Gruppentherapie: METALLICA - München - 26.05.2024
03.06.2024 | 12:58Richtig, normalerweise therapieren wir die neuesten Alben unserer Rock- und Metalgrößen. Doch wenn wir schon mit fünf Kollegen ein METALLICA-Konzert besuchen, dann lassen wir uns für euch auch zu Besonderheiten hinreißen. Zugegeben, in Sachen Atmosphäre hat ihr Auftritt zwei Tage zuvor im Münchener Olympiastadion schon sehr hohe Wellen geschlagen, doch auch am Sonntag hatten Hetfield, Ulrich und Co. ein paar sehr denkwürdige Momente am Start. Doch lest selbst, welchen Eindruck die Größen am Wochenende des 26. Mais bei uns hinterließen.
Eigentlich wollte ich gar nicht zum Konzert. Menschenmassen, Stadion und die angekündigte Rundbühne sind eigentlich nicht meins. Trotzdem hat am Ende die Neugier auf das No-Repeat-Wochenende gesiegt. Es dauert nur wenige Sekunden, da packt mich METALLICA bereits, von Altersschwäche oder -milde ist nichts zu merken. Spätestens als 'Fade To Black' erklingt, schließe ich die Augen, vergesse die anderen 75.000 Menschen und bin nur noch in der Musik. Kann es vielleicht sein, dass mir diese Band mehr bedeutet, als ich es in letzter Zeit wahrhaben wollte?
Nach starken zwei Stunden gestaltet sich das Ende des Tages spektakulär. Als wäre Eddie Munson aus der Serie STRANGER THINGS persönlich gekommen, um Dämonen zu bekämpfen, schlagen zu 'Master Of Puppets' um das Olympiastadion herum Blitze ein. Das wird mir wohl ewig im Gedächtnis bleiben und rundet den sehr gelungen Abend wunderbar ab, der Auftritt zwei Tage später sollte keinen Deut schlechter werden.
Von Anfang an werde ich durch den wahnsinnig schnellen Auftakt mitgerissen, anschließend wird mit '72 Seasons' auch der Titeltrack der aktuellen Scheibe zum Besten gegeben. Es ist faszinierend, dass sich an beiden Abenden die neuen Songs - egal ob der Titeltrack, 'Shadows Follow' (persönliches Highlight!) oder auch 'If Darkness Had A Son' nahtlos ins Set einreihen, als hätte es sie schon immer gegeben. Sie passen auch viel besser als die dargebotenen Songs der Vorgängerplatte "Hardwired...To Self-Destruct". Das Highlight beider Tage folgt für mich mit 'The Call Of Ktulu'. Ein Traum geht in Erfüllung! Auffällig ist, dass METALLICA ihr Konzept nutzt, um zu machen, was Hetfield & Co wollen. Die Abfolge 'Inamorata', 'The Call Of Ktulu' und 'No Leaf Clover' ist für die meisten Besucher viel zu progressiv und drückt die Stimmung merklich. Aber das ist bei Münchner Publikum auf Großevents ja nichts Ungewöhnliches.
Trotzdem bereue ich es keine Sekunde, an beiden Abenden vor Ort gewesen zu sein. Meine Meinung über die Rundbühne hat sich zwar nicht geändert, da sie der Band Kraft und Ausdruck nimmt. Dafür war aber alles andere umso stimmiger. METALLICA hat es geschafft, mir wieder so viel Lust auf ihren Sound zu machen, wie seit vielen vielen Jahren nicht mehr.
Bei der Abreise in der U-Bahn lausche ich noch einem Gespräch von zwei ca. 20-jährigen Frauen, die anscheinend im Olympiapark sitzend zugehört haben: "Ist jetzt kein Must-See für den Ticketkauf, oder?" - "Neee, zum Dancen gehe ich lieber woanders hin." Tja, ich werde auch nicht mehr zum Dancen zu METALLICA gehen, aber ich habe wieder richtig Bock, meinen Kopf zu ihrer Musik von links nach rechts zu schmeißen und dabei den Phantomschmerz meiner nicht mehr vorhandenen langen Haare zu spüren.
[Dominik Feldmann]
Der Spektakel-Freitag inklusive Blitz-Show hat seine Spuren hinterlassen und dem ersten METALLICA-Abend einen denkwürdigen Abschluss bereitet. Richtig, diesen Geburtstag werde ich so schnell nicht vergessen. Und einmal in der bayrischen Hauptstadt angekommen, lohnt sich nicht nur ein Besuch in der Allianz-Arena und des daran verknüpften Bayern-München-Museums - hier werden Erinnerungen wach, sondern auch am Folgetag ein üppiger Fleischteller im herrlichen Löwenbräukeller. Doch genug der Vorbereitungen, denn jetzt geht es mit randvollen Energietanks und jeder Menge Vorfreude zurück ins so wunderschöne wie eindrucksvolle Olympia-Stadion. Richtig, METALLICA bittet zum zweiten Mal zum großen Tanz. Und wie schon zwei Tage zuvor haben wir kein sonderlich großes Glück mit der Parkplatzsuche.
Doch einmal einen ergattert, nimmt man auch einen knapp dreiviertelstündigen Fußmarsch auf sich, um seine alten Helden ein zweites Mal binnen 48 Stunden auf der Bühne zu sehen. Dem weiten Weg geschuldet, fällt für uns leider der NINE ICE KILLS-Gig ins Wasser, wir kommen aber bei nahezu perfektem Quellwölkchen- und Sonnenscheinwetter pünktlich zu FIVE FINGER DEATH PUNCH an unseren Sitzplätzen an. In Sachen Agilität und Spielfreude kann man den Amis auch heute keine Vorwürfe machen, tanzt Ivan Moody doch von A nach B, wenn er nicht gerade seine Kleidung Richtung Publikum wirft, brüllt und performt sich die Seele aus dem Leib und weiß das Stadion anzuheizen. Einzig der Sound wirkt wie schon am Freitag etwas dünn und dürftig von Block H aus betrachtet, was der typischen FIVE FINGER DEATH PUNCH-Wucht leider alles andere als zugutekommt. Trotzdem ist das heute ein sympathischer Gig, schnappt sich Moody auch zwei Fans, um ihnen mit dem Platz mitten auf der Bühne einen mehr als denkwürdigen Tag zu bereiten. Nach 'Under And Over It' und 'The Bleeding' steigt langsam die Vorfreude und die Jungs aus Las Vegas machen Platz für den heutigen Hauptact.
Es wird 20:30 Uhr und die Spannung steigt. Laola-Wellen hier, nervöse Blicke auf die Uhr dort - die letzten Zuschauer entern die vollkommen überfüllten Toiletten und Bierstände, um sich für die kommenden zwei Stunden zu rüsten.
Um 20:45 Uhr wird es letztendlich ernst: Das bekannte AC/DC- und ENNIO MORRICONE-Intro erzeugt die erste Gänsehaut und unter tosendem Applaus, lauten Sprechchören und noch lauterem Jubel kehrt METALLICA nach 48 Stunden auf die gleiche Bühne zurück. 'Creeping Death', 'Harvester Of Sorrow' und 'Hit The Lights' bilden einen Musterbeginn für jeden noch so kleinen und großen METALLICA-Fan. Die Tribünen erheben sich, im Innenraum könnte die Stimmung nicht energiegeladener sein - meine Herren ist das ein Start! 'Ride The Lightning' war zwar am Freitag zuvor das heiße Thema, doch der Song jagt mir erst heute eine meterdicke Gänsehaut ein, ehe der aktuelle Titeltrack und 'If Darkness Had A Son' die moderne METALLICA-Ära aufblitzen lassen. Einzig das Rosamunde-Gedöns - ein weiterer Jam zwischen Kirk und Rob - hätte man sich einmal mehr sparen können, doch das Licht-Spektakel bei 'Welcome Home (Sanitarium)' macht diesen kleinen Augenroller wieder wett. Wieder ist es diese elektrisierende Energie, dieses einerseits pompös-große, andererseits wunderschön-intime Element, als würde METALLICA diesen Song nur für Auserwählte spielen. Richtig, danach geht diese einzigartige Stimmung ein wenig flöten, doch ein fettes 'Wherever I May Roam' und ein superbes 'Moth Into Flame' laden ein zum alles niedertrampelndem 'Fight Fire With Fire', bei dem einmal mehr die Flammen hochschrecken. Weiter bleibt die Stimmung auf den Rängen hoch, das Wetter könnte besser nicht sein, denn bei nun herrlicher Dunkelheit versprühen diese Klassiker einen ganz besonderen Charme. Ein paar Songs fehlen jedoch noch, denke ich an 'Blackened', 'Battery' oder 'One'. Und vor dieser faustdicken 'Breadfan'-Überraschung, mit der wohl die wenigsten gerechnet hätten, wird mit dem "...And Justice For All"-Opus 'One' zumindest ein Track dieses Wunsch-Triumvirats erfüllt. Auch ohne gewohnte Explosion ist der Track live eine Wucht. METALLICA und Familie grinsen sich gegenseitig an, es herrscht eine wunderbare Stimmung, selbst als mit 'Enter Sandman' das Ende eines so guten, tollen, besonderen Abends eingeläutet wird.
Richtig, ein, zwei Zugaben hätten den Königen sicherlich keine Zacken aus der Krone gebrochen, doch seien wir einmal ehrlich: Ein höheres Stimmungslevel als beim abschließenden "Black Album"-Opener hätte es kaum geben können. Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist und so gehen wir unter frenetischen, nahezu ekstatischen Reaktionen von 75.000 Zuschauern (?) langsam aber sicher zurück zum Auto, um den Heimweg anzutreten. Olympia-Stadion, früher hast du dem FC Bayern München so viele schöne Abende gegönnt, nun hast du ob dieses unvergesslichen München- und METALLICA-Trips einen weiteren Stein bei mir im Brett. Und METALLICA? Ja, es hat sich gelohnt. Ja, 650 km Anfahrt haben sich gelohnt. Ja, kilometerlange Fußmärsche und die Ärgernisse über die katastrophale Verkehrssituation in München haben sich gelohnt. Und wer kann schon sagen, er habe seinen 36. Geburtstag mit einem komplett ausverkauften Stadion und der größten Metal-Band der Welt verbracht? Richtig, das ist zwar zwei Tage her, doch nachfeiern darf man schließlich trotzdem. METALLICA, es war mir eine Ehre. Und Schatz? Danke, dass du es möglich gemacht hast!
[Marcel Rapp]
Was für ein geradezu himmlisches Wochenende! Das Leben meinte es nicht nur in Form eines schönen Hochzeits-Gottesdienstes einer Kollegin nebst anschließendem vorzüglichen Kaffeetrinken am Samstagnachmittag gut mit mir. Danach durfte ich dann ein Städtchen weiter sogar noch mit meinen Freunden des Tischkicker-Spaßclubs "Zwietracht Sontheim" hervorragend zu Abend speisen. Um den ganzen geistigen und lukullischen Freuden das metallische Krönchen, nein, eine vollwertige Krone aufzusetzen, war dieser denkwürdige Samstag zudem noch in das "No Repeat-Weekend" von METALLICA in München eingebettet. Zwar musste das alles mit viel Autofahrerei, bei mir insgesamt wie bei Marcel ebenfalls ungefähr 650 Kilometer, verbunden werden, jedoch hätte sich diese, so viel nehme ich vorweg, sogar bei noch längerer Wegstrecke rentiert.
Am Freitag wird mir als Innenraum-Karteninhaber bereits beim Einlass das von Live-Nation am Abend zuvor angekündigte Bändchen für den Bereich direkt an der runden Bühne um das Handgelenk gelegt, so dass ich stressfrei noch über mein Lieblings-Openair-Gelände flanieren kann. Dabei fällt mir zweierlei spontan auf: Das Publikum ist locker, gelöst, gut gelaunt und freundlich zueinander, schlicht "gut drauf". Die andere Beobachtung bezieht sich auf die unerwartet fast moderaten Shirt Preise. Sicher, mit 40€ für ein Tourshirt bewegt man sich auch hier im Preisniveau, das Superstars heutzutage eben abrufen. Die 45€ gewisser britischer Heavy Metal-Legenden werden jedoch deutlich unterboten, die unverschämte "Blutsaugerei" von 50€ bei KISS und AC/DC sowieso. Dementsprechend ist spätestens am Sonntagabend vor Konzertbeginn nur jedes zehnte T-Shirt als Nicht-METALLICA-Shirt auszumachen! Eddie Van Halens Sprössling verpasse ich zwar aufgrund eines Treffens mit Freunden, nachdem ich den "Inner Circle" um die seitlich gelb eingefärbte Rundbühne betreten habe, werde ich jedoch von den ARCHITECTS angenehm überrascht. Deren für mich LINKIN PARK-ähnliches (New) Metalcore-Gebräu mit, wie schreibt Chris doch gleich, "Sub-Bässen" et cetera, mundet mir live weitaus besser, als via Spotify-Konserve. Die Leute um mich herum scheinen das auch so zu sehen und spenden den Engländern mit den "Familie Flodder"-Frisuren frenetisch viel mehr als nur Höflichkeitsapplaus.
Ja, dann geht es ans Eingemachte, an die metallische Seele, an einen der Grundpfeiler meiner Leidenschaft für Metal- und Livemusik: Am Freitag erlebe ich mein neuntes, am Sonntag mein zehntes METALLICA-Konzert seit 1991! Beim AC/DC-Intro 'It's A Long Way To The Top' gerate ich, wie beabsichtigt, in Wallung, und beim obligatorischen Western-Klassiker wächst die Gänsehaut, die quasi vom über das Stadion hereinbrechenden "Kill 'Em All"-Klassiker 'Whiplash' wie bei Schlachtgänsen abgeflammt wird. Geil! Geil!! Geil!!! Ich möchte Chris ein wenig widersprechen und Dominik beipflichten: Die Setliste am Freitag ist sehr gelungen, alleine die ersten 5 Lieder sind absolute Volltreffer und die neuen Stücke von "72 Seasons" fügen sich mit ihrem fetten, leicht modernisierten METALLICA-Soundbrett für mich überraschend gut ein. Einzig bei 'Orion' und 'Hardwired' klingen die Gitarren plötzlich, zumindest um die Bühne herum, jeweils blechern und seltsam. Die von Chris beobachtete, vom Alter der jeweiligen Lieder abhängige Aufsteh- und Hinsetz-Dynamik gilt im Innenraum freilich nicht. Eher im Gegenteil, bei neuen Songs, speziell bei 'Lux Aeterna' und 'Inamorata', ist dort viel Jubel und Bewegung zu erkennen.
Mag sein, dass dieses Phänomen vielleicht wirklich der Altersverteilung im Publikum zuzuschreiben ist: Etwa bis 40 eher Innenraum, ab 45 dann lieber Tribüne? Meine Vorredner und unser Hauptberichterstatter Chris Staubach haben es bereits hinreichend beschrieben: Ab etwa der Hälfte von 'Sad But True' wird der Abend dann zum "Stranger Things"- Spektakel (leider ohne Dämonen-Fledermäuse), zu einem legendären "Wolkenbruch mit Gewitter"-Konzert, das ungeahnte Energie und zusammenschweißenden Durchhaltewillen bei Band und Publikum freisetzt. Einzig das von Chris so formulierte "besser werden" möchte ich etwas relativieren: Vor allem bei den letzten beiden Liedern 'Seek And Destroy' und 'Master Of Puppets' verrutschen die Finger dann aquaplaning-like auf den Saiten-Instrumenten ab und an etwas, und der eine oder andere Verspieler ist zu hören. Das unterstreicht jedoch gerade erst recht den verwegenen Charakter der Konzertsituation. In der Tat ein Abend, den jeder Anwesende auf ewig im Gedächtnis behalten wird! Bei mir ist das zusätzlich noch aufgrund eines glücklich bei Robs letzter Runde abgestaubten Plektrums der Fall. Direkt nach diesem Glücksfall stehe ich neben der Treppe, auf der die Band flott die Bühne verlässt und kann kurz die erschöpften Gesichter von Rob, James und Kirk aus nächster Nähe sehen. Die sind echt "fertig mit der Welt" an diesem Abend!
Am Sonntagnachmittag schaffe ich es bei inzwischen wieder bestem Frühsommerwetter nach einem Treffen mit Freunden leider nicht mehr in den vorderen Bereich um die Bühne herum. Dafür bin ich doch etwas verblüfft von der wie eine Musical-Umsetzung eines Horrorfilms inszenierten Bühnenshow von ICE NINE KILLS. Musikalisch ähnlich, aber noch etwas heftiger als die Architekten vom Freitag, schaffen es die Bostoner zumindest durch ihre Show, auch an der Musik uninteressierten Zeitgenossen Aufmerksamkeit abzuringen. Außerdem stelle ich fest, dass ich die weißen Hemden und schwarzen Hosenträger der Musiker echt schnieke finde! Mal schauen... FIVE FINGER DEATH PUNCH bewerkstelligt es heute nicht, mich aus der Reserve zu locken, was ihnen bei meinem letzten großen "Vor-Corona"-Konzert im Jahr 2020 mit MEGADETH in der Stuttgarter Schleyerhalle noch gelungen war. Als ich mich so allmählich eingegroovt habe, ist der Spaß nach weniger als 45 Minuten auch schon wieder zu Ende. Bei einer Band mit einem so großen Namen, die inzwischen nicht selten auch als Headliner gesetzt wird, hätte ich mit 60 Minuten Spielzeit gerechnet. Unsere Unwetterhelden des Freitags pusten mir danach mit 'Creeping Death', dem ultramächtigen 'Harvester Of Sorrow', sowie dem grandios hart hingerotzten 'Hit The Lights' und dem gleich nachfolgenden 'Ride The Lightning' den Stirnknochen fast weg! Diese Vierer-Songabfolge gehört mit zum Allerbesten, was mir an diesem Wochenende in die Lauscher kommt! Gerade die, wie auch Chis kritisch bemerkte, schneller gespielten Lieder, packen das Publikum unnachgiebig am Schlawittchen und lassen diese unnachahmliche, brachial jeden durchdrehenlassende Live-Atmosphäre eines typischen METALLICA-Konzerts entstehen.
Leider, ja leider, schläft danach offenbar der Mann am Mischpult ein und schiebt mit dem Unterarm anscheinend alle Regler nach oben: Ab jetzt ist der Sound im Innenraum auf der Südseite des Stadions furchtbar basslastig und übersteuert! Mir ist bewusst, dass mir da auch einmal wieder das zwar grandios schicke und wunderschöne, aber akustisch auch unnachgiebige Dach des Münchner Olympiastadions den Bass in die Trommelfelle reflektiert, dennoch könnte und müsste man von tontechnischer Seite aus verbessernd gegensteuern. Dieser Effekt ist ja schon lange bekannt! Ab und an gibt es noch leichte Verbesserungen im Gesamtklang der Band, bei den meisten Liedern bleibt es jedoch beim erläuterten soundtechnischen Missstand. Von der Setliste aus betrachtet, ist auch dieses Konzert überragend, Dominik hat jedoch recht, dass 'Inamorata', 'The Call Of Ktulu' und 'No Leaf Clover' am Stück nicht für ein Stadionpublikum geeignet sind. Es ist zudem für die Band an der Zeit, die "Kirk & Rob-Doodles" mal zu pausieren. Jamsessions, die nur ihnen selbst Spaß bereiten, braucht man in einer zum Bersten gefüllten, riesigen Location gewiss nicht! Wie Marcel werde ich ebenfalls ziemlich vom gänzlich unerwarteten 'Breadfan' aus den Socken gehauen!
Mein Siegerlied des Sonntags, auf gleicher Höhe mit dem "Stranger Things"-Master vom Freitag, ist jedoch das auf der ganzen Linie alles vernichtende 'Fight Fire With Fire'! Mein Genick hat es gerade so überlebt und ein Schleudertrauma trage ich zum Glück auch nicht davon... Nette Randnotiz: Vor mir regt sich ein ca. 25-jähriger Hipsterbart-Jüngling mit bunter-Sonnenbrille (!) gegen Ende des Gigs kopfschüttelnd über zu wenig "Action" im Publikum auf. Er "raist" theatralisch seine Fistchen, und schreit "Heavy 'Fuckin' Metal" als mal wieder was Thrashiges gespielt wird. Dabei trägt er ganz true ein Engelbert-Strauss-METALLICA-Käppchen auf seiner Rübe...
Tja, METALLICA ist nach wie vor eine großartige Live-Band, überhaupt keine Frage! Ich würde die Jungs jetzt aber in einigen Jahren auch wieder gerne einmal auf einer herkömmlichen Konzertbühne erleben. Noch ergänzend und abschließend ein paar Worte zur Videoshow und somit zur Bühnenkonstruktion: Ich bin ein klitzekleinwenig enttäuscht von den wenigen Möglichkeiten und der eingeschränkten Wirkung der acht an Masten hoch hinaufgezogenen "Video-Litfaßsäulen". Da hatte ich mir, ähnlich der wahnsinnig dynamischen und atemberaubend beweglichen Videowürfel von der letzten Hallentournee, wesentlich mehr von der Showproduktion der M72-Tour erwartet.
[Timo Reiser]
Ein ganzes Wochenende im Zeichen von METALLICA, das ist auf jeden Fall eine Reise nach München wert, ist es doch schon gut 20 Jahre her, dass ich die vier Herren live gesehen habe. Nicht, dass ich dies beabsichtigt gehabt hätte, es hat sich nur aus verschiedensten Gründen über diesen langen Zeitraum nicht mehr ergeben, umso größer ist die Freude, zählt "72 Seasons" zudem zu den besten METALLICA Veröffentlichung seit langem. So mache ich mich an einem noch sonnigen Freitag mit der Bahn auf in die Bayerische Landeshauptstadt. Nach dem Einchecken im Hotel geht es dann mit U-Bahn Richtung Olympiastadion. Menschenmassen sind, wie bei Dominik, auch nicht mehr meins, aber ich finde das gerade wegen der entspannten Stimmung und Vorfreude diesmal gar nicht so schlimm.
Der Einlass klappt dann mit dem rein digitalen Ticket sowohl am Freitag und am Sonntag reibungslos und wenn man den richtigen Eingang nutzt, sogar ganz ohne Anstehen. Mit meinem Sitzplatz in der Südkurve habe ich an beiden Konzerttagen beste Sicht auf das Geschehen im weiten Rund des Olympiastadions. Zwei unterschiedliche Support Acts sorgen jeweils für das Aufwärmprogramm. MAMMOTH WVH wirkt als erste Band des Freitags komplett verloren auf der großen Rundbühne, Stimmung mag bei mir, sowie im Großteil des Stadions nicht aufkommen. Irgendwie schade, da die Mucke an sich gar nicht so schlecht ist, aber leider eben nicht stadiontauglich. Kollege Timo mag von der anschließenden musikalischen Darbietung von ARCHITECTS positiv überrascht sein, meins ist das mal gar nichts, sorry, für meine Ohren ein bisschen zuviel Gegrowle. Am Sonntag ist es dann eine Truppe Namens ICE NINE KILLS, die pünktlich um 18 Uhr den Reigen eröffnen darf. Auf der Bühne ist einiges los, unter anderem hat eine Ziege mit Kettensäge ihren großen Auftritt. Musikalisch ist das ok, aber die Show kommt irgendwie nicht zur Wirkung. Besser macht das alles dann FIVE FINGER DEATH PUNCH, der Punktsieg unter den Support Acts geht an diesem Wochenende eindeutig an die US-Amerikaner, was auch an der Reaktion des Publikums zu sehen ist, welches die Band nach allen Regeln der Kunst abfeiert. Allerdings ist der Auftritt leider ein bisschen kurz, da bin ich mir mit Timo einig.
Das Intro mit 'AC/DC 'It's A Long Way To The Top' gefolgt von Ennio Morricones 'The Ecstasy Of Gold' sorgt dann an beiden Tagen nicht nur bei mir für Begeisterung und Gänsehaut. Besser kann man, abgesehen von 'Doctor Doctor' bei IRON MAIDEN, einen Konzertbeginn nicht ankündigen. 'Der Freitagsopener 'Whiplash' ist noch etwas holprig, aber da es das erste Konzert dieses Jahres ist, sei dies verziehen. Allerdings entwickelt sich dieser Tag auch wegen des Wetters zu einem denkwürdigen Konzertabend. Ich ziehe meinen Hut vor den vier Herren auf der Bühne, wie sie die Show in strömenden Regen und bei Blitz und Donner durchziehen. Auch wegen der Setliste hat der Freitag zumindest leicht die Nase vorn. Am Sonntag punktet METALLICA nicht nur bei mir mit dem lange nicht mehr gespielten 'Breadfan', bevor mit dem unvermeidlichen 'Enter Sandman' ein grandioses Konzertwochenende endet. Dass trotz zweier Konzerte mit jeweils komplett unterschiedlicher Setliste so mancher Lieblingssong dann doch nicht gespielt werden kann, ist zu verschmerzen.
Den Sound finde ich am ganzen Wochenende, zumindest bei METALLICA, für Olympiastadionverhältnisse richtig gut auf meinem Sitzplatz. Zeigt die große Rundbühne gerade bei den Supportbands ihre Schwächen, so entfaltet sie beim Hauptact mit voller Lightshow ihr Wirkung, vor allem bei einsetzender Dunkelheit. Aus der etwas weiteren Entfernung wirkt alles schon sehr beeindruckend, auch die Projektionen auf den an Masten aufgehängten Video-Litfaßsäulen. Das ist ganz großes Kino!
Es gibt tatsächlich nichts zu meckern nach diesem grandiosen Wochenende, auch dank einer jederzeit friedlichen und ausgelassen Stimmung, genau so muss es sein. Ok, am Samstag hänge ich ein bissen durch und entscheide mich, nach einem Weißbierfrühstück mit Bayerischen Käsespätzle auf dem Marienplatz, für einen gemütlichen Tag im "Backstage" mit Lesungen, unter anderem vom "Ministerium für Schwermetall".
Organisiert vom St. Germany, dem deutschen Ableger des Met-Clubs gibt es ein buntes Programm, das sich sehen lassen kann. Gerade für jemanden wie mich, der zwar Fan ist, aber nicht so tief in der METALLICA-Welt eingetaucht ist, ist es äußerst interessant, auch etwas über die "All With In Hands Foundation" zu erfahren, einer von METALLICA ins Leben gerufenen Nonprofit Charity Organisation. Am Abend spielt dann noch die deutsche Tribute Band MY'TALLICA, aber ich entscheide mich dazu, das DFB Pokalfinale, welches ebenfalls im "Backstage" übertragen wird, anzusehen, um dann nicht allzu spät ins Hotelbett zu fallen, um für den Sonntag wieder fit zu sein. Ab einem gewissen Alter muss man seine Kräfte eben einteilen und ich verstehe auch die vier Herren von METALLICA, wenn sie einen persönlichen Ruhetag zwischen zwei Konzerten einlegen. Würde ich so ein Wochenende wieder mitmachen? Die Antwort ist eindeutig ja, wenn es so gut organisiert ist, wie dieses Event in München.
[Tommy Schmelz]
Fotos: André Schnittker
- Redakteur:
- Marcel Rapp