BEYOND THE BLACK: Interview mit Jenny und Christo

03.05.2016 | 08:30

Über skorpionische Jugenderinnerungen, Wolfsfütterungen und Touren zu Terror-Zeiten.

Seit unserem letzten Gespräch im Mai 2015 (zum Interview) hat sich viel im Lager von BEYOND THE BLACK getan. Als vorläufigen Höhepunkt der Karriere kann man die gemeinsame Tour mit den SCORPIONS bezeichnen, die auch Anlass unseres erneuten Treffens war. "Allen Alkohol, der auffindbar war", habe man laut Gitarrist Christo wohl vernichtet, als man davon erfahren hat, dass man tatsächlich den begehrten Support-Slot für die SCORPIONS-Tour ergatterte. "Vitamin B" hat sicherlich ein wenig dabei geholfen, da man dasselbe Tour-Management hat wie die SCORPIONS. Doch auf ihre ur-sympathische Art überwiegt bei den beiden Grinsebacken die Ehrfurcht vor dieser großen Band. Christo träumt davon, "mit BEYOND THE BLACK auch so lange im Geschäft wie die SCORPIONS zu bleiben" und respektiert die Band für ihre große Beharrlichkeit. Allem voran steht aber die glaubhaft ungläubige Freude, "mit einer Band auf der Bühne zu stehen, mit der wir aufgewachsen sind.” Ich stelle fest, dass sich hier tatsächlich drei Menschen mit jeweils zehn Jahren Altersunterschied gegenübersitzen, die die SCORPIONS schon in ihrer Kindheit erlebt haben. Der early Twen Jenny dürfte noch gar nicht gelebt haben, als ihr persönlicher SCORPS-Liebling 'Send Me An Angel' geschrieben wurde. Christo, der Metalhead der Band in den Dreißigern, beäugt seine Sängerin bei der Nennung etwas skeptisch, bezeichnet sich "eigentlich nicht als großen Balladen-Fan", kommt aber nicht drum herum, 'Still Loving You' als liebsten SCORPS-Song zu benennen. Da ist er mit mir (ein Jung-Vierziger) auf einer Linie, schießt aber schnell noch 'Rock You Like A Hurricane' hinterher.

Wir schwenken aber vom Schwelgen in skorpionischen Jugenderinnerungen in die Gegenwart. "Lost In Forever" ist das neue Album, von dem es auch auf im aktuellen Set ein paar Kostproben gibt. Im Vergleich zum Debüt "Songs Of Love And Death" habe man "von allen Seiten die Schrauben ein wenig angezogen", sagt Jenny. "Die musikalischen Ränder wurden ausgebaut und die Kontraste kommen besser zum Tragen." Besonders stolz ist Jenny hier auf ihr eigenes 'Send Me An Angel'-Äquivalent, die zarte Ballade 'Love Is A Burden' am Ende des Albums. Akustik-Gitarre, liebliche Streicher und einen Eimer voll Emotion eines jungen Mädchens, das mit den Tränen und dem Kummer der jungen Liebe, aber auch der Sucht nach ihr umgehen muss. Nachvollziehbar, dass dies für sie "besonders emotionale Momente" waren.



Ein Thema, mit dem BEYOND THE BLACK seit Anbeginn der steilen Karriere konfrontiert wird, ist die Frage nach dem Songwriting. Man arbeitet hier ja eng mit Elephant Music zusammen. Christo gefällt auch "lang nicht alles, was aus diesem Hause produziert wurde", findet das Thema aber mittlerweile ermüdend. Er versteht nicht, "warum daraus immer so ein Hype gemacht wird." Schließlich habe man mit BEYOND THE BLACK "nicht das Prinzip, mit externen Produzenten zu arbeiten, erfunden." Dies sei "Gang und Gäbe im Business" und im Lager von BEYOND THE BLACK betrachte man dies als "großes Privileg, so arbeiten zu können.” Er betont dabei einmal mehr, wie dankbar die Band BEYOND THE BLACK für all diese Möglichkeiten sei und denke auch immer mit den Augen eines Musikfans "an alle anderen Bands, die dies ebenso verdient hätten, aber nicht soviel Glück hatten."

Angesprochen auf den Videodreh zum Titelsong des neuen Albums 'Lost In Forever' leuchten Jennys Augen. Gerne erzählt sie von den Erfahrungen mit dem Wolf, der im Video die Hauptrolle spielt. Dieser spiele hier sozusagen die "Rolle ihres Alter Ego, das ihr die Richtung der Freiheit vorgibt, in die sie laufen soll." Dieser Dreh war für Jenny unvergesslich und sie ist stolz, das Zutrauen des Tiers gewonnen zu haben. Der Höhepunkt sei für sie gewesen, als der Wolf ihr aus der Hand gefressen habe, während die anderen Blackies sich lieber fern hielten.



Die Musiker von BEYOND THE BLACK haben allesamt eine unglaublich positive, lebensbejahende Ausstrahlung, dennoch macht auch sie ein Thema besonders ernst. Ich erzähle ihnen, dass für mich ihr Headliner-Gig Ende November mit MASTERPLAN einer der ersten nach den Terror-Anschlägen in Paris war. Ich erzähle ihnen von meinen mulmigen Gefühlen, die sie zu diesem Zeitpunkt ebenso teilten: "Wir mussten ja direkt am Tag nach den Anschlägen in Köln spielen und klar haben wir alle geschaut, wo die Fluchtwege sind und wie man am Schnellsten heraus kommt”, sagt Jenny. "Wir haben viel in der Band diskutiert und kamen zum Schluss, dass es das falsche Zeichen wäre, nicht zu spielen”, fügt Christo hinzu. Hier fühle man auch "eine Verantwortung als Musiker gegenüber seinem Publikum", dem die Band in diesen Tagen durchaus auch die Last angemerkt habe.

Erschwerend kam auf dieser Tour hinzu, dass die gesamte Crew mit einer Erkältung zu kämpfen hatte, unter der auch Jennys Stimme litt. Am Ende waren die Blackies schon "ganz schön müde und froh", diese Gigs dennoch mit so großem Erfolg gemeistert zu haben.

Eine ganz besondere Erinnerung war wieder das Full Metal Cruise, von dem insbesondere Christo sehr schwärmt. Diese Gigs auf einem Schiff sind für ihn etwas Besonderes und bei BEYOND THE BLACK sei die See so unruhig gewesen, "dass ich mehrmals mein Effekt-Board nicht traf." Aber das ganze Erlebnis inklusive der "bangenden Fans im Pool" möchte er extrem gerne auch nächstes Jahr wieder mitmachen.

Premiere für BEYOND THE BLACK ist allerdings das Full Metal Mountain Festival, ein weiteres von der Wacken Foundation organisiertes Festival in den österreichischen Bergen. Ich versuche ein wenig, als Berg- und Naturfan meinem Unmut gegenüber dieser Veranstaltung Gehör zu verschaffen, doch bei Jenny überwog hier eher die Freude aufs Skifahren. Das macht sie wohl schon lange und gerne und so wie es aussieht, wird auch der nicht ganz so glücklich dreinschauende Christo nicht drum herum kommen, auf die Bretter zu steigen. Die Bretter der Bühne sind aber definitiv sein wahres Zuhause. Dies bestätigt der folgende Gig einmal mehr.

Fotos: Julian Rohrer und Frank Hameister

Redakteur:
Thomas Becker

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