EWIGHEIM: Interview mit Ronny

02.12.2016 | 21:41

Auf dem neuen Album lässt EWIGHEIM den Mann im Mond sterben, singt in den ewigen Schlaf und ist auch mal sprachlos. Wir sprachen mit Ronny "Yantit" über die Platte "Schlaflieder.

Am 21. Oktober ist euer neues Album "Schlaflieder" erschienen. Wie geht es dir denn kurz vor dem Release einer Platte? Immer noch aufgeregt oder wird das irgendwann zur Normalität?

Ronny: Die Veröffentlichungen von EWIGHEIM sind für mich immer etwas Besonderes, weil sie ja schon sehr persönlich sind. Ich mache da noch viel selbst, von Normalität kann ich da also nicht sprechen. Die Reaktionen der Leute mitzubekommen, das ist sehr spannend. Ich selbst kann mir das Album allerdings schon nicht mehr anhören. Durch die Produktion habe ich "Schlaflieder" schon ausgehört.

Würdest du sogar sagen, dass EWIGHEIM für dich persönlicher ist als dein Einsatz bei EISREGEN?

Ronny: Bei EISREGEN sind die Arbeitsschritte einfach verteilter. Die Texte sind dort größtenteils von unserem Sänger, aber bei EWIGHEIM mache ich viel mehr alleine.

Aber es gibt schon Input von Allen B. Konstanz und Schwadorf?

Ronny: Es ist anders verteilt: Ich mache die grundlegende Musik, wir arrangieren das dann zusammen und im Studio macht Markus (Schwadorf) die Lead- und die Akustikgitarren dazu. Tobias (Allen B. Konstanz) hat die Arrangements für die Texte dann schon parat und wir gehen das gemeinsam durch. Aber dadurch, dass die Texte und der Großteil der Musik von mir sind, ist das schon viel persönlicher. Meistens sind das nur einzelne Worte, die Tobias nicht singen will, da sie ihm zu hart sind - das ändern wir dann.

Zu hart?

Ronny: Ja, von der Formulierung. Das ist ja auch wichtig, dass es nicht plump klingt. Die Texte von EWIGHEIM waren früher auch schon viel krasser.

Mit dem Thema "Schlaflieder" habt ihr euch ja für einen sehr sanften Leitgedanken entschieden. Wie seid ihr darauf gestoßen?

Ronny: Das war Zufall. Zu Beginn hatten wir gar keinen Titel, es war auch nicht geplant, dass die Platte so ruhig wird. Beim Schreiben haben sich die ruhigen Lieder dann jedoch gehäuft und mir fiel auf, dass einige Lieder sich mit Schlaf auseinandersetzten. Das ist ja ein sehr vielschichtiges Thema, das man von vielen Seiten betrachten kann.

Entgegen der klassischen Geschichte lasst ihr den Mann im Mond vor Einsamkeit sterben. Ein wenig morbide, oder?

Ronny: Es ist ja nur ein Symbol. Ich fand die Idee ungemein traurig: Ohne den Mann im Mond hat der Mond nach dieser Geschichte keinen Sinn mehr, da er kein Licht mehr macht. Wenn man das auf eine Beziehung überträgt, ist das schon sehr traurig. Da ist es schon besser, wenn beide einfach sterben und nicht einer alleine unglücklich sein muss.

Das sind schon deutliche Ansichten zu einer Beziehung.

Ronny: Das ist ja allgemein auch das Thema des Albums: Verlustängste. In meiner Familie sind in letzter Zeit Viele gestorben oder schwer krank. Irgendwann stellen sich dann solche Fragen. Im Frühjahr habe ich geheiratet und frage mich mittlerweile schon, was wird, wenn einer von uns nicht mehr ist.

Der Bezug zum Thema Tod ändert sich ja oft grundlegend, desto näher es im Leben rückt.

Ronny: Tod war bei EWIGHEIM schon immer ein Aspekt, aber nie so direkt. Mir ist das bei unseren Nachbarn aufgefallen: Unsere Nachbarin ist 91 Jahre alt und hat zwar noch Familie, aber alle ihre Freunde und Schulkameraden sind schon verschieden. Das finde ich schon schlimm.

Kommt durch diese Erfahrungen und Gedanken zum Sterben auch dieses "neue Ruhige", was euer Album als roten Faden durchzieht?

Ronny: Ja. Unser Album soll ja keine Angst machen, sondern den Leuten die Angst vorm Sterben nehmen. Das Ruhige kommt vermutlich daher, dass es im Moment des Sterbens oft einfach ruhig ist. Dieses Schwermütige, das ist ja wie Einschlafen. Das ist alles ein großer Kreis. Das hat sich bei der Produktion aber auch so ergeben, das war Zufall. Deshalb haben wir mit den Bonus-Tracks auch zwei härtere Lieder als Gegenpole gesetzt. Aber auch der Sound von Markus' Akustikgitarren hat dazu beigetragen, dass die Scheibe so luftig klingt. Für mich klingt das wie eine große Wolke. Als wir das gemerkt haben, haben wir das dann noch fokussiert.

Wie seid ihr denn eigentlich auf das Bild zu "Schlaflieder" gestoßen?

Ronny: Ich kannte den Maler schon lange. Er ist bekannt geworden durch seine Affenbilder: Auf dem berühmtesten Bild von ihm sieht ein Affe in den Spiegel und sieht sein eigenes Skelett. Diese Bilder fand ich schon immer ziemlich spannend.

Tour-Termine oder Festival-Auftritte sind bei EWIGHEIM im Vergleich zu anderen Bands recht rar gesät. Warum eigentlich?

Ronny: Meist ist das ein Problem des Timings. Wir haben da einen strikten Terminplan. Oft planen wir die Sachen zwei Jahre im Voraus. Die Platte von EWIGHEIM war beispielsweise schon vor dem neuen Album von EISREGEN fertig, welches im Frühjahr erschienen ist. Wir wussten aber, dass das zeitlich nicht zu realisieren ist, wenn wir dann noch Konzerte hätten spielen wollen. Die Musik ist da das kleinere Problem, das mache ich meistens nachts. Aber alles andere unter einen Hut zu bekommen - Markus arbeitet ja im Studio und Tobias ist Musiklehrer. Da müssen wir dann auch noch die Ferien abpassen. Aber mittlerweile hat sich das alles gut eingespielt.

Das Thema Tod wurde bei EWIGHEIM bisher eher sarkastisch und ironisch behandelt. Davon seid ihr mit diesem Album abgekommen. Lag das auch an deinen persönlichen Erfahrungen?

Ronny: Stimmt. Das war mir nicht bewusst. Wir haben das im Studio gemerkt, Tobias hat sehr feine Antennen für so etwas. Es ist mir immer enorm wichtig, was er dazu als Erstes sagt, wenn er die Texte liest. Und er hat dasselbe gesagt. Ich glaube, das liegt auch am Älterwerden. Man muss keinem mehr etwas beweisen und die feine Ironie ist ja auch nicht vollkommen weg.

Das letzte Lied eures Albums ist tradtionell immer ein ganz besonderes Stück. Dieses Mal trägt es den Titel "...". Wolltet ihr damit die Sprachlosigkeit, was den Tod betrifft, ausdrücken?

Ronny: Genauso war es. Die Idee hatte ich schon länger. Ich hätte es gut gefunden, wenn man gar nichts auf den Tonträger geschrieben hätte. Das ging aber aus technischen Gründen nicht. Ansonsten ist es genauso, wie du sagst. Das ist es ja, was Verlust so schlimm macht: Es fehlen einem die Worte.

Redakteur:
Leoni Dowidat

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