Gruppentherapie: HATRIOT - "Heroes Of Origin"

03.02.2013 | 15:01

Die zweite Gruppentherapie zu einer kontrovers aufgenommen Scheibe des Januar-Soundchecks: Zetro Souzas HATRIOT mit "Heroes Of Origin".




Mit HATRIOT hat sich Steve "Zetro“ Souza eine neue Spielweise erschlossen, die deutlicher denn je die Brücke in seine musikalische Vergangenheit schlägt. Während seine Band TENET eher einem modernen Thrash-Ansatz folgt, so schlägt die Souza’sche Familienbande (Sohn Cody fungiert als Bassist, während desen Bruder Nicholas Schlagzeug spielt) ganz klar in die EXODUS-Kerbe. Mächtig angepisst shoutet sich Zetro wie in alten "Pleasures Of The Flesh"- beziehungsweise "Fabulour Disaster"-Tagen durch zahlreiche Uptempo-Knüller und schwer stampfende Thrash-Walzen. Am nachhaltigsten bleibt das enorm vehement nach vorne losgehende 'The Violent Times Of My Dark Passenger' in den Ohren haften. Großkalibrig präsentiert sich auch das moshfreundliche 'Weapons Of Mass Destruction' (mehr davon!!) sowie das dreckige und mit einer sehr guten Lead-Gitarrenarbeit ausgestattete 'Murder American Style'. Die Rhythmus-Sektion sorgt für ordentlich Druck, und besonders die dominante Bassarbeit (ich kann mir hier den Vergleich mit EXODude Jack Gibson nicht verkneifen) wummert sehr cool aus den Lautsprechern. Bis zum finalen Titelstück 'Heroes Of Origin', das aggressiv heruntergeschrotet wird, leisten sich HATRIOT keine Schnitzer. Fazit: "Heroes Of Origin" wurde druckvoll eingetütet und sorgt eine dreiviertel Stunde lang für sehr gute Laune mit nachhaltiger Nackenbeanspruchung. Zetro ist zurück, und wie! Fans des Mannes mit der markanten, nach Bon Scott klingenden Giftröhre sowie die EXODUS-Gefolgschaft sollten das Teil sogleich verhaften.

Note: 9,0/10
[Martin Loga]


Stolze neun Jahre ist es nun auch schon wieder her, dass Zetro auf "Tempo Of The Damned", seinem bis dato letzten Album, mit seiner einstigen Stammband EXODUS, die Textzeile "I’m no patriot, just a hatriot" vom Stapel ließ. Kurz danach bekam er von der Holt & Co. KG die Kündigung, und nun ist endlich das lange erwartete Debütalbum seiner neuen Truppe am Start. Die hat ihren Namen von dieser Textzeile und ist gewissermaßen eine "family affair" von Zetro. Was ihr musikalisch geboten bekommt, ist dabei für den Thrasher sicherlich nicht so schlecht, wie die Noten einiger Kollegen euch vielleicht glauben machen könnten. Zum einen wird nämlich der wichtigste Punkt hervorragend verwandelt, denn Zetro singt bissig, aggressiv und unbezähmbar, so wie wir ihn hören wollen. Ganz egal, ob ihr euch für die "Fabulous Disaster"-Ära am meisten begeistert oder ob ihr große Fans des vedammten Tempos seid: Wer auf ZetroDUS steht, der bekommt zumindest gesanglich die volle entfesselte Packung Steve Souza ab. Auch mit dem gelegentlich gerügten Sound habe ich persönlich keine Probleme, was jetzt keine große Überraschung ist, aber ganz ehrlich: Auch wenn das Schlagzeug ein wenig monoton und steril knattert, finde ich die Produktion auf Anhieb angenehmer und klassischer als auf den letzten EXODUS-Alben. Was eine noch höhere Wertung verhindert, ist vor allem die Tatsache, dass hier eben nicht das Gitarrenbrett geliefert wird, das die Herren Holt und Hunolt bzw. Altus auf der Pfanne haben, und dass ich einen Teil der Songs doch einen Tick zu gleichförmig finde, so dass diese Stücke mir bisher nicht im Ohr geblieben sind. Da aber auch Hits wie 'Blood Stained Wings' und 'Your Children To Be Damned' am Start sind, sind wir auf jeden Fall im grundsoliden Bereich mit starker Tendenz nach oben. Für erklärte Zetro-Fans auf jeden Fall ein Muss, und für Traditionsdrescher mit Soundresistenz ebenfalls eine feine Sache.

Note: 7,5/10
[Rüdiger Stehle]





Soso, da will also Zetro Souza, ein semi-bekannter Alt-Thrasher, zeigen, dass er noch nicht zum alten Eisen gehört, und spannt seine Kinder Nick und Cody dazu ein, nochmal so richtig den Ballermann rauszulassen. Wenn er das doch mal gelassen hätte! Ich gebe zu, ich bin schon kein großer Anhänger von EXODUS, was vielleicht auch an so "Sangeskünstlern" wie eben Zetro liegt. Zumindest bei HATRIOT klingt der Mann wie ein Bobby Blitz, dem mal eben die Stimme abhanden gekommen ist. Also wenig überzeugend. Die Musik ist thrashiges Uptempo-Geboller ohne irgendein Alleinstellungsmerkmal. Abgegriffene Riffs langweilen zu Tode. Dazu ist der Sound klinisch tot. Fast habe ich den Eindruck, die ganze Musik ist komplett am Computer generiert worden. Einige aus unserem Team haben sogar bemerkt, dass bei manchen Songs die Bassdrum mal schwupps im Raster verschoben ist. Ein Triggerfehler? Einmal darauf hingewiesen, stört das nur noch ohne Ende. Professionell ist anders. Allerdings höre auch ich, dass bei HATRIOT jetzt keine absoluten Hirnis am Werk sind. Mitunter ist die Gitarrenarbeit schon lässig, und die eine oder andere Idee lädt zumindest mal zum Kopfnicken ein. So wird es auch bei HATRIOT wieder ein paar unentwegte Thrash-Maniacs wie Martin geben, die das Ding abfeiern. Alle anderen müssen das nicht kennen.

Note: 5,5/10
[Thomas Becker]

Ich oute mich hiermit als ehemaliger Thrash-Maniac. Ein Großteil meiner CD-Sammlung macht immer noch Thrash in vielen seiner Variationen aus (nach Progressive Metal/-Rock versteht sich). Ich verfalle bei HATRIOTs "Heroes Of Origin" aber nicht in Euphorie, überhaupt nicht. Was beim ersten Hören noch wie eine Offenbarung scheinen mag, verkommt bei weiterer Rotation und detailliertem Hinhören zur Tortur. Es gibt zwei klaffende Abgründe: Das monotone Songwriting - kennt man einen Song, kennt man alle - und die Produktion. Diese ist nicht nur klinisch tot und sehr an den letzten EXODUS-Platten orientiert, vor allem haben sich Fehler im Mikro-Timing an den sowieso überproduzierten Drums eingeschlichen, Triggerfehler, um genau zu sein. Einmal entdeckt, rumpelt und humpelt es an fast jeder Ecke. Das zusammen mindert den Hörgenuss stark und macht "Heroes Of Origin" ungenießbar für mich.

Note: 3,5/10
[Jakob Ehmke]





Auch ich oute mich hiermit als ehemaliger Thrash-Maniac! Und so wage ich im Brustton der Überzeugung die Feststellung, dass HATRIOT bei weitem nicht an die Glanztaten des Genres heranreichen. Die Gründe wurden bereits allesamt genannt: monotones Geschrubbe, lebloser Sound, übertriebener Konservativismus. Auch bin ich kein übermäßiger Freund der gepressten Vocals von Zetro Souza. Doch dann komme ich wiederum nicht umhin, die Gitarrenarbeit zu loben, das furios aufheulende Klampfengegniedel ist richtig gut gelungen. Und so beschert mir die Platte eine seltsame Zwiespältigkeit: Mal könnte ich sie vor nervtötender Ödnis an die Wand pfeffern, mal sorgt sie – wenn schon nicht für Ohrgasmen – zumindest für ordentlich gute Laune. Und ich bin wohl noch Thrash-Maniac genug, als dass zweiteres Gefühl überwiegt. Obwohl ich alle genannten Kritikpunkte uneingeschränkt unterschreiben kann, bleibt es dabei, dass ich "Heroes Of Origin" wohl aus genrebezogener Verbundenheit zumindest ganz gerne höre, auch wenn die Scheibe zum Beispiel einer "Dark Roots Of Earth" niemals das Wasser reichen kann. Aber sie entfacht in mir den Drang, mal wieder die ollen Thrash-Kamellen rauszukramen und das kann ja nun wahrlich nix Schlechtes sein.

Note: 7,0/10
[Stephan Voigtländer]


Ein amtliches Retro-US-Thrash-Brett kann was ganz Feines sein. Auch die Songs, die HATRIOT für ihr Debüt-Album "Heroes Of Origin" eingetrümmert haben, sollten eigentlich keinen Fan von (natürlich) EXODUS, TESTAMENT und Konsorten ruhig auf dem Stuhl sitzen lassen. Auf der Habenseite verbuchen dürfen die Jungs jede Menge messerscharfe Rasierklingen-Riffs, eine ordentlich Druck machende, äußerst präzise agierende Rhythmusabteilung, furios aufwirbelnde Soli und mit Zetro Souza einen Shouter, der schon längst Legendenstatus inne hat. Das Energielevel wird über die gesamte Spielzeit erfrischend hoch gehalten, die Doublebass knattert schön trocken und humorlos durch die Botanik, die Nackenmuskulatur reagiert immer wieder mit wildem Zucken auf die einschlägigen Schlüsselreize aus der Bay Area. Allerdings gibt es auch Kritikpunkte zu benennen. Das geringste Problem ist noch, dass das Songwriting arg konservativ ausgefallen ist - auf Überraschendes oder bisher nicht aus dieser Ecke Gehörtes wartet man vergebens. Das stört die Thrash-Gemeinde in der Regel weniger, wenn's ordentlich kracht im Gebälk. Zudem muss ich gestehen, dass ich persönlich Zetros wüstes Gekeife schon immer etwas grenzwertig fand; aber auch das werden Genre-Aficionados wohl überwiegend anders sehen. Scheiden werden sich die Geister aber ganz bestimmt am Sound dieser Scheibe, der viel zu kalt, modern und klinisch steril ausgefallen ist und für mich den unbeschwerten Hörgenuß erheblich trübt. Somit haben wir es hier aus meiner Sicht mit einem insgesamt guten, aber keinem überragenden Album zu tun, das wohl lediglich für den harten Fan-Kern essentiell ist.

Note: 7,5/10
[Martin van der Laan]

Mehr zu diesem Album:
Soundcheck 01/2013
Hauptrezension von Marcel Rapp

Redakteur:
Thomas Becker

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