DRYROT: Interview mit Volker Schmidt

02.05.2006 | 00:54

Weniger aus Faulheit, als vielmehr aus akutem Zeitmangel war es mir nicht möglich, dieses bereits im November 2005 geführte Interview an den Start zu bringen. Anderseits, wenn man bedenkt, was den fünf Bayern im letzten halben Jahr so alles wiederfahren ist (Tour mit PRO-PAIN, massig Einzelkonzerte unter anderem mit SOULFLY, etc.), dann gewinnt dieses Interview mit Frontmann Volker als Retrospektive einen besonderen Reiz.
Genug geschwafelt, auf in die Vollen...

Oliver:
Servus Volker, alles klar im DRYROT-Lager?

Volker:
Bei uns ist alles soweit im Lot! Danke der Nachfrage.

Oliver:
Wie sind die Kritiken zur neuen Scheibe "Gods Eyze" so ausgefallen? Was ärgert dich am meisten an negativen Kritiken, wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass sich diese bei der Qualität der Scheibe mehr als in Grenzen halten?

Volker:
Die Kritiken zur neuen Scheibe sind bis auf ein paar Ausnahmen positiv. Negative Kritik sollte man nicht scheuen, da jeder einen anderen Musikgeschmack hat. Deswegen veröffentlichen wir auf unserer Homepage alle Kritiken unabhängig davon, ob sie negativ oder positiv sind! Klar sind uns positive lieber.
Was ich nicht haben kann, ist, wenn zu uns jemand sagt, dass wir nicht eigenständig genug sind. Meine Meinung ist, dass man den Metal nicht neu erfinden kann und es wird bei keiner Band sein, dass man nicht irgendwelche Einflüsse heraushört. So gesehen ist unsere neue Scheibe ein Querschnitt aus 15 Jahren unserer Musik. Diesbezüglich sind auch verschiedenste Einflüsse zu hören. Zudem kann man immer sagen, ach das Riff, das gab es schon bei xxxxx.
Es gibt viele Bands, die ein absolutes Plagiat sind. Bei diesen ist dann meist der "Exotenbonus" vorhanden. Irgendwann wird von der Presse dann mitgeteilt, dass die neue Platte dieser Band nun sehr eigenständig klingt. Doch hört man sich die Songs an, klingen diese immer noch genauso. Nicht, dass die Band deswegen schlecht sein muss, das bestimmt nicht.

Oliver:
Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Albumtitel und den Textinhalten auf dem Album?

Volker:
Nein, der Albumtitel ist frei gewählt. Wir fanden dieses Wortspiel, welches unser Drummer aus seinen Gehirnwindungen gezogen hat, einfach nur geil. So gesehen steht der Titel dafür, dass immer jemand ein Auge auf dich hat, egal, ob Gott oder nicht. Denn jeder Mensch glaubt an etwas, auch wenn er sagt, er glaubt an nichts.

Oliver:
Wenn man sich die Grüße im Booklet von "Gods Eyze" durchliest, stößt man auf ein who-is-who der internationalen Metalszene. Mit all den Connections. die ihr offensichtlich habt, hätte doch eigentlich schon früher ein Deal an Land gezogen werden können, den ihr abgesehen von den Connections auch wegen eurer musikalischen Qualitäten schon früher verdient gehabt hättet...

Volker:
Erstmal vielen Dank für das Lob. Wir kennen viele Personen in der Metalszene, egal ob Recordlabels, Magazine oder Bands. Wir haben auch guten Kontakt zu verschiedenen Leuten bei größeren Plattenlabels, wie z.B. Roadrunner-Records. An dieser Stelle würde ich mich gerne bei allen Labels, Magazinen für den Support und die zum Teil entstandenen Freundschaften bedanken. Thanks for everything!
Wir haben auch schon mit vielen namhaften Bands zusammen gespielt und hatten auch schon sehr viel Spaß mit den "großen Jungs". Egal, ob auf Open Airs oder auch in Clubs. Nun ist es auch so, dass Bands meist wenig Einfluss auf das haben, was ihre Labels signen. Zudem gibt es viele Personen im Biz, die einem das Blaue vom Himmel versprechen, aber im Endeffekt kommt nichts dabei raus. Glaub mir, das haben wir schon zu oft erlebt. Klar hätten wir vielleicht einen größeren Deal bekommen können, doch ehrlich gesagt geht das ab einem gewissen Alter nicht mehr. In der heutigen Zeit kannst du nicht einfach mit 36 Jahren sagen, so ich werfe jetzt alles hin um eventuell zwei Jahre von der Musik zu leben. Das geht mit Familie einfach nicht. Deswegen waren wir auf der Suche nach einem kleinen Label. Doch diese sind, wie du dir denken kannst, ziemlich schnell mit ihrem Budget am Ende und können nur wenige Bands unter Vertrag nehmen.
Wir machen Musik aus Überzeugung und haben viel Spaß dabei, diesbezüglich wirkt bei uns auch nichts "gekünstelt", das merkt man ganz besonders bei unseren Liveshows (Das kann ich bestätigen. Als Support von SOULFLY haben die Jungs alles in Grund und Boden gewalzt - Anm. d. Verf.).

Oliver:
Du hast gerade den Recorddeal angesprochen. Kannst du hierzu etwas näher darauf eingehen und wie kam dieser zustande?

Volker:
Yo, der Deal mit Dioxzion Records, ein noch sehr junges Label, kam so zustande, weil einer unserer Gitarristen noch in einer anderen Band namens JESUS CHRYSLER SUPERSKUNK spielt. Der Herr an der Schießbude von JCS ist Vorstand von Dioxzion Records. Nachdem man mit Twilight den richtigen Vertrieb gefunden hat, stand einer Unterschrift nichts mehr im Wege. Bei Dioxzion Records wissen wir, bei wem wir sind und haben vollstes Vertrauen zu den Vorständen des Labels. Hier wissen wir, dass wir nicht beschissen werden und können auch weiterhin als Band fungieren, ohne dass uns jemand sagt, was wir tun oder lassen sollen.

Oliver:
Im aktuellen Bandinfo zur CD steht zur stilistischen Ausrichtung der neuen Songs "...die irgendwo zwischen MACHINE HEAD, SKINLAB und HATEBREED...". Mit der Umschreibung liegt ihr sicher nicht falsch, aber was mich daran wundert, ist eher die Tatsache, dass ihr überhaupt einen Vergleich mit anderen Bands anführt. Viele Bands sind von Vergleichen mit anderen Acts überhaupt nicht angetan, warum steckt ihr euch selbst in eine Schublade? Wenn schon die Kategorisierung, ist es dann nicht interessanter sich von der Presse/Fans in irgendwelche Schubladen stecken zu lassen?

Volker:
Du wirst automatisch in eine Schublade gesteckt, ob du willst oder nicht. Also wieso dann nicht gleich selbst die Schublade öffnen und die Marschrichtung vorgeben. So weiß jeder, was ihn erwartet!

Oliver:
Ich persönlich bin eigentlich kein Lyriktyp, d.h. ich zieh mir Text in den wenigsten Fällen rein - geht mit Sicherheit vielen ähnlich!? Ärgert dich diese Art von "Ignoranz", schließlich ignoriert man ja deine "Babies"?

Volker:
Nein, diese Art von Ignoranz stört mich nicht, denn es ist doch so gesehen, jedem seine Sache, ob er sich die Texte der Band anschaut oder nicht. Möchte ich wissen, über was derjenige singt, dann lese ich auch den Text. Diese Ignoranz kann aber auch fatal sein, denn sollte z.B. ein Text einen faschistischen Inhalt haben, und man weiß dies allerdings nicht, da man den Text nicht gelesen hat und nun kauft sich ein Linksautonomer ein T-Shirt einer neofaschistischen Band. Hahahaha! Geil wa? Hier sollte man bei einigen Black-Metal-Bands darauf achten. Also die Lyrics zu lesen, kann schon von Vorteil sein.

Oliver:
Wenn man sich eure Texte so anhört, bzw. die abgedruckten Fragmente im Booklet durchliest, entsteht der Eindruck, dass diese sehr direkter Art sind ohne groß um den heißen Brei rumzureden. Warum sind die Texte übrigens nicht komplett im Booklet abgedruckt und worin liegen bei euch die Inspirationsquellen zu den Lyrics? Im Speziellen hätte ich das gerne bei 'What Do You Life For' gewusst? Gibt es einen Grund warum hier "Life" und nicht "Live" steht, was in dem Fall "richtiger" wäre?

Volker:
Es gibt keinen speziellen Grund, warum wir die Texte nicht komplett abgedruckt haben. Wir hätten dann wahrscheinlich noch mehr Bookletseiten benötigt. Du hast Recht, die Texte sind in einer sehr direkten Art, somit kann ich viel Frust und Ärger verarbeiten und sagen, was mir stinkt. Hier verarbeite ich Themen wie z.B. Golfkrieg, Kriege im Allgemeinen, Ungerechtigkeit, Ignoranz und viele andere aktuelle Dinge. Eben viele Punkte, die mir absolut auf den Sack gehen. Egal, ob hier direkt einzelne Personen oder eine bestimmte Gruppe angesprochen wird. Hier werden sich auch nur die Personen über die Texte aufregen, die sich angesprochen fühlen. Somit habe ich mein Ziel erreicht! Haha...
Tja, das mit "Life" und "Live" ist so eine Sache. Wenn du dir die CD genauer ansiehst, wirst du noch mehr Fehler entdecken. Diese haben wir leider dem Setzer des Booklets zu verdanken, der hier sehr schlampig gearbeitet hat! Wenn du dir den Songtitel auf der Rückseite der CD ansiehst, dann siehst du, dass er dort richtig geschrieben steht. Der Titel des Songs ist nach wie vor: 'What Do You Live For'!

Oliver:
Vor einiger Zeit hätte eure "15-year-anniversary-party" steigen sollen. Warum wurde diese verschoben bzw. gecancelt?

Volker:
Das ist ganz einfach zu erklären: Unser Gitarrist, welcher das einzige übrig gebliebene Gründungsmitglied ist, war zu dieser Zeit geschäftlich im Ausland unterwegs. Somit konnten wir keine 15 Jahre DRYROT feiern und müssen dies nun auf 16 Jahre DRYROT schieben.

Oliver:
Ich habe lange versucht zu erkennen, aus welchen Fragmenten das Cover zu "Gods Eyze" zusammengebastelt wurde - vergeblich. Kannst du vielleicht etwas Licht hinter das Albumcover bringen, evtl. gibt's auch 'nen Bezug zum Titel der CD!?

Volker:
Diese Frage kann dir wahrscheinlich unser Grafiker (Mike Gerold; m13-graphicart@t-online.de ) am besten beantworten. Hey, was er da alles verarbeitet hat (psychisch wie physisch) kann ich dir auch nicht sagen. Ein Bezug zum Titel gibt es schon, die Menschheit arbeitet daran, sich Gott gleichzustellen, indem sie in die Evolution eingreift. Keiner weiß, was irgendwelche Laborratten in geheimen Laboratorien wirklich entwickeln.

Oliver:
Der Labeldruck sowie die letzte Booklet-Seite wird von einem Symbol geziert, das aus drei Zeichen besteht, die egal, ob normal oder um 180° gedreht entweder eine "666" und gleichzeitig "999" darstellt. Was hat's damit auf sich?

Volker:
Dies hat viel auf sich, denn die Zahl sechs ist das Zeichen für die Gefangenschaft in der Materie, die neun hingegen ist der Ausweg aus der Gefangenschaft. Also im übertragenen Sinne, das Ying und Yang. Wir haben dies alles mal drei genommen, denn: if you are 555 than I'm 666!

Oliver:
DRYROT ist auf vielen Bühnen zu Hause - in kleineren Clubs, als auch in größeren Hallen oder bei Open Airs-Events. Was ist für dich reizvoller und warum?

Volker:
Also die ganz großen Bühnen wie WFF oder Wacken konnten wir noch nicht entern, aber vielleicht kommt dies ja auch noch. Es ist und wäre für mich eine Ehre als alter Metaller, die Bühne vom WFF zu betreten und unser Brett in die Leute zu schmettern. Reizvoll sind die großen Bühnen schon, da du einfach mehr Leute erreichst. So gesehen gibt es nichts Reizvolleres für mich, überhaupt auf einer Bühne zu stehen und die Musik zu spielen, an die wir glauben. Egal ob nun Club, großen Hallen oder Open Airs!

Oliver:
Ihr seid eine Band, die sich über die Jahre kontinuierlich im Underground erfolgreich entwickelt hat. Das kann man ja auch unschwer an den Verkäufen eurer Releases sehen. Was waren auf diesem Weg wichtige Stationen und was sind Dinge, die ihr noch erreichen wollt?

Volker:
Wichtige Stationen waren sicherlich die Erfahrungen zur ersten CD. Ob das nun die Aufnahmen, das Mischen oder auch der damalige Crash des Vertriebs war. Wir haben hierdurch viel gelernt und sind daran gewachsen. Ein Meilenstein war auch, dass wir unsere 80iger Idole von FORBIDDEN kennen lernen durften und uns mit den Jungs angefreundet haben. Ebenso cool war und ist die Freundschaft mit 40GRIT aus San Francisco. Leider gibt es die Band nicht mehr, allerdings haben wir noch Kontakt zu einigen von den Jungs. Wir haben uns nur kleine Ziele gesteckt, um diese auch erreichen zu können. Ein etwas größeres Ziel ist, ein paar Gigs in San Francisco und auf dem WFF spielen zu dürfen. Wir arbeiten hart daran!

Oliver:
DRYROT sind an der Livefront schon immer sehr aktiv. Kannst du dich eigentlich noch an spezielle Gigs erinnern? Welche Shows sind für dich in alle den Jahren so die Erinnerungswürdigsten geblieben/geworden?

Volker:
Es sind schon ein paar Gigs hängen geblieben, auch wenn so manche Aftershowparty ziemlich heftig vom Alkoholpegel her war.
Die drei Gigs mit ILL NINO waren sehr geil (Stuttgart, München und Nürnberg). Wir würden das sofort mit den Jungs wieder machen. Die Show mit NAPALM DEATH und DIECAST war auch der Hammer. Die zwei Gigs auf'm Summer Breeze. Danke an Achim Ostertag, dass er dies ermöglicht hat. Und das Eternity of Rock Open Air in Südtirol. Es gibt einfach zu viele Konzerte, die für uns persönlich geil waren und die wir in Erinnerung haben, das würde allerdings den Rahmen hier sprengen. ;-)
So gesehen, wir haben zu 99,8% an jedem Gig Spaß und erinnern uns gerne daran!

Oliver:
Gründungsjahr von DRYROT ist 1990. Ihr habt in den letzten 15 Jahren also einiges im Music Biz bzw. Underground kommen und gehen sehen. Was sind da z. B. Dinge, denen man nicht unbedingt nachtrauert und was haltet ihr auf der anderen Seite für eine gelungene Errungenschaft, die euch das Leben als Band leichter gemacht hat?

Volker:
So gesehen gibt es kaum Errungenschaften, die es einer Band leichter machen und die Errungenschaften, die es leichter machen würden, kosten viel Geld. Eigentlich gibt es nichts, dem man nachtrauern muss, außer dass sich einige begnadete Bands aufgelöst haben oder einige Musiker verstorben sind. Gut, es gibt unsere Kontakte, die wir in den 15 Jahren geknüpft haben, die machen das Leben manchmal etwas leichter.

Oliver:
Was geht dir durch den Kopf, wenn du eure eigenen Scheiben nach längerer Zeit mal wieder auflegst bzw. einlegst, abgesehen von dem, was man bei der Frage immer zu hören bekommt: "Hier hätten wir dieses und dort jenes ändern sollen, müssen, können..."?

Volker:
Der erste Gedanke: Au Mann, waren wir schlecht! Nee, wenn ich die alten Demos anhöre, merke ich, dass wir stellenweise zu dieser Zeit nicht reif für einen Vertrag gewesen wären. Obwohl das KREATOR zu der Zeit von 'Flag Of Hate' auch nicht waren (persönliche Meinung!). Wenn ich unsere erste offizielle CD höre, denke ich, dass ein paar Songs richtig geil und fett waren. Momentan spiele ich mit dem Gedanken ein paar Songs wieder in unser Programm aufzunehmen. Natürlich in leicht verändertem Gewand und zeitgemäßem Sound.

Oliver:
Vor einigen Jahren habt ihr mit dem NO ANGELS-Cover 'Daylight' für Aufsehen in der Szene gesorgt. Haben die echten NO ANGELS eure Version mal zu Gehör bekommen?

Volker:
Nun, ich denke nicht, dass die NO ANGELS unsere Version von 'Daylight...' gehört haben. Vielmehr wird es die Version von Tobi Schlegel gewesen sein. Es würde mich aber schon mal interessieren, wie denn die ANGELS darüber gedacht hätten, oder darüber denken.

Oliver:
Warum habt ihr "Gods Eyze" im SubZero-Studio aufgenommen, wo doch euer Deal mit dem SubZero-Label vor einigen Jahren nicht gerade viele Früchte getragen hat, um es mal so auszudrücken?

Volker:
Wir konnten die Früchte nicht ernten, da der damalige Vertrieb das Ganze verhauen hat. So gesehen konnten die SubZero-Studios nichts dafür. Wir haben die neue Scheibe dort aufgenommen, da wir eben den Produzenten kannten und wir sehr viel Mitspracherecht bzw. Mitmischrecht hatten. Doch werden wir keine weitere CD dort aufnehmen.

Oliver:
Nichtsdestotrotz ist der Sound der Scheibe einfach hammerhart und braucht den internationalen Vergleich zu Produkten namhafter Produzenten nicht zu scheuen. Wie lange habt ihr für die Recordings gebraucht und wie lief es so im Studio? Liegt dir Studioarbeit oder bist du eher der Livetyp?

Volker:
Für die Aufnahme der zwölf Songs benötigten wir sechs Tage. Die CD war so gesehen Ende 2003 als Roughmix fertig. Ja, du liest richtig, die CD hätte eigentlich 2004 erscheinen sollen. Doch lief danach alles nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Zudem mussten wir eine Zwangspause einlegen, da sich unser Schlagzeuger durch einen Unfall so die Schulter verletzt hatte, dass er sich einer Operation unterziehen musste und somit ein dreiviertel Jahr außer Gefecht war. In dieser Zeit haben wir uns mit Mike Gerold getroffen, um alle Einzelheiten für das Cover zu besprechen. In der Zwangspause kamen wir zu der Entscheidung, die CD selbst heraus zu bringen. Jetzt wird das Ganze über Dioxzion Records und Twilight weltweit veröffentlicht.
Die Studioarbeit macht mir ebensoviel Spaß, wie das live spielen. Doch ist man einerseits froh, wenn alles im Kasten ist und man das Studio verlassen kann. Denn die Songs immer und immer wieder beim Mix anzuhören, strengt auf die Dauer ganz schön an. Livespielen ist immer geil, rauf auf die Bühne, den Leuten den Hals abschrauben und Spaß dabei haben. Wieder runter und mit den Leuten abfeiern!

Oliver:
Viele Bands nehmen heute in Eigenregie im eigenen Studio auf - die heutige Technik macht's möglich. Ist für euch sowas denkbar und wie siehst du die diese Entwicklung aus deiner Sicht - Stichwort "Homerecording"?

Volker:
Wir haben das Pre-Recording zu dieser CD selbst im Proberaum gemacht. Hörte sich eben an wie eine Homerecording-Sache. War für ein Pre-Recording in Ordnung. Doch ziehe ich hier ein echtes Studio vor. Man hört es einfach. Zudem hat sich das auf Grund des Deals sowieso erledigt. Wir werden aber wieder Pre-Recordings machen, bevor wir in ein Studio gehen. Alleine deswegen, damit der Produzent weiß, was auf ihn zukommt. Es ist schon sinnvoll, wenn der Produzent die Songs vorher ein paar Mal gehört hat. So kann er sich auf die Sache einstellen.

Oliver:
Jede Band hat ja, was das Songwriting angeht, ihren eigenen Stil. Wie muss ich mir die Entstehung eines DRYROT-Songs vorstellen? Wie groß ist dein Anteil als Sänger am Songwriting?

Volker:
Die meisten Ideen kommen von den Herren Gitarristen. Meist ist es so, dass Michael eine Idee hat und diese mit seinem Achtspurer aufnimmt, Drumcomputer dazu mischt und es uns via Email zukommen lässt. Der Endsong entsteht allerdings im Proberaum, wobei jeder etwas dazu beiträgt. Du musst wissen, dass ein Teil (drei Personen) aus Nürnberg und Erlangen kommt, der andere aus Hausham bei Miesbach. Da ich auch Gitarre spiele, kommen schon manche Riffs auch von mir, aber das ist eher der kleinste Teil. Für den Gesang bin ich im Großen und Ganzen alleine verantwortlich, ein paar Ideen für den Gesang kommen auch von unserem Bassisten Markus.
So gesehen gibt es bei uns keinen Bandleader der alle Riffs schreibt oder sagt, was die anderen zu spielen haben. Die Songs entstehen mit allen Bandmitgliedern im Proberaum. Ist jemand nicht 100%ig vom Riff oder einem Teil des Songs überzeugt, legen wir diesen nach hinten. Bei uns ist die Arbeitsweise im Proberaum sehr locker, es gibt einfach keinen Zwang. Entsteht bei einer Probe kein neuer Song, aus der Tatsache heraus, dass gerade einfach nichts zusammen gehen will, dann lassen wir es und proben unser Set.

Oliver:
Was geht dir am Musikbiz am meisten gegen den Strich?

Volker:
Die Überheblichkeit mancher Personen, die selbsternannten "Rockstars" und diejenigen die denken, dass sie etwas sind, dies aber nicht stimmt. Der Song dazu: 'Raise My Hate'.

Oliver:
Volker, du betreibst eine Management/Booking und Family Biz-Agentur namens Defcon 6, die sich unter anderem auch für die Belange von DRYROT kümmert. Ein paar Fragen hierzu:

1. Was ist "Family Business"?
2. Welche anderen Bands betreust du noch, die man kennen sollte?
3. Ist es aus Gründen der Objektivität/der Unparteilichkeit kein Problem, wenn man seine eigene Band ebenfalls in Sachen Management betreut?
4. Betreibst du die Sache hauptberuflich oder musst du auch einem normalen Job nachgehen?

Volker:
Zu 1: Family Business steht einfach für Freundschaften, die sich aus diesen Bands ergeben haben. Zudem betreibe ich nicht alleine Defcon 6, das Ganze wurde von Michael ins Leben gerufen und anfänglich hat er alles gemanaged. Doch leider ist es ihm aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich so zu agieren, wie er es gerne möchte. Deswegen mache ich jetzt den größten Teil der Arbeit, allerdings unterstützen mich alle Bandmitglieder. Doch einer muss eben im Adressfeld stehen.
So gesehen ist Defcon 6 mehr als ein Zusammenschluss befreundeter Bands zu sehen, welche sich gegenseitig unterstützen. Hier kann man nicht von "betreuen" im eigentlichen Sinne reden.
Zu 2: Um neue Bands kennen zu lernen, einfach auf die Homepage http://www.defcon-6.de gehen und sich einen Song von jeder Band herunterladen, sich selbst eine Meinung bilden und das Ganze für sich entscheiden.
Zu 3: Wieso sollte es ein Problem darstellen, wenn wir unsere eigene Band managen. Es gab in der Vergangenheit ein paar Personen, die meinten Manager zu sein, die viel versprachen, aber nichts gehalten haben. Irgendwann kamen wir einfach zu dem Schluss, dass wir unsere Konzerte, Bewerbungen, Bemusterungen und Kontakte etc. selbst knüpfen und verwalten.
Zu 4: Tja, nur Musik machen und verschiedene Bands richtig managen, wäre schon eine Sache. Doch wie ich weiter oben bereits geschrieben habe, ist dies in diesem Rahmen nicht mehr möglich. Vier von uns gehen tagsüber einem Beruf nach, der Fünfte studiert in Nürnberg.
Diesbezüglich kostet es mich doch einige Stunden weniger Schlaf, die ich jeden Tag mehr zu Verfügung hätte, wenn wir keine Musik und Selbstmanagement betreiben würden. Doch wir lieben es auf der Bühne zu stehen und den Leuten unsere Musik zu präsentieren. Also nehmen wir diesbezüglich auch weniger Schlaf in Kauf.

Oliver:
Ein schlauer Kollege von mir hat mal den Spruch abgelassen "Musik ist kein Wettbewerb!". Wie stehst du zu dem Statement? Was hältst du von den ganzen Bandwettbewerben, die es so für junge Bands gibt? Wenn Musik kein Wettbewerb ist, was ist sie dann?

Volker:
Die Musik selbst ist kein Wettbewerb, doch Musiker sein und um weiterzukommen, kommt man unweigerlich in diesen Wettbewerb. Denn würde es keinen Wettbewerb geben, würde es wahrscheinlich auch nur eine Band geben. Wenn man es so sehen will, ist das ganze Leben ein Wettbewerb, du umwirbst eine Frau, du bewirbst dich bei einer Arbeitsstelle oder als Gitarrist in einer Band. Du wirbst um die Gunst, anerkannt zu werden. Du wirbst mit deinem Produkt - der Band oder auch CD. Du wirbst praktisch dein ganzes Leben. Also stehen alle Bands in gewissem Maße in einem Wettbewerb. Das Thema könnte man jetzt noch ganz schön hinziehen, doch denke ich, würde dies dann zu philosophisch.

Oliver:
Kommt eine neue Scheibe einer Band auf den Markt, wird diese von der Presse in den meisten Fällen mit dem/den Vorgänger(n) verglichen. Ist das in eurem Falle okay für dich oder ist es dir lieber, wenn jede eurer Scheiben als eigenständiges, einzelnes Produkt angesehen wird?

Volker:
So ist nun einmal im Leben, du wirst immer an deiner Leistung gemessen, die du bereits abgegeben hast. Das ist bei einer neuen CD auch nicht anders. Dies sollte allerdings nicht ausschlaggebend für das neue Produkt sein. Sonst verliert sich die Objektivität. Jedes "Neue" ist anders, außer bei AC/DC - kleiner Witz. Dem einen gefällt die neue Scheibe, dem anderen mehr der Vorgänger.
Wenn man es genau betrachtet, sollte jede CD von einer Band als eigenständiges und einzelnes Produkt betrachtet und gehört werden. Hier sollte man auch den Mut haben, etwas anderes zu machen. Doch leider wird es immer an dem gemessen, was sich am besten verkauft hat.

Oliver:
Wie viel Prozent der Fragen, die ihr von der Presse gestellt bekommt, haltet ihr persönlich für Schrott? Welche Frage wurde dir im Zusammenhang der Veröffentlichung von "Gods Eyze" am meisten gestellt?

Volker:
Die schrottigste Frage, die für mich von der Presse gestellt werden kann, ist: Wie findet oder bewertet ihr euer neues Album? Diese Frage sollte nicht der Band gestellt werden, weil diese natürlich immer sagt: Hey, das ist das beste Album, das wir jemals gemacht haben. Logisch, oder? Ich sage doch nicht, dass das neue Album scheiße ist!
Um die zweite Frage zu beantworten: Wieso habt ihr keinen Deal?

Oliver:
Welchen Stellenwert nehmen für dich persönlich Online-Mags verglichen zu "herkömmlichen" gedruckten Magazinen ein?

Volker:
Für mich sind Online-Mags genauso wichtig, wie gedruckte Magazine. In der heutigen Zeit ist das Internet eine große, wenn nicht sogar die größte Informationsplattform. Selbst die "großen Print-Magazine" haben eine Webpage und stellen hier Informationen bereit. Man erreicht hierdurch schnell und unkompliziert viele Leute.

Oliver:
Hättest du die Möglichkeit einen Tag lang eine andere Person zu sein, in welche Rolle würdest du gerne schlüpfen und warum?

Volker:
Das ist wirklich eine sehr schwierige Frage. Eigentlich bin ich mit meiner Person zufrieden. Nun aber zur Frage: Da Jesus angeblich wirklich gelebt hat, würde ich gerne Jesus sein, um zu sehen, ob dieser wirklich so war, wie es geschrieben steht. Doch das heilige Buch wurde ja erst wesentlich später niedergeschrieben. Vorher wurde alles mündlich übermittelt. Tja, da fällt mir immer das Spiel "Stille Post" ein. Egal! Vielmehr würde ich gerne eine Zeitreise machen, um verschiedene Epochen der Geschichte selbst zu erleben.

Oliver:
Was steht für euch in nächster Zeit an?

Volker:
Tja, das Übliche, Interviews geben etc. Okay, im Ernst, Konzerte spielen, zudem laufen noch ein paar Sachen, welche allerdings noch nicht bestätigt sind. Nun müssen wir erst einmal sehen, wie das Ganze mit unserem Deal anläuft. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.

Oliver:
Gut, dann machen wir mal hier Schicht im Schacht. Danke für deine Zeit und die Antworten. Du hast das letzte Wort...

Volker:
Wir bedanken uns sehr herzlich für das Interview. Wir bedanken uns zudem bei allen Personen, die uns bis jetzt begleitet und supported haben. Stay S6I6C6K, Proud to be Sick and up the Horns, dudes!

Redakteur:
Oliver Kast

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