ENDSTILLE: Interview mit Mayhemic Destructor
18.05.2009 | 11:46Der Nordvierer bläst wieder zum Angriff. Der Flak-Schütze über "Verführer", Lokalpatriotismus und die Reaktionen auf unseren "Summer Breeze"-Film. Und zwischen den Zeilen auch über die Gemütslage eines Bandmitgliedes.
Carsten:
Beginnen wir bei eurem neuen Cover, wieder einmal mit kriegerischer Thematik. Gab es schon Kollegen, die euch das erneut in die rechte Richtung ausgelegt haben?
Mayhemic Destructor:
Nö. Einige wollten aber durch die Farbgebung 'ne rechte Tendenz erkannt haben... Gelächter!
Carsten:
Dabei erscheint das Cover im Zusammenhang mit dem Albumtitel "Verführer" und dem Text des Titelsongs ja eindeutig: Das Volk, das nicht selbst die Verantwortung übernehmen will und blind nach einem Despoten lechzt.
Mayhemic Destructor:
Das sag mal übrigens dem Kollegen von metal1.info. Der erkennt keinen Zusammenhang zwischen Titel und Cover.
Carsten:
Vielleicht liest er uns ja. Wieso habt ihr euch eigentlich gerade gerade Wilhelm II. ausgesucht?
Mayhemic Destructor:
Der Titel stand. Und kurze Zeit später kam Cruor mit diesem Bild an. Da wir thematisch an Preußen anknüpfen wollten, passte es wie der Arsch auf'n Eimer. Und Wilhelm II. hat ja auch Deutschland in den Ersten Weltkrieg geführt.
Carsten:
Ein wenig Lokalpatriotismus konntet ihr euch nicht verkneifen mit der Karte Schleswig-Holsteins im Hintergrund.
Mayhemic Destructor:
Allerdings. War mir schon lange 'ne Herzensangelegenheit. Als Schleswig-Holsteiner hat man ja sowieso einen anderen Blick auf Deutschland, wie Menschen, die mitten in Deutschland leben. Ich liebe Schleswig-Holstein und bin hier beheimatet.
Carsten:
Die Weltkriegstexte hat ja sicher wieder Lars beigesteuert. Aber warum veröffentlicht ihr eigentlich immer nur kleine Teile eurer Texte? Gerade das gibt Kritikern ja die Vorlage, ihr hättet etwas zu verbergen.
Mayhemic Destructor:
Die Texte auf dieser Scheibe stammen von Iblis und erstmals von mir. Und die abgedruckten Texte sind die von mir. Iblis Texte sind sehr persönlich und richten sich wie immer gegen Religionen, und es geht viel um Selbstzerstörung. Mit Politik hat er nichts zu tun. Wenn man gut zuhört, kann man die Texte mitunter sogar verstehen. Aber er will sie einfach nicht abdrucken. Selbst wir bekommen seine Texte nur zur Korrektur zu sehen.
Carsten:
Wollte Lars diesmal nichts beisteuern?
Mayhemic Destructor:
Keine Ahnung. Ich habe ihn diesbezüglich nicht gefragt.
Carsten:
Um das Thema Politik abzuschließen, find ich dein Testergebnis auf deiner Myspace-Seite recht interessant: 100 Prozent Anarchist, 92 Prozent Sozialist, 0 Prozent Nazi.
Mayhemic Destructor:
Kann man mal sehen.
Carsten:
Kommen wir wieder zum Album: '... Of Disorder', 'Symptoms' und 'Endstille (Verführer)' kommen mit recht geilen Riffs daher. Ich frag mich nur immer, wann wir endlich mal ein Gitarrensolo von Lars zu hören bekommen?
Mayhemic Destructor:
Ich glaube nicht, dass unsere Musik Gitarrensoli benötigt. Ich mache mit Lars nun seit 15 Jahren Mucke. Anfangs hat er bei TAUTHR noch Bass gespielt. Aber ein Solo habe ich noch nie von ihm gehört.
Carsten:
Kompliment auch an deine Blastbeats. Aber so geil die Platte auch drückt, auf die Dauer fehlen mir doch ein paar mehr Wiedererkennungsmerkmale. Wie beispielsweise auf "Navigator" mit 'I Bless You ...God', 'Navigator' oder vor allem 'Bastard'. Habt ihr bewusst darauf verzichtet?
Mayhemic Destructor:
Nö. Bewusst passiert bei uns nichts. Wir machen ja einfach Mucke zusammen. Ich finde die Platte ist subtiler als die Vorgänger. Man benötigt eventuell mehr Durchläufe, aber sie wird dabei immer geiler. Und 'Depressive / Abstract / Banished / Despised' hat doch oberharten Wiedererkennungswert. Oder 'Ursprung', 'Suffer In Silence' und 'Verführer' usw. Und man will ja nicht immer das gleiche Lied schreiben.
Carsten:
"Navigator" ist eben nach wie vor mein Favorit von euch. Und auf 'Depressive / Abstract / Banished / Despised' wollte ich als nächstes zu sprechen kommen: Es geht sehr urig zu Werke. Auch eine Hommage an alte Black-Metal-Größen?
Mayhemic Destructor:
Weiß nicht, ob das eine Hommage ist, aber es klingt schön räudig. Vom Beat her ähnlich wie 'Discovering Rapture As An Art' von der "Operation Wintersturm". Wir hatten mal wieder tierisch Bock auf so 'n räudigen Song. Fällt ja inne ähnliche Kategorie wie eben genannter Song oder 'Bleed For Me' oder 'Conquest Is Atheism'.
Carsten:
Worauf beziehen sich die vier Begriffe im Songtitel?
Mayhemic Destructor:
Das ist einer der sehr persönlichen Titel. Ich meine, es geht um Einsamkeit, Stimmen hören und inneren Schmerz. Haben auch letztens ein Video für den Song gedreht.
Carsten:
Gibt's das Video schon irgendwo zu sehen?
Mayhemic Destructor:
Noch nicht. Wird aber bald fertig und zu sehen sein. Ich habe schon einen ersten Blick drauf werfen können. Schön krank.
Carsten:
Worum geht es denn in 'Ursprung'? Wenn sich der Text auf der Ersten Weltkrieg bezieht, würde ich auf eine Umschreibung der Dolchstoßlegende tippen.
Mayhemic Destructor:
Nein. Bei 'Ursprung' geht es um Schleswig-Holstein. Grundsätzlich um den Vertrag von Ripen von 1460. Weiterführend um den Spruch "Op ewig ungedeelt" (Motto der Schleswig-Holsteiner Unabhängigkeitsbestrebungen von Dänemark im 19. Jahrhundert – Anm. d. Verf.). Ich hab dem Text einfach mein lokalpatriotisches Empfinden zu Grunde gelegt. Die Grundaussage ist: Finger weg! Wir wissen, dass wir der schönste Fleck auf Erden sind.
Carsten:
Als patriotischer Hesse gönne ich's dir jetzt einfach mal.
Mayhemic Destructor:
Danke!
Carsten:
Mal was ganz anderes: Ich kann mir nicht verkneifen, dich nochmal auf unseren "Summer Breeze"-Film vom vergangenen Jahr anzusprechen. Iblis fürchtete nach euren Interviewsequenzen ja etwas um eure Integrität in der Szene. Nimmt er dir immer noch übel, dass du das Wort "flauschig" benutzt hast?
Mayhemic Destructor:
Ach Quatsch. Wir sind da nicht nachtragend.
Carsten:
Mich hatte Iblis' erste Reaktion ja schon ein wenig verwundert. Ich hatte gerade bei ihm durch seinen trockenen Humor bei Konzertansagen immer das Gefühl, dass er eben nicht auf Gedeih und Verderb ein künstlich-böses Image erzeugen will.
Mayhemic Destructor:
Will er auch nicht. Wir haben viel Humor, auch Iblis.
Carsten:
Wie würdest du euch vier eigentlich grob charakterisieren? Iblis, der Vorzeige-Black-Metaller; Lars, die Historienversessene Quasselstrippe; Cruor, der Zurückhaltende; und du, der Sunnyboy der Truppe?
Mayhemic Destructor:
Von mir aus. Aber ich bin kein Sunnyboy. Ich bin der Organisator, der Regler, der Checker. Aber klar, ich bin oft gut drauf und habe Spaß.
Carsten:
Letzte Frage: Du hast mir mal von deinem Hippie-mäßigen Sideprojekt erzählt. Und mit Lars spielst du wie schon angesprochen bei TAUTHR. Wie läuft's mit den beiden Bands?
Mayhemic Destructor:
OVERDRIVE SENSATION bringen am 29. Mai das Debütalbum über Rude Records raus. TAUTHR haben auch die CD fertig, suchen aber noch nach dem passenden Label. Wir hatten schon ein Major Label. Bei myspace.com/dannewerk kann man auch in TAUTHR reinhören.
Carsten:
Sehr schön. Besten Dank, Timm, für deine Zeit!
Mayhemic Destructor:
Reinhauen!
- Redakteur:
- Carsten Praeg