Gruppentherapie: ARCH/MATHEOS - "Sympathetic Resonance"

10.09.2011 | 06:26

Die Progressiven jubeln, als hätte Gott höchstpersönlich "Sympathetic Resonance" eingesungen. Und fern von der Wahrheit ist dies für sie auch nicht, wenn die Herren ARCH/MATHEOS sich zusammentun. Doch gibt es durchaus auch kritische Stimmen.


Bei dem Namen der beiden Hauptakteure habe ich ein Meisterwerk erwartet. Und ich habe es bekommen. Beinahe zumindest, würde ich sagen. Natürlich habe ich nichts weniger erwartet das den legitimen Nachfolger des legendären "Awaken The Guardian"-Albums, und selbst wenn "Sympathetic Resonance" häufig daran erinnert, was natürlich hauptsächlich John Arch und seiner einzigartigen Stimme geschuldet ist, so ist das Album doch anders geworden. Das Riffing erinnert mehr an "Perfect Symmetry"-Zeiten, der Sound ist viel moderner, die Gesangsmelodien eben doch nicht immer so typisch Achziger wie damals. Ist das schlecht? Ach, Unsinn. Das ist großartig. Diese beiden Ausnahmemusiker machen eigentlich alles richtig und teleportieren den alten Stil und Klang geschickt in das zweite Jahrzeht eines neuen Jahrtausends, und dem Progger erfreuen natürlich auch die üppigen Songlängen. Elegantes, virtuoses Gitarrenspiel mit doch erkennbarem Matheos-Sound (hört mal 'Incense And Myrrh') zusammen mit meiner Lieblingsfrontsirene der Achziger. Das Ding kriegt nur deshalb nicht die volle Punktzahl, weil es eben mehr als 20 Jahre zu spät kommt. Strafe muss sein!

Note: 9,5/10
[Frank Jaeger]

Quatsch. Das Ding kommt nicht 20 Jahre zu spät, sondern genau zum richtigen Zeitpunkt. Hier trifft der hörbar mit der Zeit gegangene Jim Matheos auf einen John Arch, der auch acht Jahre nach "A Twist Of Fate" und gewaltige 25 Jahre nach "Awaken The Guardian" nichts, aber auch gar nichts verlernt hat. Und so ist "Sympathetic Resonance" auf faszinierende Art & Weise eine moderne Reise in die Vergangenheit. Die mystische Stimme trifft auf einen sehr zeitgemäßen Sound, der durchaus deutlich macht, dass ein Teil dieser Nummern für FATES WARNING vorgesehen waren. Die höchsten Höhepunkte hören auf die Namen 'Stained Glass Sky' mit seinen beinahe fieberhaften Wendungen, das 15-Punkte-Epos 'Any Given Day (Strangers Like Me)' mit den großartigsten Gesangslinien des Jahres und 'Incense And Myrrh' mit seinem Wahnsinnsfinale. Da spielt es auch keine Rolle mehr, dass 'Midnight Serenade' im Albumkontext einen Nanometer abfällt. Hier ist erwartungsgemäß und absolut ohne Frage die Höchstnote fällig. Mit ziemlich hoher Sicherheit das beste Album, das in diesem Jahr veröffentlicht wird.

Note: 10/10

[Peter Kubaschk]


Progressive Metal die Zweite. Doch diesmal wirkt diese anfänglich etwas schwere Kost von Mal zu Mal ein wenig durchdringbarer und besser nachvollziehbar. Als nicht gerade großer Fan der Progressive-Pioniere von FATES WARNING, muss ich jedoch neidlos anerkennen, dass den Herren John Arch und Jim Matheos hier ein Debüt-Werk gelungen ist, welches über den Tellerrand hinausschaut und mir etwas zugänglicher erscheint als zunächst gedacht. Über allem thront auch nach wie vor das markante und glanzvolle Stimmchen Archs, welches zumindest dem ersten Teil von "Sympathetic Resonance" die gewisse Würze verleiht. Das Gitarrenspiel Matheos’ ist nach wie vor hervorragend und auch die Arrangements sind gut durchdacht. Leider braucht "Sympathetic Resonance" jedoch eine enorme Zeit, bis Stücke wie das bemerkenswerte 'Stained Glass Sky' oder 'Midnight Serenade', ihre volle Wirkung entfalten. Aus diesem Grund hat dieses Prog-Werk enorme Luft nach oben und wächst von Durchlauf zu Durchlauf an Klasse und Kompaktheit. Auch wenn sich die Kollegen Jäger und Kubaschk darüber streiten, ich finde das Ding zeitlos, auch wenn es in Anbetracht der verhältnismäßig niedrigen Benotung nicht den Anschein macht.

Note: 7,5/10
[Marcel Rapp]

Jetzt versuche ich zum wiederholten Male, irgendetwas Vernünftiges zum aktuellen ARCH/MATHEOS-Album zu formulieren, und erneut bin ich für Stunden Marianengraben-tief in dieses Wunderwerk versunken, gerade eben völlig entrückt vor meiner Tastatur erwacht und habe erschrocken festgestellt, dass ich immer noch kein Wort geschrieben habe. Bleibt mir nur der im Grunde hoffnungslose Versuch, meine schier grenzenlose Faszination und Begeisterung in bescheidene Worte zu fassen. "Sympathetic Resonance" enthält eine knappe Stunde in jeder Beziehung wundervolle Musik. Ja, in gewisser Weise haben wir es hier mit dem ultimativen Nachfolger von "Awaken The Guardian" zu tun. Aber es ist ein Nachfolger aus dem Hier und Jetzt. Ich bin mir absolut sicher, dass ich "Sympathetic Resonance" genauso überschwänglich lieben würde, wenn ich noch nie zuvor einen Ton FATES WARNING gehört hätte. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass diese Göttergabe die rein musikalische Qualität des legendären Referenzwerks sogar noch übersteigt. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt so fantastische Kompositionen, so traumhaft schöne Melodien und eine so spannungsgeladene und stilvolle Performance gehört habe. Hier gibt es auch keine Highlights zu nennen, das ganze Album erlebe ich wieder und wieder als einen paradisischen Fluss der Glückseligkeit. Ich habe es zunächst selbst kaum glauben wollen, aber nach etwa zwanzig Durchläufen ist meine Begeisterung nicht einen Millimeter geschrumpft. Die Musik saugt mich so sehr auf, dass ich mich selbst jetzt noch kaum daran erinnern kann, welches Wunder hier unter welchem Songtitel geschieht. ARCH/MATHEOS sind beängstigend nah heran gekommen an das perfekte, vollkommene Metal-Album. Dieses musikalische Jahrhundertereignis sollte sich wirklich niemand entgehen lassen.

Note: 10/10
[Martin van der Laan]


Nun darf also auch noch einer zu Wort kommen, der beim gesanglichen Oeuvre des Herrn Arch nicht gleich vor Begeisterung im Dreieck springt. Aber da eine Band ja bekantlich mehr ist als nur ihr Vokalist, kann das ja trotzdem was werden. Und als 'Neurotically Wired' startet, habe ich tatsächlich das Gefühl, dass hier etwas Großes im Anrollen ist. Doch irgendwann passiert genau das Befürchtete: Der Gesang überlagert viel zu häufig alle noch so interessanten instrumentalen Ideen. Das mag mich natürlich nur aus ebendiesem Grunde stören, dass der Gesang mich halt überhaupt nicht packt. Auch wenn es ketzerisch klingt, aber ohne John Arch könnte mir "Sympathic Resonance" richtig gut reinlaufen. Was zum Beispiel rifftechnisch in 'Stained Class Sky' passiert, kann richtig begeistern. Knackig, ja beinahe wuchtig, und ein paar hübsche Gitarrenmelodien drüber gelegt - ein klasse Song, definitiv. Auch die teilweise getrageneren Passagen im zweiten Teil untermauern auf wunderbare Weise die musikalische Klasse der quasi-FATES WARNING. Doch kommt man nicht immer so punktgenau ins Ziel wie hier, auch 'On The Fence' hat beispielsweise zu Beginn seine Momente, aber hier verliert man irgendwann irgendwie den Faden. Fakt ist, dass es auf diesem Album in punkto Songideen viel zu entdecken gibt, und es sich auch für einen nicht-Arch-Fan wie mich lohnt, die Scheibe erneut aufzulegen und das ein oder andere songschreiberische Glanzstück zu entdecken. Manchmal ist es eben doch ganz einfach: Mit einem anderen Sänger könnte "Sympathic Resonance" für mich ein richtig tolles Album sein; für all diejenigen, die John Arch eh für "god's gift to the music" halten, ist "Sympathic Resonance" demnach mit Sicherheit ein tolles Album.

Note: 7,0
[Stephan Voigtländer]

Redakteur:
Peter Kubaschk

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