EATEN BY SHEIKS: Interview mit Ricardo Cortez

30.01.2005 | 20:40

Wer auf KYUSS, LOU REED und vor allem RADIOHEAD steht, wird an EATEN BY SHEIKS gefallen finden, die mit "Our Last First Record", mittlerweile ihr fünftes Album in den Regalen stehen haben. Vor dem offiziellen Veröffentlichungsdatum der CD, die ihr ab 31.01.05 beim CD-Dealer eures Vertrauens erwerben könnt, hatte ich das Vergnügen, mich mit Ricardo Cortez, seines Zeichens Sänger und Gitarrist des Quartetts, über das neue Album zu unterhalten. Obwohl der Bandname zu einer Grindcore-Kapelle passen würde, haben die Jungs nix gegen erwachsene, in Leinen gewickelte Männer, die die Ölmultis mit Öl versorgen. Wer die Auflösung nicht abwarten kann: Am Ende des Intis bekommt ihr sie serviert. Und nun viel Spaß beim Lesen.

Tolga:
Wie sind bisher die Reaktionen auf euer Album?

Ricardo:
Bisher viel besser als erwartet. Eigentlich sind wir überhaupt nicht mit großen Erwartungen rangegangen, außer das wir uns natürlich sehr gefreut haben einen regulären Deal zu haben und das Ganze nicht selbst zu veröffentlichen. Aber bisher sind die Reaktionen besser als erwartet. Was jetzt wirklich "hinten so rauskommt", wie man im Volksmund sagt, wissen wir nicht und machen wir uns jetzt auch keine übergroßen Hoffnungen. Aber sind wir doch überrascht, kann man sagen.

Tolga:
Wie ist es zu der Zusammenarbeit mit Ex-SKUNK ANANSIE-Gitarrist Ace gekommen? Hat das euer Management für euch geregelt oder seid ihr persönlich auf ihn zugegangen?

Ricardo:
Eigentlich sind wir eher persönlich auf ihn zugegangen. Und zwar in der Gestalt, dass ein Freund von uns, mit dem wir die letzte Studioplatte aufgenommen haben, Will Dammeier, in dem Institut für Wohlklangforschung sehr gute Erfahrungen gemacht und ihm dann unser damaliges Material weitergeleitet hat. Wir sind dann in E-Mail-Kontakt geraten, der von beiden Seiten sehr sympathisch ablief und wir hatten das Gefühl, dass das was Gutes werden kann. Es war ja auch ein großes Wagnis, dass wir dann ohne uns zu kennen die Produktion mit ihm gestartet haben. Aber das war eine ganz positive Sache! Das ist einfach ein sehr entspannter, kreativer und fähiger Mensch. Und dass wir da die vier Wochen quasi pausenlos unter einem Dach waren, besser hätte es nicht laufen können.

Tolga:
Ich musste auch zwei Mal in der Info lesen, dass ihr eine deutsche Band seid. Für eine deutsche Band hört ihr euch sehr britisch an. Absicht oder Kalkül?

Ricardo:
Das ist einfach so passiert! Obwohl unsere Einflüsse sehr unterschiedlich sind, hängt das sicherlich auch mit diesen zusammen, so dass wir in dem Sinne nie beabsichtigt haben deutsch zu klingen. Obwohl da zum Teil wir auch Fans von Krautrock und solchen Sachen sind. Aber das würde ich einfach mal als unbeabsichtigtes Ergebnis sehen.

Tolga:
Ihr vereint in eurem Sound so unterschiedliche Bands wie KYUSS, RADIOHEAD und LOU REED. Haben euch diese Bands auch beeinflusst und was hört ihr sonst noch?

Ricardo:
KYUSS sicherlich am wenigsten!

Tolga:
Aber ich hab's ein bisschen rausgehört!

Ricardo:
Natürlich sind da einige Elemente, obwohl ich sagen muss, das ist nicht unbedingt der Sound, sondern eher so ein Wüstenrockriff, das da auftaucht. Die sind sehr in den unteren Mitten, und da bewegen wir uns so gar nicht mit dieser Produktion. Ansonsten ist unser Gitarrist Jürgen (Ufer - d. Verf.) ein ausgesprochener Fan von RADIOHEAD. Sind wir eigentliche alle, aber er am meisten. LOU REED ist auch sehr beliebt bei uns. Unser Schlagzeuger (Helge Warnecke - d. Verf.) war schon immer FRANK ZAPPA-Fan, da bin ich auch auf dessen Seite. Gomez, unser Bassist, ist eben klassischer Gitarrist, hört aber auch Jazz und Elektronik. Ich hab früher als Teenie viel PRINCE und Wave gehört. Amerikanischer Indie ist aber auch viel da. CHILI PEPPERS sicherlich zu dem, was wir da machen, und die BEASTIE BOYS. Also viele, viele Dinge, wobei man sicherlich sagen muss, direkt beeinflussend sind dann eher Independent-Rock-Bands!

Tolga:
Darauf wollte ich auch zu sprechen kommen, denn einer meiner Lieblingssongs ist 'Stay (Is The Word)', was sehr RADIOHEAD-like rüberkommt. Seht ihr das genauso und habt ihr im Nachhinein was an dem Album auszusetzen?

Ricardo:
Was diesen Song betrifft, haben wird das selbst gar nicht so gesehen! Aber Ace hat während der Produktion gesagt, dass er das eben so mit dieser pompösen Macht am Ende produzieren würde. Deswegen haben wir das dann doch auch immer mehr so gesehen, und hören das jetzt mittlerweile auch so. Ich könnte mir vorstellen, jetzt so im Nachhinein, dass es vielleicht ein, zwei Songs weniger hätten sein können. Oder man zwei Platten daraus macht, die dann so eine bestimmte Dramaturgie noch mehr auf den Punkt bringen. Das ist meine persönliche Meinung. Ich hab mich sehr an den Sound gewöhnt und mag ihn auch, ich persönlich hätt's mir vielleicht ein bisschen rauer gewünscht.

Tolga:
Ist ja recht leichtfüßig, von daher.

Ricardo:
Aber das ist auch nur meine persönliche Meinung, aber insgesamt bin ich, und sind wir, sehr zufrieden damit.

Tolga:
Warum habt ihr euch entschieden ein so abwechslungsreiches Album aufzunehmen? Ihr hättet ja auch den leichten Weg gehen und euch mehr auf die melancholische Schiene fokussieren können, was angesichts des Erfolgs von DIDO und COLDPLAY recht nahe gelegen hätte.

Ricardo:
Ja, wobei ich sagen muss, eigentlich waren ja auf unserem Vorgängeralbum viele melancholische Sachen enthalten. Wir haben dann in der Zwischenzeit, wo wir recht viel auf Tour waren, eigentlich wieder das Gas geben schätzen gelernt und wollten das auch in das neue Album mit rein bringen. Deswegen sind wir dann doch auch zu einer ganzen Ecke mehr Rock zurückgekehrt.

Tolga:
Die Bands, die ich genannt habe, dienen nur zur Orientierung. Für mich persönlich war es sehr schwer euren Stil zu umschreiben, was meiner Meinung nach das beste Kompliment für eine Band ist, da es für Eigenständigkeit steht. Wie würdest du jemandem, der noch nie eure Musik gehört hat, diese umschreiben? Das ist immer die ganz schwierige Frage.

Ricardo:
Das ist die ganz schwierige Frage, die wir schon versuchen, seit Bestehen unserer Band zu beantworten, und das mit Worten nicht tun können. Wir sagen einfach, wir machen Independent Rock und der kann sehr unterschiedlich ausfallen! Also viel mehr sagen wir dazu auch nicht! Natürlich könnte ich jetzt auch Bands nennen, die in diese oder jene Richtung gehen, aber eigentlich ist das letzten Endes auch recht unbefriedigend und ich finde es sehr viel spannender, was andere Leute für Umschreibungen finden.

Tolga:
Worin unterscheidet sich "Our Last First Record" von euren letzten Alben? Ich muss ehrlich sagen, das war das erste Album, was ich von euch gehört hab. Deshalb wär das vielleicht ganz gut für unsere Leser zu wissen, ob die anderen Alben in eine ähnliche Richtung gehen oder ob ihr was komplett anderes gemacht habt.

Ricardo:
Komplett anders würde ich nicht sagen. Ich denke, es ist eigentlich erkennbar, bei jeder Veröffentlichung die wir gemacht haben. Ich kann ja mal kurz das Ganze von hinten aufrollen.
Wir haben angefangen mit "In My Head" 1996, da hat es eben besagter Willie Dammeier aufgenommen. Das war ein recht großes Soundexperiment. Er hat sich da ganz schön ausgetobt! Wir haben da zum Teil 24 E-Gitarren übereinander gelagert, einen Orgelton riesig laut aufgeblasen und dann ganz leise drunter gemischt. Stilistisch recht vielfältig, aber eigentlich eher so eine "Psychedelic-Alternative-Melange". Aber gerade eben dadurch, dass wir so überraschend eingeladen wurden, haben wir da kein Album geschrieben, sondern den Status Quo von damals aufgenommen.
Danach kam 1998 eher so ein Low-Size-Album, zusammengeschnibbelt aus Proberaumaufnahmen, und das ist eigentlich das Experimentellste, was wir gemacht haben, womit sich sicherlich auch die Wenigsten anfreunden können.
Und die zwei darauf folgenden Platten sind in einer Zeit entstanden, wo sich Majorlabels auch für uns interessiert und sich am meisten dem Mainstream angenähert haben. Auf eine ganz andere Art und Weise als jetzt, elektronische Sounds und Samples eingebaut haben. Erst mit der "Come Away", dem Vorgänger von "Our Last First Record", haben wir, wie wir finden, zu uns selbst zurückgefunden. Es ist deshalb auch ein Album, was nicht so nach außen klingen will, sondern eher auch für uns eine wichtige Sache war und deshalb sicherlich auch melancholischer ist als das neue Album.

Tolga:
Kennt ihr Powermetal.de und wie steht ihr dem Medium Online-Mag gegenüber? Fluch oder Segen für die Szene?

Ricardo:
Ich finde es eigentlich eine sehr gute und interessante Sache, und interessant wird sicherlich sein, inwieweit man da Energien bündeln kann und das auch als größere und machtvollere Plattform nutzen kann. Wenn man z.B. sehr bekannter Interpret ist, der wir ja nicht sind, dann hast du ja eben viele Besucher, kannst was erreichen oder kannst wie PEARL JAM oder andere Bands deine Platten quasi ohne Plattenfirma vertreiben. Und dabei auch noch überleben oder arbeiten wenigstens! Für Bands die jetzt überhaupt noch kein Publikum haben, da ist es natürlich sehr schwierig, sich zu finanzieren, Publikum zu finden und so was. Und da ist interessant, die Strukturen noch besser zu organisieren, das eben auch für kleinere und unbekanntere Bands Platz da ist, aber auch Öffentlichkeit geschaffen wird.

Tolga:
Wie schaut's bei euch tour- und festivaltechnisch aus? Habt ihr da was in Planung?

Ricardo:
Die Tour geht am 3. Februar offiziell los. Der erste Schub endet dann am 20. Februar hier in Hamburg, und dann gibt's nochmal im April und Mai ein paar Termine. Bei Festivals lassen wir uns noch von unserer Bookingagentur überraschen! Im Herbst gibt's auch nochmal einen zweiten Nachschlag und zwischendurch noch vereinzelte Auftritte. Aber der erste Schwung ist jetzt vom 3. bis 20. Februar. Durch die Republik, jeden Tag.

Tolga:
Macht ihr auch in der Nähe von Frankfurt/Main Station?

Ricardo:
Was ist denn da am nähsten dran? Frankfurt direkt nicht.

Tolga:
Rhein-Main-Gebiet. Offenbach oder Darmstadt

Ricardo:
Aschaffenburg waren wir ja letztes Jahr, das wär noch relativ nah dran. Aber da sind wir leider nicht.

Tolga:
Ich hab eh nur noch eine Frage: Willst du denn euren Fans zum Abschluss noch was mitteilen?

Ricardo:
Also erstens möchte ich mich bei den Fans, die uns schon seit Jahren begleiten, bedanken, weil uns das auch immer geholfen hat, dass es Leute gab und gibt, die an uns glauben! Weil wir ja auch Zeiten hatten, wo's nicht klar war, ob wir so weitermachen werden als Band. Und natürlich, dass wir auch möglichst viele Menschen mit unserer Musik begeistern oder erfreuen können.

Tolga:
Da fällt mir noch ein: EATEN BY SHEIKS! Der Name klingt schon recht ungewöhnlich. Was soll das denn heißen: "Gefuttert von Scheichen" oder wie?

Ricardo:
Genau! "Gefressen von Scheichen".

Tolga:
(Lachend) Wie kommt ihr auf so einen Namen?

Ricardo:
(Lacht) Wir haben damals einen Namen gesucht und unser Schlagzeuger war damals, hab ich ja vorhin schon erwähnt, großer ZAPPA-Fan. Und hat sich dann irgendwann eines Abends diese Melange aus 'Shake Your Bootie', 'Eaten By Snakes' und dem englischen Sprichwort "eaten by sharks" aus dem Kopf gedrückt. Wir haben das einfach genommen! Wir waren zwischendurch auch immer wieder mal unzufrieden mit dem Namen, aber jetzt ist er halt einfach da! Wenn ihn jemand gelernt hat, was nicht immer ganz schnell geht, dann vergisst er ihn auch nicht mehr so schnell!

Redakteur:
Tolga Karabagli

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