In der Gruppentherapie: ACCEPT - Blood Of The Nations

30.08.2010 | 08:00

Eine triumphale Rückkehr, bei der es nur vereinzelt kritische Stimmen gibt.


Das war eigentlich nicht zu erwarten gewesen. Denn ACCEPT und Udo Dirkschneider gehören für mich untrennbar zusammen, was nach dem ersten Versuch ohne den kleinen Reibeisenteutonen ja auch klar bewiesen worden ist. Und jetzt kommt der liebe Wolf daher und hat mit Mark Tornillo einen Frontmann gefunden, der Udo ähnlich ist, ohne ihn zu kopieren, und legt mal eben zwölf gnadenlose Killersongs vor, mit denen die Band sich berechtigterweise wieder dorthin begibt, wo wir sie sehen wollen: Nach ganz vorne. Dabei wurden die Zutaten nicht verändert, eingängige Hymnen mit sägenden Gitarren irgendwo zwischen "Restless And Wild" und symphonischeren Einflüssen der "Metal Heart"-Phase wie beispielsweise im Titelsong sind so typisch ACCEPT, dass man meinem könnte, die Jungs wären nie weg gewesen. Wenn man ein Haar in der Suppe suchen möchte, so könnte angeführt werden, dass eine offensichtliche Überhymne wie 'Princess Of The Dawn', 'Metal Heart' oder 'Balls To The Wall' fehlt. Weder 'Teutonic Terror' noch 'Shades Of Death' kommen an diese unsterblichen Hits heran, auch 'Pandemic' nicht ganz. Aber ansonsten stimmt hier alles - ob natürlich die Tracks tatsächlich nahtlos an die Großtaten anknüpfen können, wird die Zeit erst ans Licht bringen. Aber meiner Einschätzung nach stehen im Hause ACCEPT die Zeichen auf Welt-zurück-eroberung. Und jetzt will ich sie live sehen. Das knallt bestimmt gehörig!

Note: 8,5 / 10
[Frank Jaeger]

ACCEPT waren in meinen ganz jungen Jahren durchaus wichtig für die auch heute noch anhaltende Metalllegierung. Schuld war mein Bruder, der mir "Restless & Wild", "Balls To The Wall" und "Metal Heart" vorspielte. Und trotz dieser prägenden Erfahrung hat die Solinger Stahlschmiede nie eine Hauptrolle in meinem Musikuniversum gespielt. Dafür war mir der stampfende Teutonen Metal immer etwas zu vorhersehbar. Aber, um mal elegant den Bogen zu "Blood Of The Nations" zu spannen, auch diese Vorhersehbarkeit kann Spaß machen. Das gilt für die Klassiker genauso wie für "Blood Of The Nations". Denn ACCEPT klingen auf diesem Album einfach nach ACCEPT. Und zwar zur Hochzeit ihrer Karriere. Die Riffs und Leads sind wieder vom alten Enthusiasmus geprägt, die Melodien bleiben im Hirn haften, die Refrains kann man herrlich mitsingen, dabei die Faust in die Luft werfen und Abwechslung gibt es im Rahmen des Machbaren auch. Und dass Marc Tornillo entgegen allen Bedenken eben doch den Platz des Udo Dirkschneider einnehmen kann, dabei seine eigene Note einbringt und es eben immer noch - siehe oben - nach ACCEPT klingt, ist vielleicht die größte Überraschung des Albums. Wer also auf ACCEPT im Speziellen oder stampfenden, typisch teutonischen Metal im Allgemeinen steht, hört Songs wie 'Teutonic Terror', 'Beat The Bastards', 'Shades Of Death', 'Rollin' Thunder' oder 'Locked & Loaded' und verfällt dann in Euphorie. Welcome back, guys!

Note: 8,5/10
[Peter Kubaschk]


Diese neue Auflage von ACCEPT wurde von nicht Wenigen bereits tot gesagt, bevor sie richtig begonnen hatte. Von Peinlichkeiten war die Rede und von Sinnlosigkeit. Auch wenn ich mich zu solchen schmählichen Vorurteilen nicht hinreißen ließ, muss ich zugeben, dass auch ich ein bisschen skeptisch war. Würden die bei den Reunion-Shows des Jahres 2005 nicht unbedingt vor Spielfreude berstenden Instrumentalisten wirklich in der Lage sein, noch einmal den Spaß an der Sache zu entdecken, den Musik vom Schlage ACCEPT einfach benötigt, um auf die Fans die erwartete Wirkung zu haben? Nun, "Blood Of The Nations" gibt eine unmissverständlich klare Antwort. Was das Gitarrenduo aus Wolf Hoffmann und Herman Frank hier an messerscharfen Riffs und grandiosen Leads abfeuert, ist schier unglaublich, und auch in Sachen Songwriting stimmt wirklich alles. Wo Kollege Frank die Frage stellt, ob es vielleicht an echten Überhymnen doch ein bisschen fehlen könnte, da sage ich: Nein, das tut es nicht! Das Titelstück oder 'Teutonic Terror' sind Mitsinghits der ersten Klasse und ich bin überzeugt, dass die Fans solche Songs noch lange live werden hören wollen. Dass Mark Tornillo stimmlich zu ACCEPT passen würde, war in Anbetracht seiner früheren Arbeit mit T.T.QUICK ohnehin zu erwarten. Dass er gesanglich in Höchstform ist, haben seine Liveauftritte im Sommer ebenso bewiesen, wie dies nun das neue Album untermauert. Stellt sich nur noch die Frage, ob ihn auch die Fans als Udo-Nachfolger akzeptieren werden, doch auch hier kann ich mir nur eine Antwort vorstellen: Wer hört, mit welchem Tatendrang und welchem Enthusiasmus diese Band momentan auftritt, der muss auch den Neuen am Mikro ins Herz schließen, denn ohne ihn hätte das so nicht mehr funktioniert. Die musikalische Chemie scheint zwischen den Herren Accept und ihrem ehemaligen Aushängeschild nicht mehr zu stimmen, und so ist es auch für die Fans das Beste, wenn sie getrennte Wege gehen und jeder für sich überzeugen. ACCEPT Mk. 3 plätten mit ihrem neuen Werk jedenfalls weite Teile der Szene und ringen bereits nach ersten Hörproben einstigen Spöttern großes Lob ab, und das gelingt nur ganz wenigen Musikern.

Note: 9,5/10
[Rüdiger Stehle]

Baltes und Hoffmann, auf die beiden ist immer noch Verlass. Musikalisch sind der Kern ACCEPTs sowieso unantastbar, haben sie doch den reinrassigen Metal wie kaum eine andere Band vorangetrieben und ihren Stempel aufgedrückt. Das sie jedoch auch 30 Jahre später noch Musik machen können, die einerseits ziemlich old school, andererseits jedoch frisch, erdig, knackig und frei von der Leber durch die Speaker scheppert, verwundert mich doch. Ich hab´s gehofft aber nicht erwartet. Eigentlich müsste ich der Platte wegen der unüberhörbaren Qualität der Songs eine Punktezahl nahe der Höchstmarke geben. Allerdings sind die schon dermaßen eingängig, dass sie nach mehreren Durchläufen mein Interesse etwas verlieren. Das ist allerdings Gemecker auf höchstem Niveau, denn sowohl die Arrangements als auch die Hooks, der Sound sowie Tornillos feines Organ passen einfach zusammen und ermöglichen ACCEPT einen Neustart nach Maß. Jetzt noch die gewohnte Liveenergie und sie werden alles niederreißen. Balls to the wall, man.

Note: 8,5/10
[Alex Straka]


Hmm, das hätte ich jetzt in der Form nach den überschwänglichen Reaktionen der Kollegen nicht erwartet. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich neben meiner bis heute andauernden hohen Wertschätzung der großen ACCEPT-Klassiker wie "Restless & Wild", "Metal Heart" oder "Balls To The Wall" sogar die "Eat The Heat" (mit David Reece an den Vocals) ganz akzeptabel fand. Aber bei der Neuen "Blood Of The Nations" will sich die Begeisterung nicht so recht einstellen. Und das liegt gewiss nicht am Gesang Mark Tornillos, denn der ist über jeden Zweifel erhaben, vor allem deshalb, weil er nicht versucht wie eine 1:1-Kopie von Udo Dirkschneider zu klingen - ein Vorhaben, welches eh zum Scheitern verurteilt wäre. Und wo wir schon beim Thema sind, das letzte U.D.O.-Werk "Dominator" schlägt "Blood Of The Nations" doch recht deutlich, denn die Songs sind auf dem Soloalbum von Mr. Reibeisenstimme einfach besser, da beißt die Maus keinen Faden ab. Der ACCEPT-Silberteller kommt zwar mit ein paar Nummern gehobenen Durchschnitts daher, aber in die Kategorie "reißt vom Hocker" würde ich lediglich das Stück 'Teutonic Terror' einsortieren. In der ACCEPT-Discographie würde ich "Blood Of The Nations" qualitativ auf eine Stufe mit der "Russian Roulette" oder "Death Row" stellen und ein stärkeres Stück Metall als der direkte Vorgänger "Predator" aus dem Jahre 1996 ist der Truppe damit allemal gelungen, zu mehr als 7 Punkten reicht es angesichts der Masse an unspektakulär vor sich hin riffenden Songs aber nicht. Denn gerade die schnittigen Riffs verbunden mit einprägsamen Refrains waren für mich immer das herausragende ACCEPT-Markenzeichen und dahingehend werde ich auf dem neuen Rundling einfach nicht ausreichend mit Killermucke versorgt. 'Teutonic Terror' allein macht den Kohl eben leider noch nicht fett.

Note: 7,0/10
[Stephan Voigtländer]

Redakteur:
Peter Kubaschk

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