HEIRS: Interview mit Damian Coward

05.11.2009 | 13:32

Die Drone-Rock-Überraschung des Jahres 2009 auf großer Europa-Tour: Wir befragten die Australier HEIRS.

Nachdem die Band, ein junges Quartett aus Victoria, mit "Alchera" eines der eindruckvollsten Alben im Bereich langsamlautleisedröhnender Instrumentalmusik abgeliefert haben, waren sie von Ende August bis Anfang November auf unserem gesamten Kontinent unterwegs. Damian Coward, der Schlagzeuger der Australier, erklärt uns, warum Japan als zweite Heimat in Frage kommt, die deutsche Professionalität wohltuend ist und warum Menschen aus Down Under in Wahrheit hierher reisen: Wegen des Essens! Lest selbst.

HEIRS

Mathias Freiesleben:

Hallo, wie geht's Euch denn? Für Euch ist das ja eine Monstertour durch Europa! Wo seid Ihr denn heute?

Damian Coward:

Wir sind soweit eigentlich okay, aber sehr sehr müde und mental ziemlich im Eimer, aber auch noch sehr motiviert, was ein Wunder und eine gute Sache ist. Gerade sind wir in Oslo [15.10.2009 - M.F.] und spielten hier gestern und auch heute Abend, dann geht es nach Belgien weiter.

Mathias Freiesleben:

Wie sind denn die Reaktionen? Seid Ihr zufrieden?

Damian Coward:

Ich denke, dafür, dass es unsere erste Tour ist, laufen die Dinge für uns sehr gut. Trotz der Kosten und der mentalen Erschöpfung genießen wir alle diese Erfahrung und haben auf unserem Wege schon so unglaublich viele großartige Menschen getroffen. Ich finde, dass "Befriedigung" für diesen Umfang und in diesem Maßstab nicht wirklich relevant ist. Wir verlangen eine ganze Menge von uns selbst und von den Leuten, mit denen wir arbeiten und wir leben für das, was wir da tun und auch dafür, wie die Dinge gerade so laufen.

HEIRS haben Spaß

Mathias Freiesleben:

Was ist denn für Euch so besonders an Europa?

Damian Coward:

Das Allerbeste hier sind, wenn wir hier sind, immer die Leute. Wir haben hier so viele wahrhaft phantastische und professionelle Typen getroffen, was für uns  definitiv etwas ganz Neues ist. Das lässt die die australischen Promoter und Organisatoren dagegen ganz blass aussehen, wenn die die aktuelle Künstlerbetreuung hier erleben dürften.

Mathias Freiesleben:

Dann erzähle uns doch mal, was waren denn die eindrucksvollsten Erlebnisse der letzten Wochen?

Damian Coward:

Oh, da gibt es zu viele Dinge und Geschehnisse, das würde viel zu viel Zeit beanspruchen und der Platz hier nicht ausreichen, über allem aber steht: Das Essen hier ist unglaublich! Und natürlich auch, dass es überwältigend ist, in einer so kurzen Zeit so viele Länder zu besuchen.

Mathias Freiesleben:

Ich kann mir gut vorstellen, dass dies eine besonders stressige Zeit für Euch als Bandgebilde ist. Seid Ihr denn nur als eine australische Band unterwegs oder seid Ihr eher ein fester Verbund von Freunden?

HEIRS live

Damian Coward:

Ja, zur Zeit touren wir mit unseren australischen Freunden von THE NIGHT TERRORS, davor waren wir quasi auf uns allein gestellt und haben die Tour ganz allein gestemmt, vereinzelt haben uns in der ersten Woche noch KODIAK durch die Clubs begleitet.

Mathias Freiesleben:

Stichwort Australien: In der letzten Zeit schwappt eine ganze Welle höchst interessanter Bands auf unseren alten Kontinent. Was ist der Grund dafür? Ist "Down Under" etwa zu klein?

Damian Coward:

Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung, warum das gerade in Australien passiert. Vielleicht ist es die absolute Einsamkeit oder Abschottung, die daran schuld ist, was dort so abgeht.

Mathias Freiesleben:

Die so genannte "Drone-Rock-Szene" in Eurer Heimat gedeiht ja hervorragend, Bands wie HEIRS, GREY DATURAS, die HOTEL WRECKING CITY TRADERS, HOUDINI oder auch BUDD hört man ja inzwischen auf der ganzen Welt. [Ein Dank an dieser Stelle und einen Glückwunsch an das Internet zum Vierzigsten! - M.F.] Ist das irgendwie – vielleicht wegen der Abgeschiedenheit – eine logische Entwicklung? Oder ist das Zufall oder Glück?

Damian Coward:

Noch einmal, ich habe wirklich keine Erklärung dafür, warum unsere Bands aus Australien gerade solch einen Zuspruch erfahren. Die meisten dieser Truppen touren sehr viel und haben dadurch auch weltweit Einflüsse kennen gelernt, die sie einfließen lassen können. Ich nehme mal an, dass der einzige Unterschied der ist, dass sie einfach "woanders" herkommen.

Mathias Freiesleben:

Gibt es denn eine besondere "Down-Under-Melancholie"? Ihr habt doch eigentlich die ganze Zeit Sommer bei Euch...

Damian Coward:

Das ist leider ein meist gehörter großer Irrtum, was Australien betrifft! Es kann sehr, sehr kalt werden, und andererseits unglaublich heiß. Es hat eine riesige Ausdehnung, ist ein massives Stück Land, und ich glaube, du kannst dort in völlig verschiedenen klimatischen Bedingungen leben. Es schneit in vielen Gegenden ununterbrochen und trotzdem hast du eine riesige, alles bedeckende Wüste nebenan.

Mathias Freiesleben:

Sag mal, welche Rolle spielt eigentlich Japan? Was ist dort so anders an und in den Clubs und generell auf dem japanischen Markt? Kommst Du damit klar?

Damian Coward:

Japan ist extrem wichtig für uns, einerseits als einer der verrücktesten Orte der Welt, mit vielen starken Einflüssen für unser eigenes Tun. Die kleinen Bands aus Japan könnten es auf einer weltweiten Skala glatt mit den meisten Musikern aufnehmen, die das studiert haben oder es als ihre einzige große Kunst betreiben, die Auftrittsorte haben mit Abstand die allerbesten und beeindruckendsten Soundsysteme, und der Konzentration auf auch noch das kleinste Detail wird die allergrößte Wichtigkeit eingeräumt. Wir alle haben dort sehr viel Zeit zugebracht – es ist in vielen Dingen mehr ein Zuhause für uns geworden als Australien selbst.

Mathias Freiesleben:

Neben THE SWANS, welche äußeren musikalischen Einflüsse sind bei Euch zu finden?

Damian Coward:

Unsere persönlichen Beschaffenheiten sind da mehr als Einflüsse zu finden als irgendeine Art von Musik, aber die klar ersichtlichen Parallelen sind natürlich BLACK SABBATH, SLEEP, OM und eine ganze Reihe von Techno-und Industrial-Hybriden.

Mathias Freiesleben:

Was werden Eure nächsten Aktivitäten sein? Ein halbes Jahr ausschlafen nach dieser Riesentour?

Damian Coward:

Ich denke, nachdem wir uns von den Strapazen erholt haben werden, wird unser nächster Schritt die Aufnahme einer 10"er Platte sein, die dann im frühen nächsten Jahr erscheinen wird, gefolgt von einem neuen Album, welches bis August 2010 draußen sein sollte. Das Ereignis fällt zusammen mit der nächsten Tourplanung, welche auf jeden Fall Europa, die Staaten, Japan sowie Neuseeland berücksichtigt.

Cover von

Mathias Freiesleben:

Wie kam es eigentlich zum Kontakt mit dem deutschen Label Denovali Records aus Bochum?

Damian Coward:

Sie hatten uns über Myspace kontaktiert, und alles, was sie für uns tun und bisher getan haben, war vollkommen professionell. Wir können denen gar nicht genug danken für ihre wahrhaft harte Arbeit.

Mathias Freiesleben:

Ganz zum Schluss: Welchen Namen pflegt Ihr zu benutzen, wenn Ihr Eure schon recht düstere Musik beschreiben müsst. Ist sie überhaupt so düster?

Damian Coward:

Hoffentlich kommt unsere Musik als ehrlich und aufrichtig bei den Leuten an. Es gibt ja eine ganze Menge Probleme, mit denen wir alle als menschliche Wesen so zu kämpfen haben. Das darzustellen, ist unser Ansatz, und auch, dass wir versuchen, wieder mehr Ehrlichkeit in die Musikwelt mit einzubringen. Sobald es dabei um Genres geht, hoffe ich wirklich, dass wir nicht in irgendeines vollends hineinpassen. Vor allem nicht in den so genannten Post Rock, der eine an sich lächerliche Bezeichnung ist und von absoluten und ignoranten Dummköpfen herbeigezerrt wurde, mit ihrer Mittelmäßigkeit, in der sie etwas besonders "Bahnbrechendes" erfunden haben wollten.

Mathias Freiesleben:

Best Wishes for you and your friends. By soon.

Damian Coward:

Thanks for your time. See you next year!

Redakteur:
Mathias Freiesleben

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