FRIEDMAN, MARTY: Interview mit Marty Friedman
01.01.1970 | 01:00Nachdem das neue Soloalbum von Marty Friedman, "Music For Speeding", wiedereinmal extrem stark ausgefallen ist, war klar dass ein Interview her muss und da Marty zur Zeit auf Promo-Tour im deutschen Teil des alten Europas weilt, habe ich mich mit ihm in einem Kölner Luxus-Hotel getroffen. Mit dabei, mein Freund Tommy zur sprachlichen Unterstützung und meine Frau Eva eine beinharte MEGADETH-Fanin ;-). Ehrlich gesagt waren wir drei etwas aufgeregt, einen der besten Metalmusiker ever interviewen zu dürfen, es stellte sich jedoch heraus, das Marty mindestens genauso aufgeregt war und keinerlei Starallüren zeigte, im Gegenteil, er erwies sich als überaus freundlicher und auskunftsfreudiger Gesprächspartner, der sich im Verlauf der Unterhaltung regelrecht in Stimmung redete.
Georg:
Hallo Marty, glückwunsch zum fantastischen neuen Album, wie würdest Du selbst es mit wenigen Worten beschreiben?
Marty:
Vielen Dank, (sagt er in gebrochenem Deutsch, dann geht es in Englisch weiter), ich nenne es "fun, aggressive Guitar Music".
Tommy:
Du sprichst ein wenig deutsch?
Marty: Ja, mein Vater war für die Regierung tätig und so lebte ich drei Jahre in Stuttgart, aber das ist lange her und ich habe das meiste vergessen.
Georg:
Du hast "Music For Speeding" komponiert, Produziert und alle Gitarren eingespielt, es klingt genial, das muss eine Menge arbeit gewesen sein?
Marty:
Danke, aber ich habe es nicht selbst gemixt, ich spiele und komponiere am liebsten, die Aufnahmen ansich waren auch nicht wirklich gut, wenn ich eine Idee hatte, habe ich ein Mikro vor den Amp gestellt und aufgenommen, wie das Mikro dann gestanden hat oder wie der Sound war hat mich in dem Moment nicht so sehr interessiert, deshalb habe ich es, als ich die Aufnahmen beendet hatte, anderen überlassen die rund 128 Spuren zu überarbeiten und zu mischen, haha.
Georg:
Ist die Aufnahme analog oder digital?
Marty: Ich habe digital am Computer und nicht mit Bandmaschiene aufgenommen.
Georg:
Der Sound ist überaus fett, nicht nur die Gitarren klingen genial, auch die Bässe und die verwendeten elektronischen Spielereien wie die Samples sind äusserst gut gelungen, ich persönlich finde den getriggerten Drumsound dagegen ziemlich durchschnittlich.
Marty:
Danke, aber ich denke die Sache mit dem Drumsound ist Geschmacksache, auf meinem Vorgängeralbum "True Obsession" habe ich ja auch mit Natur-Drumsounds gearbeitet.
Georg:
Denkst Du, die Metalszene wird Dein neues Album annehmen, ich meine, natürlich ist es ein hartes Gitarrenalbum, aber es ist auch sehr modern ausgefallen, ich denke da an die verschiedenen Loops und auch den Techno-Drumbeat?
Marty:
Ich denke schon, ich bin Metalgitarrist und das Album hat enorm viele Gitarren, andererseits wollte ich mich auch weiterentwickeln, ausserdem kann man es nie allen recht machen.
Georg:
Du sprachst "True Obsession" an, ebenfalls eine geniale Scheibe, darauf sind mehrere Gesangsstücke enthalten, warum ist "Music For Speeding" wieder rein instrumental ausgefallen?
Marty:
Es passte kein Gesang in das Konzept, ich wollte Spass haben und viel Gitarre spielen, auch wenn ich es nicht darauf anlege als Gitarrenheld gefeiert zu werden, ich denke aber das ich auch mal ein komplettes Gesangsalbum machen werde.
Georg:
Dein Gitarrenspiel ist einzigartig in seinen Phrasierungen und Bendings, wann hast Du gemerkt, dass ein eigener Stil wichtiger ist, als nur high-end-shredding zubetreiben?
Marty:
Als ich anfing Gitarre zuspielen, da waren KISS und RAMONES meine Helden, von denen spielte ich alles nach, das schnelle spielen hatte ich schon nach zwei Jahren drauf, zu der Zeit klangen alle meine Kumpels wie Eddie Van Halen, ich suchte mir dann andere Einflüsse und die bezog ich eher aus dem asiatischen Raum. Japanische Musik, wie auch türkische Musik usw... Letztlich ist es nicht schwer so zuspielen wie ich, aber man muss wissen wie es geht. Zudem sind Melodien absolut wichtig für mich.
Georg:
Du hast auch eine starke Bluesseite, das hört man zum Beispiel am Ending-Lick des Solos von "Symphony Of Destruction".
Marty:
Ja, Du hast recht, das habe ich von Frank Marino, er ist sehr Hendrix orientiert, ich habe nie auf Hendrix gestanden, aber komischerweise haben mich Gitarristen die von Hendrix beeinflusst waren sehr inspiriert.
Georg:
Uli Jon Roth?
Marty:
Ja, er ist fantastisch mit seinen singenden und klagenden Sololinien.
Tommy:
Hast Du noch Kontakt zu Jason Becker, mit dem Du die beiden grandiosen CACOPHONY-Alben eingespielt hast?
Marty:
Ja, er ist leider sehr krank, und an den Rollstuhl gefesselt, er leidet an ALS. Kürzlich habe ich mit einem Orchester zusammen Werke von Jason gespielt, das war grossartig.
Tommy:
Lässt Du Dich von anderen Kunstformen inspirieren, Filmen, Literatur, Malerei?
Marty:
Ich lese überhaupt nicht, aber ich interessiere mich sehr für Malerei.
Georg:
Was gibt es über Deine Vergangenheit bei MEGADETH zu berichten, ich finde Euer letztes gemeinsames Album, "Risk", war genial?
Marty:
Die Zeit mit MEGADETH war für mich sehr bedeutend, wir hatten viel Erfolg, "Cryptic Writings" hatte drei Nummer eins Hits und verkaufte sich sehr gut. Im Vorfeld zu "Risk" gab es dann Probleme über die Richtung die MEGADETH weiter gehen wollten, ich wollte eher in eine poppige Richtung gehen, die "Dave-Men"(O-Ton Marty) wollten weiter den klassischen Stil spielen. Auf der Tour spitzte sich die Lage dann zu, so dass ich schliesslich mit einer Panikattacke im Krankenhaus gelandet bin. Damals habe ich wirklich gedacht ich müsste sterben(O-Ton Marty) ("das haben Panikattacken halt so ansich" der Psychatriepfleger). Als die anderen mich dann angerufen haben und fragten, wann ich denn nun wieder komme, da habe ich nur gesagt: "Fuck You, I'll never come back" (O-Ton Marty). Glücklicherweise ist dann Al Pitrelli (SAVATAGE) für mich eingestiegen. Ich habe im alles gezeigt und er hat sich innerhalb von drei Tagen das komplette Liveset draufgezogen, der lernt echt schnell.
Tommy:
Was macht Marty Friedman, wenn er nicht an seiner Musik arbeitet?
Marty:
Dann produziere ich andere Bands, ich habe meistens immer irgendwas mit Musik laufen.
Georg:
Vielen Dank, für das Interview.
Marty:
Ich habe zudanken, es hat mir sehr viel Spass gemacht.
Abschliessend möchte ich noch anmerken, das Marty eine echt supernette Künstlerpersönlichkeit ist, die uns tief beeindruckt hat.
- Redakteur:
- Georg Palm