS? Was war euer Anliegen, als Ihr Euch gegründet habt?

Sir-I-Us:
ASTERIUS wurden 1997 gegründet. Jeder von uns spielte bereits vor ASTERIUS in verschiedenen Bands, insgesamt macht wohl jedes Mitglied bereits seit über 10 Jahre Musik. Unsere klare Stimme Andrash war damals allerdings noch nicht dabei. Er kam erst 1999 dazu. Im selben Jahr nahmen wir unser Demo “as descendants of stars...” auf. Ursprünglich waren für die Songs des Demos nur Growl Vocals geplant, jedoch hatten wir uns kurzfristig dazu entschlossen zusätzlich noch eine klare Stimme in die Songs zu integrieren, um dem Ganzen noch mehr Vielfalt zu geben. Deshalb holten wir Andrash noch mit ins Boot. Dies hört man “as descendants of stars” zum Teil an, dort ist seine Stimme noch nicht gleichberechtigt mit meinen Growls. Ich denke jedoch , dass auf “a moment of singularity” beide Stimmen nun gleichberechtigt sind. Auf der Bühne werden unsere Songs auch so umgesetzt, und dies ist sicherlich auch für das Publikum sehr interessant anzusehen. Theoretisch kann man dies noch tiefer interpretieren, die unterschiedlichen Stimmen als Pole zwischen Gut und Böse.

Henri Kramer:
Wie würdest du den künstlerischen Fortschritt vom Demo “As Descendants Of Stars” zu eurer Debüt-Scheibe “A Moment Of Singularity” beschreiben?

Sir-I-Us:
Ich denke der Hauptunterschied ist, dass die Songs auf der Debüt-Scheibe wesentlich gitarrenlastiger sind, während hingegen das Demo eher keyboardlastiger war. Dies liegt darin begründet dass unser Keyboarder die Band im Jahre 2001 verlassen hatte und mit ihm ein Hauptsongwriter ging. Deswegen schreiben wir jetzt die Stücke nur noch auf der Gitarre. Natürlich haben wir mit der Zeit auch viel hinzugelernt was die Umsetzung unserer Ideen angeht. Zudem ist unser Bassist inzwischen gelernter Tontechniker, dadurch konnten wir eine bessere Produktion erreichen.“A Moment Of Singularity” klingt meiner Meinung nach reifer als das Demo. Wie gefällt dir die Platte?

Henri Kramer:
Sehr gut. Sie ist noch etwas abgedrehter als das Demo.

Sir-I-Us: Im Ernst? Ich hatte gehofft, die Stücke klingen etwas geradliniger. Wichtig ist, dass die Leute sich die Songs in aller Ruhe anhören und sich damit beschäftigen. Schliesslich machen wir ja keine Fahrstuhlmusik die man leicht im Hintergrund hören kann. Man muss als Hörer offen sein für diese Art von Musik, sollte erst einmal etwas Geduld aufbringen und sich reinhören. Allerdings wollen wir in Zukunft versuchen, etwas straighter zu klingen, ohne unseren Abwechslungsreichtum zu verlieren.

Henri Kramer:
Wie sind denn die ersten Reaktionen auf “A Moment Of Singularity” ausgefallen?

Sir-I-Us:
Richtig gut. Im “Hammer” haben wir fünf von sieben Punkten bekommen. Auch im Orkus stand ein schönes Review, im italienischen “Rock Hard” waren wir sogar in den Top Ten. Nur beim “Heavy oder Was?” Hatten wir Pech, der Schreiber mochte unsere Musik wohl überhaupt nicht. Allerdings ist die Scheibe noch nicht solange draußen, so dass wir gespannt sind was da noch kommen mag.

Henri Kramer:
Man liest immer wieder, dass eure Musik mit Bands wie ARCTURUS oder THE KOVENANT verglichen wird. Wie siehst du das?

Sir-I-Us:
Der Vergleich mit ARCTURUS freut mich natürlich sehr, da diese Band unheimlich innovativ ist. Mit Kovenant ist das so ne Sache. Zu „nexus polaris“ Zeiten kann ich den Vergleich nachvollziehen, was deren aktuelle Releases betrifft hingt der Vergleich! Allerdings kann ich es gut nachvollziehen, wenn man uns in den Zusammenhang mit Bands wie BORKNAGAR und Konsorten erwähnt. Das Problem bei unserem Sound ist eben dass er sich nur schwer einordnen lässt, da wir durch unsere beiden Sänger sehr unterschiedliche Stile repräsentieren. Andrashs Stimme klingt stellenweise nach IRON MAIDEN während sich meine teilweise nach SAMAEL anhört. Irgendwo dazwischen liegt auch unser Sound.

Henri Kramer:
Nach dem Klang die Texte von ASTERIUS, die du ja schreibst. Was willst du mit ihnen ausdrücken?

Sir-I-Us:
Wie gesagt, es geht oft um Astronomie. Das ist ein Hobby von mir. Ich lese viele Bücher, etwa über Theorie zum Urknall. Das sind manchmal ähnlich abgedrehte Theorien wie unsere Musik. Ich kann auch nicht sagen, dass ich jedes der Bücher verstehe, aber mich interessiert eben das Thema Weltall. In dem Song ‘Multiverse’ geht es zum Beispiel um unser Universum. Ich stelle darin die Frage, ob unser All vielleicht nur ein kleiner Teil von vielen anderen Universen ist - wer weiß das schon? Ich würde mich freuen, wenn unsere Hörer sich nach der Lektüre der Texte auch solche Fragen stellen. Doch es geht nicht nur um das Weltall, sondern bei manchen Songs auch einfach um die Artikulation von Gefühlen. 'On Black Tusk' beschreibt beispielsweise meine Erfahrungen die ich während eines Urlaubs in Kanada gesammelt habe (Black Tusk ist übrigens der Name eines Berges in Kanada, den ich damals bestieg). Es ist schwer, Gefühle in Worten festzuhalten. Daher ist es noch schwieriger, die Texte wortwörtlich zu übersetzen. Wir hoffen, dass wir uns mit diesem Konzept wohltuend von anderen Bands unterscheiden.

Henri Kramer:
Haben denn eure Pseudonyme wie eure Texte auch einen tieferen Sinn? Warum gerade diese Namen? (Anm. d. Verf.:Sir-I-Us - Gitarre, Vocals; Andrash - Vocals; Sataar - Gitarre; Arctur - Bass, Programming; Cain - Drums)

Sir-I-Us:
Die Pseudonyme sind noch aus unseren Anfangstagen und ohne große Bedeutung. Sie klangen eben ziemlich cool und passen gut ins Bandkonzept, unsere bürgerlichen Namen klingen da zu normal. Einen Namen wie “Hans Müller” passt eben besser zu TANKARD, als zu ASTERIUS. Unsere Pseudonymen sehe ich inzwischen als Bestandteil des ASTERIUS Images.

Henri Kramer:
Könntet Ihr euch eigentlich vorstellen, jemals ein einfaches Akustik-Album aufzunehmen?

Sir-I-Us:
Nein, dass kann ich mir zur Zeit nicht. Wir hören zwar alle auch ‘mal ruhigere Musik á la ANATHEMA, doch bei ASTERIUS sollte es schon immer krachen. Außerdem kann man die Entscheidung für ein Akustik-Album nicht erzwingen, entweder es passiert oder es passiert nicht.

Henri Kramer:
Ihr experimentiert viel mit elektronischen Sound - wieviel solcher Einflüsse würdet ihr maximal auf einem Album verwenden?

Sir-I-Us:
Diese Frage stellen wir uns auch immer wieder. Unser Ziel ist es, den Anteil der Keyboards am Sound von ASTERIUS eher zu reduzieren. “A Moment Of Singularity” besitzt auch schon weniger Keyboards als noch unser Demo. Dort haben wir zum Teil vier bis fünf Keyboardspuren verwendet, jetzt ist es nur noch eine Spur.

Henri Kramer:
Wie sieht es mit Remixen aus - das ‘One Perspective’-Remix auf der aktuellen Scheibe klingt genial...

Sir-I-Us:
Danke! Sowas machen wir gern. Gerade ‘One Perspective’ spielen wir live auch als Gemisch aus dem Remix und der normalen Fassung. Wobei natürlich die normale Fassung die Oberhand behält! Doch insgesamt wollen wir wirklich den Keyboardanteil verringern. Die einzelnen Stücke sollen nicht über die gesamte Länge mit Keyboards auskommen müssen.

Henri Kramer:
Wie sieht’s mit Cover-Versionen aus? Welchem Lied würdet Ihr denn gerne ‘mal euren Stempel aufdrücken?

Sir-I-Us:
Wir haben bereits einmal einen Cover Song aufgenommen. Wir hatten 2001 die Möglichkeit einen Song für ein TYPE O NEGATIVE-Tribute beisteuern. Das hat richtig Spass gemacht, da TYPE O den meisten aus der Band sehr gut gefällt. Wir hatten uns ‘We Hate Everyone’ rausgesucht und, wie ich denke, dem Songs unseren eigenen Stempel aufgedrückt! Doch insgesamt sind wir keine großen Freunde von Coverversionen, obwohl es natürlich schon ein paar coole Songs zum covern gäbe. Allerdings haben wir zur Zeit keine weiteren Pläne in der Hinsicht.

Henri Kramer:
Mit dem neuen Album habt ihr auch endlich ein Label im Rücken, dass italienische “Cruz Del Sur Music”. Ich kenne das Lebel noch nicht, erzähle bitte etwas darüber.

Sir-I-Us:
Das du das Label nicht kennst, überrascht mich nicht. Es ist noch eine kleine Firma und befindet sich gerade im Aufbau. Der Chef ist aus Argentinien und im Zuge der dortigen Krise nach Italien gekommen, will hier etwas Neues aufbauen. Wir sind jetzt seit rund einem Jahr bei “Cruz Del Sur Music”. Wir dort als vierte Band unter Vertrag genommen worden, inzwischen werden es wohl bereits knapp 10 Bands sein. Wir stechen jedoch soundtechnisch total heraus; das Label ist eher auf Powermetal ausgerichtet. Aber wir sind recht zufrieden. Wir haben viel Promotion und ein ausreichendes Studio-Budget bekommen. Die Zusammenarbeit ist auf jeden Fall noch ausbaufähig.

Henri Kramer:
Aber wenn ihr wählen könntet: Was wäre euer Traumlabel?

Sir-I-Us:
Ich denke, bei einem größeren Label wie Century Media oder Nuclear Blast würden wir untergehen. Schau dir die Werbung von solchen Labels in den Magazinen an: Es geht meist um zwei, drei Megaseller, der Rest der Bands wird mit durchgeschleift. Ehe wir über so etwas wie ein Traumlabel nachdenken, machen wir uns lieber erst einmal einen Namen bei einem kleineren Label. Das ist jetzt erst einmal das größte Ziel.

Henri Kramer:
Wie wichtig ist für Euch das Internet als Band?

Sir-I-Us:
Unser Homepagedesign gefällt mir sehr gut, obwohl die Seite noch im Aufbau ist. Heutzutage gehört ein guter Internet-Auftritt genauso zur Musik wie ein schönes Plattencover und eine gelungen Aufmachung des CD-Booklets, wenn man wirklich ernsthaft Musik machen möchte. Leider ist unser Webmaster ein vielbeschäftigter Mann, so dass unser Intenet-Auftritt noch nicht ganz vollständig ist.

Henri Kramer:
Eure Geschichte ist eng mit einer anderen hoffnungsvollen deutschen Newcomerband verbunden: DISILLUSION. Würdest Du das auch so sehen?

Sir-I-Us:
Auf jeden Fall. Wir haben oft gemeinsam gespielt, wir verstehen uns mit keiner Band besser. Wir lernten beim Wave Gothic Treffen 2000 den DISILLUSION-Gitarrist Rajk kennen, dann spielten wir bei der Release-Party ihres ersten Demos in Leipzig. Außerdem haben wir mit den Jungs zum Beispiel schon eine Mini-Tour quer durch Deutschland gemacht. Wahrscheinlich spielen wir zur Release-Party des DISILLUSION-Debüts wieder zusammen.

Henri Kramer:
Und inwiefern beeinflusst ihr euch musikalisch gegenseitig?

Sir-I-Us:
Auf jeden Fall gibt es einen kleinen Wettbewerb zwischen uns, wer denn nun die bessere Band ist, haha. Und klar gibt man sich gegenseitig ein paar Inspirationen. Dennoch sind unsere musikalischen Konzepte so verschieden, dass wir nicht ernsthaft voneinander klauen können.

Henri Kramer:
Iht habt Euch also sicher auch über den “Metal Blade”-Vertrag von DISILLUSION gefreut?

Sir-I-Us:
Klar! Ich finde das faszinierend und kann den Jungs nur gratulieren. “Metal Blade” sind, so denke ich, auch ein geeignetes Label, die jungen Bands können sich dort noch austoben. Aber für DISILLUSION gilt trotzdem: Wir holen euch auch noch ein, haha.

Henri Kramer:
Seid Ihr eigentlich auch solche Perfektionisten wie DISILLUSION, die ihr Album deswegen jetzt schon ein paarmal verschieben mussten.

Sir-I-Us:
Nein, so schlimm sind wir nicht, haha. Aber im Vergleich zu anderen Bands halte ich uns schon für sehr perfektionistisch. Schliesslich liegen zwischen unserem Demo und dem Debüt ganze 3 Jahre in denen wir sicherlich einige Ideen verworfen haben die manch andere Bands zu Songs ausgebaut hätte.

Henri Kramer:
Inwiefern sehr Ihr und vielleicht auch DISILLUSION oder Bands wie DISBELIEF als kommende Generation von abgedrehteren deutschen Bands als es etwa SODOM oder DESTRUCTION sind?

Sir-I-Us:
Das ist eine gute Frage. Ich finde, die deutsche Szene hat sich schon geändert. Aber ob man da gleich von einer neuen Generation sprechen kann möchte ich bezweifeln. Schließlich haben Bands wie DESTRUCTION immer noch viel Erfolg. Doch gleichzeitig merke ich, dass die Fans auch solche Musik wie unsere mehr und mehr schätzen. Wir haben letztens zusammen mit GOREROTTED und PUNGENT STENCH gespielt, also vor einem echten Grindcore-Publikum. Trotzdem hat den Leuten auch unsere Live-Show gefallen.

Henri Kramer:
Was ist denn demnächst sonst noch an Liveauftritten geplant?

Sir-I-Us:
Auf jeden Fall eben die Release-Party mit DISILLUSION, die wohl im Februar in Leipzig sein wird. Dann möchten wir vielleicht auch noch eine Minitour mit den Jungs machen. Sicher ist auch eine kleine Tour durch Italien, die knapp eine Woche dauern wird. Festivals sind im Gespräch sowie mehrere Einzelauftritte in ganz Deutschland. Wir hoffen, dass wir noch die Möglichkeit erhalten als Support einer grösseren Band auf Tour gehen zu können.

Henri Kramer:
Was wären dann Eure Favoriten-Headliner?

Sir-I-Us:
Das sieht wohl jeder bei ASTERIUS anders. Mir wären natürlich SAMAEL, ARCTURUS oder BORKNAGAR am Liebsten.

Henri Kramer:
Was sind deine drei Favoritenplatten der letzten Zeit?

Sir-I-Us:
NAGLFAR: “Sheol”!!! Die letzte ARCTURUS fand ich ebenfalls sehr gut, kann aber wohl nicht mehr als aktuell bezeichnet werden. Die neue ANATHEMA habe ich leider noch nicht gehört. Eigentlich kannst du aber dreimal NAGLFAR hinschreiben, haha.

Henri Kramer:
Final Last Words?

Sir-I-Us:
Ich wünsche mir, dass die Leser von www.powermetal.de unsere neue Scheibe ein paar Mal anhören und sich ihr eigenes Urteil bilden. Dann erhöht sich die Chance, dass wir auf einer größeren Tour mitspielen können. Danke!

Redakteur:
Henri Kramer

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