FEAR FACTORY: Interview mit Burton C. Bell

01.01.1970 | 01:00

Siebter März, Schmuddelwetter in München, hektisch direkt aus dem Büro in das Marriott Hotel gehetzt... aber ein Interview mit den genialen FEAR FACTORY macht auch einen derartigen Tag zum Ereignis. Ungeachtet unzähliger an diesem Tag bereits gegebener Interviews stand mir der ausgesprochen sympathische Sangeskünstler Burton C. Bell gutgelaunt Rede und Antwort. Doch lest selbst...

Rainer: Fangen wir mal mit den Standardfragen an; wo siehst Du die hauptsächlichen Unterschiede zwischen Eurer neuen Scheibe, "Digimortal", und dem Vorgänger, "Obsolete"?

Burton: Nun, ich denke, daß die Scheibe um Einiges simplizistischer ausgefallen ist. Sie kommt mehr auf den Punkt und hat ein endgültig futuristisches Klangbild. Das sind die drei Hauptunterschiede im Vergleich zu "Obsolete". Die Vocals haben sich meiner Meinung nach deutlich weiterentwickelt, auch die Musik selber und die Arrangements; auf jeden Fall ein Schritt nach vorne.

Rainer: Kannst Du für diejenigen, welche die Synopse zu Eurer neuen Scheibe nicht gelesen haben, kurz zusammenfassen, worum es bei "Digimortal" überhaupt geht?

Burton: Grundsätzlich ist das Wort "Digimortal" eine Art Kunstwort aus "digital" und "mortality", also künstlicher Sterblichkeit. Mensch und Maschine, die in diesen beiden Wörtern zusammenkommen. Das Konzept ist, daß in der Entwicklung der Menschheit und mittlerweile auch in unserer Gesellschaft das Element Technologie heute eine wichtige, ja beherrschende Bedeutung entwickelt hat. Und wann immer ein neues Element in die Kultur einfliesst, wird es absorbiert, passt man sich an. Über die Jahre hat die Menschheit eben die Technologie absorbiert und durch diese Symbiose ist die Menschheit in der Lage, den Schlüssel zur Unsterblichkeit zu finden.Deshalb werfen wir auf "Digimortal" einige Fragen auf: bist Du nichts Anderes als die Summe Deiner Erinnerungen? Kann die Seele transferiert werden? Kann eine Maschine ein Bewußtsein haben? Und genau darum geht es bei "Digimortal".

Rainer: Man merkt, daß Du diese Fragen schon desöfteren hast beantworten müssen...

Burton: [lacht] ... ja, ungefähr 2 Wochen lang jetzt...

Rainer: ... muß sie halt trotzdem stellen, Du verstehst...

Burton: [amüsiert sich königlich] ... ja, das ist recht verständlich.

Rainer: Du hast den Gesang erwähnt, der sich einmal mehr deutlich verbessert hat -wobei er natürlich immer schon sehr gut war- wie kommt das?

Burton: Nun, ich habe zu singen begonnen, als ich zu der Band gekommen bin. Damals hatte ich noch überhaupt keine Ahnung von meinen Fähigkeiten und meinem Potential. Und durch meine persönliche Entwicklung als Sänger habe ich ganz automatisch etwas über meine stimmliche Bandbreite gelernt, da konnte ich einfach nur besser werden. Ich glaube, daß das meine beste Gesangsleistung überhaupt ist; ich habe mich stark gefühlt und Sachen gemacht, die ich auf den vorherigen Platten nie gebracht habe. Ist einfach das Resultat einer natürlichen Entwicklung.

Rainer: Hast also keine Gesangsstunden genommen o.Ä.?

Burton: Nein, habe ich nie gehabt.

Rainer: Nur eine Sache der Erfahrung?

Burton: Ja, nur Erfahrung.

Rainer: Ihr habt wieder mit Rhys Fulber (Produzent - Anm. d. Verf.) zusammengearbeitet, wie groß war sein Einfluß auf die Scheibe?

Burton: Enorm groß! Er ist wie ein fünftes Bandmitglied, ein organischer Bestandteil der Truppe. Ich habe keinerlei Vorstellung davon, wie die Band ohne Rhys klingen würde, will auch gar nicht daran denken.
Er war es ja, der mit seinen ersten Remixes 1992 eine Tür geöffnet hat; eine Tür zu der elektronischen Seite FEAR FACTORYs, die zwar bereits da war, deren volles Potential wir aber noch nicht erkannt hatten. Er hat die Tür geöffnet und uns diesen Weg erforschen lassen; und diese Richtung haben wir ja dann auch eingeschlagen. Seitdem ist er ein Teil von uns.

Rainer: Damit hast Du meiner nächsten Frage schon vorgegriffen: würdet Ihr gerne mal mit einem anderen Produzenten zusammenarbeiten, oder könnt Ihr Euch bei Niemandem vorstellen, daß er besser zu Euch passen würde als Rhys?

Burton: Nun ja, als wir uns letztes Jahr mit dem Songwriting befassten, wollte unser neues Management, daß wir auch mal mit anderen Produzenten sprechen. Und wir haben ihnen gesagt, daß Rhys ein Teil des Ganzen bleiben würde, egal was passiert. Egal was passiert!
Um das Management ein bischen zu beschwichtigen, haben wir zwar dann doch mit ein paar anderen Produzenten gesprochen, darunter auch Bob Rock...

Rainer: [kriegt einen Lachanfall]

Burton: ... aber wir waren ihm zu heavy. [grinst]

Rainer: [lacht weiter]

Burton: Mit diesen Leuten, das hätte einfach nicht gepasst. Sie haben nicht das gesagt, was wir hören wollten. Letztendlich konnten wir unser Management dann doch überzeugen, daß Rhys der richtige Mann für den Job ist.

Rainer: Wieviel Zeit ist denn zwischen dem Festhalten der ersten Ideen und dem Abschluß der Produktion vergangen?

Burton: Ein Jahr, fast auf den Tag genau. Das war ziemlich schräg.

Rainer: Ist Euer Songwriting eigentlich mehr das Resultat von Kalkül, von genauem Durchdenken? Oder ist es ein eher emotionaler Prozeß? D.h., kommen Eure Songs eher aus dem Kopf oder aus dem Bauch, oder gar beides?

Burton: Alles davon. Ich betrachte mich selbst als einen Schriftsteller, deshalb beobachte ich meine Umgebung sehr genau; alles, was in meiner Welt geschieht, in mir drin und um mich herum. Einfach Alles: was ich lese, sehe, fühle, einfach Alles.

Rainer: Das beantwortet schon die nächste Frage; nämlich, woher Du Deine Inspiration beziehst.

Burton: Ja, das wäre die gleiche Frage nochmal. [lacht]

Rainer: Wie läuft das bei Euch ab, schreibt Ihr zuerst die Musik oder die Texte, oder gar beides parallel?

Burton: Hmmm... zumeist fangen wir mit der Musik an. Und in der ganzen Zeit, während der wir die Musik schreiben, denken wir über Songtitel nach, wälzen Ideen. Zunächst suchen wir natürlich einen Titel für das Album, das ist schon schwer genug. Wir haben 5 Monate dafür gebraucht, bis wir auf "Digimortal" gekommen sind; und das während des Songwritings.
Als der Titel feststand... nun, ich hatte schon Textfragmente geschrieben, hatte Songtexte in Arbeit. Ich versuche sie zwar eigentlich schon fertig zu haben, aber zumeist schaffe ich für mich eine Art Muster in den Songs, zu dem ich dann später die Texte mache; und dann muß es nur noch zusammen passen.

Rainer: Wo wir schon von den Texten reden, was können wir denn von der kommenden Deutschlandtour (im April - Anm. d. Verf.) erwarten? Werdet Ihr Elemente der "Digimortal"-Geschichte in die Show integrieren?

Burton: Das wird live werden, durch und durch, reine live-Energie. Auf der kommenden Tour also noch nicht, erst nach Veröffentlichung des Albums. Dann werden wir eine entsprechende Produktion haben, um auf der Bühne die vibes aus der futuristischen Welt von "Digimortal" zu erzeugen. Ein passendes backdrop und ein paar Sachen auf der Bühne. Aber nichts furchtbar Ausgeklügeltes.

Rainer: Was ist euch denn eigentlich lieber, die Arbeit im Studio oder Liveshows?

Burton: Das sind zwei komplett verschiedene Welten, weißt Du... ich war jetzt fast ein Jahr lang im Studio...

Rainer: ...bist also froh, wieder back on the road zu kommen?

Burton: Ja, endlich wieder unterwegs sein. Aber Beides hat etwas für sich. Im Studio kannst Du mit vielen neuen Sachen herum experimentieren, neue Songs schreiben, auch mal abschalten. Auf Tour spielst Du jeden Tag praktisch dieselben Songs, spielst und spielst, bist ewig auf Achse.

Rainer: Ápropos Liveshows, was ist Euch eigentlich lieber: Clubshows, große Hallen, Open Airs?

Burton: Das Gleiche wie vorhin, sie haben alle ihre unterschiedlichen Qualitäten, ich persönlich mag alle drei.
Clubshows sind ein Killer, weil es einfach persönlicher ist; Du siehst die Leute, ihre Gesichter; kannst Augenkontakt halten, in die Menge springen, sie berühren, was auch immer.
Die wirklich großen Shows, also auf Festivals oder in Arenen, sind beeindruckend, weil Du vor einer Unmenge von Leuten stehst. Es ist einfach irre, wenn Du weißt, daß da 10.000 oder 20.000 Leute stehen, die die nur Dich ansehen. Das ist einfach sick (was in dem Fall positiv gemeint war - Anm. d. Verf.)!

Rainer: Gibt es denn bestimmte Bands, mit denen Ihr gerne mal auf Tour gehen würdet, unabhängig von der Musikrichtung?

Burton: Definitiv! Eine super US-Tour wäre zum Beispiel zusammen mit den DEFTONES und CYPRESS HILL, das wäre klasse! Oder wir als Opener für U2, das wäre einfach gigantisch. [lacht]
Das würde ich liebend gerne mal tun. Oder wenn FAITH NO MORE wieder zusammenfinden würden, würde ich verdammt gerne mal mit denen touren.
Ich meine, wir haben mit einer Menge Bands getourt, mit so vielen... da bleiben nicht viele Gruppen übrig, mit denen wir noch nicht getourt haben. Aber U2, das wäre einfach gigantisch!

Rainer: Die Frage stell ich ja eigentlich immer, aber U2 hat bis jetzt noch Keiner genannt.

Burton: [lacht] Nein, das bezweifle ich.
Ich meine, sie spielen immer noch Arena-Shows, sind immer noch eine verdammt große Band.

Rainer: Ihr habt jetzt 4 Alben ohne irgendwelche Besetzungswechsel aufgenommen, was ja nur die wenigsten Bands schaffen. Was ist denn Euer Geheimnis?

Burton: Gut miteinander auskommen. Etwas über die Anderen lernen. Sich gegenseitig verstehen, Kompromisse eingehen. Du lernst einfch, miteinander auszukommen, Gutes und Schlechtes zu akzeptieren. Wir haben zusammen schon viel durchgemacht; sehr harte Zeiten, sehr gute Zeiten. Und wir haben es fertiggebracht, zusammen zu bleiben und immer zu kommunizieren.
Und so gut wie beim Songwriting für diese Platte haben wir uns noch nie verstanden. Wir haben einfach ein gewisses Niveau geistiger Reife erreicht, so daß wir in der Lage sind, Dinge zu akzeptieren und sie einfach zu tun.

Rainer: Stell Dir mal vor, eines Deiner Konzepte von Euren Platten würde verfilmt: bei welchem würdest Du Dir das am meisten wünschen; und welcher Regisseuer, welche Schauspieler sollten daran beteiligt sein?

Burton: Puh.

Rainer: Gute Frage, gell?

Burton: Sehr gute Frage, ja. [schaut etwas ratlos]
Ich würde dazu keine bestimmte Geschichte herauspicken, sondern die ganze FEAR FACTORY-Story verfilmen lassen, das ist eine Geschichte für sich. Eine richtige Evolution; darüber, wie die Maschine zuerst geboren wird (gemeint ist das Debütalbum, "Soul Of A New Machine" - Anm. d. Verf.), wie sie ihre Entwicklung nimmt, vor welchem Ende sie dann letztlich steht. Diese Story. Genau das wäre die FEAR FACTORY-Story.
Der Regisseur? Fuck, keine Ahnung. Vielleicht irgendein Unbekannter, egal von welchem Studio, der das dann mit einem niedrigen Etat durchzieht. Denn bei diesen Low Budget-Produktionen mußt Du normalerweise mit einem festen Etat arbeiten, da bist Du gezwungen, besonders kreativ zu sein. Aber es wäre nicht schwierig, unsere Geschichte zu verfilmen.

Rainer: Stell Dir mal vor, ein FEAR FACTORY Tribute-Album würde anstehen: welche Bands sollten daran mitwirken und welche Songs sollten Deiner Meinung nach gecovert werden?

Burton:[lacht] Verdammt, ich hab keine Ahnung.

Rainer: [lacht] Hab ich Dich erwischt!

Burton: [wendet sich an Bassist Christian Ode Wolbers, der soeben ein Telefoninterview beendet hat und im Hintergrund vorbeiläuft] Christian. Christian!

Christian: Was?

Burton: Such mal Bands aus, um DAS FEAR FACTORY Tribute-Album zu machen. [lacht dreckig]

Christian: Nur große.

Burton: Ich habe echt keine Ahnung. Wer immer das machen will, der hat meinen Segen. [lacht]

Christian: [ganz trocken] Ich glaube nicht, daß es jemals ein FEAR FACTORY Tribute-Album geben wird.

Burton: Gibt nicht viele Bands, die das tun wollen würden. Wenn also Einer den Mut dazu hat... würden vermutlich viele Noname-Bands sein.

Christian: Wie wäre es mit SPINESHANK? [grinst]

Rainer: Gut, gut. Wenn Du mal eine Rückschau auf Euer Debüt, "Soul Of A New Machine", hältst und es mit der neuen Platte vergleichst, wo siehst Du denn die hauptsächlichen Unterschiede zwischen den FEAR FACTORY von damals und denen von heute?

Burton: Oh Mann, da gibt es eine ganze Latte von Unterschieden. Ganz grundsätzlich mal ist die Angst Mensch geworden. "Soul Of A New Machine" war die Geburt, die Konzeption dieser Maschine, ihre Erfahrung. Wir hatten viele vergleichsweise krude Ideen, in einem ursprünglichen Stadium, die nur auf ihre Weiterentwicklung gewartet haben.
Das ist es, was "Digimortal" darstellt; die Maschine, die sich über die Jahre hinweg entwickelt hat. Schau Dir die zweite Platte an ("Demanufacture" - Anm. d. Verf.), da hat die Entwicklung der Maschine begonnen; das ist ihr Brustkorb, ihr Barcode, da beginnt ihre Evolution.
Genauso auch die "Obsolete" (dritte Platte, Vorgänger von "Digimortal" - Anm. d. Verf.), das ist die Weiterentwicklung, mit dem Gehirn und der Wirbelsäule (siehe Cover von ""Demanufacture" und "Obsolete" - Anm. d. Verf.).
Und jetzt, im finalen Stadium, wo Du die fertige Menschmaschine siehst, als Teil des Schaltkreises, jetzt ist es eine abgeschlossene Entwicklung.

Rainer: Stell Dir mal vor, Ihr würdet jetzt als ganz neue Band anfangen, welche Musik würdet Ihr wohl machen?

Burton: Fuck, ich habe absolut keine Idee.
Wenn wir jetzt anfangen würden... vielleicht würden wir genau dasselbe machen. Weil wir alle sehr verschiedene Geschmäcker haben, alle Gefallen an unterschiedlichen Musikrichtungen finden; und wir bringen all das ein. Wenn wir also jetzt ganz neu anfangen würden, wären wir immer noch genau die gleichen Menschen.

Christian: [feixt aus dem Hintergrund] Da wäre ich mir bei Dir nicht so sicher...

Rainer: Hast Du irgendeine Art von musikalischer Vision, die Du gerne einmal verwirklichen würdest? Egal, ob mit FEAR FACTORY oder als Solokünstler. Etwas, das Du gerne einmal ausprobieren würdest?

Burton: Ich würde schon gerne eines Tages einmal etwas ganz alleine machen, etwas ausprobieren.

Rainer: Und welche Musikrichtung wäre das dann?

Burton: Das Gegenteil von FEAR FACTORY. Alles, was nichts mit FEAR FACTORY zu tun hat, würde ich gerne einmal ausprobieren.
Ich würde auch gerne mal ein Drehbuch schreiben, eine Geschichte, ein Buch veröffentlichen.

Rainer: Hast also noch eine Menge zu erledigen...

Burton: Ja, ich habe noch viel vor.

Rainer: Aber im Moment steckst Du noch Deine gesamte Kreativität in FEAR FACTORY?

Burton: Jawollja! Aber ich habe noch jede Menge Zeit. Ich habe es nicht eilig, ich werde ja noch ein Weilchen am Leben sein.

Rainer: Na hoffentlich!

Burton: Will ich doch auch sehr hoffen!

Rainer: Was ganz Anderes: wieviele Platten habt Ihr denn bisher verkauft?

Burton: Von welcher Scheibe denn, von "Obsolete"?

Rainer: Sowohl von der als auch insgesamt.

Burton: Nun, "Obsolete" hat in den Staaten gerade Goldstatus erreicht, also 500.000 verkaufte Einheiten. Im Moment sind es so circa. 540.000 Stück.
[wendet sich an Christian] Stimmt das?

Christian: Ja, das habe ich auch gehört. Knapp an die 540.000.

Burton: Und weltweit, Alles in Allem, da sind wir ungefähr bei eineinhalb Millionen Platten.
[fragt wieder Christian] Was meinst Du?

Christian: Eher so an die zwei Millionen.

Burton: Ja, so ungefähr eineinhalb Millionen...

Christian: ... nein, eher an die zwei Millionen.

Burton: Okay, das ist eine faire Schätzung für alle Platten in allen Ländern.

Christian: Ja, Mann! zwei Millionen Platten weltweit!

Rainer: Glaubst Du denn, daß Eure Art von Musik das Potential hat, um kommerziell noch erfolgreicher zu werden, sprich um noch mehr Scheiben zu verkaufen?

Burton: Na sicher doch!

Rainer: Meinst Du, daß die Zeit reif dafür ist?

Burton: Ich denke, daß der heutige Musiktrend zu uns aufgeschlossen hat. Naja, daß er zumindest dabei ist, uns einzuholen. Vielleicht ist jetzt die Zeit dafür. Vielleicht haben wir jetzt die Platte gemacht, die es verdient hat.

Rainer: Du meinst, früher wart Ihr ein paar Schritte voraus und jetzt...

Burton: ... ach, das sind wir meiner Meinung nach immer noch (wo er recht hat, hat er recht! - Anm. d. Verf.). Aber wer im Trend liegt, erkennt jetzt plötzlich, daß FEAR FACTORY eine ziemlich coole Band sind.

Rainer: Du hattest es vorhin schon mal kurz angerissen, was ist denn der musikalische Background der einzelnen Bandmitglieder und für welche Musik interessiert Ihr Euch derzeit?

Burton: Nun, jeder Einzelne von uns interessiert sich für die verschiedensten Arten von Musik.
Mein musikalischer Background zum Beispiel ist schlichtweg Alles, an das man nur denken kann.

Rainer: Das ist eine ganze Menge.

Burton: [lacht] Ja, das ist es. Ich hab eine ziemlich bunt gemischte Plattensammlung, alle Arten von Musik; alt, neu. Und ich beziehe weiterhin immer wieder Inspiration aus neuer Musik.

Rainer: Und das gilt auch für die anderen Jungs?

Burton: Gilt auch für die Anderen. Weisst Du, es gibt schon Arten von Musik, die ich bevorzuge, denen ich vorwiegend meine Aufmerksamkeit widme.

Rainer: Zum Beispiel?

Burton: Ich mag zum Beispiel NICK CAVE & THE BAD SEEDS, solche Sachen. BIRTHDAY PARTY. GODFLESH. Und natürlich stehe ich total auf U2. Im Moment höre ich gerne SPIRITUALIZED. Habe ich mir diese Woche oft angehört. Aber grundsätzlich interessiert mich Alles.
Christian macht sich gerade einen Namen als Hip Hop-Produzent, er ist von dieser Mucke ziemlich stark beeinflußt. Er hat ein Auge für junge Bands, eine feine Antenne für neue Musikarten.
Und Raymond (Herrera, Schlagzeuger - Anm. d. Verf.) ... mein Gott, wer weiß schon, was der mag? [lacht] Raymond mag Videospiele. Also wenn Musik wie ein Videospiel klingt, dann gefällt sie ihm [alle Anwesenden lachen sich schlapp]

Rainer: Ihr habt ja eine außergewöhnlich gut gemachte Homepage, auch wenn sie im Moment nicht online ist (weil der Webmaster verstorben ist - Anm. d. Verf.). Also schätze ich mal, daß Ihr eine sehr positive Einstellung zum Internet habt.

Burton: Oh ja, definitiv. Das Internet ist eine neue Technologie, die sich in den letzten paar Jahren präsentiert hat und die unsere Lebensweise verändern wird.

Rainer: Technologie und FEAR FACTORY, das passt ja auch sehr gut zusammen.

Burton: Total, ja! Wir als Gesellschaft und Kultur werden uns dieser Technologie anpassen müssen; wenn nicht, dann geraten wir ins Hintertreffen.

Rainer: Was uns ganz automatisch zur nächsten Frage bringt. Was denkst Du denn über die Affäre Napster?

Burton: Ich finde es beschämend, daß der Napster zum Sündenbock gemacht wird. Ich jedenfalls mag den Napster! Ich habe mir auch schon Songs runtergeladen. Denn wenn ich mir Songs leetche, die mir gefallen, dann will ich mir ja auch die Platten kaufen. Ich denke, daß das einfach eine großartige Werbung ist. Und die Einzigen, die dabei Geld verlieren, sind die Plattenfirmen. Keiner Band entgeht dadurch Kohle, nur den Labels. Die sind es auch, die Angst davor haben, weil sie sich der neuen Technologie nicht anpassen wollen und sie stattdessen bekämpfen.
Man kann aber nicht etwas bekämpfen, das sich unweigerlich als neues Medium durchsetzen wird. Das hat hat auch beim Telefon und bei der Elektrizität nicht geklappt und genausowenig kann man das Internet bekämpfen.

Rainer: Sich der Technologie anpassen, darum geht es ja auch bei "Digimortal".

Burton: Exakt! Exakt.

Rainer: Die letzte Frage, wie üblich: möchtest Du persönlich unseren Lesern noch etwas sagen?

Burton: Nun, wir werden ab Ende diesen Monats in Deutschland auf Tour sein. Ist nur eine relativ schnelle Europatour; nur um das Album zu promoten, die Leute ein bischen anzufixen. Wir werden nicht alle Songs von der neuen Scheibe spielen, wir werden auch ein paar ältere Nummern bringen.

Rainer: Ihr werdet doch hoffentlich auch "Scapegoat" (vom Debüt - Anm. d. Verf.) spielen, oder?

Burton: Oh yeah! Wir könnten keine Show durchziehen, ohne diesen Song zu spielen, es würde einen Aufstand geben. [grinst] Die Leute würden uns in den Hintern treten, wenn wir dieses Lied nicht bringen würden. Definitiv, ich weiß das!
Es gibt ein paar Songs, die immer in der FEAR FACTORY-Setlist sein werden: "Scapegoat", ""Demanufacture", "Self Bias Resistor", "Martyr". Was denn noch? "Edgecrusher", "Replica".

Rainer: Hast Du denn auch noch irgendwas Persönliches zu sagen? Etwas, das an die Leute da draußen gerichtet ist?

Burton: Ich hoffe, daß sich die Leute die neue Platte aufgeschlossen anhören werden (kann ich nur dringlichst empfehlen, die Scheibe herrscht gewaltig! - Anm. d. Verf.). Und hoffentlich geraten die Menschen dann ernsthaft ins Grübeln.

Rainer: Vielen Dank für das Interview!

Redakteur:
Rainer Raithel

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