ENSLAVED: Interview mit Ivar
09.10.2010 | 10:28ENSLAVED haben mit "Axioma Ethica Odini" ein absolutes Sahneteil veröffentlicht, das völlig zu Recht an der Spitze unseres September-Soundchecks steht. Wir sprachen mit Mastermind Ivar über die Entwicklung der Band und natürlich das neue Album.
Die Nachricht, dass ENSLAVED (auch) den Soundcheck bei POWERMETAL.de gewonnen haben, löst deutliche Freude aus. "Wow! Vielen Dank dafür. Wir sind absolut überwältigt von dem unglaublichen Feedback, das wir auf die Platte bekommen. Gerade auch, dass so viel positives Feedback aus Deutschland kommt, macht uns noch mal zusätzlich glücklich. So tolle Reaktionen hatten wir in Deutschland noch nie.", erzählt Ivar. "Und auch die Fans haben bislang sehr, sehr euphorisch auf die Teaser, die sie hören konnten, reagiert. Wir sind wirklich priviligiert mit diesen Fans, die so enthusiastisch sind und so loyal gegenüber ENSLAVED. Das ist unglaublich.", freut sich Ivar spürbar.
Mit mir hat die Band einen neuen Supporter gefunden, der sich vorher nicht so sehr mit der Band beschäftigt hat. Von daher ist die Frage naheliegend, wie Ivar das Album im Bandkontext einordnet und welche Alben man als neuer Fan kaufen sollte. "Es ist toll mit jemandem zu sprechen, der ENSLAVED neu für sich entdeckt hat. Ich denke, "Axioma Ethica Odini" ist bislang der direkteste Weg, mit dem wir unsere Musikalität und unsere Visionen, sowohl musikalisch als auch konzeptionell, porträtieren konnten.", leitet Ivar ein. "Wir haben diesmal den echten Kern von ENSLAVED gefunden - ein Sound, der näher an der Starkstromenergie unseres Livesounds ist. Ich denke, das kann man dann auch als "Ziel" des Albums bezeichnen: die Energie von der Bühne auf das Album zu bringen. Dabei spielt natürlich auch der exzellente Mix von Jens Bogren eine wichtige Rolle. Er hat es wirklich geschafft zu verstehen, was ENSLAVED ausmacht und dies auf die CD gebannt. Ein anderer Unterschied zu unseren vorherigen Alben ist die Tatsache, dass die einzelnen Elemente sich jetzt noch mehr herauskristallisieren. Die aggressiven Parts sind aggressiver, die melodischen Parts sind melodischer. Die Balance ist einfach besser als zuvor. Dazu kommt, dass "Axioma Ethica Odini" auch noch direkter und zugänglicher ist und dennoch bei jedem Durchlauf wächst. Ich denke, dass ist die größte Stärke des Albums." schätzt Ivar ein und liegt damit völlig richtig. "Und es freut uns sehr, dass dir das Album gefällt, obwohl du uns vorher nicht so gut kanntest. Bei der Erforschung unseres Bandkataloges würde ich an deiner Stelle chronologisch zurück gehen, fange mit "Vertebrae" an und gehe wenigstens bis zur "Below The Lights". Davor war die Entwicklung nicht ganz so linear und du könntest etwas überrascht sein.", lacht der sympathische Mastermind. "Aber auch diese Werke sollte man als neuer Fan mal anhören und ihnen eine faire Chance geben. Vielleicht magst du ja doch alle Alben. Sie alle haben dieses ENSLAVED-spezifische, von den Black-Metal-Alben der frühen Tage bis hin zu "Axioma Ethica Odini"." Wer also erst mit den letzten Alben zur Band gekommen ist, weiß jetzt, was zu tun ist.
Wohin die kontinuierliche Reise ENSLAVED noch führen wird, kann aber auch Ivar nicht beantworten: "Ich habe keine Ahnung. Ich bin zu beschäftigt damit, diese Reise zu genießen, um mir darüber Gedanken zu machen. Wir arbeiten härter als je zuvor, was für sich schon eine Freude für mich ist. Ich hoffe, wir werden mit unserer Musik so viele Leute wie möglich erreichen. Und wer auch immer eine tiefere Bedeutung in unserer Musik sucht, wird sie finden können. Wir haben grenzenlose Visionen, sei es bei den Aufnahmen, Live Shows oder konzeptionell. Wir sind bereit, wohin auch immer uns Raum, Zeit, Chaos und Ordnung führen."
Über das lyrische Konzept möchte Ivar nicht allzu viel erzählen. "Es mag einige langweilen, aber wir gehen wirklich nicht zu sehr ins Detail, worum es in unserern Texten geht. Wir sind nicht auf einer Mission, um irgendwem zu sagen, was er zu tun oder zu denken hat. Von daher kann man die Texte auch einfach als eine Ansammlung von Worten sehen. Aber natürlich möchten wir auch denen etwas bieten, die wirklich mehr in den Texten suchen. Wenn sie Glück haben, stimulieren die Texte sie und werfen einige Fragen auf." erläutert Ivar, um dann doch noch etwas zu konkretisieren. "Auf "Axioma Ethica Odini" geht es meiner Meinung nach - Gruntle hat da einen anderen Standpunkt - um Ethik. Und zwar um natürliche Ethik, wie man sie in Wissenschaft und dem Universum findet und vom Menschen - manche würden gar sagen von Gott - gemachte Ethik. Und wenn wir davon ausgehen, dass die Konzepte der Ethik ein Kompromiss zwischen Freiheit und Disziplin ist, was bedeutet das dann? Kann Ethik als eine Art Waffenstillstand zwischen den menschlichen Trieben und der menschlichen Vernunft angesehen werden? Wie weit kannst du dich auf eine Seite wagen und hast immer noch ein Rückfahrticket? Haben wir alle die gleichen ethischen Prinzipien und sollten wir sie vielleicht haben? Mit solchen Fragen könnte ich endlos weitermachen. Aber es ist eben auch nur eine Ansammlung von Worten.", lacht Ivar.
Bis die Norweger deutsche Bühnen betreten, müssen sich die Fans noch etwas gedulden. "Wir planen eine Headlinertour in 2011, wo wir sicher auch nach Deutschland kommen und wollen natürlich im Sommer auch so viele Festivals wie möglich spielen. Davor geht es jetzt erst mal auf Tour mit DIMMU BORGIR nach Osteuropa.", erzählt Ivar.
Zu guter letzt die Frage, wie wohl ein Gemälde aussehen würde, dass die Karriere von ENSLAVED darstellt. "Oh, das ist eine kreative Frage. Ich denke, dass es wohl eine große Leinwand wäre mit einer weiten Landschaft, doch wenn man genauer hinsieht, erkennt man dass es verschiedene Teile gibt. Der erste Teil im Zentrum des Bildes ist schon vor langer Zeit gemalt worden und dann kamen immer mehr Parts hinzu, die sich in alle Richtungen ausbreiten. Sie sind alle verschieden und haben doch einen gemeinsamen Stil und eine ähnliche Farbgebung. Und am Ende erkennst du, wie groß die Leinwand wirklich ist und wie viel unberührter Platz das Bild noch hat und die Entwicklung des Bildes noch lange andauern wird."
- Redakteur:
- Peter Kubaschk