Gruppentherapie: MEKONG DELTA-"In A Mirror Darkly"

27.04.2014 | 15:58

Souveräner Soundchecksieger im April ist Progmetal-Veteran MEKONG DELTA. Lest hier warum.




Es war die Ruhe vor dem Sturm. Man muss zugeben, dass es um MEKONG DELTA in der vergangenen Zeit doch ruhiger war als erhofft. Doch die Pioniere im Thrash-/Progressive Metal haben die Zeit sinnvoll genutzt und veröffentlichen mit "In A Mirror Darkly" ein unfassbar starkes Album. Vollkommen zu Recht an der Pole-Position unseres Soundchecks offenbaren Ralph Hubert und Konsorten heuer ihre gesamte Klasse. Die Stücke sind tiefgreifend, ungeheuer abwechslungsreich und spannend bis zum letzten Ton. Abgesehen von den drei Instrumentalstücken gefallen mir 'Hindsight Bias' und 'The Armageddon Machine' wohl am besten, da sie das Rasante und Anspruchsvolle, für das MEKONG DELTA seit 1985 steht, am deutlichsten repräsentieren. Harte Breaks und das Fingerspitzengefühl der Musiker geben dem Album den letzten Pfiff. Der Achtteiler offenbart das breite Spektrum verschiedenster Facetten und ist ein Monumentalpfeiler in der Schaffensgeschichte Huberts. "In A Mirror Darkly" reiht sich nahtlos in die Klassikerreihe der 1980er Jahre mit ein. Bravo.

Note: 9,0/10
[Marcel Rapp]





Eine differenzierte Einordnung, wie Marcel sie hier vorgenommen hat, ist mir aufgrund des Erstkontakts mit MEKONG DELTA nicht möglich. Doch auch ohne große Vorgeschichte weiß "In A Mirror Darkly" direkt zu begeistern. Okay, das stimmt nicht, denn ein paar Runden sind schon vonnöten, um dieses auf den ersten Blick recht wirr wirkende Werk zu durchdringen. Allerdings gibt es bereits beim ersten Durchlauf so viele "Ah!" und "Oh!"-Hinhörmomente, dass man genau weiß: Eine weitere Auseinandersetzung lohnt sich! Dann offenbaren sich mit der Zeit ganz tolle progressive (Thrash-) Songs mit einer durchaus eigenen Atmosphäre. Dass es Letztere gibt, ist grundsätzlich schön, aber leider war ich noch nie ein Fan dieser futuristischen Klänge im Thrash Metal, so dass diese Tatsache für sich genommen bei mir jetzt nicht für Jubelstürme sorgt. Umso bemerkenswerter ist es, dass "In A Mirror Darkly" trotzdem amtlich einschlägt und mir in all seiner abgedrehten Geradlinigkeit (nein, kein Widerspruch!) eine Menge Spaß bereitet. Insofern gibt es hier auch überhaupt nichts zu kritisieren; eine höhere Note wird ausschließlich durch die (nicht vorhandene) Vorliebe meinerseits verhindert. Und auch wenn ich somit nur acht Punkte vergebe, sei dazu gesagt, dass dies meine höchste Wertung in diesem Monat ist, weshalb ich meinem Vorschreiber nur beipflichten kann, wenn er feststellt, dass MEKONG DELTA zurecht an der Spitze steht. Feines Album!

Note: 8,0/10
[Oliver Paßgang]





Dass es zuletzt besonders ruhig um MEKONG DELTA gewesen wäre, kann ich angesichts der vierten Veröffentlichung seit dem Comeback in 2007 zwar nicht unterschreiben, aber ansonsten hat Kollege Marcel schlicht recht. Auf "In A Mirror Darkly" werden die Klassik-Einflüsse zurückgefahren, der Thrash Metal dafür wieder in den Vordergrung geschoben. Das Ergebnis ist Techno Thrash Metal wie er im Buche steht. Vor allem, weil Sänger Martin LeMar über die abgefahrenen Instrumentalorgien immer wieder nachvollziehbare Gesangslinien legt. Als Beweis könnt ihr 'The Armageddon Machine' oder das fast balladeske 'The Silver In God's Eye' hören. Dazu darf festgehalten werden, dass MEKONG DELTA noch nie so gut und differenziert geklungen hat. Produktion und Mix sind brillant und lassen den anspruchsvollen Nummern genau den Raum, den sie zur Entfaltung brauchen. Das war ja vor allem bei den Frühwerken der Truppe nicht immer der Fall. Und da ich die hochgelobten Klassiker wie "The Music Of Erich Zann" oder "Dances Of Death" erst mit Verspätung kennengelernt habe, würde ich sogar so weit gehen, dass "In A Mirror Darkly" das bislang stärkste Werk der Band ist.

Note: 9.0/10
[Peter Kubaschk]




Dann melde ich mich mal, als alter Fan der Band. Denn ich kenne sie tatsächlich seit dem Debüt, das mich damals Mitte der Achtziger ziemlich umgeblasen hat. Die ersten drei Alben waren wild, unzugänglich, ein dorniges Gestrüpp. Keils Gesang war unmelodisch und geeignet, zu meinen, dass hier das Prinzip Zufall Herr der Lage gewesen wäre. Dann kamen die drei großen Alben mit Doug Lee am Mikro, die man unbedingt gehört haben musste. Schließlich der dritte Frühling ab 2007, der mir zeigte, dass die Burschen sogar noch besser sein konnten! Ralph Hubert jetzt nicht mehr an den Reglern, sondern mitten im Geschehen! Und siehe da, die Band schaffte es, die Komplexität mit starken Melodien zu paaren, überflüssige Eskapaden zu vermeiden, die Songs gradliniger zu machen. Soweit man das bei MEKONG DELTA überhaupt so nennen darf, denn von easy listening ist man hier doch weiterhin meilenweit entfernt. Aber seit 2007 scheinen die kompositorischen Fähigkeiten sogar immer besser zu werden, so dass ich Peter zustimmen möchte: Das ist tatsächlich ihr bestes Werk, speziell weil es durchgehend mitreißende Unterhaltung auf höchstem Niveau bietet. Besser als "Dances Of Death"? Ja, besser, weil der Sound ebenfalls groß ist. Sonst Auge in Auge mit dem Totentanz. Und da ja wohl hoffentlich jeder dieses 1990er Album kennt, weiß jeder, dass dies das höchstmögliche Lob ist. Und weil Martin LeMar sogar den brillanten Doug Lee noch in den Schatten stellt, da er nicht ganz so wild kreischt. "In A Mirror Darkly" ist die bisherige Klimax des MEKONG DELTA'schen Schaffens.

Note: 9,5/10

[Frank Jaeger]


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Review von Martin van der Laan

Redakteur:
Thomas Becker

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