BANG YOUR HEAD 2016-Vorbericht: Ein erwartungsvoller Rundgang

10.07.2016 | 10:17

Ein fester Termin im jährlichen Festivalkalender ist das Bang Your Head-Festival in Balingen. Da es nun in Kürze soweit ist, hier einmal ein kleiner Überblick über das, was uns ab Mittwoch erwartet.

Denn Mittwoch steigt die Warm-Up-Party mit einem fetten Billing: die Thrasher SODOM, deren neues Album in den Startlöchern steht, wie man in unserer Listening-Session erfährt, und OVERKILL als Headliner, davor die deutschen Aushängemetaller RAGE, deren aktuelles Album "The Devil Strikes Again" bei uns gehörig für Furore gesorgt hat, und zur Einstimmung PRO-PAIN und NITROGOD. Was sich liest wie ein Billing für einen überzeugenden Festivaltag, ist tatsächlich nur der Auftakt zu drei Tagen Metal in Balingen! Im Folgenden möchte ich euch meine Highlights vorstellen und euch einen kleinen Wegweiser durch die drei Tage liefern. Und natürlich wie immer: Man sieht sich, nicht wahr? Dann könnt ihr mir sagen, wo ich falsch lag.

Richtig los geht es dann am Donnerstag. Während STALLIONs gradliniger Heavy Metal eventuell noch nicht für jeden ein absolutes Pflichtprogramm darstellt, herrscht spätestens um 12:30 Uhr Anwesenheitspflicht: LEATHERWOLF sollte man nicht verpassen. Wenn die Setliste der letztes Auftritte ein Indiz ist, werden uns wohl Großtaten wie 'Rise Or Fall', 'Wicked Ways' und 'Gypsies And Thieves' erwarten. Ja, ich mag besonders die etwas seichteren, epischen Tracks. Mit BABYLON A.D. folgt eine Band, deren Hard Rock für mich nie so überragend gewesen war, dass ich mich als Fan outen müsste, aber live wird das sicher unterhaltsam, denn merke: 'When The hammer Swings Down' 'The Kid Goes Wild'! Oder so ähnlich.

Klassischer Power Metal mit weiblichem Gesang präsentiert BATTLE BEAST aus Finnland. Kopfnicken und Mitsingen ist angesagt, wobei die Band auf dem aktuellen Album schon ziemlich weichgespült rüberkommt. Aber bei Sonnenschein und einem Getränk erwarte ich nichts weniger als gute Unterhaltung. Genau das gleiche gilt für THE DEAD DAISIES, einer All-Star-Hard-Rock-Kapelle, die mal richtig mit Namen der Ex-Bands der Mitglieder auftrumpfen kann: Mark Mendoza von THIN LIZZY und BLACK STAR RIDERS, aber auch BLUE MURDER oder TED NUGENT, Brian Tichy war für BILLY IDOL aktiv und für OZZY OSBOURNE und WHITESNAKE, Doug Aldrich spielte bei DIO, LION, BAD MOON RISING und WHITESNAKE, und Sänger John Corabis Karriereschritte beinhalten so illustre Namen wie MÖTLEY CRÜE, UNION und RATT. Jetzt wo ich das so aufzähle, bin ich doch zunehmend gespannt auf die Burschen.

Während dann auf der Hauptbühne die Flitzefinger DRAGONFORCE das Tempo anziehen, wird die Show in der Halle vorbereitet. Ich möchte nicht verhehlen, dass ich immer noch ein Freund des Eine-Bühne-Festivals bin. Wenn einem eine Band mal nicht gefällt, ist eine Pause willkommen, aber dieses Bühnenhopping ist einfach nicht meins. Und während ich die Death Metaller DEBAUCHERY VS. BLOOD GOD verpassen werde, ohne Krokodilstränen zu vergießen, wird es später noch wichtig, in die Halle zu kommen. Doch vorerst ist natürlich CANDLEMASS erst einmal Pflicht. Die Schweden sind eine Doom-Institution, die mit Mats Leven einen anders klingenden, aber keineswegs schlechten Nachfolger für Rob Lowe und Messiah Marcolin gefunden hat. Gerade die neue EP "Death Thy Lover" beweist, dass sie zwar stilistisch in ihrer Karriere wohl nichts mehr ändern wollen, aber eben auf ganz hohem Niveau musizieren.

Auf der Hauptbühne folgt nun CARCASS, deren Treiben ich für mich auf das Album "Heartworks" reduziert habe, da ich sonst mit dem Extremmetal bekanntermaßen nur wenig anfangen kann, sodass ich mit lieber die Rocker VOODOO X um Jean Beauvior ansehen werde. Das ist seicht und locker, aber vielleicht kann ich ja mal einen Sitzplatz zum Ausruhen ergattern, denn danach kommt ein großes Highlight für mich: DARE, die britische AOR-Band um Ex-THIN LIZZY-Keyboarder Darren Wharton. In unserer Gegend spielt die Band so gut wie nie, das werde ich mir nicht entgehen lassen. Plüsch muss manchmal einfach sein. Dabei geht parallel auf der Hauptbühne der Headliner SLAYER ab! Ich habe die Jungs gerade auf dem Rockavaria gesehen und war sehr angetan. SLAYER anno 2016 ist bockstark. Vielleicht wird es ja deswegen in der Halle nicht ganz so brechend voll. Nach SLAYER werde ich mich aber auf den Heimweg machen, weder EQULIBRIUM noch EKTOMORF werden mich halten können, zumal letzere 2014 hier gespielt haben. Das genügt mir noch, Schlaf ist wichtiger.

Um nämlich am Freitag wieder früh fit zu sein, denn bei den kürzlich gespielten Clubgigs hat NIGHT DEMON meine Redaktionskollegen mächtig überzeugt, sodass ich um 11:30 Uhr da sein werde! Zumal es mit FREEDOM CALL schnell und melodisch weitergeht. Ja, ich weiß, an der Band scheiden sich die Geister, aber ich bin sicher, live wird das gut. Ein bisschen Trallalla schadet nicht! Und ein bisschen Underground-Kult auch nicht, denn MANILLA ROAD hat sich bei den letzten Auftritten nicht lumpen lassen und bei ihren Auftritten immer ein Potpourri ihrer alten Gassenhauer zusammengestellt, und nichts weniger erwarte ich auch hier.

IMPELLITTERI, die Band um den gleichnamigen Gitarristen Chris, ist auch ein eher seltener Gast in Deutschland. Seit fast drei Jahrzehnten steht der Name für knackigen Metal in der Tradition der alten Helden wie RAINBOW oder JUDAS PRIEST, aber zunehmend auch mit einer härteren Kante, die aber immer von ausgesucht großartigen Sängern abgerundet wird. Aktuell schwingt Rob Rock das Mikro, der 2014 auf dem BANG YOUR HEAD einen ausgezeichneten Eindruck hinterlassen hatte. Im Anschluss dann kommen gleich zwei Highlights: SACRED REICH hat erst kürzlich auf dem Graspop eine überzeugende Setlist im Gepäck gehabt, die ein Augenmerk auf die Frühphase der Band legte. Große Songs und natürlich dann das absolute Highlight 'Surf Nicaragua' zum Abschluss, das dann überleitet zu der Band, auf die ich mich auf dem ganzen Festival am meisten freue: METAL CHURCH. Mit Mike Howe am Mikrophon kann ja wohl nichts schief gehen. Ich bin allerdings gespannt, ob er sich auch so seltsam bewegt wie in dem Video zu 'No Tomorrow'. Gespannt bin ich auch auf die Setliste! Ich möchte 'Gods Of Second Chance' und 'Fake Healer', 'Conductor' und bitte kein 'Start The Fire'. Aber auf mich hört ja wahrscheinlich wieder niemand.

Im Anschluss daran beginnt die Show in der Halle. Heute kann ich aber weitgehend darauf verzichten, da mich weder der Glam Rock der TIGERTAILZ oder die mit einem neuen Sänger ausgestatteten NAZARETH noch die Death Metaller GRAVE reizen. Da ist natürlich Grinsebacke Jeff Waters und seine ANNIHILATOR-Posse eine ganz andere Baustelle. Fünfzehn Alben hat die Band auf dem Buckel, und dabei mehr Klassiker, als in die Setliste passen. Aber natürlich werden wir 'Never Neverland' und 'Alison Hell' hören, und ich hoffe auf ein, zwei Stücke vom unterbewerteten "Set The World On Fire" Album. 'Knight Jumps Queen' wäre ein Favorit. Aber wenn nicht dürfte sich dennoch kein schwaches Stück einschleichen. Ähnliches gilt für TESTAMENT. Auch da sind es immerhin zehn Alben, aus denen die US Amerikaner schöpfen können, und auf Festivals liegt ein Schwerpunkt auf der Frühphase mit eingeworfenen Highlights wie 'Practice What You Preach' und 'D.N.R.'. Das wird ein absoluter Hammer, wetten?

Huch, schon Zeit für den Headliner? Tatsache! TWISTED SISTER will nun endgültig die Perücken an den Nagel hängen und möchte sich mit einem Paukenschlag verabschieden. Wer sich an die letzten Auftritte der verdrehten Schwestern in Deutschland erinnert, wird sich dieses Abschlussfest nicht entgehen lassen. 'You Can't Stop Rock 'n' Roll', jawohl! Ob ich danach noch fit genug bin für SATAN in der Halle, darf bezweifelt werden. Schade. Wobei, da dürfte man eh nicht mehr reinkommen um diese Zeit. Also geht es wahrscheinlich heim. Wenn ich mich doch reinquetschen kann, werde ich mir die New Wave of British Heavy Metal-Heroen zumindest teilweise noch ansehen, denn live ist das ganz großes Kino. Allerdings bin ich sicher, dass ich KILLCODE nicht mehr erleben werde.

Samstag brauche ich möglicherweise ein Stündchen länger morgens. BLACK TRIP ist zwar sehr unterhaltsamer Metal mit Melodie mit Retroschlagseite, aber ich muss zugeben, dass ich die eventuell einem Kollegen überlassen werde. Aber das mache ich abhängig davon, wann ich aufschlage. Denn zu den reifen Damen der GIRLSCHOOL würde ich schon gerne wieder singend in der Menge stehen. Gradlinig und ohne Fiesematenten werden Drei-Minuten-Rocker in die Menge gefeuert und trotz der knapp bemessenen Spielzeit ist deswegen genug Platz für die Klassiker. Danach geht es weiblich weiter, denn die niederländische Symphonic-Metal-Band  DELAIN darf eine knappe Stunde große Melodien auf die Reise schicken. Das dürfte zwar bei sommerlichen Temperaturen und Helligkeit wenig Raum für große Showeffekte bieten, aber da muss dann eben die Musik überzeugen. Da das aktuelle Album "The Human Contradiction" aber ein tolles Werk geworden ist, sollte dem nichts im Weg stehen.

TANKARD. Schon wieder. Hab ich schon gesagt, dass ich kein Fan bin? Ja? Gut, ich mache also Pause und dann weiter mit GREAT WHITE. Die US Rocker sind eigentlich keine große Nummer bei uns. Ihre Erfolge sind zumeist in der Heimat erzielt worden, und stammen auch hauptsächlich aus der Zeit vor 1990. Ich hoffe, dass sie auf offene Ohren stoßen werden, denn hier gibt es für Viele ein Kleinod zu entdecken. Und sicher auch noch für mich, da ich mit nur zwei der dreizehn Alben in meiner Sammlung auch gespannt sein darf, was es alles zu genießen geben wird. Dann folgt der zweite Act, auf den ich verzichten könnte, denn mit GRAVE DIGGER habe ich Mitte der Achtziger abgeschlossen, da mir Boltis Gesang überhaupt nicht liegt. Das ist schade, aber einfach persönlicher Geschmack menerseits, und in unserer Redaktion hat Szeneikone Chris einige große Fans. Darum folge ich wahrscheinlich WARPATH in der Halle auf den Kriegspfad, auf dem mal parallel der Thrashhammer rausgeholt werden wird. Ich war zwar nie ein großer Fan, sodass es auch sein kann, dass ich mir eine Pause gönnen werde. Ich suche noch Gesprächspartner zum Fachsimpeln! Erkennbar bin ich, wie immer, am Powermetal.de-T-Shirt. Also bitte ansprechen!

Doch pünktlich um kurz vor halb sieben muss ich mir URIAH HEEP ansehen. Die alten Recken werden tatsächlich mit jedem Jahr besser! Die letzen drei Alben stellen für mich den Höhepunkt der gesamten Karriere der Briten dar. Ja, lacht ruhig! Allerdings wird die Band live wahrscheinlich zahlreiche Klassiker darbieten und ihr habt dann gut lachen, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass URIAH HEEP live ein Erlebnis ist. Danach bleibt der Level an Energie aber genauso hoch, denn nun folgt DIRKSCHNEIDER. Unser Udo ist als Mogelpackung unterwegs, denn hinter diesem Banner verbirgt sich eine ACCEPT-Klassiker-Show, mit der der Deutsche dieses Kapitel endgültig ad acta legen möchte. Also, ein letztes Mal 'Princess Of The Dawn' und 'Metal Heart' mit Originalstimme.  Das ist zweifellos Metalgeschichte, die ich mir nicht entgehen lassen werde.

Allerdings ist es mehr als ärgerlich, dass parallel in der Halle TYKETTO und THRESHOLD spielen werden. Das ist es, was ich an Festivals mit mehr als einer Bühne so hasse: Irgendetwas verpasst man immer. Vielleicht luge ich zu TYKETTO einmal kurz rein, aber THRESHOLD wird DIRKSCHNEIDER geopfert werden müssen. Nicht weil ich Udo unbedingt vorziehe, sondern weil THRESHOLD hoffentlich bald wieder auf Clubtour kommen wird und da werde ich die Briten dann in voller Länge genießen. Und noch einmal ist Ärgern angesagt: UNLEASHED in der Halle, während draußen der Headliner spielt. Würde ich gerne beides sehen. In diesem Fall reizt mich der Schweden-Death sogar mehr als das Geschehen auf der Hauptbühne. Mal sehen.

Natürlich werden die weitaus Meisten nun zu Jon Schaffer und ICED EARTH feiern. Leider ist meine Begeisterung spätestens seit "Horror Show" stark gebremst. Das patriotische musikalische Mittelmaß ließ mich zuletzt ziemlich kalt. Vielleicht schaue ich mir einen Teil UNLEASHED an und komme dann zur zweiten Hälfte ins Freie, um mit den anderen Besuchern den Abschluss des diesjährigen Bang Your Head zu begehen. Denn die deutschen CREMATORY, die noch anschließend in der Halle spielen, werde ich mir ganz sicher schenken.

Wenn ich beim Tippen nochmal ansehe, was uns alles erwartet, wächst die Vorfreude. Das Billing strotzt mal wieder vor Höhepunkten verschiedenster Art, und ich bin sicher, es werden dann vor Ort noch einige unerwartete dazukommen. In diesem Sinne freue ich mich, euch in einigen Tagen auf dem Messegelände n Balingen zu sehen, wenn es wieder heißt "Bang das fucking Kopf, Mann!"

Die verwendeten Fotos wurden unter freundlicher Genehmigung des Bang Your Head genutzt.

Redakteur:
Frank Jaeger

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