EQUILIBRIUM: Interview mit René Berthiaume

17.03.2010 | 08:04

Eine Meldung, die die Folk-Black-Metal-Welt schockiert hat, wie lange keine zweite. Helge verlässt EQUILIBRIUM. Wir haben Bandkopf René im Exklusivinterview und stellen die wichtigen Fragen

Eine Meldung, die die Folk-Black-Metal-Welt schockiert hat, wie lange keine zweite. Helge (Gesang) verlässt EQUILIBRIUM. Da war es fast nur eine Nebennotiz, dass auch Drummer Manu die Band verlassen wird. Ja, die Reaktionen klingen fast so, als hätten sich damit die TAKE THAT des Metals getrennt. Und hunderttausend junge, blonde Viking Warriors fragten sich: Wie soll es weitergehen? Was bleibt nach neun gemeinsamen Jahren Band-Geschichte übrig?

"Bei uns ist es sicherlich nicht viel anders gelaufen als auch bei unzähligen anderen Bands. In erster Linie sind es einfach persönliche Gründe die uns zu dem Schluß kommen ließen, dass es am Besten wäre, getrennte Wege zu gehen," erklärt René Berthiaume, Gitarrist und Bandkopf von EQUILIBRIUM. "Wir sind friedlich auseinandergegangen und das war uns auch wirklich wichtig." Für viele Fans bricht damit eine Welt zusammen, war der charismatische Hüne doch das Aushängeschild der Band. Der Derwisch auf der Bühne und musterhafte Massenanheizer war aber sicherlich nicht das Herz der Band, wie René klarstellt: "Da muss sich jeder selbst mal fragen, was denn das Herzstück von EQUILIBRIUM ist. Meiner Meinung nach ist es definitiv die Musik. Und da die Musik nunmal nicht von ihm geschrieben wurde, bleibt EQUILIBRIUM auch weiterhin 100% EQUILIBRIUM." Da schwingt das "Ehrenwort" förmlich mit. Denn trotz aller Änderungen soll EQUILIBRIUM nicht anders werden.

Was bedeutet der Ausstieg für die Band? Wo liegen die Probleme, wo die Chancen? "In erster Linie bedeutet der Ausstieg für uns, dass wir nun zwei neue Mitglieder bei EQUILIBRIUM begrüßen dürfen. Wir haben nun natürlich viel mehr zu tun als geplant, dabei sind wir momentan eh schon total mit der Produktion des neuen Albums beschäftigt. Aber Probleme sehe ich nicht, für uns ist es eher eine Herausforderung." Eine wichtige Frage ist, wie René die Reaktion der Fans sieht. War anfangs auch ein bisschen Angst mit im Spiel, für den ein oder anderen unten durch zu sein? " Es gibt sicherlich viele Fans, die Helge erstmal vermissen werden," holt René aus. "Aber EQUILIBRIUM war keine One-Man-Show und wird es auch in Zukunft nicht sein. Man kennt das ja auch von anderen Bands wie NIGHTWISH. Viele Fans waren sehr enttäuscht, als sie sich von ihrer damaligen Sängerin trennten. Und da hatte es natürlich stimmtechnisch größere Auswirkungen, da bei dieser Band die Stimme viel mehr im Vordergrund steht. Aber dennoch lief es wunderbar weiter, und richtige Fans sollten den Bands, die solche Schritte wagen, auf jeden Fall eine Chance geben, bevor sie vorschnell urteilen. Wenn irgendwelche Leute keinen Bock mehr auf EQUILIBRIUM haben, nur weil Helge nicht mehr dabei ist, dann sind das in meinen Augen keine EQUILIBRIUM-Fans, sondern meinetwegen Helge-Fans, und deren Meinung interessiert mich auch nicht wirklich." Das sind deutliche Worte, die René da findet. Und dennoch fühlt sich der ein oder andere Fan durch die Trennung durchaus vor den Kopf gestoßen. Doch René holt lachend zum letzten Schlag gegen die Kritiker aus: "Wir sind ja immer noch ne Metalband und uns geht es um die Musik, Personenkult ist bei EQUILIBRIUM nun wirklich fehl am Platz."

Ein wichtiger Punkt sind die energiegeladenen Live-Performances der Band, die regelmäßig zu unglaublich hohen Besucherzahlen der Konzerte führen. Wird sich da etwas ändern? "So genau kann ich dir das noch gar nicht sagen, schließlich standen wir mit den neuen Musikern noch nicht auf der Bühne. Aber wir sind selbst gespannt! Jedenfalls werden wir alle wie immer alles und vielleicht sogar etwas mehr geben!" Neben den Fans ist ja vor allem das Label ein wichtiges Element im Leben und Streben einer Band. Wie haben Nuclear Blast reagiert, als ihr sie mit der Trennung konfrontiert habt? "Ein Sängerwechsel ist natürlich für jede Band nach außen hin ein großer und gewagter Schritt. Das wissen wir und das wissen auch Nuclear Blast. Seitdem wir nun mit ihnen zusammenarbeiten haben wir immer wieder erfahren, dass ihnen das Wohl ihrer Bands sehr am Herzen liegt. Deswegen haben wir auch bei dieser Entscheidung die volle Unterstützung von ihnen bekommen." In den letzen Tagen kam es heraus: Robse heißt der neue Sänger der Band. "Er ist ein alter Bekannter der Band," stellt René den jungen Wilden vor. "Vor einiger Zeit hatte ich mich schonmal mit ihm zusammengesetzt, da wir Pläne für ein Nebenprojekt von mir hatten. Somit warner für uns die erste und allerbeste Wahl! Wir haben viel Zeit während der letzten Wochenenden miteinander verbracht, und schon jetzt herrscht ein hervorragendes Bandklima! Er bringt sehr viel frischen Wind und Motivation mit und hängt sich auch total in die Sache rein."

Ein neuer Sänger, eine neue Gesangsart? Mit der Vorstellung von Robse kochte die Gerüchteküche, nun ist es Zeit, mit den ganzen Mutmaßungen aufzuräumen: "Ich finde es schon sehr amüsant: Nuclear Blast haben ein kurzes Vorstellungsvideo von ihm auf Youtube geladen, in dem er am Ende kurz in die Kamera grunzt. Nun fragen ständig Leute, ob es denn nun nur noch Growls bei EQUILIBRIUM geben würde. Natürlich werden sowohl die Screams als auch die Growls beibehalten und vielleicht noch mehr. Was in Zukunft gesanglich bei uns noch so passiert hängt aber einfach davon ab, worauf wir Lust haben." Die Pläne für das nächste Album sind erstaunlicherweise schon sehr konkret. Es wird "Rekreatur" heißen. Die gute Nachricht für alle Fans: Schon Mitte Juni 2010 wird es veröffentlicht. Was bekommen wir dann zu hören, René? "Bei EQUILIBRIUM kann man sich nie so ganz sicher sein, in welche musikalische Richtungen sich die Songs bewegen. Als wir die Band damals gründeten, hätten wir sicherlich auch nicht damit gerechnet, mal einen Song wie 'Unbesiegt' zu schreiben. Wir sind offen für fast alle musikalische Spielereien, und wenn ein bellender Hund in den Song reinpasst, dann muss er da eben rein. Aber man kann durchaus sagen, dass es EQUILIBRIUM-typisch weiter geht. Also viel Bombast, Melancholie, Fröhlichkeit, freakige Parts, usw. Ich denke auf diesem Album befindet sich auch der bisher düsterste Song, den wir geschrieben haben. Außerdem gibt es diesmal einen Song, der nicht ein einziges mal das Tempo wechselt. Sowas gab es bei uns fast noch nie." Man darf gespannt sein.

Gespannt ist die Band auch auf die kommenden Auftritte im neuen Line-Up: "Wir werden nun erstmal unsere neue Platte abliefern und uns dann total auf die Konzerte konzentrieren. Wir haben einen Haufen Auftritte und im Herbst steht dann auch endlich wieder eine Europatour zusammen mit einigen sehr interessanten Bands an! Jedenfalls freuen wir uns sehr auf dieses Jahr und werden noch mehr Gas geben als sonst!" Bleibt noch eine Frage, die wichtiger kaum sein kann... naja, eigentlich nicht. Aber gestellt werden muss sie trotzdem. Was macht Helge in Zukunft? René: "Das kann ich dir leider nicht genau sagen." Na dann.

Redakteur:
Julian Rohrer

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