GALLOGLASS: Interview mit Arnie
15.11.2005 | 19:15Die heimliche Rockhauptstadt Deutschlands, Hannover (SCORPIONS, VICTORY, FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE u.v.m.), hat spätestens mit der zweiten Scheibe der Power-Metaller von GALLOGLASS eine neue Attraktion bekommen. Sehr druckvoller und unglaublich melodischer Power Metal der Extraklasse ist das Markenzeichen der Fünf aus Hannover. Drummer Arnie Lorenz stellte sich meinen Fragen zum neuen Album "Heavenseeker", seinem Bühnen-Outfit, einem Kettenhemd (!) und prominenten Gast-Musikern von ANNIHILATOR.
Martin:
Eure neue Scheibe "Heavenseeker" ist ein richtiges Pfund geworden und gefällt mir sehr gut. Wie genau ist sie entstanden und wo lagen die Unterschiede zum Erstling "Legends Of Now And Nevermore" (2003)?
Arnie:
Ja, also zunächst einmal hatten wir für das erste Album mehr Zeit, da man ja keinem Zeitdruck unterliegt. Die Songs hatten einige Jahre Zeit zu wachsen, während wir diesmal viel weniger Zeit zur Verfügung hatten und die Songs auch anfangs etwas träger daherkamen. Einige waren sogar noch im Rohzustand, als wir schon im Studio waren und sind erst während der Aufnahmen fertig gestellt worden. Beim Debüt war alles komplett vorher fertig, nur Feinheiten wurden damals noch verändert. Jetzt für "Heavenseeker" wurden auch schon mal verschiedene Drumparts ausprobiert, die schlüssig klangen, und im Nachhinein darauf noch Gitarren draufgebastelt. Das war teilweise schon witzig.
Martin:
Das klingt im ersten Moment nach Stress...
Arnie:
Ja, schon. Auch insofern, als das bestelltes Studio-Equipment nicht rechtzeitig am Start war, und ich sogar zwei Wochen Urlaub umsonst genommen habe, und so tatenlos rumsitzen musste. Dann musste ich im Prinzip nach Feierabend die Sachen einspielen. Ich habe einen echten Knüppeljob, wo ich tagtäglich am Buckeln bin, und freie Wochenenden gab es nicht, so dass es für mich speziell schon wirklich stressig war.
Martin:
Euer Gitarrist Norbert Geiseler und euer Sänger Carsten Frank haben die Scheibe selber produziert. Lagen hier eher Budget-Gründe oder eher die Frage nach der totalen Kontrolle im Vordergrund?
Arnie:
Ja, letzteres auf jeden Fall. Es war seitens des Labels zunächst Piet Sielk (IRON SAVOIR) im Gespräch, aber wir wollten das doch lieber selbst machen und haben in dem Bereich auch gewisse Erfahrung. Schon beim Debüt sind gut sechzig Prozent hier bei uns entstanden. Die Aufnahmen im Gate-Studio waren damals zeitlich begrenzt und auch sehr, sehr teuer und wir haben hier vor Ort gewisse Möglichkeiten und warum sollte man die nicht nutzen? Aber klar, auch das Budget war für "Heavenseeker" natürlich begrenzt. Die Situation im Musik-Business ist ja hinlänglich bekannt. Tatsächlich war es sogar so, dass wir für die zweite Platte letztlich weniger Geld als noch beim Debüt zur Verfügung hatten.
Martin:
Auf "Heavenseeker" sind mit Jeff Waters (g.) und Curran Murphy (g.) von ANNIHILATOR zwei sehr prominente Gäste vertreten. Beim Song 'Beyond The Mirror' hört man ja schnell die Trademarks der Kanadier heraus. Wie kam da der Kontakt zu Stande? Und wie genau lief die Zusammenarbeit ab? Schickt man sich da die Dateien über das Netz hin und her oder waren die sogar bei euch im Studio zu Gast?
Arnie:
Nee, die waren schon bei uns. Der Kontakt kam über die Band RECKLESS TIDE zustande, die im Raum über uns proben. Der eine Gitarrist von denen hat freundschaftliche Beziehungen zu Jeff und Curran gehabt und als ANNIHILATOR sich letztes Jahr auf die Support-Tour für JUDAS PRIEST in besagten Proberäumen vorbereitet haben, sind sie für ein paar Tage dort quasi eingezogen und da haben wir halt einfach gefragt, wie RECKLESS TIDE das ja auch getan haben, und das war's. Auf der Bonus-DVD vom Album bzw. der limitierten Fassung davon ist auch ein halbstündiges Making-Of-Video speziell von diesen Aufnahmen mit den Beiden mit drauf. Das ist übrigens ein geiles Gefühl, denn vor wenigen Jahren ist man stolzen Hauptes mit der neuen ANNIHILATOR-Scheibe aus dem Plattenladen gekommen und nun spielen die mal so eben ein Solo auf deine eigene Platte. Und du schaust ihnen dabei auch noch live auf die Finger. Das ist schon ein krasses Gefühl.
Martin:
Mit Hartmut Richter gibt es als weiteren Gast auf eurer Platte auch einen so genannten "Metal-Violinisten", was schon mal eine tolle Wortneuschöpfung seitens des Labels ist. Aber was ist das für ein Knabe und wie kam da der Kontakt zu Stande?
Arnie:
Der hat ja auch schon auf unserem Debüt mitgewirkt. Der Kontakt kam damals irgendwie über die Freundin von Norbert, unserem Gitarristen, zu Stande. Er hatte mal bei uns im Studio eine andere Produktion eingespielt und da war klar, wenn wir mal derartige Sounds brauchen, fragen wir ihn und fertig. Er hat sogar schon live mit uns gespielt, das war ein Spaß, sag ich dir...
Martin:
Die Bonus-DVD hast du ja schon selbst angesprochen. Sie liegt mir noch nicht vor, aber wenn das Teil erscheint, werde ich mir ohnehin die limitierte Version des Albums kaufen. Wenn die DVD qualitativ auch nur annähernd so gut wie das Album ist, dann habt ihr da ein richtig fettes Package am Start. Dort soll u.a. ein komplettes Konzert von euch drauf sein. Erzähl doch mal...
Arnie:
Ja! Wir haben im letzten Jahr in Wilhelmshaven die Vorgruppe von MOB RULES auf deren Release-Party gemacht, und da die Jungs dort eine Live-DVD produziert haben, ist uns die Idee gekommen, mal bei der Plattenfirma nachzufragen, ob die uns den Spaß bezahlen, was ja von daher einfach war, weil ja die Film-Crew ohnehin vor Ort war und los ging's. In dieser Konstellation hat es dann gepasst, auch wenn wir sonst wahrscheinlich keinen Video-Clip oder ähnliches gemacht hätten. Der Auftritt geht knapp eine Stunde, hat zehn Songs und es sind unter den Songs, die wir da gespielt haben auch schon drei neue von "Heavenseeker". Der Sound ist sehr amtlich und ich glaube, die DVD ist eine runde Sache.
Martin:
Ihr spielt ja einen vergleichsweise traditionellen Metal-Sound. Seid ihr von Haus aus alle Metaller, oder gibt es bei GALLOGLASS auch "Quereinsteiger"?
Arnie:
Im Prinzip sind wir alles Metaller... doch ja, ausnahmslos. Der einzige Unterschied ist vielleicht, dass Norbert und ich so um die 35 sind, während unser zweiter Gitarrist Kai Mühlenbruch gut zwölf Jahre jünger ist. Wir sind alle mehr oder weniger mit den alten Sachen wie IRON MAIDEN, HELLOWEEN, BLIND GUARDIAN und so aufgewachsen. Es gibt sicherlich so ein paar musikalische Neigungen die individuell unterschiedlich sind. Dirk (Kühner-Zelmer, b. - Anm. d. Verf.) hört beispielsweise auch gerne mal etwas in Richtung Grindcore und so. Anderseits kann ich auch Radio-Pop hören. Momentan sind die DIXIE QUICKS, eine amerikanische Girl-Country-Rockpop-Band, bei mir hoch im Kurs. Ich habe von ABBA bis Black Metal so ziemlich alles im Schrank.
Martin:
Ihr könnt, vermute ich jetzt einfach mal, nicht von der Musik leben. Wie viel Zeit investiert ihr in die Musik und welche Probleme bringt das so mit sich?
Arnie:
Ja, du vermutest natürlich richtig. Zum Beispiel ist es problematisch, wenn ich bis 19 Uhr arbeiten muss, Carsten und Dirk, aber in der Nachtschicht arbeiten müssen, und wir so manchmal praktisch nicht proben können. Norbert gibt nebenbei noch Gitarren-Unterricht und ich arbeite passenderweise in der Metall-Verarbeitung und habe jeden Tag Heavy Metal in der Hand... (lacht)
Martin:
Da gibst du mir schon das nächste Stichwort. Von deinem Job kommt also deine Vorliebe für das Kettenhemd, das du auf der Bühne immer trägst?
Arnie:
Ja gut, damit es nicht zu schwer wird, ist das Teil an den Armen ohne Ärmel, aber das wiegt immer noch gut 6,5 Kilo, beeinträchtigt mich aber beim Spielen nicht weiter, sondern verleiht mir sogar noch mächtig viel Bodenhaftung. Dirk kam eines Tages mal mit einem Helm zu einem Gig, und da habe ich gesagt, wenn er einen Helm trägst, dann komme ich mit einem Kettenhemd. Und ich war positiv überrascht, da ich viel schwitze, welche kühlende Wirkung von so einem Teil ausgeht. Natürlich darf mir da keiner einen Ventilator drauf richten, denn dann wird es empfindlich zu kalt, aber das Teil hat sich für mich definitiv bewährt.
Martin:
Gibt es denn schon Pläne für kommende Live-Aktivitäten?
Arnie:
Momentan ist erstmal ein wenig Krankheiten auskurieren und Urlaub nachholen angesagt, aber für das nächste Jahr wollen wir auf jeden Fall ordentlich was auf die Beine stellen. Ob wir dieses Jahr noch zum Spielen kommen, weiß ich nicht. Schön wäre es aber dennoch. Geplant ist eine Menge, aber wirklich spruchreif ist noch gar nichts.
Martin:
Ich wurde gebeten euch auch zu fragen, ob ihr nicht mal in New York spielen würdet, was ihr sicherlich gerne tun würdet, wenn sich denn die Möglichkeit bieten würde, richtig?
Arnie:
Ja klar, das wäre ein Traum und es ist immer wieder überraschend, auch was beispielsweise Gästebucheinträge auf unserer Homepage angeht, von wo die Fans teilweise kommen. Auch vom ersten Album sind erstaunlich viele Einheiten nach Amerika gegangen, obwohl die Plattenfirma immer gesagt hat, die Amis würden uns zu melodisch und fröhlich finden, und eigentlich auf ganz andere Sachen abfahren. Wir waren sogar mal im Gespräch für ein Power-Metal-Festival da drüben, was sich aber leider zerschlagen hat. Insgesamt ist so was natürlich immer eine Kostenfrage, zumal wie gesagt ja Musik bei uns noch ein deutliches Draufzahlen bedeutet.
Martin:
Irgendetwas, das du in Richtung unserer Leser noch loswerden möchtest?
Arnie:
Ja, also die CD wird erscheinen als normale Version und als Digipak mit zwei Bonus-Stücken und der bereits erwähnten Bonus-DVD, die randvoll ist mit einem kompletten Konzert, Making-Of und kommentierter Aufnahme der Foto-Session, was sehr witzig geworden ist. Ich denke, die zwei Euro mehr oder so für die limitierte Fassung des Albums sind sehr gut investiert. Kauft sie!
Martin:
Arnie, vielen Dank für das Interview und ich harre der Dinge in Sachen Konzerte!
- Redakteur:
- Martin Stark