In der Gruppentherapie: ENSLAVED - Axioma Ethica Odini

22.09.2010 | 06:28

Wenn auch der eher softe Teil unserer Redaktion bei "Axioma Ethica Odini" nahezu komplett applaudiert und ENSLAVED den Titel "Album des Monats" überreichen, müssen die Norweger vieles richtig gemacht haben. Hier sagen wir euch, was das ist.


Ich muss gestehen, dass ich mich bis dato noch nie ernsthaft mit ENSLAVED beschäftigt habe. Klar, ich kannte ein paar Songs aus der frühen und ein paar Songs aus der späten Phase, aber eine echte Meinung hatte ich mir noch nicht gebildet. Und so bin schon überrascht, als mich das eröffnende Riff von 'Ethica Odini' erst mal mit aller Macht in den Sessel drückt. ENSLAVED verstehen es auf "Axioma Ethica Odini" in beeindruckender Perfektion ein wahres Gitarreninferno mit sphärischen Parts zu kombinieren, die mit absolut fantastischen Vocallines versehen sind. Und während man sich bei den Riffs den Schädel steif bangt, verzaubern einen die Melodien in 'Night Sight', 'Lightening' oder 'Waruun'. Zumal hier alle Teile wie selbstverständlich ineinander fließen und man nie den Eindruck hat, dass sich die Band in den sicher nicht simplen Songstrukturen verliert. Das hier ist ganz große Kunst und sollte neben gestählten Schwarzheimern auch Fans von OPETH, PRIMORDIAL und PINK FLOYD ansprechen. Fantastisch.

Note: 9,0/10
[Peter Kubaschk]

Schon seit längerer Zeit schwirrt mir der Gedanke im Kopf herum, mich einmal mit ENSLAVED zu beschäftigen. Zumindest mit den neueren Alben, denn die wenigen Songs, die ich davon hören konnte, fand ich ziemlich klasse. Wie es aber mit derartig langen Kompositionen so ist, erfasst man ihre komplette Qualität nicht mit einmaligem Hören. Auf jeden Fall war das Vorurteil, es hier mit Eulensoli und anderen elegischen Elementen konfrontiert zu werden, damit aus dem Hirn geschoben worden. Trotz diesen marginalen Vorkenntnissen bin ich von der Druckwelle, die die Gitarren im eröffnenden 'Ethica Odini' erzeugen, mehr als geplättet. Damit hat man sofort alle Aufmerksamkeit des Hörers. Exzellenter Einstieg. Aber es kommt ja sogar noch besser. So gibt es das fiese 'Waruum' mit seinen beschwörend-gruseligen Gesangspassagen und seinen rasenden Gitarren, welche schnell zu mitreißenden Strudelriffs entwickeln oder das progressiv-ruppige Rausschmeißinferno namens 'Lightening'. Alles super. ENSLAVED haben einfach den Dreh raus, sehr lange Songs mit sehr viel Dynamik zu komponieren, so dass die Zeit beim Anhören dieses Albums wie im Flug vergeht. Die facettenreichen Gesänge, die schlau eingesetzten Tempiwechsel, die das gesamte Album wie einen Wildwasserbach klingen lassen, der mal an kantigem Gestein entlang rauscht, sich mal in einen Sturzbach verwandelt und dann auch wieder in einem beinahe stehenden Teich entlädt, all diese Ideen, machen "Axiomo Ethica Odini" zu einem berauschenden Hörerlebnis. Toll.

Note: 8,5/10
[Holger Andrae]


In der mit Floskeln und Nebensatzabfall gefluteten Metalszene gehören Grutle Kjellson und ENSLAVED zu der Außenseiterrotte, mit der man sich unterhalten möchte. Und ohne einen ungesunden Happen Zynismus sind die Norweger mit den hirnlosen Bands, die durch die gleichen Magazine geschleust werden, auch nicht in einer Sammelkategorie unterzubringen. Ein Diskussionsfundament bildet auch "Axioma Ethica Odini"; seine Musik ruft dennoch keine Regungen hervor. Weder die Knurr- noch die Gegsangspassagen sind überwältigend – beides findet man bei den stilistisch eingeengten Vertretern aussagekräftiger –; und nach neun Songs ist der Eindruck zementiert, dass nicht viel geschehen ist. Vor allem mit dem Hörer. Die Frage, ob konservativer Black Metal mit Doom-Bremsenteilen und konservativer Psychdedelic-Progrock in Kombination etwas Fortschrittliches ergeben, bleibt – und ist auch interessanter als das lästige Thema, welches IRON MAIDEN-Album im Vergleich zu dem jeweils aktuellen das letzte gute war. Aber ebenso sucht man vergeblich nach dem reizvollen Angebot, diesen Schaukelstuhl-Extrem-Metal, der bei den großartigen Gitarrenmelodien und Soli in 'Ethica Odini', 'Raidho' und 'Lightening' sein Maximum erreicht, wiederholt anzuhören.

Note: 6,5/10
[Oliver Schneider]

"Oh Götter des Nordens, oh großer Odin, du blicktest mit deinem einen Auge und du hast gesehen. Eine Band, die deiner würdig ist, eine Kunst, die dich zu würdigen weiß. Und du hast sie gesegnet. Dafür danke ich dir." So oder so ähnlich lauten die Sätze, die mich seit dem ersten Durchgang von "Axioma Ethica Odini" tagtäglich in den Schlaf wiegen. Denn dieses Album ist schlicht und ergreifend ein Meisterwerk. Die Verbindung extremer Musik mit einer modernen Interpretation des Rocks, die mit dem Vorgänger "Vertebrae" einen ersten Höhepunkt erfuhr, gelang nie besser. Die musikalische Entwicklung, die die ehemalige Viking Metal Band durchgemacht hat ist gleichermaßen wegweisend, einzigartig und faszinierend. Doch bei allen musikalischen Neuentdeckungen, die die Norweger gemacht haben, sind sie dem Gefühl, das sie mit ihrer Musik übertragen, treu geblieben. Es sind die rauen Landschaften des Nordens, die sie zu dem machen, das sie sind. Zerklüftet, windumtost und dennoch reich an Leben, karg, vom ewigen Eis umschlungen und doch nicht tot, ruhelos und dennoch innehaltend - ENSLAVED sind so viel mehr als nur die Summe ihrer Karriere. Und "Axioma Ethica Odini" ist soviel mehr als ein geniales Stück moderner Musik und der perfekte Soundtrack für den kommenden Herbst.

Note: 9,5/10
[Julian Rohrer]


Nach fast 20 Jahren bestehen sind ENSLAVED keinesfalls eingerostet. Man hört "Axioma Ethica Odini" an, dass die Norweger immer noch Bock auf Musik haben. Die Gitarren fließen klirrend aus den Boxen, trotzdem mutet den Liedern etwas Hymnisches an. Interessant ist der Wechsel zwischen wütendem Gekeife und Klargesang, wodurch der Sound sehr an neuere ETERNAL TEARS OF SORROW erinnert. Das Niveau der Scheibe ist durchgehend hoch, die Produktion lässt nicht zu wünschen übrig. ENSLAVED wechseln geschickt das Tempo und die Gitarrensoli veredeln die neun Tracks zusätzlich. Der kehlige Gesang tut sein Übriges. Mir persönlich klingt "Axioma Ethica Odini" allerdings zu warm – die Produktion hätte ruhig etwas steriler sein können. Die Lieder sind teilweise vorhersehbar und große Überraschungen bleiben aus, trotzdem legen ENSLAVED hier ein mächtiges Brett vor, an dem sich die Konkurrenz erst einmal messen muss.

Note: 8,0/10
[Pia-Kim Schaper]

Redakteur:
Peter Kubaschk

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