COHEED & CAMBRIA: Interview mit Claudio Sanchez

09.04.2010 | 20:03

COHEED & CAMBRIA haben mit "Year Of The Black Rainbow" einen würdigen Abschluss der "Amory Wars"-Saga abgeliefert, der jeden Fan der Band zufriedenstellen sollte. Wir sprachen mit Claudio Sanchez, der aus dem Kölner Roadrunner-Büro bei uns durchklingelte.

"Year Of The Black Rainbow" unterscheidet sich durchaus von seinen Vorgängern, was sowohl an der musikalischen Entwicklung, als auch an der Story liegt. "Ja, das sind definitiv die beiden Hauptgründe", stimmt Claudio zu. "Es ist definitiv anders als unsere anderen Alben. Einfach schon, weil wir als Band reifer und erwachsener geworden sind. Und die Themen auf dem Album sind auch sehr viel persönlicher und universeller als zuvor. Das sorgt dafür, dass die Texte etwas weniger kryptisch und somit einfacher zu verstehen sind. Dazu kommt, dass wir diesmal einen eher filmischen Ansatz hinbekommen haben. Das ist etwas, was wir in der Vergangenheit auch schon versucht haben, aber immer gescheitert sind", gibt sich Claudio in Understatement. "Damit will ich natürlich nicht unsere letzte Alben diskreditieren, das sind tolle Alben. Aber auf "Year Of The Black Rainbow" gelingt es uns einfach besser, diese Soundtrack-Atmosphäre aufzubauen. Genau so, wie ich es in der Vergangenheit halt immer schon haben wollte." Diese Soundtrack-Atmosphäre ist in der Tat besser wahrzunehmen, dabei hat man nicht darauf verzichtet arg progressive Songs zu schreiben, auch wenn die achtminütigen Epen diesmal fehlen. "Du hast Recht, die Songs sind nicht mehr so lang und dennoch ist ein Song wie 'Guns Of Summer' wohl das Anspruchsvollste, was wir je gemacht haben. Ich haben sowieso den Eindruck, dass viele Menschen Epik mit Länge verwechseln. Ein Song muss nicht lang sein, um episch zu sein und ich denke, wir haben es diesmal besser geschafft, schneller auf den Punkt zu kommen als in der Vergangenheit, wo wir die acht Minuten manchmal einfach gebraucht haben. Ich finde, ein Song wie 'In The Flame Of Error' ist ein Song, der beide Seiten der Band gut darstellt. Es ist ein Epic und dennoch ist es eine kurze Nummer. Auch in 'The Broken' passiert viel mehr als in einem üblichen vierminütigen Song. Von daher passt deine Beschreibung, dass wir Progressivität in kürzere Songs packen, schon sehr gut. Es ist einfach so, dass wir als Band gewachsen sind und jetzt die Message der Songs nicht mehr durch Länge verwässern müssen. Und versteh' mich nicht falsch: ich mag es, lange Nummern zu schreiben, aber zur gleichen Zeit hat es diesmal einfach nicht so gepasst. Ich wollte mit "Year Of The Black Rainbow" auch zeigen, wo ich stehe in meinem Leben, das entsprechend beschreiben und diesem Eindruck auch eine Chance geben, zu atmen." klärt Claudio auf. Ein Vorhaben, das definitiv gelingt.


Gelungen ist auch die Möglichkeit, die beiden Hauptfiguren der Story, Coheed und Cambria, noch einmal vorzustellen, ist doch "Year Of The Black Rainbow" der erste Teil der "Amory Wars"-Saga und damit Beginn und Ende zugleich. "Die beiden Figuren Coheed und Cambria sind ja im zweiten Teil der Geschichte, also auf unserem ersten Album "The Second Stage Turbine Blade", gestorben. Und alles, was danach passiert ist, basierte auf Entscheidungen, die Coheed und Cambria getroffen haben. Ich dachte, es sei eine gute Idee, den Lesern und Hörern jetzt diese Charaktere noch mal vorzustellen und ihnen zu zeigen, warum die Dinge in den nächsten Teilen sich so entwickeln. Das war meiner Meinung nach eine gute und glaubwürdige Rahmenhandlung, die ich von Anfang an so im Kopf hatte." erklärt Claudio.

"Year Of The Black Rainbow" erscheint auch in einer limitierten Version mit einem Roman. Was echtes Neuland für Claudio war. "Ja, einen Roman zu schreiben, wollte ich immer probieren und ich fand, dass dies der richtige Zeitpunkt dafür ist. Es ist halt eine komplett andere Herangehensweise als bei einem Comic. Alles, was der Comic in Bildern darstellt, muss halt im Buch beschrieben werden. Das ist schon eine ganz andere Sache, aber ich hatte ein tolles Team hinter mir, dass mich dabei sehr unterstützt hat, zudem haben meine Frau und mein Manager mir immer Mut zugesprochen, damit ich es zu Ende bringen kann." Noch größere Träume mit der "Amory Wars"-Saga wie einen Film oder eine Serie hat Claudio durchaus, Pläne dazu gibt es aber nicht.  "Ja, ich würde es natürlich lieben, dies zu realisieren", gibt Claudio zu. "Aber zuerst möchte ich jetzt die gesamte Story nicht nur musikalisch, sondern auch in Comics oder Büchern fertigstellen, denn da fehlt ja auch noch etwas. Ich möchte die Geschichte erst mal da vollständig zum Leben erwecken. Und wenn das fertig ist, wäre es natürlich toll, wenn sich jemand finden würde, der mich dabei unterstützt dann einen Film oder ähnliches daraus zu machen", erzählt Claudio.

Das Ende der "Amory Wars"-Saga bedeutet aber nicht zwingend das Ende der Band. "Das ist eine gute Frage, die mir jetzt auch häufiger gestellt wird. Ich denke, man muss nicht zwingend das Konzept verstehen, um die Musik zu mögen. Es gibt viele Geschichten auf den Alben, die auch ohne das Konzept drumherum funktionieren. Daher konzentriere ich mich jetzt erst mal darauf, dass das Album von so vielen Leuten wie möglich gehört wird, denn es war ein hartes Stück Arbeit, auf das ich sehr stolz bin." Zumal der Name COHEED & CAMBRIA mittlerweile auch als Marke und ohne das große Konzept im Hintergrund funktonieren würde. "Ja, das denke ich auch" stimmt Claudio zu. "Die Musik spricht für sich und auch die Texte sind mittlerweile so universell, dass auch dies die Leute anspricht." Es spricht also einiges dafür, dass uns COHEED & CAMBRIA auch in Zukunft erhalten bleiben.

Nicht vorenthalten, möchte ich Claudio die Enttäuschung, die bisherige Live-Erfahrungen mit der Band mit sich brachten, auch wenn sich COHEED & CAMBRIA nicht nur jedes Mal besser, sondern vor allem auch länger (beim ersten Gig waren es 50 Minuten inkl. Zugabe. Als Headliner. - PK) präsentierten. "Ja, das es länger und besser wurde, hat einfach mit der Entwicklung innerhalb der Band und dem Selbstvertrauen, dass wir auf der Bühne mittlerweile haben, zu tun. Wir haben aber gerade in Bezug auf die Länge schon öfter nicht so gutes Feedback bekommen. Klar, es liegt nicht immer in unserer Hand, z. B. wenn es einen frühen Curfew gibt, aber uns ist schon sehr bewusst, dass die Leute viel Geld für eine Show zahlen und entsprechend etwas dafür erwarten. Diese Erwartungen wollen wir natürlich auch erfüllen." Mal sehen, ob sie beim Kurztrip im Juni (Hurricane, Southside, Berlin & Köln - PK) dies auch in die Tat umsetzen können.

Eine Erklärung benötigt auch die Tatsache, dass die (schöne!) "Neverender"-Box vor dem letzten Teil der Saga erschienen ist. "Nun, zwischen "Good Apollo I" und "No World For Tomorrow" hatte sich in der Band ja eine Menge getan und wir wollten einfach ein Zeichen setzen, dass wir immer noch da sind und das stärker als je zuvor." Eine Aussage, die auch anno 2010 immer noch zutrifft.

Redakteur:
Peter Kubaschk
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