DOOMSHINE: Interview mit Timmy Holzer

17.07.2010 | 11:37

Mit "Piper At The Gates Of Doom" kehren DOOMSHINE nach sechs Jahren endlich zurück und begeistern mit epischem Doom nicht nur unsere Redaktion. Wir sprachen mit Sänger, Gitarrist und Lyriker Timmy Holzer.

Zuallererst einmal herzlichen Glückwunsch zu eurem neuen Album. Im Soundcheck von POWERMETAL.de landet ihr auf einem starken 2. Platz. Wie sind denn die Reaktionen sonst so auf euer neues Werk?

Zweiter Platz, wow! Vielen, vielen Dank! Wer hat sich denn da vor uns auf Platz eins gemogelt, haha. Im Rock Hard sind wir übrigens auch auf Platz zwei gelandet, knapp hinter der neuen Blind Guardian. Im Heavy auf Platz sechs und im Metal Hammer auf Platz sieben. Dazu noch jede Menge gute Reviews im Netz, wir sind wirklich mehr als glücklich und ehrlich gesagt auch etwas überrascht.

Bei der Wahl eurer Album- und Songtitel beweist ihr einmal mehr Humor. Etwas, was im Doom Metal sehr selten zu finden ist. Wie kommt ihr auf diese stellenweise absurden Ideen wie z.B. bei 'Hark! The Absurd Angels Fall'?

‘Hark! The Absurd Angels Fall’ klingt absurd, ist grammatikalisch auch nicht ganz korrekt und soll absichtlich etwas verwirrend und irgendwie falsch klingen. Das Thema ist nämlich alles andere als lustig. Ich habe den Text zu einer Zeit geschrieben, als sich einige Metalbands mal wieder unnötig nach rechts haben schieben lassen, da sie mit dümmsten Anspielungen und Provokationen geglänzt haben. Und dann wundern sich diese Vögel noch, dass sie sich in Interviews rechtfertigen müssen. Wenn man tatsächlich auf hohem Niveau polarisieren oder provozieren will, meinetwegen auch in sarkastischer Form faschistische oder rassistische Themen wählt, dann muss man das entweder im Comedybereich wie beispielsweise Monty Python machen oder man muss es so clever verpacken, dass man als Außenstehender auch kapiert, wie was gemeint ist. Beim Texten habe ich das dann alles etwas allgemeiner gehalten, da ich damit auch die Menschen ansprechen möchte, die es tatsächlich ernst meinen. Aber zurück zum Humor. Wir mögen diese Wortspielereien einfach. Auch wenn wir uns ganz normal unterhalten, wird eigentlich immer wieder nach dem guten, alten ‘Kentucky schreit ficken’-Muster gesprochen. Da wird unser ‘Godhunter’ auch schnell mal zum ‘Hotcunter’, haha.

Bei 'Waltzhalla' scheint zudem eine politische Thematik durch. Da wird vom 11. September und vom dritten Reich gesungen und gleichzeitig über die schräge Vorstellung, dass die Toten Waltzer in Asgard tanzen. Was genau kannst Du mir dazu erzählen?


Ja klar, klingt doch logisch, haha. Ja, ‘Waltzhalla’ war der ursprüngliche Arbeitstitel, da wir hier tatsächlich einen Doomwaltzer spielen. Diese Wortkreation hat uns aber so gut gefallen, dass es hieß "ach, Timmy, dir fällt doch bestimmt ein Text dazu ein." Letztendlich ist daraus ein Antikriegssong geworden, in dem so ziemlich jeder Kriegstreiber sein Fett weg bekommt. Ob das jetzt die Wikinger, die Engländer, Amis oder die Nazis sind. Am Ende gehe ich sogar auf Kreuzritter, Christen und Satanisten los, die Menschheit bietet einem da genügend Beispiele, um sinnlose Gewalttaten zu begutachten. Einen Hippie-Touch bekommt der Text dann, in dem ich alle Gefallenen in die ‘Waltzhalla’ zum Tanz bitte. Sehr schräg, ich weiß, aber immerhin konnte ich so auf etwas besondere Art und Weise mehr Stoff als üblich in einen Songtext packen.

Während ihr lyrisch die üblichen Grenzen des Genres augenzwinkernd ignoriert, ist die Musik durchaus klassischer Doom Metal. Woher kommt eure Vorliebe für einen so düsteren Sound, wo ihr doch als scheinbar sonnige Gemüter durchgeht?

Ich finde durchaus, dass wir das, was wir lyrisch machen, auch musikalisch umsetzen. Songs wie ‘The Crow Pilot’ oder ‘Cold Cypher Ceven’ sind nicht gerade die typischsten Doomsongs. Ich habe auch schon oft gelesen, dass die Hörer und Kritiker immer wieder mal einen positiven Ansatz in unseren Songs raushören. Ein komplett dunkles Album wird es von uns wohl nie geben, das gibt es auch schon zur Genüge. Wir sind tatsächlich die netten Jungs von nebenan, da hast Du recht. Das wird Dir sicherlich auch jeder bestätigen, der uns mal über den Weg gelaufen ist. Man wird dir vielleicht erzählen, dass die Typen von Doomshine immer das ganze Bier wegsaufen, aber sonst sind wir echt okay.


Werden Albentitel, die Klassiker "doomen" bei euch die Regel bleiben? Und wenn ja, darf man euch Vorschläge machen? Wie 'From Dusk Til Doom' oder 'Doom Of A Dying Sun'?


Ja klar, immer her damit! Die Spielwiese ist da natürlich besonders groß. ‘Doom ‘em all’, ‘Reign in Doom' oder 'Operation: Doomcrime', haha. Ich kann Dir aber nicht versprechen, dass wir sowas beim dritten Album noch mal machen. Ich glaube eher nicht. Das mit dem ‘Piper’ war einfach zu gut, das mussten wir machen, aber beim nächsten mal fällt uns sicher was anderes lustiges ein.

Es hat nach "Thy Kingdoom Come" sechs Jahre gedauert, bis ihr mit einem neuen Album aus dem Knick kamt. Und jetzt erzählt mir nicht, dass Doom halt langsam ist... Was war da los?

Also, weißt Du, wir sind halt eine Doomband und Doom ist nun mal langsam und... ach so, sorry, das sollte ich ja nicht antworten. Aber mal im ernst, ich hab keine besonders gute Erklärung dafür. Es war einfach niemand da, der uns besonders viel Druck gemacht hat. Und da wir selbst auch eher von der gemütlichen Sorte sind, können sechs Jahre verdammt schnell rum sein. Man muss dann ja auch noch sehen, dass wir von vorne bis hinten alles selbst gemacht haben. Produktion, Mix und Cover stammt ja alles von Carsten. Und im Leben an sich passiert ja auch immer irgendwas.

Ihr habt mit 'Vanished' einen Song eurer Kumpels von MIRROR OF DECEPTION gecovert. Wie kamt ihr auf die Idee und warum speziell diese Nummer?

Die Mirrors haben uns und ein paar andere Bands damals zu ihrem 15-jährigen Bandjubiläum eingeladen. Dort sollte jede Band einen kleinen Gig inklusive einer MIRROR OF DECEPTION-Coverversion spielen. Wir haben uns ‘Vanished’ ausgesucht, nicht nur, weile es ein klasse Song ist, sondern weil die "Conversion"-EP damals in Carstens Studio aufgenommen wurde. Unsere Version hat uns dermaßen gut gefallen, dass sie es aufs Album geschafft hat. Und die Idee an sich ist ja auch ziemlich cool. Jeder Arsch covert SABBATH oder PRIEST; DOOMSHINE covern MIRROR OF DECEPTION!

Wird es denn in Zukunft etwas regelmäßiger Musik von DOOMSHINE geben und wird man euch auch live erleben können?

Wieso? Alle sechs Jahre ist doch regelmäßig, haha! Also, wir haben nicht wirklich vor, wieder so lange zu warten, aber versprechen will ich lieber mal nix. Wir wollen demnächst mal loslegen, neue Ideen auszuprobieren. Wer weiß, vielleicht geht‘s ganz schnell und wir haben ruckzuck acht Songs mit 60 Minuten zusammen. Möglicherweise aber auch nicht, das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht sagen. Livemäßig wird bestimmt bald mal wieder was passieren, aber auch da ist noch nichts bestätigt. Wenn es ein Date gibt, dann sollte man dies allerdings nutzen. Wir gehören ja immer noch zur Speerspitze von Deutschlands Liveraritäten!

Es gibt ja immer wieder mal Diskussionen, was denn jetzt wirklich Doom ist und was nicht. Wie würdest du denn Doom für dich definieren und was hältst du von den Verfechtern des "True Doom"?

Zum Thema ‘True Doom’ kann ich echt nichts sagen. Das interessiert mich so wenig wie ‘True Black’, True Death’ oder ‘Truthahn’. Wobei letzteres... aber lassen wir das. ‘True’ ist das, was von Herzen kommt. Und bei DOOMSHINE kommt alles von Herzen, also sind wir ‘true’. Doom ist für mich natürlich schon etwas besonderes. Diese Magie, die in den alten Scheiben von PENTAGRAM, TROUBLE und CANDLEMASS steckt, ist einfach überwältigend. Es ist ja auch schön, wenn die ‘True Doom’-Verfechter die alten Zutaten hegen und pflegen und dabei dann tolle Alben entstehen. Wenn aber Bands, die doomige Elemente in neue Ideen einbauen, nicht respektiert werden, dann werd ich sauer. Ich meine, wo wären wir denn, wenn niemand mehr neue Wege beschreitet? Hör doch mal das neue Album von WHILE HEAVEN WEPT. Ist das Doom? Nö. Das ist ein Kniefall vor FATES WARNINGs "Awaken The Guardian" mit doomigen Zutaten. So was ist doch klasse!

Speziell im letzten Jahr gab es eine ganze Horde toller Doomalben von GRIFTEGARD über WHILE HEAVEN WEPT, ARGUS, ISOLE bis hin zu CANDLEMASS. Welche Bands haben dich in dem Genre besonders angesprochen und hast du irgendwelche Geheimtipps, die ein Doomkopf unbedingt hören muss?

Ja, das stimmt, da ist in den letzten Jahren ziemlich viel passiert. Neben den von Dir genannten Scheiben, haben mich besonders folgende Langspielplatten begeistert: an erster Stelle natürlich HEAVEN & HELL "The Devil You Know", dann FORSAKEN "After The Fall", NOMAD SON "First Light", COUNT RAVEN "Mammons War", die Scheiben von KRUX, MIRROR OF DECEPTION "Shards", DAWN OF WINTER "The Peaceful Dead" und was ich seit dem letzten DOOM SHALL RISE-Festival immer ganz besonders gern erwähne:  RITUALS OF THE OAK "Hour Of Judgment". Klasse Album mit klasse Sängerin!

Auch wenn es bereits sechs Wochen her ist. Magst du abschließend noch etwas über den Verlust von Ronnie James Dio sagen oder wurde da alles gesagt?

Da wird niemals alles gesagt sein! Ronnie ist einfach der allergrößte. Ich war zum Zeitpunkt, als mich die schreckliche Nachricht erreicht hat, mit meiner Freundin in Stockholm. Der Tag war dann streng genommen gelaufen, wir waren dermaßen schockiert wie noch nie zuvor über den Tod eines Musikers. Als wir uns beim Bummeln durch Stockholms Altstadt etwas ablenken wollten, läuft in einem kleinen Laden ganz hinten in der Ecke aus dem Radio der Song ‘Heaven And Hell’. Da war die Gänsehaut mächtig, die Augen mit Tränen gefüllt, wir sind ganz schnell in den nächst besten Pub geflüchtet und haben erstmal auf Ronnie getrunken. Dieser Mann hat den Hardrock und den Heavy Metal geprägt wie kein anderer. Wer das noch nicht erkannt hat, ist entweder noch nicht geboren oder hat null Ahnung. Er war unser Gott und er ist es jetzt erst recht. Ich hab mir schon angewöhnt, jetzt  immer ‘Dio sei Dank!’ zu sagen.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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