FROZEN CROWN: Eigentlich wollen wir sechs Gitarristen!

05.10.2025 | 09:53

Das "Summer Breeze"-Festival ist auch immer eine gute Gelegenheit, ein paar Interviews mit Bands zu machen, die gerade nicht auf Promo-Tour sind. So treffe ich mich im Pressebereich mit den Italienern FROZEN CROWN, die ich am gleichen Tag erstmals auf dem SBOA auf der kleinen Wera Tool Rebel Stage gesehen habe.

Die Band hat eine größere Abordnung geschickt: Mit Sängerin Giada Etro und Gitarrist Federico Mondelli begrüße ich die beiden Gründungsmitglieder der Band, die außerdem Gitarristin Alexandra Lioness mitgebracht haben, sodass gleich drei der sechs Musiker in der Presse-Sitzecke Platz nehmen.

Die drei sind bestens gelaunt – verständlich nach den großartigen Reaktionen, die sie zuvor für ihren leider nur halbstündigen Auftritt erhalten haben. Während auf dem SBOA zahlreiche Extreme-Metal-Bands spielen, konnte FROZEN CROWN einen melodischen Farbtupfer setzen. Zuerst frotzeln wir ein bisschen über das R-Wort, denn über italienischem Power Metal liegt immer der Schatten, und Federico droht im Scherz, das Interview abzubrechen, wenn ich nach RHAPSODY frage. Aber dann hat er doch etwas zu sagen über RHAPSODY OF FIRE, nämlich: "Sie sind nicht RHAPSODY. Weil sie sind ja OF FIRE." Äh, ja. Wo er Recht hat... Ich sehe schon, wir werden viel zu lachen haben, denn die drei haben Spaß und den Schalk im Nacken.

FROZEN CROWN wurde bereits 2017 gegründet. Federico ist der Kopf hinter der ursprünglich als Projekt gedachten Band, in der der Multiinstrumentalist quasi "Mädchen für alles" ist, da er sogar grafisch Hand anlegen kann und die Videos bearbeitet. Naturgemäß beantwortet er viele der Fragen, auch wenn Sängerin Giada den Weg der Band bereits vom Start weg mitgegangen ist. Und dieser Weg brachte in acht Jahren immerhin fünf Alben zustande. Seit 2023 ist man zudem mit drei Gitarristen unterwegs – auf der Wera-Bühne war ganz schön etwas los. Ich frage Federico nach dem Saiten-Overkill.

Federico erklärt: "Im Studio bei den Albumaufnahmen kann man alles machen, man kann Gitarren übereinander schichten, aber als wir das live spielen wollten, merkten wir, dass wir mit zwei Gitarren etwa sechzehn verschiedene Gitarrenparts spielen müssten."

Stimmt, zwar mag das nicht in jedem Lied sofort offensichtlich sein, aber wenn man sich beispielsweise das letzte Album "War Hearts" mal über Kopfhörer anhört und darauf achtet, spielt sich die Saitenfraktion da auf zahlreichen Kanälen die Finger wund. Nun ja, damit ist FROZEN CROWN allerdings nicht allein – auch andere Bands stehen vor diesem Problem und lösen es üblicherweise mit zusätzlichen Einspielern vom Band.

Federico schaut mich ernst an und sagt: "Nein, das ist Mist, das ist zu einfach, zu praktisch, wir wollten unser Leben komplizierter machen." Die beiden Damen grinsen breit, und auch Federicos Augen funkeln neckisch: "Ehrlich gesagt hätte ich am liebsten sechs Gitarristen! Wir arbeiten daran."

Dann braucht die Band aber Headliner-Slots, sonst passt diese italienische Legion nicht mehr auf die Bretter. Aber bei FROZEN CROWN steckt etwas dahinter, was ich gar nicht hoch genug loben kann. Wie oft habe ich mir schon gedacht, dass es dem Live-Erlebnis nicht zuträglich ist, wenn alles Mögliche vom Band eingespielt wird? Nicht bei den Italienern – das Arbeitsethos ist noch ursprünglich, echt Metal eben: "Wir haben uns entschieden, dass wir keinen Gesang vom Band einsetzen wollen, wir machen den Begleitgesang komplett live und haben eben auch drei Gitarristen."

Wenn man häufig als Support für andere Bands unterwegs ist, besteht da nicht das Risiko, dass die drei Gitarren im Sound untergehen? Ich meine, viele Soundleute sind ja schon damit überfordert, zwei Gitarren klar aus den Boxen zu bekommen.

Federico erklärt: "Wir bringen immer unseren eigenen Soundmann mit, das ist daher kein Problem. Die moderne Technik hilft, auch wenn wir keine Backing Tracks für die Gitarren einsetzen, aber sie hilft ihm, den Sound an das jeweilige Umfeld anzupassen. Und da wir häufig als erste Band auf die Bühne gehen, haben wir meist genug Zeit, daran zu tüfteln."

Drei Gitarristen – da kommt dann Alexandra ins Spiel, denn sie stieß zuletzt zu der Band und ersetzte Fabiola Bellomo, die aus persönlichen Gründen FROZEN CROWN den Rücken kehrte. Alexandra ist aber auch nicht neu im Geschäft, sie hat auch ihre eigene Band JENNER.

Alexandra berichtet: "Ich bin jetzt wenige Monate in der Band. Ich bin sehr zufrieden damit, denn ich wachse dadurch als Musikerin und mache als Mensch neue Erfahrungen. Ich bin glücklich, dass wir in der Band alle unseren Raum haben, uns zu entfalten. Wir sind nicht in Rhythmus- und Leadgitarristen eingeteilt, jeder spielt beides und hat seine eigenen Soli. Auch die mehrstimmigen Harmonien sind aufgeteilt zwischen Federico, Alessia und mir."

Als ich über die Band im Vorfeld ein wenig recherchierte, erfuhr ich, dass die neue Gitarristin den Namen Lioness, nicht ganz überraschend, nur als Bühnennamen angenommen hat. Eigentlich heißt sie Aleksandra Stamenkovic und stammt aus Belgrad in Serbien. Wie kam sie eigentlich mit den "Frozen Crownies", wie sie sie nennt, zusammen?

Alexandra: "Heute sind wir alle vernetzt, vor allem über Social Media. Wir kannten uns darüber hinaus bereits seit Jahren, aber jetzt war es der perfekte Zeitpunkt, ernsthaft zusammenzuarbeiten."

Ich blicke hinüber zu Sängerin Giada, die sich bislang eher zurückgehalten hat. Normalerweise gibt es in Bands immer etwas Reibung zwischen Sänger und Gitarristen. Wie viele Bands sind schon daran zerbrochen, dass die im Metal wichtigsten Positionen nicht miteinander harmonierten? Und Giada hat jetzt gleich drei von der Sorte. Wie kommt sie damit klar?

Giada lacht: "Nein, wir arbeiten perfekt zusammen, jeder hat seine Aufgabe, wir streiten nicht."

Auf meinen ungläubigen Blick fügt Federico hinzu: "Es ist eher andersherum, wir hatten eine Diskussion wegen Giada, weil sie so schüchtern war, sie wollte nicht im Rampenlicht stehen. Sie ist wie eine Bassistin im Körper einer Frontfrau." Aber mit einer großen Stimme, die sie auch live unter Beweis gestellt hat.

Kürzlich wechselte FROZEN CROWN von Scarlet Records zu der Eisenerzer Metal-Schmiede Napalm Records. Das war ein wichtiger Schritt für die Band.

Federico bestätigt: "Ja, Scarlet ist ein tolles, professionelles Label, aber Napalm ist einfach größer. Hier arbeiten einfach mehr Menschen. Scarlet war bis zu einem gewissen Punkt für uns perfekt, aber wir sind sozusagen herausgewachsen, unsere Reichweite war größer als die des Labels. Wir haben uns daher freundschaftlich entschieden, uns zu trennen, aber wir arbeiten noch teilweise zusammen und sind Freunde. Wir sind nur den Schritt von der größten Band bei Scarlet zu einer der kleinsten Bands bei Napalm gegangen. Na ja, und bald werden wir die größte Band bei Napalm sein, dann erobern wir die Welt, machen unser eigenes Label..." Alle lachen, und Federico fügt hinzu: "Bitte schreib, dass das ein Scherz war, damit uns Napalm nicht rauswirft", und blickt mit gespieltem Entsetzen zu mir und spricht mir deutlich in das Aufnahmegerät: "Bitte nicht böse sein, Napalm!"

Viele kleine Scherze lassen sich nicht in Textform bringen, aber mit den Italienern kommt man aus dem Lachen kaum heraus. Wieder ernst geworden lobt Federico das Napalm-Team: "Was ich wirklich zu schätzen weiß, ist, dass sie nicht nur auf die großen Bands schauen, die jeder immer bewerben und treffen will, sie geben auch den kleinen Bands die Chance, sich zu präsentieren. In Wacken beispielsweise haben sie unglaublich viel auf die Beine gestellt für uns, das war eine Behandlung wie bei echten Stars."

Fünf Alben in sieben Jahren – das ist eine ungewöhnliche Menge Material, die die Band bisher veröffentlicht hat. Das macht ja kaum einer mehr, die meisten brauchen fünf Jahre, um genauso viele Lieder zu komponieren. Der Output der Band ist wirklich verrückt, und sie arbeiten bereits an dem nächsten Album!

Federico wiegelt ab: "Wir genießen es, Dinge zu erschaffen. Die meisten Musiker werden mit einer Idee geboren, sie wollen Gitarrist werden oder Sänger, aber wir beide" – Federico blickt zu Giada – "und wahrscheinlich auch Alexandra, die ja auch selbst Songs schreibt, wir wurden als Liedermacher geboren. Wenn morgen etwas passieren würde, könnte ich aufhören mit dem Gitarrenspiel, aber ich würde nicht aufhören zu komponieren. Dann fühle ich mich am wohlsten, deswegen arbeiten wir gerne im Studio und schaffen neue Alben. Wir sind übrigens mit den letzten Verkaufszahlen sehr glücklich und noch mehr mit unserer ersten Tour als Headliner, in deren Verlauf wir die Zuschauerzahlen steigen sehen konnten, Fan für Fan."

Das Napalm-Team gibt uns das Zeichen, zum Ende zu kommen, sonst würden wir wahrscheinlich stundenlang plauschen. Der Enthusiasmus der Band ist überzeugend. Um heutzutage aus der Masse an neuen Bands herauszuragen, muss man hart arbeiten. Sechs Alben in acht Jahren – denn ich bin sicher, 2026 wird das nächste Werk kommen – sprechen eine deutliche Sprache für das Arbeitsethos von FROZEN CROWN, vor allem, wenn man dazwischen tourt. Ich bin gespannt, seit dem Interview sind bereits ein paar Wochen vergangen. Bestimmt haben sich die drei Damen und drei Männer bereits im Studio verschanzt und tüfteln an den sechzehn Gitarrenspuren für den Nachfolger von "War Hearts".

 

Photo Credit: Andre Schnittker

Redakteur:
Frank Jaeger

Login

Neu registrieren