GOJIRA: Interview mit Mario Duplantier

15.07.2012 | 17:12

Die Franzosen von GOJIRA beweisen mit "L'Enfant Sauvage" einmal mehr, dass sie zur Speerspitze der modernen Prog-Vertreter gehören. Wir sprachen mit Schlagezuger Mario Duplantier.


Zum Zeitpunkt des Interviews war "L'Enfant Sauvage" noch nicht wirklich beim Autor angekommen, nach zwei, drei Durchläufen. Von daher bitten wir natürlich zuerst Mario Duplantier das Album für uns zusammenzufassen. "Nun, ich würde sagen, dass das Album nicht ganz so düster und nicht so wütend, dafür etwas direkter und mehr auf den Punkt ist als "The Way Of All Flesh". Im Grunde verbinde ich jedes Album mit Farben, so sehe ich bei "The Way Of All Flesh" beispielsweise immer rot und schwarz vor mir, wohingegen "L'Enfant Sauvage" für mich eher blau und grün ist. Ich kann das nicht wirklich erklären, aber das ist halt, wie ich die Musik empfinde." Und da grün die Farbe der Hoffnung ist, kann man vielleicht auch von einem hoffnungsvollen Album sprechen? "Ja, das denke ich schon. Auf dem letzten Album ging es in erster Linie um den Tod, während der Titel "L'Enfant Sauvage" ja wildes Kind heißt und so im Grunde eine Wiedergeburt symbolisiert. Damit schließt sich für uns auch ein wenig ein Kreis, denn wenn man sich die Cover unserer Alben ansieht, kommt man von einem Mann auf dem Boden, dann kommt die Verbindung ("The Link") zwischen Erde und Himmel, dann kommen die Wale im Weltall, dann der Tod, wo man unter der Erde ist und nun halt zurück zum jungen Menschen. Um also auf die Ausgangsfrage zurückzukommen, würde ich sagen, dass Kinder immer auch Hoffnung symbolisieren und von daher ist "L'Enfant Sauvage" auch ein hoffnungsvolles Album."


Vielleicht ist das auch gut so, denn es wird einem immer vor Augen geführt, in welch düsteren Zeiten man lebt, mit Kriegen und finanziellen Krisen. "Ja, da hast du recht. In so einer Zeit ist Hoffnung noch viel wichtiger. Aber es gibt immer noch Licht in der Welt und dafür kämpfen wir auch. Das ist auch eine Zeile, die Joe auf dem Album singt ('There Is A Light In This World I Fight For') und ich liebe diesen Satz." Verständlich.

Die Aussage, dass das Cover Wiedergeburt symbolisiert, lässt den Schluss zu, dass es sich um ein Konzeptalbum handelt, dem ist aber nicht so. "Nein, es ist kein Konzeptalbum, da die Songs schon alle für sich stehen und eigene Themen haben. Im Grunde geht es darum, wie der Mensch mit sich und seiner Umgebung klarkommt. Das kann man sehr persönlich, aber auch global sehen. Joe ist da immer sehr doppeldeutig in seinen Texten. So geht es bei 'The Gift Of Guilt' natürlich darum, dass man mit Schuldgefühlen leben muss, aber das kann man halt auf kleine Dinge, die einen selbst betreffen beziehen oder die Schuld, die ganze Völker über ganze Generationen mit sich schleppt." Ja, dieses Gefühl kennt Deutschland. "Ja, das kann ich mir vorstellen, dass es bei euch noch so ist. 'Pain Is A Master' kann man auf Religionen beziehen, in denen die jeweilige Gottheit ja auch Schmerz verbreitet, aber man kann es auch auf den Schmerz beziehen, den man nach einer Trennung empfindet und aus dem man dann auch lernen kann. Das ist etwas, was ich an Joes Lyrics sehr schätze."


In der jüngsten Welle der Djent-Bands wird GOJIRA neben MESHUGGAH häufig als größter Einfluss genannt. "Ja, das ist eine große Ehre für uns mit MESHUGGAH in einem Atemzug genannt zu werden. Wir haben mit den Jungs in Australien auf einem Festival gespielt und danach mit ihnen etwas rumgehangen. Sie sind eine Band, der es noch um die Kunst geht und nicht um so oberflächliche Dinge wie Plattenverkäufe. Wir haben da sehr ähnliche Vorstellungen und wir sind da vollkommen auf einer Linie, auch wenn natürlich unsere Musik im Grunde sehr unterschiedlich ist. Und wenn all die Bands, die von MESHUGGAH und - wie du sagst - auch von uns beeinflusst wurden, "Djent" nennen, dann finde ich es großartig."

Mit dem Release des Albums kommen dann natürlich die üblichen Tourverpflichtungen, wo GOJIRA einmal mehr sehr aktiv ist. "Ja, es geht gleich los mit Gigs mit METALLICA in Frankreich, dann geht es zu diversen Festivals und im Herbst folgt dann entweder eine Europa- oder US-Tour, das ist noch nicht ganz klar, was zuerst kommt, aber wir wollen dieses Album so gut wie möglich promoten und werden einen ziemlich vollen Kalender in den nächsten Monaten haben." Und gerade live räumen die Franzosen immer mächtig ab, was jeder Augenzeuge wohl bestätigen kann. Hingehen.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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