Gruppentherapie: JAMES LABRIE - "Impermanent Resonance"

02.08.2013 | 13:40

Der DREAM THEATER-Fronter gewinnt den Juli-Soundcheck. Klarer Fall für eine Gruppentherapie!

Dass Nils Macher, unser großer DREAM THEATER-Aficionado, dieses dritte Solowerk von James LaBrie toll finden würde, wundert keinen (zum Review). Doch zum Soundcheck-Sieg muss es auch die Skeptiker überzeugen. Wie, das lest selber.



Wenn eine Ikone des Genreprogs ein neues Soloalbum auf die Menschheit loslässt, dann löst das bei mir erst einmal keinerlei besondere Vorfreude aus. Da ich diversen Scheiben seiner Stammband inzwischen aber durchaus etwas abgewinnen kann, ist es beileibe nicht so, dass mich eine angsterfüllte Blässe beschleichen würde, wenn der Frontmann des Traumtheaters mit seinem dritten Soloalbum in unserem Juliklangtest landet. Im Gegenteil, denn wo sogar manch Theaterfreund behauptet, dass James LaBrie der einzige Schwachpunkt seiner Lieblingsband sei, da finde ich den Gesang des Herren sogar meist ausgezeichnet, ja, mit die größte Stärke seiner Band, die eher unter überambitionierten Komponisten und Fiedlern leidet. Dieses Manko hat nun sein Soloprojekt nicht, denn das ist bei aller Finesse doch eher auf kurze, griffige, meist sogar relativ straighte Songs festgelegt, die mit eingängigen Hooks um die Ecke kommen. Ja, die Songs machen Laune und bleiben im Ohr, sind allerdings - und das ist für mich dann wieder der Schwachpunkt des Albums - stilistisch und produktionstechnisch sehr modern inszeniert, streifen moderne Rock- und New-Metal-Gefilde ebenso wie sie durch Peter Wildoers harschen Gesang auch Melodic-Death-Anflüge aufweisen. Das ist nun generisch nicht ganz meine Welt, aber durch die griffigen Melodien und die überzeugende Gesangsarbeit ist "Impermanent Resonance" alles andere als eine schlechte oder langweilige Scheibe.

Note: 6,5/10
[Rüdiger Stehle]


DREAM THEATER war in meiner musikalischen Sozialisation eine wichtige und konstante Größe. Und wie Rüdiger fand ich LaBries Leistung stets gut, sogar herausragend seit dem er wieder bei voller Stimmkraft ist. Auch in der Analyse gebe ich meinem Kollegen Recht. "Impermanent Resonance" ist sehr straight und modern ausgefallen, was vor allem auf die tiefer gestimmten Gitarren, die druckvolle Produktion und die Arrangements zurückzuführen ist. Denn eigentlich ist LaBries bereits drittes Soloalbum nichts anderes als ein unter dem Deckmantel des Metal verstecktes Popalbum. Was eigentlich gar nicht unbedingt schlimm ist, würde "Impermanent Resonance" doch den Mut besitzen, mal aus dem Korsett auszubrechen. Aber vermutlich wollte LaBrie genau das und somit einen Gegenpol zu seiner Hauptband setzen. Ich ertappe mich aber immer wieder dabei, dass ich abschweife und nicht mehr zuhöre. Auch die Tracks voneinander abzugrenzen fällt schwer, kein Wunder, sind sie doch allesamt sehr ähnlich. Die Motivation das Album direkt noch mal anzuwerfen, ist entsprechend gering. Schlecht ist "Impermanent Resonance" sicherlich nicht, aber für mich nur in Schüben zu genießen.

Note: 7,0/10
[Jakob Ehmke]


Inhaltlich sind wir ganz auf einer Linie, Kollegen. Nur die Bewertung fällt meinerseits dann doch etwas euphorischer aus: "Impermanent Resonance" macht so richtig Laune! Der Kanadier gehört mit Sicherheit zu den meistkritisierten Figuren der Metal-Szene - was allerdings nicht verwundert, wenn man den Sängerposten der größten Prog-Metal-Band überhaupt inne hat. Und als ob JAMES LABRIE zeigen will, dass ihn das alles so gar nicht schert, wird er nicht nur auf den letzten DREAM THEATER-Alben immer besser, sondern haut solo eine Gesangsleistung heraus, die einfach sitzt; die "Kritiker" sollten hier mal genau hinhören. Es wird mit Hooklines nur so um sich geworfen, dass ich im Gegensatz zu Jakob jeden Song absolut präsent habe. Zwar ist das Gewand recht geradlinig und modern (vermutlich in der Tat als Gegenentwurf zu seinem sonstigen Geldgeber), aber ich kann daran nichts Schlechtes finden, wenn ich die Platte immer und immer wieder auflegen will. Der forsche Opener 'Agony' (bei dem das Geschrei für mich zur Nebensache verkommt), das weitläufige 'Holding On' oder das triefend balladeske 'Say You're Still Mine': Auf "Impermanent Resonance" findet man ausschließlich wunderbare Songs für jedermann/-frau. Für eine noch höhere Wertung hätte es noch das ein oder andere Experiment sein dürfen, wobei verständlich sein dürfte, warum JAMES LABRIE daran null Interesse hat. Ich bin mit dieser Solo-Platte auch so absolut glücklich. Ein wirklich tolles Teil!

Note: 8,5/10
[Oliver Paßgang]


Solo-Werke und Nebenprojekte aus dem Reich des Traumtheaters fallen eigentlich immer zumindest sehr respektabel aus, wenn man von den eher nervigen EXPLORERS CLUB-Scheiben mal absieht. Auch der aktuelle Ausflug von JAMES LABRIE ist nicht von schlechten Eltern. Locker-flockig komponiert, zeitgemäß intoniert und mit großartigen Earcandy-Melodien reich bestückt kommt "Impermanent Resonance" daher. Das ist staub- und kitschfreie Wohlfühlmusik für den späten Feierabend auf konstant hohem Niveau. Allerdings geht es mir dabei ähnlich wie Jakob: Auch ich schweife beim Hören dieses Albums immer wieder ab oder schalte gar zu Beginn der zweiten Halbzeit (nach dem tollen 'Holding On') aus. Tatsächlich hätte "Impermanent Resonance" das eine oder andere musikalische Experiment sehr gut getan (das gelegentliche Dazwischengegrunze des DARKANE-Drummers zählt nicht). Gerade von einem Ausnahmekünstler wie LaBrie will ich auch mal richtig durchgeschüttelt werden. So könnten böse Zungen phasenweise auch von gepflegter Langeweile sprechen. Da tut es dann schon richtig gut, dass zum Ende mit 'I Will Not Break' noch mal Gas gegeben und vorsichtig die Keule geschwungen wird. Mein Fazit lautet, dass "Impermanent Resonance" unter dem Strich ein gutes, aber kein überragendes Album geworden ist. Mir persönlich hätte eine EP mit den ersten sechs Songs völlig gereicht.

Note: 7,5/10
[Martin van der Laan]



Hm, also ich finde, dass "Impermanent Resonance" ein einziges musikalisches Experiment ist, Kollegen. Der berühmte Frontmann schüttelt auf seinem dritten Soloalbum erneut alles Komplexe ab und konzentriert sich auf moderne, knackige Hits. Das als Sänger der bekanntesten Prog-Metal-Band unserer Zeit abzuliefern, ist durchaus mutig und experimentell zu nennen, auch wenn es musikalisch eher geradeaus und ohrwürmelig zugeht. Doch gemeinsam mit außergewöhnlichen Musikern wie Matt Guillory, Marco Sfogli und Co-Songwriter Peter Wichers (SOILWORK) beweist die samtene Stimme einmal mehr, dass sie exzellente Hooklines bauen kann, die auch außerhalb des Traumtheaters hervorragend funktionieren. Zwar empfand ich das Gesamtniveau auf dem Vorgänger als etwas höher, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass "Impermanent Resonance" ein absolutes Klassewerk geworden ist.

Note: 8,5/10
[Peter Kubaschk]


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Redakteur:
Thomas Becker

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