EPICA: Interview mit Mark & Ad

01.01.1970 | 01:00

Bereits mit ihrem Debüt "The Phantom Agony" haben sich EPICA ganz klar aus dem Schatten ihrer niederländischen Kollegen von AFTER FOREVER und WITHIN TEMPTATION lösen können und so besonders in ihrer Heimat schon einige Erfolge feiern dürfen. Vorläufiger Höhepunkt dürfte dabei die Live-Aufnahmen bei der TV-Show "2 Meter Sessies" gewesen sein, für die man sich in den berühmten Wisseloord-Studios hat einquartieren dürfen. Das Resultat dieser einmaligen Aufnahmen findet sich jetzt auf "We Will Take You With US", dem aktuellen Release, über den ich mich mit Ad und Mark von EPICA in aller Ruhe unterhalten durfte.

Björn:
Hallo, wie geht’s?

Ad:
Mir geht es sehr gut, vielen Dank!

Björn:
Gerade erscheint eure neue Scheibe "We Will Take You With Us". Welche Erwartungen stellt ihr an dieses Album, gerade im Hinblick auf den doch recht erfolgreichen Vorgänger?

Mark:
Ich denke, es ist einfach nur eine nette Ergänzung zur Fan-Kollektion von EPICA, und für diejenigen, die unser Debüt eh nur in selbstgebrannter Version haben, ist es ein Grund, endlich mal eine Scheibe von uns zu kaufen. Von der DVD erwarte ich mir da schon mehr, da sie sehr professionell gemacht ist und auch eine Menge Extras enthält.

Björn:
Es handelt sich ja nicht um eine reguläre Veröffentlichung, da ihr bereits bekannte Songs mit einem kleinen Orchester spielt. Hattet ihr eine solche Zusammenarbeit von Anfang an im Sinn, als ihr mit EPICA begonnen habt?

Ad:
Nun, auf der CD selber hatten wir auch einen Chor und ein Orchester, aber dieses Mal spielten sie live mit uns zusammen. Und natürlich war dies etwas, was wir von Anfang an erreichen wollten, haha.

Björn:
Die ganze Sache wurde für eine TV-Show namens "2 Meter Sessies" aufgenommen, und ihr hattet dabei die Chance, im legendären Wisseloord-Studio aufzunehmen. Was war das für ein Gefühl, die Show in dieser speziellen Umgebung zu spielen?

Ad:
Es war uns wirklich eine Ehre, in diesem Studio zu spielen, wo schon so viele großartige Künstler ihre Platten aufgenommen haben. Ja, das war es wirklich!

Björn:
Wie ist denn der Kontakt zu der Show überhaupt entstanden? Ich meine, irgendetwas Besonderes muss ja schon passiert sein, denn bisher sind dort nur Megaseller wie R.E.M. und RADIOHEAD aufgetreten.

Ad:
Letztes Jahr haben wir einen wichtigen Preis gewonnen, der an neue talentierte Künstler ausgehändigt wird. Mit diesem Award im Rücken bekamen wir das Angebot für die "2 Meter Sessies", und das konnten wir natürlich auf keinen Fall ablehnen, haha!

Björn:
Wart ihr dann nicht nervös, als ihr an diesem Abend auf die Bühne gestiegen seid?

Ad:
Nein, um ehrlich zu sein, war ich gar nicht nervös. In der Anfangsphase von EPICA war ich von Zeit zu Zeit etwas nervös, aber jetzt haben wir die einzelnen Songs schon so oft gespielt, dass es absolut keinen Grund mehr gibt, nervös zu sein. Das denke ich zumindest. Ich weiß aber, dass so manch anderer in der Band immer noch ein bisschen Lampenfieber hat.

Mark:
Ich habe bei jeder Show meine Probleme. Das war dieses Mal nicht mehr oder weniger, denn ich lasse vor jeder Show Nerven. Man weiß nie, ob alles klappen wird, und mein schlimmster Alptraum ist, dass ich eines Tages auf die Bühne gehe und meine Gitarre ist nicht richtig gestimmt. Das kann gerade bei den Open-Air-Veranstaltungen passieren. Aber glücklicherweise hat Floyd Rose gute Systeme gebaut, haha!

Björn:
Habt ihr eigentlich von Anfang an geplant, dieses Konzert für eine CD mitzuschneiden, oder war das eher eine spontane Entscheidung?

Ad:
Nun, die "2 Meter Sessies" waren anfangs nur eine TV-Show, doch mittlerweile werden die Konzerte auch im Radio übertragen. Als uns dann das Angebot erreichte, hatte unsere Plattenfirma die Idee, das Ganze für eine DVD mitzuschneiden. Um aber deine Frage zu beantworten: Die Idee war, es aufzunehmen und zu veröffentlichen. Die CD kam dann schließlich als Extra zur DVD dazu.

Björn:
Du hast die DVD ja schon kurz angesprochen, aber ich habe sie halt noch nicht gesehen und habe daher auch keine Ahnung, was es darauf alles zu sehen gibt. Vielleicht kannst du mir da mal einen kurzen Überblick geben?

Ad:
Wie ich schon sagte, es werden die "2 Meter Sessies" und ein Making-of dieses Events enthalten sein. Hinzu kommen unsere beiden Videos und die jeweiligen Making-ofs dazu. Und um diese Tradition fortzusetzen, gibt es auch noch ein Making-of zu "The Phantom Agony".

Björn:
Eine Frage habe ich jetzt noch zu eurem neuen Release: Ihr habt zuerst die Orchester-Show gespielt und hinterher noch drei akustische Nummern angehängt. Warum habt ihr euch nicht auf eine Sache konzentriert?

Ad:
Es ist ein großer Kontrast, da hast du recht, aber bei EPICA geht es eben vornehmlich um eines: Kontraste!

Björn:
Wenn du die beiden Stile jetzt miteinander vergleichst, was gefällt dir da besser?

Ad:
Ich bin auf beide sehr stolz, sie beide gehören einfach zu EPICA dazu.

Björn:
Meiner Meinung nach klingen die Orchester-Songs nach einer echten Gruppenaufnahme, während die akustischen Stücke dann doch von eurer Sängerin dominiert werden. Würdest du mir da zustimmen?

Ad:
Hm, "dominieren" ist das falsche Wort. Der akustische Stoff lässt einfach mehr Freiräume für den Gesang von Simone.

Björn:
Meiner Meinung nach ist Simone trotz einer Shardon Den Adel und einer Floor Jansen die beste Sängerin in den Niederlanden, obwohl ich die Stimmen von WITHIN TEMPTATION und AFTER FOREVER auch sehr mag. Glaubst du, dass ihr einen Großteil eures Erfolgs der Stimme eurer Sängerin zu verdanken habt?

Ad:
EPICA haben ihre Erfolge immer als Gruppe gefeiert. Wir wären sicherlich nicht da, wo wir jetzt sind, wenn Simone nicht dabei wäre, aber das Gleiche kann ich eigentlich von jedem Bandmitglied behaupten. Jeder hat seinen Anteil am Erfolg der ganzen Gruppe.

Mark:
Erst einmal vielen Dank für das Kompliment. Ich glaube im Gegensatz zu Ad schon, dass der größte Teil unseres Erfolgs an der Stimme von Simone festzumachen ist, und das nicht nur wegen ihrer wunderschönen Stimme, sondern auch aufgrund ihres hübschen Äußeren. Auf der anderen Seite haben wir sechs talentierte Menschen in der Band, und ohne jeden einzelnen von ihnen wären wir auf jeden Fall schwächer. Ihre Beiträge sind alle sehr wichtig für die gesamte Band.

Björn:
Simones Performance bei dem "Cats"-Song 'Memory' ist einfach nur genial. Ihr habt diesen Song dem berühmten Musical entnommen, daher die Frage: Wäre es nicht interessant, euch in Zukunft vermehrt an diesem Genre zu orientieren, das heißt Songs von einem Musical in euren Sound einzugliedern? Ich finde, das Ergebnis auf "We Will Take You With Us" spricht da schon sehr für sich.

Ad:
Gerade im Moment schreiben Mark und Coen die Musik für einen holländischen Film, der irgendwann zu Beginn des nächsten Jahres herauskommen wird, wer weiß also, was noch so alles passieren wird ...

Björn:
Oh, wie wäre es denn dann mit einem selbstgeschriebenen Musical? Könnte das nicht der Leitfaden eines eurer nächsten Alben sein? So weit seid ihr von der dementsprechenden Musik soundtechnisch doch gar nicht entfernt.

Ad:
Ich werde meine Gitarre einfach nur an das richtige Gerät anschließen, haha! Nein, du hast Recht, Filmmusik spielt eine große Rolle in unserem Sound. Deswegen könnte es tatsächlich passieren, dass wir ein derartiges Projekt auf einem unsere nächsten Platten angehen werden, aber geplant ist in dieser Richtung noch nichts.

Björn:
Dann lass uns mal über die Vergangenheit von EPICA reden. Euer erstes Album "The Phantom Agony" wurde 2003 veröffentlicht. Wie lange habt ihr damals an den Songs für euer Debüt gearbeitet?

Ad:
EPICA wurden im April 2002 gegründet, und schon zu diesem Zeitpunkt begannen wir, an den Songs für "The Phantom Agony" zu arbeiten. Im Januar 2003 haben wir das Album dann aufgenommen, es hat also insgesamt neun Monate gedauert, bis wir den gesamten Prozess beendet hatten.

Mark:
In der Zwischenzeit mussten wir auch die Augen nach talentierten Musikern offen halten, um die Band zu vervollständigen. Es war ein sehr arbeitsintensiver Zeitabschnitt, aber ich bin sehr glücklich, dass wir ihn erfolgreich abgeschlossen haben.

Björn:
Das Album war in den Beneluxstaaten sehr erfolgreich. Ich habe die Reviews im Mindview und im Aardschock gelesen, und dort wurdet ihr ja in höchsten Tönen gelobt. Hattet ihr das im Voraus auch erwartet?

Ad:
Natürlich haben wir uns einiges erhofft, wir wussten, dass eine Menge Leute an uns interessiert waren, aber dass die Reaktionen derart überschwänglich sein würden, das hatten wir auf keinen Fall erwartet.

Björn:
Zu dieser Zeit meinten einige deutsche Kritiker, ihr wärt nur ein Rip-off von WITHIN TEMPTATION und AFTER FOREVER, einfach nur weil ihr eine Sängerin habt und aus den Niederlanden stammt. Gab es eigentlich vieler solcher Kritiken?

Ad:
Viele Kritiker betrachteten uns als Klon von AFTER FOREVER, weil Mark damals einen wichtigen Anteil beim Songwriting von AFTER FOREVER übernommen hat. Aber als AFTER FOREVER dann ihr neues Material herausgebracht hatten, sahen die Leute, dass wir wirklich zwei vollkommen unterschiedliche Bands sind.

Mark:
Zu WITHIN TEMPTATION: Wir können auch nichts daran ändern, dass wir mit unserer Band später angefangen haben als sie. In dieser Hinsicht wird man dann ja auch automatisch zum Rip-off. Aber als WITHIN TEMPTATION Mitte der Neunziger starteten, war ich auch schon damit beschäftigt, diese Art Musik zu komponieren. Ja, schon in meiner Kindheit träumte ich davon, Filmmusik mit Heavy Metal im Stile von MEGADETH zu vermischen, weshalb ich mal behaupte, dass diejenigen, die uns einen Rip-off nennen, diese Geschichte gar nicht kennen.

Björn:
Habt ihr diese Kritiken denn dann überhaupt ernst genommen?

Ad:
Jeder darf natürlich seine eigene Meinung haben, und wir müssen das auch respektieren. Wenn ein Review dann auch noch auf echten Fakten beruht, können wir ja auch noch davon lernen.

Mark:
Genau, selbst wenn ein Review nur auf Eifersucht aufbaut, kommen wir gut damit klar.

Björn:
Ihr habt ja auch alle eines Besseren belehrt, als ihr zum ersten Mal mit EPICA auf die Bühne gestiegen seid. Was war das damals für ein Gefühl, als ihr zum ersten Mal eure Songs live gespielt habt?

Ad:
Ich muss zugeben, dass das erste Mal mit einer sehr großen Angst verbunden war. Es war im Dezember 2002. Einige der Songs waren erst eine Woche vorher fertig geworden, und eine Menge hätte schief gehen können. Glücklicherweise lief dann aber alles sehr gut.

Björn:
Ich gehe mal davon aus, dass ihr die ersten Shows in eurer Heimat gespielt habt. Lastete da kein besonderer Druck auf euch, zumal die gesamten Reviews durch die Bank euphorisch waren?

Ad:
Dieser eine Gig fand je bereits vor unserem Studiotermin statt, aber wir haben auch sonst noch eine Reihe Konzerte gespielt, bevor die CD erschienen ist. Die ersten Shows waren also schon abgerissen, bevor überhaupt ein Review veröffentlicht wurde, und das hat die Sache dann schon um einiges leichter gemacht.

Björn:
Wie würdest du denn eure Entwicklung auf dem Live-Sektor beschreiben,wenn du die ersten mit euren bislang letzten Gigs vergleichst?

Ad:
Jede Show hilft uns, als Band zu wachsen, so dass es sicherlich einen großen Unterschied zwischen den ersten und unseren letzten Shows gibt.

Mark:
Wir spielen am besten im Laufe einer Tour. Nach zwei Shows beginnt die Band nach Instinkt zu spielen, und dann sind wir auf dem höchsten Level.

Björn:
Ihr habt ja nicht nur in den Niederlanden gespielt. Ich habe gelesen, dass ihr die Chance hattet, auch in Mexiko und Brasilien zu spielen. Wie seid ihr denn an diese Shows herangekommen?

Ad:
Oh, diese Shows stehen noch aus.

Mark:
Wir haben aber schon in Polen, Deutschland, Belgien, Spanien und in der Türkei gespielt. Die Leute nehmen Kontakt mit uns auf, und wenn das Angebot interessant klingt, suchen wir uns das Beste heraus.

Björn:
Welche Eindrücke habt ihr denn von der Metalszene in diesen Ländern sammeln können?

Mark:
Es ist eine überbevölkerte Szene mit vielen überenthusiastischen Bands. Aber ich mag es, Konzerte anderer Gruppen anzuschauen.

Björn:
Und wie liefen die Gigs? Waren sie professionell organisiert, oder war das der pure Underground?

Mark:
Die meisten Gigs sind schon sehr professionell organisiert, doch Bands, die noch sehr unbekannt sind oder sogar ganz neu in der Szene sind, spielen sehr viele dieser Underground-Shows, und dieses Konzerte sind meistens herausragend! Das sind die Momente, auf die man später als 'die gute alte Zeit' zurückblickt. Ich habe diese Zeit mit AFTER FOREVER bereits durchgemacht, und sie hatte auch mit Sicherheit einen gewissen Charme. Mit EPICA sind wir direkt auf einem anderen Level gestartet, doch manche unserer Bandkollegen haben diese 'gute alte Zeit' auch schon mit anderen Bands erlebt.

Björn:
In vielen Artikeln liest man, dass in manchen Staaten die Leute zu arm sind, um sich ein Konzert einer westeuropäischen Band anzusehen. Ist es kein besonders schlimmes Gefühl zu sehen, wie die Fans vor der Halle bleiben müssen, weil sie sich den teuren Eintritt nicht leisten können?

Mark:
Oh ja, das tut mir wirklich weh. Ich denke dann immer, dass ich die ganzen Menschen alle hineinlassen muss und möchte der Organisation verklickern, dass sie bezahlt haben. Aber unglücklicherweise ist dies unmöglich, weshalb ich glücklich bin, dass eine Gästeliste existiert – freie Plätze auf der Gästeliste werden dann oft mit Leuten aufgefüllt, die sich das Ticket auf keinen Fall leisten können.

Björn:
Werdet ihr denn noch öfter in diesen Regionen touren?

Mark:
Ja, definitiv!

Björn:
Wie sieht es denn überhaupt mit Tourneen aus, habt ihr da schon wieder etwas ausgearbeitet?

Mark:
Ja, unsere Tour startet am 2. Oktober in den Niederlanden, führt uns durch ganz Europa und endet schließlich kurz vor Weihnachten in Mexiko. Näheres könnt ihr den Tourdaten auf unserer Seite entnehmen.

Björn:
Und wann können wir mit ganz neuem Material, sprich einer neuen Platte rechnen?

Mark:
Wir haben das neue Album bereits aufgenommen werden. Es muss nur noch fertig abgemischt werden. Es wird eine großartige Scheibe, und ich liebe sie noch mehr als unser vorangegangenes Album.

Björn:
WITHIN TEMPTATION sind in Deutschland bereits sehr erfolgreich, AFTER FOREVER erfreuen sich auch einer wachsenden Popularität, wie sieht das bei euch aus? Glaubst du, ihr könnt auch hierzulande die Erfolge eurer niederländischen Kollegen wiederholen?

Mark:
Das ist unser Ziel, und ich denke, es ist auf keinen Fall verkehrt, sich solche Ziele zu setzen. Wir würden echt gerne so groß wie NIGHTWISH werden. Viele Leute mögen jetzt denken, wir seien arrogant, aber das sind wir bestimmt nicht. Wir sind einfach nur eine hart arbeitenden Band, die das Bestmögliche erreichen will.

Björn:
Was erwartest du also von der Zukunft?

Mark:
Ich weiß nicht, welches Level wir erreichen könne, doch ich setze meinen Glauben in diese Band!

Björn:
So, ich bin mit meinen Fragen durch, das ist jetzt also eure letzte Chance, unseren Lesern das neue Album schmackhaft zu machen:

Mark:
Ihr solltet es anchecken, weil mein Großvater ebenfalls Deutscher ist, haha! Vielen Dank dafür, dass ihr unsere Shows besucht habt und ich hoffe, euch auch wieder auf unserer anstehenden Tour begrüßen zu dürfen. Und dir danke ich ganz herzlich für dein Interesse an EPICA!

Redakteur:
Björn Backes

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