DYNAZTY: Interview mit Sänger Nils Molin
16.02.2025 | 13:30Ein neues DYNASTY-Album steht an, zu dem uns Sänger Nils Molin Auskunft gibt und sich auch nicht scheut, zum Thema Backing Tracks Stellung zu beziehen.
Hallo Nils. Danke, dass du dir die Zeit für POWERMETAL.de nimmst, um über DYNAZTYs neues, wie immer sehr gutes Album "Game Of Faces" zu sprechen.
Sehr gern und ich freue mich, dass dir das Album gefällt!
Bevor wir aber zu dem Album kommen, würde ich dir gern ein paar persönliche Fragen stellen. Wo bist du aufgewachsen und wie bist du Sänger geworden?
Ok, legen wir los! Ich bin im südlichen Teil von Nordschweden aufgewachsen... (schmunzelt) warte, ergibt der Satz irgendeinen Sinn? Egal, der Ort ist jedenfalls ca. zweieinhalb Stunden von Stockholm entfernt. Ich habe schon sehr früh angefangen, Musik zu machen. Schon mit acht Jahren habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als Gitarre zu spielen, womit ich dann etwas später auch begonnen habe. In der weiterführenden Schule habe ich dann festgestellt, dass ich eine ziemlich kräftige Stimme habe. Wir hatten einen Chor und ich habe ich schon in der ersten Klasse lauter und kräftiger als alle anderen gesungen. Selbst die Jungs aus den höheren Stufen waren angefressen, weil ich schon all das singen konnte, was sie nicht hinbekommen haben. Da habe ich mir gedacht, damit könnte man etwas machen, habe mit Freunden in verschiedenen Bands gespielt und hart daran gearbeitet, ein Sänger zu werden.
Spielst du heute noch Gitarre?
Sicher, ich bin kein Profi darin, aber es ist ein gutes Werkzeug für das Songwriting. Ich spiele auch noch gern einfach zum Spaß, aber aus Zeitgründen momentan am meisten, wenn wir an neuer Musik arbeiten.
Call Of The Night
https://www.youtube.com/watch?v=CyOSaDCvKV4
Ich habe im Internet gelesen, dass DYNAZTY und du über die Plattform MySpace zusammengefunden haben. Stimmt diese Geschichte?
(lacht) Das stimmt wirklich! Sie haben nach einem Sänger gesucht, als sie sich als Band in Stockholm zusammengefunden haben. Sie konnten nur keine passenden Sänger finden und mit einigen Leuten aus der Stadt hat es nicht funktioniert, da war niemand dabei, der gepasst hat. Also hat einer der Jungs Myspace nach talentierten Sängern durchforstet und ist auf meiner Seite gelandet, wo ich ein paar Stücke hochgeladen hatte.
Er hat mir dann geschrieben, aber ich war zu der Zeit für einen Monat in der Wildnis Australiens unterwegs, natürlich ohne Internet, und so habe ich die Nachricht erst Wochen später gelesen, dass eine Band aus Stockholm namens DYNAZTY einen Sänger sucht und mich zum Vorsingen eingeladen hat. Das habe ich dann gemacht und der Rest ist, so könnte man sagen, Geschichte.
DYNAZTY hat seine Karriere mit einem etwas anderen Stil begonnen, der sich mehr in Richtung Hardrock oder Sleaze orientiert hat. Mit "Titantic Mass" und "Renatus" habt ihr euch dann zu einer modernen Power-Metal-Band entwickelt. Wie ist es dazu gekommen?
Als wir mit DYNAZTY angefangen haben, war Hard- und Sleaze-Rock in der Gegend um Stockholm schwer angesagt, es war fast eine Art Revival! Ganz anders als in Göteborg, da war ja zu der Zeit eher Power Metal und vor allem Death Metal angesagt. Von dort stammen eine Menge großer Bands, wie DARK TRANQUILLITY, SOILWORK oder auch HAMMERFALL.
Aber in Stockholm musstest du diesen 80er-Jahre-Hardrock spielen, und es gab Unmengen von neuen Bands, jeden Tag hat sich eine neue gegründet und eine andere aufgelöst. Wir haben also in diesem Umfeld angefangen, aber im Laufe der Zeit gemerkt, dass das nicht so ganz die Art von Musik ist, die wir machen möchten. Außerdem haben wir uns mit der Zeit von den Regeln dieser 80er-Retro-Welle eingeengt gefühlt und dachten uns: "Jetzt oder nie, wenn wir jetzt unsere Ausrichtung nicht verändern, dann passiert das nie!"
Heutzutage habe wir unseren Sound und unser Songwriting gegenüber früher schon sehr verändert, aber man kann unsere Wurzeln immer noch heraushören. Aber wenn wir uns nicht freigeschwommen hätten, wären wir wohl heute nicht mehr dabei.Auf "Game Of Faces" gibt es ein gleichnamiges Lied. Warum ist der Song das Titelstück des neuen Albums geworden? Hat der Song eine besondere Bedeutung oder wie kam es dazu?
Die Idee zu dem Text kam durch die Musik. Das Stück ist musikalisch zweigeteilt, es hat eine gewisse Dualität. Zum einen diesen sehr dunklen Teil auf der einen Seite und den sehr fröhlichen, fast schon kindlichen Part, wenn der Refrain einsetzt. Dadurch kam ich auf die Theatermasken, das traurige und das fröhliche Gesicht und so entstand der Text für den Song 'Game Of Faces'. Als wir dann nach einem Titel für das Album gesucht haben, hatte ich schon dieses Bild mit der Maske vor Augen, von daher war es für mich klar, wie das Album heißen würde und das Thema spiegelt den Inhalt des Albums gut wider.
Game Of Faces
https://www.youtube.com/watch?v=f1UnL4OOsNY
DYNAZTY singt nicht über Drachen, Regenbögen und Fantasy-Themen und auch nicht über die typischen Klischees wie Partys und Bier trinken. Gibt es bei deinen Texten eine Art Rahmen, ein übergeordnetes Konzept - nicht nur auf diesem, sondern auf allen Alben?
Nein, es gibt kein Konzept oder sowas, es werden die verschiedensten Themen angesprochen. Aber in der Regel drehen sich meine Texte um die menschliche Psyche, das ist einfach etwas, was mich schon lange fasziniert und somit ist das auch in meine Texte eingeflossen. Das war aber keine bewusste Entscheidung, es ist einfach so passiert. Und auch auf "Game Of Faces" dreht sich alles um den menschlichen Verstand und den Menschen im Allgemeinen.
Zwei Stücke stechen für mich aus dem Album hervor. Das ist zum einen 'Dream Of Spring' und zum anderen 'Fortune Favours The Brave'. Magst du mir zu den Songs und den Texten etwas erzählen?
Ja klar, ich habe zwar gesagt, alle Stücke auf "Game Of Faces" drehen sich in gewisser Weise um die Psyche des Menschen - aber 'Dream Of Spring' ist die Ausnahme von dieser Regel. Ich habe den Text über die Zeitenwende in Europa geschrieben. Er drückt meine Sehnsucht nach Frieden aus, während die Zeiten sich definitiv verändern. Für meine Generation ist es der erste Krieg auf europäischem Boden...
'Dream Of Spring' war das letzte Stück, welches wir für das Album geschrieben haben und wir wollten einen langsameren Song, um das Album etwas aufzubrechen und unsere musikalische Vielfalt zu zeigen. 'Fortune Favours The Brave' dagegen war eine der ersten Ideen, an denen wir gearbeitet haben, war aber das letzte Stück, das fertig geworden ist. Der Inhalt des Textes ist mit dem Titel gut beschrieben. Du musst mutig sein und alles geben, um dein Ziel zu erreichen, denn den Mutigen gehört die Welt und wer nichts wagt, der gewinnt auch nicht.Wie würdest du den Unterschied zwischen dem aktuellen Album und seinem Vorgänger "Final Advent“ beschreiben? Oder ist es einfach nur ein weiteres DYNAZTY-Album?
"Final Advent" wurde während der Corona-Pandemie geschrieben, "Game Of Faces" dagegen während der Nachwehen der Pandemie, während wir aber schon wieder auf Tournee waren. Und das hört man den Alben schon an. "Game Of Faces" hat eine Extraportion Dringlichkeit, es trifft einen anderen Nerv und ist zumindest in einigen der Songs deutlich aggressiver. Darin sehe ich die Unterschiede zwischen den beiden Alben.
Das Songwriting auf den vorherigen Alben lag immer in der Hand eurer Gitarristen und dir. Wie sieht es auf "Game Of Faces" aus?
Es ist so wie auf den vorherigen Alben, wir drei schreiben die Songs, schicken uns Ideen hin und her. Jemand hat eine Idee und stellt sie den anderen vor und so arbeiten wir gemeinsam daran, bis die Songs fertig sind. Wir haben unseren optimalen Weg gefunden, wie wir unsere Lieder schreiben, und daran werden wir auch festhalten.
Das Songwriting finde also überwiegend online statt oder steht zumindest hin- und wieder ihr auch zusammen im Proberaum, während ihr an den Stücken arbeitet?
Ich weiß, dass es viel romantischer klingt, dass alle zusammenkommen und gemeinsam an den Liedern arbeiten, das haben wir ganz früher auch genauso gemacht. Aber so, wie es heute machen, ist es viel effektiver. Aber wir treffen uns in unseren Homestudios, probieren verschiedenen Sachen aus und nehmen Demos auf. Aber die Basis der Songs entsteht, indem jeder für sich selbst schreibt und wir uns die Ideen gegenseitig zuschicken. Finalisiert werden die Stücke dann aber gemeinsam.
Wer spielt die Keyboards?
Das machen die Gitarristen, aber der Großteil liegt in den Händen von Mike (Lavér, Gitarre). Das ganzen Keyboard-Zeugs kommt von uns, dem Songwriting-Trio, und es gibt eine Menge davon auf unseren Alben.Was mich zu meiner nächsten Frage bringt. DYNAZTY hat sich entschieden, keinen festen Keyboarder in die Band zu holen und auch bei euren Shows spielt niemand auf der Bühne dieses Instrument, also nutzt ihr offensichtlich Backing Tracks. Kannst Du nachvollziehen, dass es einige Leute gibt, die damit ein Problem haben?
Ja, ich verstehe das. Es ist eine komplexe Sache. Selbst die großen alten Bands, die gerne als echte, pure Rockbands präsentiert werden, hatten oft einen Keyboarder, der hinter der Bühne versteckt war, wo ihn niemand sehen konnte. Auch sie haben schon verborgen, dass sie Keyboards nutzen, weil das damals auch einige Fans nicht akzeptiert haben.
Aber es gibt heutzutage Bands, die es echt zu weit treiben mit dem, was man auf der Bühne mit der Technik alles machen kann. Sie spielen gar nicht mehr live und die Leute wissen nicht, dass der Livesound, den sie von der Bühne hören, vorab aufgenommen wurde. Nun ja.
Bei uns wäre es für einen Keyboarder fast unmöglich, alles das live zu spielen, was du auf den Alben hörst. Man könnte es mit einem Film vergleichen, dem du die Special Effects wegnimmst, wenn wir die Keyboards weglassen oder auf das reduzieren würden, was ein Mensch spielen kann. Bei uns ist der Großteil live, alle anderen Instrumente werden von uns gespielt, und die Keyboards, die eingespielt werden, geben dem Sound die spezielle Würze, damit es wie DYNAZTY klingt. Und: das machen nun mal fast alle, da wäre es schon merkwürdig, wenn wir die Band wären, die das bei unserem Studiosund live nicht tut.
Devilry Of Ecstasy
https://www.youtube.com/watch?v=qIfnSJl8RmA
Du bist auch ein Mitglied von AMARANTHE. Wie gehst du mit Terminkonflikten um?
Ich mache das schon einige Jahre, ich bin daran gewöhnt. Und was die Termine angeht, muss man natürlich aufpassen, dass es keine Probleme gibt, aber das funktioniert bisher für mich ohne Probleme. Ich bin daran gewöhnt, dass ich ständig an Musik arbeite oder auf Tour bin.
Du hast also keinen anderen Beruf, oder einen Nebenjob, Du bist nur professioneller Sänger?
Ja.
Das ist heutzutage nicht mehr so oft der Fall.
Da hast du recht. Es ist nicht leicht, vor allem seitdem das Streaming die physikalischen Verkäufe deutlich überholt hat. Aber es gibt immer noch Wege, das zu schaffen, damit Bands auch davon leben können, Musik zu machen.
Bist du noch ein Mitglied von NEW HORIZON oder hast Du Erik (Grönwall) nur für das Album "Conquerors" ersetzt? Ein Album, das ich fantastisch finde.
Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Aber ich habe Erik definitiv nicht ersetzt! Jona Tee (Keyboarder, H.E.A.T.) und ich haben einfach zusammen Songs geschrieben und ein Album gemacht – und das ist dann unter dem Banner NEW HORIZON erschienen. Es hat wahnsinnigen Spaß gemacht, das Album zu machen. Aber ob es in Zukunft weitergeht? Ich weiß es zum heutigen Tage nicht, würde es aber absolut nicht ausschließen.
Wie hältst du eine Stimme in Form?
Ich übe eine Menge, mache mich warm und trainiere meine Gesangsmuskulatur. Wenn ich auf Tournee bin, geht es aber mehr darum, dass meine Stimme genug Ruhe findet, wie auch mein Körper. Heute versuche ich, so gesund wie möglich zu leben, genug Schlaf zu bekommen, möglichst gesundes Essen und ein paar Übungen in der freien Zeit. Und ich versuche, mir möglichst keine Viren oder Infekte einzufangen. Damit klappt es ganz gut, die Stimme in Form zu halten.Selbst Kritiker, die DYNAZTY nicht so zugetan sind, loben deine Stimme, egal ob live oder auf den Alben. Selbst Leute, die auf eine andere Art von Metal sehen, loben oft den Sänger von DYNAZTY.
(schmunzelt) Dabei höre ich ganz gerne mal Kritik, damit ich weiß, was ich besser machen könnte.
Dann schaue ich mal, ob ich bis zum nächsten Interview ein paar negative Aussagen zusammentragen kann!
DAS wäre mal interessant. (grinst)
Als nächstes geht ihr mit NANOWAR OF STEEL auf Europatournee. Was kommt nach der Tour?
Mehr davon! Mehr Tourneen, im Sommer stehen ein paar Festivals an, aber danach gibt es noch viele Ecken in Europa, wo wir mal hin müssen, Skandinavien, wir müssen mal in den Osten, weiter nach Westen – es gibt viel zu tun im Rest des Jahres und darüber hinaus.
Und danach? Wieder in neues Album und weitere Tourneen?
Ganz genau.
Wenn Du in einer DYNAZTY-Setliste drei Coverversionen unterbringen könntest, welche wären das? Du brauchst keine Rücksicht auf deine Mitmusiker zu nehmen und es muss kein Metal sein.
Oh. Da gibt es eine Menge Lieder... lass mich überlegen.
'Eleanor Rigby' von THE BEATLES – das ist hoffentlich eine nicht ganz so offensichtliche Wahl.
Ich träume schon lagen davon, mal 'Heaven And Hell' zu singen, den Klassiker von BLACK SABBATH.
Und dann... (überlegt) dann nehme ich 'Innuendo' von QUEEN.
Tolle Auswahl, die Stücke würde ich tatsächlich gern mal von dir hören. Aber wir sind am Ende unseres Interviews. Nils, gibt es etwas, dass du euren Fans und den Lesern von Powermetal.de sagen möchtest?
Klar! Hört euch unser Album "Game Of Faces" an, kommt zu einer der Shows im Februar und März, es gibt eine Menge Konzerte in Deutschland. Und wir freuen uns auf unsere deutschen Fans!
Fire To Fight
https://www.youtube.com/watch?v=xSAI8FWuX1o
- Redakteur:
- Maik Englich