DEATHROW: Die Geschichte der Noise-Ära
09.04.2018 | 09:22Kinder der 1980er Jahre, kennt ihr noch DEATHROW? Diese unfassbar talentierte Band aus Düsseldorf, die ab 1986 drei absolute Meilensteine des damaligen Teutonen Thrash Metals veröffentlichte und zumindest damals in einem Atemzug mit beispielsweise TANKARD genannt wurde?
Im Zuge der cmm-GmbH-Wiederveröffentlichungen, die speziell in den letzten Monaten mit Re-Releases aus dem Hause RUNNING WILD, eben TANKARD oder SKYCLAD einige deutliche Ausrufezeichen setzten, kommen speziell Thrasher in den Genuss dreier absolut unterbewerteter Riff-Fausthiebe. Mit massiv Bonusmaterial und im superben Digipack werden "Riders Of Doom", "Raging Steel" und das Drittwerk "Deception Ignored" noch einmal der hungrigen Fanmeute zum Fraß vorgeworfen. Abermals im Gepäck - und das macht eben auch den speziellen Reiz der Noise-Wiederveröffentlichungen aus - sind üppige Full-Colour-Booklets, lesenswerte Sleevenotes mit interessanten Interviews sowie entsprechenden Lyrics. Hier bekommt der Fan also seit dem 30. März erwartungsgemäß etwas für sein Geld und da es sicherlich Alben im Thrash-Metal-Kosmos gibt, die einfacher zu erhalten waren als die drei DEATHROW-Rohdiamanten, lohnt es sich, jenen etwas näher auf den Grund zu gehen.
Doch kommen wir zunächst kurz zu den DEATHROW-Anfängen: Milo, Thomas Priebe, Sven Flügge und Markus Hahn kamen Mitte der 1980er Jahre in der schönen Stadt Düsseldorf auf die gute Idee, mit SAMHAIN eine Band zu gründen und es damit den bereits existierenden Bands wie TANKARD, KREATOR oder SODOM gleich zu tun. Schneller, geradliniger und kompromissloser Thrash Metal sollte es sein und dank einer leicht melodiösen Note ragten die vier Rheinländer in der einheimischen Szene schon einmal heraus. Zugegeben, die beiden Demos "The Lord Of The Dead" und "Eternal Death" waren alles andere als blitzsauber produziert: Es rumpelte ordentlich, doch das Potential dieser Band war spürbar. Das dachte sich auch KREATOR-Mille, dessen Fürsprache SAMHAIN einen Vertrag bei - ihr könnt es euch denken - Noise Records einbrachte. Um Unstimmigkeiten zu vermeiden, wurde der Bandname in DEATHROW geändert und die Arbeiten am Debütalbum konnten begonnen werden.
Das Debüt erblickte schließlich 1986 unter dem Namen "Riders Of Doom" - in Amerika unter "Satan's Gift" mit verändertem Artwork - das Licht der Welt und zumindest die einheimische Thrash-Metal-Fanbasis lag DEATHROW zu Füßen. Das Aggressionspotential solcher Wüteriche wie 'Satan's Gift', 'Hell's Ascent', meinem Liebling 'Violent Omen' oder dem 'Samhain'-Rausschmeißer ist ordentlich, die Songs wesentlich druckvoller und sauberer als noch auf den beiden Demos und trotz des jugendlichen Feuers und Elans kam die technische Finesse auf "Riders Of Doom" definitiv nicht zu kurz. Über 30 Jahre lang war der Fan-Liebling als Vinyl-Version vergriffen. Insofern dürfen Fans 32 Jahre nach dem erstmaligen Erscheinen noch einmal mit den Ohren schlackern. Zu den neun ursprünglichen Songs gesellen sich heuer drei Demo-Versionen zu 'Hell's Ascent', 'Samhain' und dem superben Titelstück und rare Probemitschnitte von 'Night Of The Wolf', 'Run' und 'Screams Of Pain' - allesamt Songs, die es auf kein DEATHROW-Album geschafft haben und speziell bei Sammlern feuchte Höschen auslösen sollten. Natürlich ist die Qualität entsprechend einer Probeaufnahme, doch das Feuer und den Eifer hat die Band auch bei Songs, die nicht auf den Alben verwertet wurden.
Es folgte eine Tour mit POSSESSED und VOIVOD, bei der DEATHROW sich eine treue Fanbase erarbeiten sollte. Jene lechzte nach neuem Material, das es dann im Folgejahr 1987 auch mit Nomen-est-omen "Raging Steel" gab. Die Band hat sich weiterentwickelt, an ihrer technischen Raffinesse gearbeitet, ohne dass der Druck, die Power und das unbändige Aggressionspotential des Vorgängers auf der Strecke bleiben. Die beiden 'Scattered By The Wind'-Parts, der bockstarke Titeltrack, aber auch 'Pledge To Die' und 'Mortal Dread' gehen auch 31 Jahre später immer noch ab wie Schmitz' Katze und demonstrieren eindrucksvoll, was den Teutonen Thrash von damals ausmachte. Erneut mit remastertem Sound wie bei den anderen beiden Re-Releases auch, stattlichen fünf überaus charmanten Demo-Versionen zu beispielsweise 'Slaughtered' oder 'Violent Omen' sowie einer Live-Version des bis dato unbekannten 'Yigael's Wall' hat auch diese Wiederveröffentlichung enorm viel Feuer und Kaufanreize. Ich persönlich war vor einigen Jahren, als ich das erste Mal mit DEATHROW in Verbindung trat, speziell vom spartanischen Artwork so dermaßen angezogen und wurde von der Wucht und Geradlinigkeit des DEATHROW-Thrashs buchstäblich überrollt. Auch wenn das Debüt vielleicht kultiger oder das ein Jahr später veröffentlichte "Deception Ignored" technisch anspruchsvoller war, ist und bleibt "Raging Steel" meine DEATHROW-Platte Nummer eins. Eine immer noch sträflich unterbewertete Platte, die bei jedem Thrasher zumindest hierzulande eigentlich im Regal stehen müsste. Und dank cmm ist dies auch ohne Weiteres wieder möglich.
Kommen wir zum Abschluss der DEATHROW-Re-Releases: "Deception Ignored" aus dem Jahre 1989, dem letzten Band-Album unter Noise Records. Musste die Band auch den Abgang von Thomas Priebe kompensieren, gelang ihr ein überaus cooles Album, das schon fast als "Progressive Thrash Metal" bezeichnet werden kann, was meines Erachtens die positive Auswirkung der damaligen Tour mit VOIVOD war. Die Stücke sind anspruchsvoller und nicht mehr zu geradlinig - DEATHROW hat sich hörbar weiterentwickelt. Ob es auch am neuen Gitarristen Uwe Osterlehner lag, weiß ich persönlich nicht, doch die neue, progressivere Schlagseite sorgt für einen noch besseren Sound und fand damals viel Anklang bei den Fans. "Deception Ignored" ist für viele der Zenit des Bandschaffens und hat mit 'The Deathwish', 'N.L.Y.H.' und 'Watching The World' auch Songs im Portfolio, die sich vor nichts auf der Welt verstecken brauchen. Auch dieses Re-Release kommt mit bis dato unveröffentlichten Bandfotos, einem liebevoll aufbereiteten Booklet und meinem persönlichen Lieblings-Bonussong von allen DEATHROW-Wiederveröffentlichungen daher: 'Bureaucrazy' ist einer der stärksten Bandsongs überhaupt und es mir bis heute ein Rätsel, warum er es nicht auf die ursprüngliche Version geschafft hat. Nun gut, zumindest die Re-Release-Liebhaber haben ihn nun.
So kommt auch diese Reihe langsam zum Ende. Nach dem Split mit Noise Records gab es zwar hier und dort noch vereinzelte Auftritte und mit "Life Beyond" ein doch gutes, von Andy Classen produziertes Album, dem jedoch die Auflösung folgte. Die Wege der Bandmitglieder trennten sich leider und sollten nachhaltig nicht mehr zusammenfinden. Sehr schade, wenn man sich speziell die drei hier besprochenen Alben noch einmal anschaut und bemerkt, wie viel Talent in der Band steckte. Übrig bleibt neben den üblichen Nackenschmerzen vom Headbangen und dem Nachhall dieser tollen, üppigen Wiederveröffentlichungen eigentlich nur die Frage, warum es die Band nicht geschafft hat, aus dem Schatten der Großen Vier zu treten oder zumindest mit selbigen in einem Atemzug genannt zu werden. So ist und bleibt DEATHROW leider weiterhin nur ein Geheimtipp - aber dafür ein absolut heißer, der mit "Riders Of Doom", "Raging Steel" und "Deception Ignored" drei wahnsinnig gute und innovative Thrash-Metal-Alben veröffentlicht hat.
- Redakteur:
- Marcel Rapp