DJERV: Interview mit Agnete Kjølsrud
09.01.2012 | 09:36Wir baten die Frau mit der verrücktesten Stimme überhaupt zum Tanz und reden über das Debütalbum, die Band DJERV, Kätzchen und DIMMU BORGIR.
Aus dem Nichts heraus überraschte eine, ja, man kann es fast so nennen, Quasi-Allstar-Band (ANIMAL ALPHA, STONEGARD) aus Norwegen mit einem energiegeladenen Album zwischen Black Metal und Alternative Rock die Musikgemeinde. Die Rede ist von DJERV und Sängerin Agnete Kjølsrud, die wir direkt zum Interview verhaftet haben.
Julian Rohrer:
Nach ein paar Monaten: Seid ihr mit eurem Album immer noch zufrieden?
Agnete Kjølsrud:
Ja, auf jeden Fall. Klar, da gibt es immer Dinge, die einen nerven und die man gerne anders gemacht hätte. Aber ich denke, dass uns das Album ziemlich gut repräsentiert und widerspiegelt, für was DJERV steht. Unter diesen Voraussetzungen können wir ziemlich zufrieden sein.
Wie war das Feedback der Fans, der Presse und anderer Musiker?
Es tatsächlich überwältigend positiv. In letzter Zeit haben wir sehr viel live gespielt, was ein großer Spaß war, denn dort hatten wir die Zeit, uns mit Fans zu treffen und uns direkt auszutauschen. Die Presse hat das Album ganz gut aufgenommen, dasselbe gilt für andere Musiker. Jetzt sind wir aber am Songwriting für das neue Album, worauf wir uns sehr freuen.
Was hat sich in der Zeit vor und nach dem Release geändert?
Jede Menge. Es war unser Debut, deswegen haben wir uns von einer „Demo-Band“ zu einer richtigen Band gewandelt (lacht). Und dass die Leute unsere Songs bereits kennen, wenn wir live auftreten, das ist ein massiver Unterschied. Darüberhinaus war es sehr interessant, unser Material im Laufe der Aufnahmen intensiver und besser kennenzulernen. Während einer Aufnahme muss man sich ganz anders mit den Songs auseinander setzen. Das hat unsere Performance stark verbessert.
Nach dem Highlight-Songs eures Debutalbums gefragt: Ist die Welt voller "madmen"?
Yeah! Hast du das nicht bemerkt? Da sind so viele verrückte, kranke und beängstigende Menschen da draußen....
Kannst du beschreiben, was genau ein "madman" ist?
Mal ganz unabhängig vom Geschlecht: Ein "madman" ist eine Person, die auch noch dann an sich selbst glaubt, wenn sie überhaupt keinen Grund dafür hat. Die Person denkt, sie würde immer eine zweite Chance bekommen, auch wenn es eigentlich nur eine gibt – wie für den ganzen Rest von uns. Diese Person tut Dinge, die für normale Menschen als falsch, roh und gefährlich gelten. Die Person hat kein normales Selbstverständnis und denkt, dass sich die Welt nur um sie dreht. Das ist eigentlich alles, was ich mit "madman" in Verbindung bringen würde – und worüber ich im Song singe.
Wie würdest du euren Musikstil beschreiben?
Ich denke, dass es Hard Rock mit einigen Black-Metal-Inspirationen ist. Es ist ziemlich straight forward und auf Melodien fokussiert. Tatsächlich fällt es wirklich schwer, die Musik in ein einzelnes Genre einzuordnen, denn irgendwie schwebt sie in der Mitte von allem. Wir haben wirklich versucht, etwas zu kreieren, was einzigartig ist.
Worüber singst du eigentlich hauptsächlich in den Songs?
Ich verwende ganz verschiedene Geschichten, aber alle mit dem gleichen Motto: „Fuck before you get fucked, drug them, before they drug you, rock before you get rock’n’rolled!“
Ich muss sagen, dass mir deine zwei total verschiedenen Gastauftritte bei „Abrahadabra“ (DIMMU BORGIR) und „Norron Livskunst“ (SOLEFALD) richtig gut gefallen haben. Was waren die Unterschiede bei den Aufnahmesessions?
Dankeschön! Hm, es waren wirklich zwei völlig verschiedene Herangehensweisen. Mit DIMMU war ich letztendlich vielleicht zwei Stunden im Studio. Es ging alles so schnell und ich war wirklich gut vorbereitet. Sie haben mir ‚Gateways’ geschickt und ich habe den letzten Teil des Songs zu Hause kreiert – hoffend, dass sie es mögen würden. Und sie mochten es! Für den Rest des Songs und die anderen Sachen haben sie mir ein paar Vorstellungen gegeben, und ich habe versucht, diese möglichst exakt umzusetzen. Wir warne sehr effektiv, hatten dabei aber trotzdem jede Menge Spaß!
Bei SOLEFALD hatte ich ein paar Parts wie Chorus und Ähnliches vorbereitet, war mir aber unsicher, wie ich die Verse umsetzen sollte. Wir waren einen ganzen Tag lang im Studio und ich wusste echt nicht, ob am Ende etwas brauchbares herauskommen sollte. Aber eigentlich auch nur bis zu dem Zeitpunkt, als wir endlich loslegten. Andererseits muss ich zugeben, dass ich auch mit Cornelius Texten unsicher war und fühlte mich bei der Intonation der Worte überhaupt nicht wohl. Am Beginn der Aufnahmesessions sagten mir die Jungs allerdings so etwas wie: „Wir glauben an dich. Lass uns einfach Spaß haben. Und mach vor allem, worauf du Lust hast, Agnete!“ – Und das habe ich gemacht. Wir hatten jede Menge Spaß! Ich habe alle Konventionen fallen gelassen und den Großteil einfach improvisiert.
Wir haben alles hin- und hergeworfen, es war einfach eine große Herausforderung und Erfahrung. Ich bin wirklich froh, dass ich „Ja!“ gesagt habe, und mit diesen verrückten und großartigen Jungs zusammengearbeitet habe.
Was konntest du von ihnen lernen?
Es ist immer toll, neue Leute kennenzulernen und zu sehen, wie sie an die verschiedenen Dinge herangehen. Keine der Kollaborationen hat jetzt wirklich lange gedauert, aber natürlich habe ich alles in mich aufgesogen, was ich dort erlebt habe.
Was entspricht deinem Charakter eher: Die mystische Dunkelheit von DIMMU BORGIR oder der historisch-folkige Weg von SOLEFALD?
Beides. Man könnte sagen, dass ich gegenüber Leuten, die ich nicht kenne, eher der dunkle Typ bin. Der spielerische, schizo Charakter kommt eher im Kontakt mit Leuten zu Tage, die mich besser kennen. Allerdings kann diese Seite auch raus kommen, wenn mir alles egal ist.
Wo liegen deine Einflüsse – musikalisch und persönlich?
Hauptsächlich tolle Sänger wie Mike Patton (u.a. FAITH NO MORE), Eartha Kitt und Anita O’Day.
Dürftest du dir einen Musiker zur Kooperation aussuchen – wer wäre es?
Mike Patton
Wann und wie hast du deinen speziellen, großartigen Gesangsstil „gefunden“?
Dankeschön! Ich habe mit 12 Jahren angefangen, klassisch zu singen. Als ich mit 17 meine erste Band hatte, dachte ich mir, dass es etwas schwierig ist, mich gegen die laute Musik der anderen durchzusetzen. Also habe ich angefangen, meine Stimme leicht zu verändern, denn ich mag diese Mischung aus Rock und dem klassischen Gesangsstil sehr gerne. Ich gehe immer noch ab und zu zu einer Opernsängerin, um mich daran zu erinnern, wie ich meinen Körper nutzen muss, wenn ich diese spezielle Musik singe. Es inspiriert.
Erzähle uns doch etwas über die Geschichte von DJERV.
Meine alte Band ANIMAL ALPHA trennte sich etwa da, als sich die Band unseres jetzigen Drummers auflöste, STONEGARD. Wir wollten etwas zusammen machen und sind dabei auf Stian gestoßen. Erlend und Stian haben sich vor ein paar Jahren kennengelernt, waren damals aber beide sehr beschäftigt. Doch dann änderte sich das und er war für etwas Neues bereit. Wir haben einfach angefangen, Songs zu schreiben und im Sommer 2010 spielten wir unsere ersten Live-Shows in Norwegen. Im darauf folgenden Herbst haben wir unser Album aufgenommen und es im Juni veröffentlicht. Das war’s – in der Kurzversion (grinst).
Was passiert eigentlich gerade in der Musikszene in Norwegen? Aus der Entfernung sieht es nach einer sehr vitalen Szene aus.
Ich denke, dass da eine Menge passiert. Es gibt so viele Bands! Viele sind wirklich toll, aber gerade jetzt bin ich wirklich sehr auf mich und DJERV fokussiert. Ich will all meine Zeit dafür nutzen, das nächste Album aufzunehmen.
Wie sehen deine Zukunftspläne aus?
In diesem Herbst sind wir sehr viel getourt, sowohl in Norwegen als auch anderen europäischen Staaten, und jetzt sitzen wir daran, unser „schwieriges zweites Album“ aufzunehmen. Aber wir freuen uns schon sehr darauf, wieder kreativ arbeiten zu können. Außerdem werden wir unser Debutalbum in den Staaten veröffentlichen und hoffentlich eine Tour dazu fahren. Ein Video wollen wir auch noch machen!
Größere Plattenlabels werden Alben zukünftig lediglich digital veröffentlichen – was denkst du über diesen Vorgang?
Ich denke, dass sich das gesamte Musikgeschäft in eine falsche Richtung entwickelt – und das ist wirklich traurig.
Okay, letzte Frage: Wenn ich „Hello Kitty“ sage, was antwortest du?
Du Huuuuuuuuuund!
- Redakteur:
- Julian Rohrer