GRIMA: Interview mit Morbius
25.02.2025 | 20:19Meine Herren, welch düsteres und frostiges Album "Nightside" geworden ist. Die sibirische Black-Metal-Legion von GRIMA zelebriert auf ihrem neusten Glanzpunkt Black Metal im klassischen wie auch im besonderen Sinne. Dass dabei die Themen Natur, Melancholie und Folklore hier eine gewisse Rolle spielen, ist nicht von der Hand zu weisen. Wir hatten zum aktuellen Ausrufezeichen einige Fragen, die uns Morbius, Gitarrist des Duos, auf sehr malerische Art zu beantworten wusste.
Hallo Morbius, es ist sehr dunkel heute - wie geht es euch? Wie ist die Stimmung bei GRIMA?
Hallo. Hier ist es bereits Nacht und draußen hat es -20°C.
Ungemütlich. Seit eurer 2022er Scheibe "Frostbitten" hat sich bei GRIMA einiges getan. Ihr habt nicht nur ein großartiges Live-Album mit "Red Forest Ritual" veröffentlicht, sondern auch einen Label-Deal mit Napalm Records bekommen. Wie kam es dazu und wie wirkt sich dieser Schwung auf euch aus?
Anfang 2024 wurden wir von Napalm Records kontaktiert, und sie boten uns an, unser neues Album bei ihnen zu veröffentlichen. Ich glaube, dass dies dank unserer unermüdlichen Arbeit geschehen ist. Alle zwei Jahre haben wir uns vorgenommen, ein neues Album zu veröffentlichen und zu touren. In den letzten paar Jahren haben wir etwa hundert Shows in ganz Europa gespielt. Die Band wurde für Labels, Konzertveranstalter und Festivals bekannt: Wir wollten schon immer bei einem großen Label unterschreiben. Es ist wirklich sehr wichtig für uns, ein breites Vertriebsnetz für unsere Alben und unser Merchandise zu haben, und das ist jetzt mit der Unterstützung des Labels möglich.
Euer sechstes Album "Nightside", ein sehr dichtes, atmosphärisches Stück Black Metal, wird Ende Februar veröffentlicht. Was waren eure Ziele für euer Napalm-Debüt?
"Nightside" wurde aufgenommen, bevor wir das Angebot von Napalm erhielten. Dieses Album wurde wirklich dunkel und nächtlich. Wir wollten ein Album machen, das unsere stärksten Seiten widerspiegelt.
Eure Musik ist unglaublich intensiv und atmosphärisch, manchmal auch sehr unheimlich. Inwieweit spielt der Einfluss eurer Heimat eine Rolle, wie prägen die kalten russischen Winter eure Musik?
In Sibirien gibt es sehr kalte Winter. Krasnojarsk, die Stadt, in der wir leben, ist umgeben von felsigen Bergen und dichten Wäldern, und sie liegt an einem der größten Flüsse, dem Jenissei. Wir haben ein Lied nach dem Fluss benannt, das diesem mächtigen Gewässer gewidmet ist. Im Winter friert er nicht zu. Diese natürliche Schönheit und das raue Klima beeinflussen uns sehr. Wir sind stark inspiriert von der Natur unserer Heimat.
Das Artwork hat mich umgehauen, es ist fast atemberaubend. Wie verhält es sich zu den Songs auf "Nightside" und gibt es auch ein übergreifendes Konzept für das Album, eine Geschichte, die das Album erzählt?
Die Geschichte auf dem neuen Album handelt von der Nachtseite des Waldes, seinen Bewohnern und mystischen Ereignisse. Über verlorene Seelen, die durch verschlungene Pfade wandern, über die 'Skull Gatherers' - besonders hingebungsvolle Diener GRIMAs, die sich dem Sammeln von Trophäen aus den Körpern der Toten widmen, um ihre Sammlung zu erweitern. Es ist eine Geschichte über die letzte Ruhestätte derjenigen, die ihren Frieden in der Taiga gefunden haben, einem Reich der nächtlichen Schatten, der rauen Natur und der Mystik. Das Cover stammt von dem talentierten italienischen Künstler Paolo Girardi, der großartige Gemälde für viele extreme Bands zeichnet. Das Bild zeigt den Eingang zu einem sibirischen Wald bei Nacht.
Der erste Song, den ich hörte, war 'Flight Of The Silver Storm', der mich wirklich beeindruckte. Das Lied dreht sich um die Geschichte eines Reisenden und die Moral, dass man vor den Gefahren der Natur gewarnt sein sollte. Könntest du ein wenig näher erläutern, was genau damit gemeint ist?
Trotz seiner tiefen Verbundenheit zur Natur ist er nicht in der Lage, den Gefahren der Natur zu entkommen. Der Song vermittelt, wie wichtig es ist, die Natur, ihre Unberechenbarkeit und die demütige Erinnerung daran, dass der Mensch nur ein kleiner Teil von ihr ist, zu respektieren.
'Impending Death Premonition' ist auch von der Atmosphäre her sehr dicht. Hast du jemals eine solche Vorahnung gehabt oder woher stammen die Texte? Was denkst du, was solche Vorahnungen mit den Menschen im Allgemeinen machen?
Todesvorahnungen haben eine tiefgreifende psychologische Wirkung auf die Menschen. Sie zwingen uns dazu, über unser Leben nachzudenken und können tiefe existenzielle Gefühle auslösen. In unserer Musik versuchen wir, diese Emotionen aufzugreifen und eine Atmosphäre der Spannung und des Unbehagens zu schaffen.
Bei 'Skull Gatherers' kommt ein russisches Akkordeon zum Einsatz, was dem Song noch mehr Authentizität verleiht. Inwieweit spielt die traditionelle russische Musik in eurer Musik eine Rolle?
Wir wollen mit dem Akkordeon nicht absichtlich Assoziationen zur russischen Volkskultur wecken. Die Assoziation mit slawischer Folklore entsteht durch den besonderen harmonischen Klang dieses Instruments. Das Akkordeon hat einen sehr melancholischen Klang. Dank seines großen Tonumfangs kann es mit tiefen Tönen ein Gefühl des Grauens hervorrufen und mit hohen Tönen zum Weinen bringen.
Was sind deiner Meinung nach die musikalischen Unterschiede zwischen "Frostbitten" und dem neuen Album? Ich finde die Musik noch dichter, mystischer und intensiver. Stimmst du dem zu?
Das neue Album enthält einige Experimente. Die ersten drei Tracks kombinieren Elemente von Death-, Doom- und Black Metal. Die neuen Genre-Mischungen unterscheiden dieses Album von dem vorherigen. In jedem Album probieren wir etwas Neues aus. Die zweite Hälfte des Albums ist schneller und kälter. Vielleicht ist das der klassische GRIMA-Stil. Und am Ende gibt es eine ungewöhnliche Komposition, die ein echtes Experiment für uns wurde. Wir haben den Song im Studio fertiggestellt, und keiner von uns wusste bis zur letzten Minute genau, wie er klingen würde. Während des Songwriting-Prozesses hatten wir die Idee, untypische Schlagzeugrhythmen zu verwenden, was uns half, einen etwas neuen Stil zu kreieren. Es gibt mehr Raum für Gitarren und das Akkordeon.
Ihr wart mit den Jungs von KANONENFIEBER in Europa auf Tour. Wie waren eure Erfahrungen dort? Und wie kam euer Auftritt als lebende Bäume mit Holzmasken und verzweigten Fingern bei den Zuschauern an?
Unsere erste Begegnung mit KANONENFIEBER war bei einem Konzert in Deutschland im Jahr 2022. Wir haben uns in diesem Sommer auch auf mehreren Festivals gesehen und hatten eine tolle Zeit zusammen. Die Jungs sind toll, und wir wurden schnell Freunde. Wir haben viele Gemeinsamkeiten. Ein Jahr später gingen wir auf die "Frostbitten"-Tour, und die beste Begleitung für diese Reise konnten nur sie sein. Die Tour war fantastisch! Wir hatten eine Menge toller Shows und einen Riesenspaß.
Die nächsten Termine sind für Mai geplant. Aber ist die Jahreszeit des Frühsommers nicht ein bisschen kontraproduktiv für die Wirkung eurer Musik? Was erwartet euch 2025 noch?
Die Tournee beginnt mit einem Auftritt auf dem "Ragnarök"-Festival Ende April und wird bis Ende Mai dauern. Wenn es uns gelingt, Visa für einen längeren Zeitraum in Europa zu bekommen, werden wir die Tournee verlängern und ein paar weitere Shows spielen, bevor wir beim "Hellfest" auftreten. Wir werden ein neues Album herausbringen und freuen uns auf volle Clubs.
Wie würdest du die russische Metalszene im Allgemeinen beschreiben? Bitte gib uns ein paar Eindrücke.
Es gibt viele gute Bands, aber nicht alle dieser Gruppen haben die Möglichkeit, sich in der lokalen Szene richtig zu präsentieren und vor allem über unser Land hinaus zu gehen. Man muss ein gutes Beispiel sehen, um zu verstehen, was man anstreben sollte. Wir haben nicht viele erfolgreiche Metal-Bands, und noch weniger, die in Europa oder den USA bekannt sind. GRIMA spielt die besten Metal-Konzerte in Russland, und es ist wichtig für uns, das Niveau der Bands in der globalen Heavy-Szene zu halten.
Danke Morbius! Was möchtest du unseren Lesern und euren Fans noch sagen?
Hört euch eure Lieblingsmusik an und unterstützt die Künstler.
Fotocredits: Mikhail Yuyukin, Viktor Shkarov, Marat Zaborovskiy
- Redakteur:
- Marcel Rapp