Gruppentherapie: DARK FOREST - "Beyond The Veil"

16.09.2016 | 14:51

Dunkle Wälder für Metaller.

Hänsel und Gretel verirrten sich im Wald. Es war so dunkel und auch so bitterk...

Moment mal, wir sind hier beim Powermetal.de-Soundchecksieger des Monat August und nicht bei ollen Kinderliedchen. Oder?

Knapp ging es zu im Sommerferien-Soundcheck und Raphaels signifikanter Notenausschlag nach oben (10 Punkte für "Beyond The Veil") macht DARK FOREST zum Sieger. Die Band bietet melodieseligen, gutherzigen Heavy Metal, den man eigentlich gar nicht schlecht finden kann. Die Gitarristen schütteln sich ein Lick nach dem anderen aus den Händen, man spielt oft mit leicht folkigen Tonfolgen, was mich von Zeit zu Zeit sogar an Luca Turillis Melodien-Repertoire erinnert. Soweit so gut, aber leider reicht es zu einer Euphorie für unseren Gold-Gewinner nicht, vor allem aus zwei Gründen: Es fehlt das Goldkehlchen und musikalisch wird immer mehr oder weniger dasselbe geboten.
Zu Punkt eins: Sänger Josh Winnard ist einfach zu brav und zu gleichförmig, entfacht mit seinem netten Gesinge kaum Reibung und zwitschert wie ein Vöglein seine gutgläubigen Melodielein in die nach Schweiß riechende und nach Stahl lechzende Meute. Ein bissl mehr Pathos hätte es da schon sein können.
Zu Punkt zwei: Ich würde wahrscheinlich nicht merken, wenn mein iTunes die Tracks mit denen des Vorgängers ("The Awakening") vermischt. Nun streicht den Konjunktiv und ihr wisst, was mir bei der Soundcheck-Hörerei passiert ist. Jupps, das klingt alles schon sehr ähnlich. Legt es als Stiltreue aus, oder als Einfallslosigkeit, je nachdem wie ihr zu DARK FOREST zu stehen gedenkt.

Note: 7,0/10

[Thomas Becker]

Lieber Tom, das ist Meckern auf allerhöchstem Niveau. "Beyond The Veil" ist ein starkes Album geworden. Die Engländer von DARK FOREST präsentieren sich auf Full-length-Scheibchen Numero vier von ihrer stählernsten Seite. Und wie auf den ersten drei Alben ist es heuer abermals die Mischung, die ausschlaggebend für die Klasse ist: Ein bisschen NWoBHM mit leichter Folk-Schlagseite hier, kraftmetallisches Gedankengut vermischt mit der Nostalgie längst vergangener Tage dort, und über allem thront der für Tom zu brave Josh Winnard, der mit seinem Stimmchen den Melodien jedoch noch mehr Klasse und den Refrains noch mehr Hymnenpotential verleiht. Auch wenn nicht jeder Refrain gleich zu Beginn punkten kann, ist es hier das Gesamtpaket bei DARK FOREST, das ausschlaggebend für eine derart hohe Position in unserem Soundcheck ist. Auch wenn leichte IRON MAIDEN-, HELLOWEEN- und HAMMERFALL-Parallelen nicht zu verbergen sind, besinnt sich DARK FOREST nach und nach auf die bandeigenen Stärken und das steht den Jungs verdammt gut. Wie Tom bereits vermerkte, ist die Scheibe stilistisch nicht allzu weit vom Vorgänger entfernt. Doch warum am Rezept herumdoktern, wenn es vor zwei Jahren schon lecker war? Schuster, bleib' bei deinen Leisten!

Note: 8,5/10

[Marcel Rapp]



Ach, irgendwie habt ihr mit eurer Bewertung des Gesangs doch beide recht. Josh Winnard singt super, keine Frage, aber eben nicht perfekt. Wie DARK FOREST mit einem perfekten Sänger klingen kann, das darf und sollte jeder Mensch auf "Dawn Of Infinity" nachhören. Will Lowry-Scott schwang das Mikrofon 2011 auf schwindelerregender Höhe und holte aus den auch damals schon beinahe unvergleichlichen Songs wirklich alles Menschenmögliche heraus. Winnard klingt nun auch auf dem zweiten Album gemeinsam mit DARK FOREST etwas gewöhnlicher und magieloser. Das schmälert den Hörgenuss aber nicht wirklich. Denn bei Zehn-Punkte-Songs wie 'Autumn's Crown' oder dem zum Niederknien gebietenden Longtrack 'The Lore Of The Land' reiht sich trotzdem Rückenschauer an Rückenschauer. Mehr als 70 Minuten lang zeigt uns der Fünfer um Mastermind Christian Horton erneut, wie epischer, folkiger und naturverliebter Metal ohne Klischee und Käse 2016 funktioniert. An "Dawn Of Infinity" reicht "Beyond The Veil" aus benanntem Grund nicht ganz heran, den auch nicht zu verachtenden Vorgänger übertrifft es allerdings. Ein Album für den Jahresendthron.

Note: 9,5/10
[Marius Lühring]


Wenn ich mir die lobenden Worte meiner Kollegen so anschaue, schäme ich mich fast ein wenig, nun die Miesepetra spielen zu müssen: Denn das neue Album von DARK FOREST macht mich vor allem eines - und zwar aggressiv und ungeduldig. Nichts Ganzes und nichts Halbes ist der für mich ziemlich ausdruckslose Gesang von Sänger Josh Winnard, der vor den galoppierenden Gitarren ein wenig blass wirkt. Heavy Metal, den man eigentlich gar nicht schlecht finden kann, nennt Tom die Platte "Beyond The Veil". Und ob man das kann. Als Kostverächterin von geradlinigen Heavy-Metal-Größen erwische ich mich mehr als einmal, wie ich nach einem der endlos langen Gitarrensoli einen Blick auf die Anzeige meines MP3-Players werfe. Sind die bald mal fertig mit ihren selbstverliebten Licks? Den Vergleich zu Luca Turilli zu suchen, finde ich dabei fast schon ein wenig anmaßend: Die Melodieführung von DARK FOREST ist mir im Vergleich zum italienischen Mastermind zu ideenlos und gleichförmig, oft habe ich das Gefühl einen einzigen siebzigminütigen Song zu hören.
Und was den folkigen Einschlag betrifft: Um meinen ehemaligen Mathematik-Lehrer zu zitieren: "Sie haben sich redlich bemüht." Zwar leuchten hier und dort mal kleine Geistesblitze auf, doch leider werden die filigranen Motive des Folks und seine Gänsehaut-Verspieltheit immer wieder aufs Neue vom Hau-Drauf-Metal von DARK FOREST zermahlen. Mein erster Ausflug in den dunklen Wald wird wohl auch mein letzter bleiben.

Note: 5,0/10
[Leoni Dowidat]

"Beyond The Veil" wird seine Spuren im Metal-Universum hinterlassen, dafür sorgen die Jungs von DARK FOREST. Zuerst mal sticht das wundervolle Artwork ins Auge - eines der schönsten des Jahres. Und dann bin ich natürlich gespannt, wie sich die Band nach "The Awakening" entwickelt hat. In meinen Augen ist der Vorgänger "Dawn Of Infinity" noch mal deutlich stärker gewesen, und das liegt auch am Sängerwechsel.
Zum Gesang erstmal: Hier gibt es gar nichts zu meckern, Josh Winnard ist merklich angekommen. Die Songs sind wieder episch, traditionell, mystisch, teilweise lang, aber nie ausufernd oder "progressiv". Das ist angenehm. Trotz allem liegt hier die vielleicht letzte Schwäche der Band: Würden sie ein paar mehr echte "Hits" parat hätten, würde ich wohl 10 Punkte vergeben müssen. So finde ich das Album "nur" ziemlich gut, tendenziell glaube ich, dass ich die Note mit mehr Durchläufen noch etwas anheben werde.
Dass Leute hier ernsthaft RHAPSODY als Vergleich heranziehen, ist schon arg schräg. Mit den Hollywood-Soundtrack-Jungs müssen sich DARK FOREST sicher nicht messen, da sie längst in einer höheren Liga spielen, und außerdem einfach ein anderes Genre parat haben. Wer auf WYTCH HAZEL, PAGAN ALTAR, THIN LIZZY oder CLOVEN HOOF steht, kann mit "Beyond The Veil" jedenfalls nichts falsch machen. Das ist gut gemachter, sehr traditioneller, aber nie verstaubter Heavy Metal, der diesen Titel auch verdient. Kein Meilenstein, da die letzten Hits dafür (zumindest nach einigen Durchläufen) fehlen, aber nach "Dawn Of Infinity" das zweitbeste Album der aufstrebenden West-Midlands-Truppe.

Note: 8,5/10
[Jonathan Walzer]



Zum Glück hatte ich von meiner SARCOFAGO-Session letztens noch ein paar volle Bierdosen übrig, ansonsten hätte bei manch einer Kritik hier wohl mein Schreien die Bohrmaschine in der Wohnung über mir übertönt. Wie zum Teufel kann man dieses Gottalbum nicht gut finden? Nun gut, vielleicht, wenn man Fan der neuen ODDLAND ist oder einem Devin Townsend alles abkauft, was der Mann ausstößt. Aber doch nicht als Heavy-Metal-Fan, der auf großartige Twingitarren in Verbindung mit unter die Haut gehenden Melodien steht. "Beyond The Veil" strotzt von der ersten Sekunde an mit Gänsehaut verursachenden Songs, die dem Hörer (und METAL-FAN!!!) vor Ergriffenheit die Tränen in die Augen treiben. Hier stimmt einfach alles, und daran ändert nicht mal ein Instrumental etwas. Im Gegenteil, statt zu einem Bruch im Hörfluss zu führen, wird hier dadurch alles zusammengehalten und sorgt weiterhin für diese ziemlich einzigartige Atmosphäre. Ich fühle mich beim Hören immer wieder an die erste THE STORYTELLER (kennt die noch wer?) erinnert, ein Album, das damals eher belächelt (wohl auch aufgrund einiger gesanglicher Defizite), von mir aber sofort ins Herz geschlossen wurde. Und ebenso wie die Schweden schafft es auch DARK FOREST, den melodischen Heavy Metal mit Folk-Elementen abzurunden und so hat die die Band mit ihrem neuen Album ein Werk für die Ewigkeit geschaffen!

Note: 9,0/10

[Michael Meyer]

Redakteur:
Thomas Becker

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