CHILD: Neuauflage des Gesamtwerks
23.04.2024 | 16:27Die Klasse von CHILD ist bekannt. Deshalb hat Heavy Psych Sounds die drei Jungs vor kurzer Zeit unter Vertrag genommen, und legt demnächst das bisherige Schaffen des Trios neu auf.
Um das bisherige Schaffen des tief im Blues verwurzelten Trios nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, hat sich die Plattenfirma zunächst einmal dazu entschlossen, die bislang nur in überschaubarer Auflage erhältlichen Scheiben der Truppe erneut in Umlauf zu bringen. Natürlich nicht, ohne den momentanen Markterfordernissen gerecht zu werden. So gibt es die drei Langeisen und die dazwischen eingespielte EP "I" in unterschiedlichen Formaten. Neben einer limitierten Anzahl an coloriertem Vinyl, erscheinen "Child", "Blueside", die erwähnte EP, sowie das erst im Vorjahr veröffentlichte "Soul Murder", auch als zeitlos klassische, schwarze Vinyl-Editionen und auf CD. Für weniger sammelwütige Zeitgenossen werden alle Titel aber auch handlich und platzsparend in digitaler Variante erhältlich sein.
Den Startschuss in die Karriere dieser bislang wohl nur eingeschworenen Trüffelsuchern bekannte Formation aus Melbourne, markierte das selbstbetitelte Debüt "Child", das 2014 in Umlauf gebracht wurde. Mit den darauf enthaltenen fünf Tracks lieferten die Jungs eine ordentliche Talentprobe ab, und konnten sowohl Fans als auch die Presse auf sich aufmerksam machen.
Mit dem eröffnenden 'Trees' und 'Mean Square' waren zwei Tracks mit über acht Minuten Spielzeit darauf verewigt. Beide haben erkennen lassen, dass sich CHILD zwar in erster Linie im Blues pudelwohl fühlt, aber auch für psychedelischen Heavy Rock ein Faible hat. Das manifestierte das Trio förmlich mit der ans Ende gestellten Doppelnummer 'Blue Overtone Storm / Yellow Planetary Sun'. In diesen zehn Minuten wird zudem offenkundig, dass Gitarrist Mathias Northway sein Arbeitsgerät auch im Stile von JIMI HENDRIX zu bearbeiten versteht. Dennoch vermeidet der auch als Sänger fungierende junge Mann es, sein Instrument und sich selbst zu sehr in den Vordergrund zu stellen. Bei CHILD steht seit jeher das Motto "Der Song ist der Star" im Vordergrund, auch wenn der optische Aspekt eine ebenso wichtige Rolle zu haben scheint.
Zumindest was die Covermotive betrifft, denn die sind überaus geschmackvoll und auch künstlerisch ansprechend ausgefallen. Das Artwork von "Blueside" wurde 2016 von mir gar zum "Artwork des Jahres" erkoren. Völlig zu Recht, denn wenn ich mir die schlicht geniale farbliche Gestaltung heutzutage ansehe, bin ich immer noch davon ergriffen. Doch nicht nur die Optik des zweiten Drehers weiß zu imponieren, auch der Inhalt. Die von der Band darauf verewigten fünf Tracks schließen zwar im Prinzip exakt dort an, wo mit dem Debüt aufgehört wurde, einige Änderungen waren aber dennoch festzustellen. Zum einen klingen die Nummern vom Tempo her variabler, wurden aber auch atmosphärisch abwechslungsreicher gestaltet. So hat unter anderem 'Dirty Woman' eine Extraportion Fuzz-Gitarre verabreicht bekommen, wodurch CHILD auch für Stoner-Rock-Fans interessant sein müsste, während im abschließenden 'The Man' die Psychedelic-Rock-Affinität der Band deutlicher denn je zu erkennen ist.
Die 2018 nachgereichte EP mit dem simplen wie unmissverständlichen Titel "I" lässt heute wie damals vermuten, dass die Nummern entweder noch aus denselben Sessions stammten, oder zumindest unmittelbar nach "Blueside" aufgenommen wurden. Schließlich beackert das Trio in den drei Nummern ein ähnliches Terrain wie im Finale der erwähnten zweiten Scheibe. Mit Hingabe, aber auch mit Kompetenz, wie 'Going Down Swinging' unter Beweis stellt. Dieser knapp über zehn Minuten andauernde Abschluss von "I" zeigt die Band ähnlich spielfreudig und ambitioniert, wie sich die Jungs auch auf den Bühnen dieser Welt präsentieren.
Zwar machte die Pandemie auch ihnen einen gehörigen Strich durch die Rechnung, die Freude an ihrem für "Zeitgeister" etwas zu rudimentär klingenden Gebräu, haben sich Mathias und seine Kollegen Michael Lowe (Schlagzeug) und Rhys Kelly (Bass) aber zum Glück keineswegs nehmen lassen. Im Gegenteil, die Motivation war ungebrochen, als sich die Burschen im Studio verschanzten, um im Vorjahr mit "Soul Murder" ihren dritten Longplayer veröffentlichen zu können. Stilistisch zeigt sich CHILD darauf einmal mehr breiter aufgestellt denn je. Vom simplen und zugleich knallharten Blues über kräftigen Hard Rock, bis hin zu abgedrehten Psychedelic-Anleihen und teils räudigen Stoner-Rock-Elementen, reicht darauf der Reigen. Das Ergebnis lässt sich als überaus facettenreich und stringent bezeichnen, und wurde abermals in ein imposantes Cover gepackt. Umso besser, dass "Soul Murder" zum ersten Mal als Langspielplatte aufgelegt wird. Durch die erdige Produktion klingen die getragenen Passagen zwar eindeutig nach dem Einfluss von BLACK SABBATH, das jedoch dürfte nur wenig verwundern. Die oben genannten Zutaten waren schließlich auch in deren Gebräu zu Beginn der Karriere omnipräsent.
Wann wir frischen Stoff aus dem Hause CHILD erwarten dürfen, weiß man aktuell leider noch nicht. Die Tatsache, dass ihr neues Label mit der Neuauflage des Backkatalogs die Zusammenarbeit beginnt, lässt allerdings vermuten, dass es nicht allzu lange dauern wird.
Blueside Of The Collar
https://www.youtube.com/watch?v=FOh7iKKwSuI
- Redakteur:
- Walter Scheurer