INFEST: Bandkopf Vandal über die unendliche Kraft des Metals
24.09.2025 | 17:53Heute haben wir ein Interview eines hochinteressanten Acts für euch – oder kennt ihr viele Bands aus Serbien? INFEST gibt es schon seit 2002 und mit sechs Alben auf der Habenseite haben sich die Death’n’Thrasher bereits einen Namen machen können. Weshalb jedoch das kommende Bollwerk "Ambassadors Of Aggression" den bislang größten Schritt nach vorne bedeuten könnte, was Metal eigentlich ist und mit wie viel Feuer die Band zu Werke geht, erfahren wir in einem ausführlichen Gespräch mit Bandkopf Vandal. Fest steht: Der Moment scheint gekommen zu sein!
Spannende Zeiten bei INFEST, nicht wahr? Wie geht es dir, Vandal?
Freut mich sehr, Marcel! Vielen Dank für dein Interesse an INFEST. Das bedeutet mir sehr viel! Wir reiten gerade auf einer Welle der Begeisterung und zählen die Tage bis zur Albumveröffentlichung am 26. September herunter. Die Promotion läuft auf Hochtouren und die Energie ist unglaublich! Im Moment konzentriere ich mich voll und ganz darauf, Konzerte für 2026 zu buchen und mich auf die Festivalsaison vorzubereiten. Es gibt keinen Ersatz für Metal, das ist der Weg, das ist die Mission, also keine Ruhe für die Bösen.
Ihr habt seit diesem Jahr einen neuen Gitarristen, Cosmogen. Wie habt ihr von ihm erfahren, und warum hat Tyrant die Band nach 15 langen Jahren verlassen?
Cosmogen ist die rohe, entfesselte Kraft, die der Band neues Blut in die Adern gepumpt hat – und das mit Stil und Seele. Ein Killer-Gitarrist und ein Bruder, wie man ihn sich vorstellt. Aber um es klarzustellen: Niemand ersetzt Tyrant! Dieser Mann ist eine Legende, ein Eckpfeiler von INFEST, und es schmerzt jedes Mal tief, wenn ich in der Vergangenheitsform von ihm sprechen muss. Er hat uns nicht verlassen, er musste sich nur einigen echten Kämpfen stellen, die seine ganze Kraft forderten. Man kann nicht alle Kriege gleichzeitig ausfechten. Tyrant ist und bleibt immer Teil der Seele dieser Band, ob mit oder ohne Axt in der Hand.
Cosmogen ist kein Ersatz, er ist ein neues Feuer, das die tiefen Narben fortsetzt, die Tyrant in die Welt des Metals geschlagen hat. Wir glauben an ihn, wir zählen auf ihn, und wir wissen, dass er mit uns die Bühne zum Beben bringen wird, laut und stolz!
Das sind sehr schöne Worte, Vandal! Vor vier langen Jahren erschien euer bisher letztes Album "Psychosis". Jetzt seid ihr mit dem neuen Album bei Violent Creek Records gelandet – wie kam es zu diesem Wechsel, und welche Möglichkeiten eröffnet er der Band?
Dieses Album hat am längsten gedauert, nicht weil wir verloren waren, sondern weil wir wollten, dass es in Ruhe reift. Wir ließen es atmen, und als die Zeit gekommen war, schlugen wir zu. Und ich glaube, wir haben hart zugeschlagen. INFEST tobt seit über zwei Jahrzehnten, und jetzt fühlt es sich an, als wäre unser Moment gekommen.
Wir waren schon immer davon überzeugt, dass unsere Musik es verdient, in jedem Underground-Club und über alle möglichen Kanäle zu erklingen, und genau das hat Violent Creek Records uns ermöglicht. Ihr Vertriebsnetz ist enorm und ermöglicht es uns, mehr Fans zu erreichen als je zuvor. Ich kenne Lorenz schon lange und jedes Wort, das ich über ihn sagen kann, ist voller Superlative. In erster Linie ist er ein echter Metalhead, nicht nur jemand, der im Geschäft ist. Er lebt es. Und darüber hinaus ist er ein absoluter Profi in dem, was er tut. Diese Allianz fühlt sich wie ein Quantensprung an, sowohl für das Label als auch für die Band. Wir glauben, dass dieses Album eine neue Dimension eröffnet, eine, in der man Musik nicht nur hört, sondern auch fühlt. Denn egal wie heavy oder episch eine Platte ist, wenn sie nicht zugänglich ist, ist es, als ob sie gar nicht existiert. Und so überlebt Metal nicht.
"Ambassadors Of Aggression" ist ein sehr starker Titel – was waren eure Ziele bei der Arbeit an der neuen Platte, und wer sind die Botschafter der Aggression?
Als ich die Texte für diese Platte schrieb, kam die Inspiration aus jeder Überschrift. Diese Welt hat Menschenleben zu einer Währung gemacht, die in Hinterzimmerdeals gegen Kriege, Gier und den Aufstieg von Tyrannen eingetauscht wird. Politik ist eine Hure, die an den Meistbietenden verkauft wird. Armut, Krieg und Chaos sind keine fernen Echos mehr, sie sind auf unseren Straßen, in unseren Häusern. Besonders hier auf dem Balkan, wo Korruption nicht nur verrottet, sondern tötet.
Ich bin kein Pessimist, aber was passiert, geht über jede Vernunft hinaus. Daher war es überhaupt nicht schwer, den Willen zu finden, diese Texte lautstark auszusprechen. Die Wut kam ganz natürlich. Die Worte wurden zu unserem einzigen Ventil, unserer einzigen Waffe. Die Botschafter der Aggression sind diejenigen, die die Wahrheit durch Riffs und Wut aussprechen. Wir tragen die Fahne für die Ungehörten, die zum Schweigen Gebrachten, die Zerschlagenen. Und durch Metal senden wir eine Botschaft der Solidarität an all jene, die in ihren eigenen Ländern durch dieselben Feuer gehen. Metal ist nicht nur Musik. Er ist Einheit. Er ist Rebellion. Er ist Überleben.
'Songs Of Violence' war ein kraftvoller erster Appetitanreger – worum geht es in dem Song? Auch angesichts der Brutalität der heutigen Zeit...
'Songs Of Violence' handelt von der bitteren Wahrheit, dass wir uns mitten im 21. Jahrhundert befinden und dennoch immer noch mit denselben primitiven Instinkten Kriege führen. Als hätte die Geschichte nie laut genug geschrien, um uns etwas zu lehren. Auf der einen Seite: Glamour, Gier und Lügen. Auf der anderen: die pure Hölle.
Dieses Lied ist eine Stimme für diejenigen, die zum Schweigen gebracht wurden, für diejenigen, die unter der Last von Systemen, die sie auslöschen wollen, zermalmt werden. Es ist eine Botschaft an diejenigen, die am Rande der Existenz stehen, eine erhobene Faust in Solidarität.
Heute gewinnt der lauteste Narr. Gespräche haben sich auf ein Niveau verlagert, auf dem Intelligenz abgetan wird, einfach weil sie nicht in das leere Schema passt. Der Idiot zieht dich auf sein Niveau herunter und gewinnt durch Erfahrung. Das ist die Welt, in der wir heute leben: Alles ist käuflich, und das Einzige, was zählt, ist, wie viel du bereit bist zu zahlen, und nicht, ob deine Lösung tatsächlich jemandem hilft. 'Songs Of Violence' ist nicht nur Musik, es ist Widerstand.
'Bolje da umrem' bedeutet so viel wie "Ich würde lieber sterben", oder? Wie soll ich den Titel interpretieren? Was ist die Botschaft dahinter?
'Bolje da umrem' ist nicht nur ein Lied, es ist eine offene Wunde. Ein Schrei vom Rande des Abgrunds, wo nur noch Stolz, Schmerz und Trotz übrig sind. Der Text zeichnet das Bild eines Menschen, gebrochen von der Last des Lebens, umgeben von Unwissenheit, Verfall und Verrat. Es geht um einen Geist, der zu schwer ist mit Gedanken, die niemand verstehen kann – nicht, weil es ihn nicht interessiert, sondern weil er es einfach nicht kann. Es geht darum, von einer Welt zurückgelassen zu werden, die Leere belohnt und Tiefe bestraft.
Dieses Lied erzählt von der Erschöpfung eines Kriegers, von jemandem, der einst stark blieb, vor Armeen marschierte, Klingen gen Himmel hob … aber jetzt nur noch in der Selbstzerstörung Kraft findet. Die Klinge ist zur Flasche geworden. Der Schmerz ist zum Protest geworden. Trinken ist keine Flucht mehr, sondern Rache.
"Besser an einem Liter sterben als an einem Tropfen." Diese Zeile ist die Essenz des Songs: Intensität, Wut und Sinn einem stillen, leeren Tod vorziehen. Es wagen, laut auszubrennen, statt in der Stille zu versinken. Es konfrontiert auch das groteske Theater des modernen Lebens, wo Menschen über Tragödien lächeln, wo Gerechtigkeit und Scham bedeutungslos sind und wo die Gräber von Helden und Huren nebeneinander liegen. Es ist bitter. Es ist hässlich. Aber es ist wahr. 'Bolje da umrem' ist ein Mittelfinger an eine Welt, die nach Lüge stinkt, gesprochen mit den gefletschten Zähnen von jemandem, der nichts mehr zu verlieren hat und nicht die Absicht hat, still zu gehen.
'Are You With Me' hat mich besonders gepackt – ein großartiger Song über Solidarität, Stärke und Loyalität – Eigenschaften, die man nur im Metal-Universum erlebt. Mir hat auch das Video sehr gut gefallen, da bekannte Gesichter aus der Szene zu sehen sind. Welche Rolle spielen Bands wie ASPHYX und EXODUS bei INFEST?
'Are You With Me' entstand als kraftvolle Umarmung an unsere Metal-Brüder und -Schwestern auf der ganzen Welt. Unser Motto war schon immer: Wir sind eine Legion, und dieser Song bringt genau das in klanglicher Form zum Ausdruck.
Die meisten von uns waren irgendwann einmal Außenseiter in der Gesellschaft. Metal ist dieser heilige Ort, an dem Einheit, Loyalität und Solidarität über allem stehen. Es ist mehr als Musik, es ist ein sicherer Hafen für die Ausgestoßenen, die Missverstandenen, die Gebrochenen und die Mutigen. Wer es erlebt hat, weiß, was wir meinen. Wer nicht, wird es nie wirklich verstehen. ASPHYX und EXODUS sind für uns nicht nur Bands, sie sind unser Fundament. EXODUS war eine der ersten Bands, die uns für Metal begeistert hat – pure Thrash-Energie und keine Kompromisse. ASPHYX kam später, wie das letzte Puzzleteil, das Sahnehäubchen auf dem Kuchen der Extreme.
Heute fühlen wir uns geehrt, die Jungs von ASPHYX unsere Freunde nennen zu dürfen. Sie sind echt, wahre Metal-Krieger, die ihn immer noch leben, ihn immer noch atmen, ohne Bullshit und ohne Ego. Nur Leidenschaft und Herz. Wie viele andere, die diese Fackel seit Jahrzehnten tragen, nicht für Ruhm oder Reichtum, sondern aus Liebe zur Musik und der Gemeinschaft, die sie schafft. Dafür steht 'Are You With Me': ein Schlachtruf für alle, die denselben Weg gehen, die ihre Fäuste nicht nur für den Sound erheben, sondern für die Brüderlichkeit dahinter. METAL!
Aber ich höre auch starke VADER-, IMMOLATION- und SINISTER-Vibes. Habe ich noch andere Einflüsse vergessen oder welche Bands haben INFEST am meisten beeinflusst?
VADER, SINISTER und IMMOLATION sind absolute Legenden, nicht nur unglaubliche Bands, sondern auch großartige Menschen. Ich hatte die Ehre, mit ihnen allen Zeit zu verbringen. Ross und Bob von IMMOLATION waren sogar auf unserem letzten Album als Gäste zu hören, und Adrie von SINISTER stieß 2009 zu uns. Das sind Giganten, die sich ihrem Handwerk mit Leib und Seele verschrieben haben.
Ich war nie darauf aus, wie jemand anderes zu klingen. Ich wollte immer, dass INFEST seinen eigenen Weg geht und einen Sound hat, der sich vom Rest abhebt. Aber heute gibt es schon alles, und Musik ist nur noch ein Ausdrucksmittel. Was jetzt wirklich zählt, ist die Ehrlichkeit hinter dem Sound. Man spürt durch die Musik, ob jemand wirklich authentisch ist, ob er wütend genug ist, die Wahrheit herauszuschreien. Das ist es, was uns antreibt.
Kein Geringerer als Dan Swanö war für das Mastering verantwortlich. Wie war es für dich, mit einer solchen Legende der Szene zusammenzuarbeiten?
Dan Swanö hat sowohl dieses als auch unser vorheriges Album gemastert. Der Mann ist ein absoluter Profi und eine lebende Legende, die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Es ist eine große Ehre und ein wahres Vergnügen, einen solchen Namen mit unserem Album in Verbindung zu bringen. Er hat seine Magie wirken lassen und diesem Album seine unverwechselbare Note verliehen, so sehr, dass wir alle überwältigt waren. Ich bin mir sicher, dass auch unser nächstes Album von seinem Können und seiner Leidenschaft geprägt sein wird.
Die Songs auf "Ambassadors Of Aggression" brennen darauf, live gespielt zu werden. Gibt es Pläne für Auftritte außerhalb eures Heimatlandes? Wie werden die kommenden Monate aussehen?
Vielen Dank! Wir freuen uns riesig, das komplette Album live zu präsentieren. Los geht’s Ende September in Deutschland bei Paul’s Coastrock, gefolgt von einem Festival in Serbien und der Album-Launch-Show in Belgrad. Nächstes Jahr planen wir Festivals und mindestens zwei komplette Tourneen, denn ohne viel Erfahrung gibt es keinen echten Erfolg. Die Leute müssen hören, was wir zu sagen haben, und das können wir am besten live, von Angesicht zu Angesicht, vermittelt mit all der rohen Kraft und Wut, die nur eine Live-Show ausstrahlen kann.
Vandal, wie kann ich mir die serbische Metal-Szene vorstellen? Abgesehen von FOREVER STORM und WARRIORS kenne ich mich da leider nicht so gut aus – kannst du mir helfen?
Ah, ich sehe, du stehst auf den Heavy-Metal-Vibe der Jugo-Länder! Absolut, sowohl FOREVER STORM als auch WARRIORS haben diesen echten Heavy-Metal-Charakter. Serbien ist ein Land voller Killerbands, ein Land, das Metal einfach nicht sterben lassen will.
Das Problem? Die Leute hier geben oft zu früh auf, weil es fast unmöglich ist, alles zu finanzieren, wenn man keine finanzielle Rendite erzielt. Das Niveau ist für viele zu niedrig, um voll in Metal zu investieren. Es erfordert verdammt viel harte Arbeit und ein bisschen Glück, aber vor allem unermüdliches Agieren, um es zu schaffen.
Wir haben zweifellos unglaubliche Bands. Um nur ein paar zu nennen – und das ist nur ein kleiner Vorgeschmack: THE STONE, NEMESIS, JENNER, NADIMAC, THE FATHER OF THE SERPENTS, XSUS, CLAYMOREAN, QUASARBORN, SVARTGREN und viele mehr. Die Szene ist wild, sehr wild.
Vandal, so viel zu den Fragen. Alles Gute mit dem neuen Album – was möchtest du unseren Lesern und euren Fans noch sagen?
Vielen Dank für all die Fragen und dafür, dass du die Stimme des Heavy Metal weithin bekannt machen willst. Es geht um den Willen, einander zu hören und zu verstehen. Metal ist nichts, dem man entwächst, Metal wird gelebt. Es ist eine universelle Sprache der Anerkennung, ein universelles Symbol der Rebellion und Wut.
Bleibt vereint, keine Spaltungen, keine Egos, kein kleinlicher Stolz. Metal ist Einheit, Metal ist Gemeinschaft. Wir sind eine Einheit!
Fotocredit: Anamarija Vartabedujan
- Redakteur:
- Marcel Rapp