EMBRACED, THE: Interview mit Frank Bokseth

01.01.1970 | 01:00

Wunder gibt es immer wieder: Da schickt man im November ein eMail-Interview in die norwegische Provinz und erhält dann tatsächlich Ende März (!) eine Antwort. Hätte man vielleicht von einer Schweizer Band erwarten können...;-)
Aber frei nach "besser spät als gar nicht" möchte ich euch den kurzen Plausch mit THE EMBRACED-Sänger Frank Bokseth nicht vorenthalten, schließlich gelten die norwegischen Elchtöter samt dem aktuellen Album "The Birth" (auch nachzulesen unter http://www.powermetal.de/cdreview/review-1092.html) als eine der Hopefuls in Sachen melodischem/technischem Death Metal. Bemerkenswert ist dabei die deutliche Kritik an RUNNING WILD und die Feststellung, dass man in Norwegen anscheinend auf Bandnamen beginnend mit "t" abfährt.

Rouven:
Was habt ihr denn bisher an Reaktionen auf "The Birth" einfangen können?

Frank:
Die meisten Leute haben unser Album sehr gut aufgenommen. Die Reaktionen waren insgesamt gesehen deutlich besser als bei unserem letzten Werk, was uns sehr glücklich stimmt. Also hoffen wir, dass wir mehr als nur eine Person mit "The Birth" erreichen werden.

Rouven:
Habt ihr eigentlich Probleme, der versammelten Metal-Audienz THE EMBRACED näher zu bringen? Ihr seid ja imho eine wirklich kleine Band, und ich könnte mir durchaus gut vorstellen, dass es eine Menge Leute gibt, die THE EMBRACED zwar nicht kennen, auf deren Musik aber sicherlich abfahren würden.

Frank:
Yeah, stimmt schon. Aftermath Music ist auch nicht wirklich das grösste Label (lacht), aber wir fühlen uns dort richtig wohl. Immerhin haben die Jungs da gute Connections in die ganze Welt, und in Sachen Internet kann man ja auch eine Menge machen. Das langfristige Ziel der Band ist es auf jeden Fall, einen grösseren Deal zu bekommen, aber auf keinen Fall auf Kosten der Musik! Wir werden wohl niemals "kommerzielle" Mucke machen, nur um mehr Platten zu verkaufen. Obwohl ich sowieso meinen würde, dass Death Metal nicht allzu kommerziell ist. Mal sehen, was die Zukunft bringt.

Rouven:
Wie lange spielt ihr eigentlich schon als Band zusammen?

Frank:
THE EMBRACED spielen seit 1997 zusammen, wobei nur meine Wenigkeit und H. Holm (Gitarrero und Aftermath-Label-Leiter - d.Verf.) vom ursprünglichen Line-Up noch dabei sind. Rocco und Wahl spielen Lead-Gitarre und Bass, während Vargon die Felle verdrischt.

Rouven:
"The Birth" ist meiner Ansicht nach ein wirklich grossartiges Album, und auch wenn man einige klassische, melodische Death Metal-Anleihen findet, so ist die Chose im Grossen und Ganzen doch etwas neues. Welche Bands würdest du als eure Haupteinflüsse benennen?

Frank:
Danke, dass dir das Album so gut gefällt. Ich würde sagen, unsere Musik ist eine Mixtur aus alten und neuen Sachen. Die 80er mit MAIDEN und METALLICA haben uns deutlich hörbar beeinflusst, genauso wie altes Zeug von ENTOMBED, MORBID ANGEL oder AT THE GATES. Das Ganze wird dann gemixt mit neuen Einflüssen wie die technischen DEATH oder CHILDREN OF BODOM. Auch die alten ANATHEMA muss man definitiv nennen. Das aber ist alles nur Musik, die wir mögen und uns gerne anhören, wir kopieren sicherlich keine der genannten Bands. Für mich persönlich sind OPETH und KATATONIA sehr grosse Inspirationsquellen. Unser Gitarrero mag DREAM THEATER und BON JOVI (haa-haa). Es sind schon eine Menge Bands, welche uns zu unserem Sound inspirieren, auf jeden Fall.

Rouven:
Gibt´s eigentlich dieses Mal eine Art lyrisches Konzept zu bewundern? Falls nicht, welche Thematik behandeln die Texte hauptsächlich?

Frank:
Nein, bei "The Birth" handelt es sich nicht um ein Konzeptalbum. Die meisten Lyrics sind so geschrieben, dass sie zur Grundstimmung des jeweiligen Songs passen. Ein paar der Texte sind über religiöse Heuchlerei, "The Plague Divine" beschreibt beispielsweise das Ende der Welt, von einem bestimmten Blickpunkt aus. "Last Departure" beschreibt eine lebendig begrabene Seele, die noch einen weiten Weg in einer anderen Welt vor sich hat.
Ich weiss, das klingt irgendwie ein wenig klischée-mäßig, aber what the hell...

Rouven:
Ihr habt ja vier recht lange Stücke auf "The Birth" vertreten. Spielt ihr lieber solche langen, komplexen Songs, oder versucht ihr, einen Mittelweg zwischen lang und kurz zu finden? Mir persönlich gefallen solche ausufernden Songs ja meistens, aber es gibt mit Sicherheit auch Hörer, die solche Arrangements als "viel zu komplex" bezeichnen würden.

Frank:
Nun...wir sagen uns nicht, wenn wir mit dem Songwriting beginnen, dass der oder der Song zehn Minuten lang sein soll und der andere beispielsweise nur drei. Jeder Song hat seine eigene Bestimmung, die sich dann beim Schreiben entfaltet. Das kann man wirklich nicht im Voraus festlegen.

Rouven:
Plant ihr eigentlich, Europa auch tourtechnisch zu beehren, oder ist das immer noch ein Stückchen zu gross für euch?

Frank:
Eigentlich war eine Tour für Italien, Portugal, Spanien, Deutschland und Umgebung geplant, zusammen mit BLOODTHORN, welche aber leider aufgrund personeller Probleme verschoben werden musste. Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, was daraus nun werden wird, aber ich hoffe doch mal schwer, dass wir irgendwann mal die Chance bekommen werden, ausserhalb von Norwegen zu spielen.

Rouven:
Ich denke mal, Melodic Death ist recht untypisch für Norwegen, da die meisten Bands aus Schweden kommen. Gibt es für diese Mucke in Norwegen denn überhaupt eine Szene neben dem übermächtigen Black Metal?

Frank:
Nun ja, da gibt´s schon mehr als eine Szene, auf jeden Fall. Das Ganze ist recht unterschiedlich, je nach dem, wo du dich in Norwegen befindest. Eine Menge der Black Metal-Bands haben sich ja auch ein wenig in Richtung Death Metal orientiert, zum Beispiel EMPEROR oder IMMORTAL. In Stavanger (Küstenort - d. Verf.) besteht die Szene zumeist aus "Gothic mit Frauenstimme und Doom/Death Metal" oder was auch immer das sein soll. Und die Bands fangen komischerweise alle mit T an. TRISTANIA, TRAIL OF TEARS, THEATRE OF TRAGEDY, THE SINS OF blah-blah, während du in der Trondheim-Szene - zu der wir ja auch gehören - eine gute Mixtur aus vielen Stilen bewundern kannst. Zumindest sehe ich das so. Immerhin gibt´s hier eine Menge unterschiedlicher Bands, auch wenn die Szene insgesamt nicht ganz so gross ist, ebenso wie die Bands. Aber lieber das, als einen Einheitsbrei. Ich bin sehr zufrieden damit.

Rouven:
Gibt es denn eine Band oder einen bestimmten Musiker, mit dem du mal gerne zusammenarbeiten würdest?

Frank:
Ja, auf jeden Fall wäre es ein absoluter Traum, einmal mit Mikael Akerfeldt von OPETH zusammenarbeiten zu können, weil ich seine Musik und sein Lebenswerk wirklich bewundere. Aber ich glaube, da gibt es leider keine Chance, etwas in dieser Richtung zu unternehmen.

Rouven:
Die skandinavische Metal-Szene war bisher ja besonders international äusserst einflussreich - man denke nur an Bands wie ENTOMBED, EMPEROR oder IMMORTAL. Wo siehst du diese Szene in fünf oder zehn Jahren?

Frank:
Ich denke, die skandinavische Szene wird auch in Zukunft eine gehörige Rolle spielen. Wir sind allesamt Musiker, die ihren Job sehr ernst nehmen. Dazu kommt noch das dunkle, kalte Klima, welches eine hervorragende Inspiration ist. Die Szene wird wohl nie so gross sein wie IRON MAIDEN und METALLICA es waren, aber dennoch wichtig sein. Wir werden zusammenhalten, und das gilt für Schweden wie für Finnen und Norweger. Und ich bin mir sicher, dass in Zukunft auch noch eine Menge dänischer Bands dazustossen werden.

Rouven:
Welche Scheiben rotieren denn momentan am häufigsten in deinem Player?

Frank:
Bäh, eklige Frage. Eine Menge. Unter anderem die neue von ARCH ENEMY, die letzten Scheiben von OPETH und KATATONIA, FALCONER, AETERNUS sowie alles von ICED EARTH, DEATH, CANDLEMASS und KING DIAMOND.
Nebenbei bemerkt: Die neue RUNNING WILD war eine Enttäuschung! Ich bin ein richtig grosser Fan von Rock´n´Rolf, aber jetzt hat er zwei Scheiss-Alben, gemessen am RUNNING WILD-Level, hintereinander gemacht. Gib uns den Speed wieder, Mensch! (Also dem kann man sich wohl nur anschliessen - d. Verf.)

Rouven:
So, last but not least: Möchtest du noch was in Richtung Leser loswerden?

Frank:
Ja, ich hoffe, dass sie THE EMBRACED zumindest mal eine Chance in Form einer Hörprobe geben werden. Keep on rockin´!
Unsere Homepage wird auch in Bälde online gehen. Mehr Infos, sobald das Teil im Netz steht.

Redakteur:
Rouven Dorn

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