KAMCHATKA: Interview mit Per Wiberg

31.03.2014 | 19:53

Wir reden über farbige Cover, französische Taucher und die Kunst der Livemusik.

KAMCHATKA ist eine schwedische Blues-Rock-Band mit viel Seventies-Feeling und passt mit ihrer Musik sehr gut zum Trend zur Rückbesinnung auf Sounds der guten alten Machart. Die Band ist aber schon seit 2004 aktiv und spielte ihre Musik deutlich vor der großen Welle der sogenannten Retro- oder Vintage-Rock-Bands. Die Herren fungieren als klassisches Rocktrio und haben nach dem Abgang von Roger Öjersson einen prominenten Neuzugang zu vermelden: Per Wiberg, bekannt als Tastenmann und Organist von OPETH und SPIRITUAL BEGGARS, spielt nun Bass bei KAMCHATKA und ist auf dem aktuellen Album "The Search Goes On" (zum Review) zu hören. Und genau diesen Mann treffe ich vor dem Konzert in Kufstein.

KAMCHATKA ist eine Halbinsel ganz im Osten Russlands, doch einen tieferen Sinn hinter dieser Namensgebung hat es für die Band nicht gegeben: "Ich denke, wie viele andere Bands haben die Jungs damals nach einem Namen gesucht und mit verschiedenen Namen herumgespielt. Alle guten Namen sind ja mittlerweile schon vergeben. In erster Linie ist KAMCHATKA also einfach nur ein Name, den man, wenn eine Band schon eine Weile lang existiert, in erster Linie mit ihrer Musik in Verbindung bringen sollte. Ich meine aber, dass der Name KAMCHATKA sehr gut zu uns passt, da wir sehr naturverbunden sind. Die Halbinsel KAMCHATKA hat ja viele Vulkane, aber auch Meeresküste. Es gibt dort also viel Bewegung und Dynamik, was auch auf unsere Musik zutrifft."

Per Wiberg war schon lang vor seinem Einstieg mit der Band befreundet. Schon in den Neunzigern hat Per mit Sänger/Gitarrist Thomas "Juneor" Anderson in diversen Blues- und Bar-Bands zusammen musiziert. Zudem ist Per für sämtliches Artwork der Band zuständig. "Tomas hat mich damals gefragt, ob ich ihnen mit dem Coverartwork helfen könnte und natürlich habe ich ja gesagt. Das ist das rote Cover. Man man genauer hinschaut, sieht man dort ein paar Vögel. Die Inspiration kam von einer alten Siebziger-Band namens MAHAVISHNU ORCHESTRA und deren Album "Birds Of Fire". Diese Aufmachung sowie das Logo hat der Band sehr gefallen und wir haben uns entschieden, auch für die folgenden Alben diesen eskapistischen Stil mit den Naturthemen beizubehalten."


Jedes Album hat eine andere Farbe. Ihr kennt das Gefühl vielleicht, dass man Musik gerne mit Farben in Verbindung bringt. Gelbe und rote Musik klingt meist warm und einfühlsam, blaue ist meist kühler und verwaschener und kann auch an die Weite des Ozeans erinnern. Per hat die meisten KAMCHATKA-Alben jedoch nicht vor der Erstellung des Artworks gehört und negiert somit meine Frage, ob die Farben die Stimmungen der Alben widerspiegeln sollen.

Das Artwork zum neuen Album "The Search Goes On" passt meiner Meinung nach nicht ganz in die Reihe. Es hat keine klare Farbe und ist ziemlich düster. Die Taucher scheinen entlang eines dunklen Kliffs ins Ungewisse zu gleiten. "Hinter dem Dunklen war aber keine besondere Intention. Wir dachten uns einfach nur, dass es wieder Zeit ist, unter Wasser zu gehen und etwas Cooles zum Anschauen zu bieten. Da kam mir die Idee mit dem Taucher." Im Stockholmer Wasa-Museum sind solche metallenen Taucherhelme ausgestellt. Die Forscher haben sich damals in diese schweren Rüstungen gezwängt und gefährliche Tauchfahrten durchgeführt, um die Wasa zu inspizieren und ihre Bergung vorzubereiten. "Der Anzug, den man auf dem Cover sieht, ist jedoch aus Frankreich und stammt aus dem späten neunzehnten Jahrhundert. Er hat 350 Kilo gewogen und hat leider nicht funktioniert. Die Taucher gingen unter.
Übrigens, sehr wichtig bei all unseren Covers ist, das immer eine Sache dreimal auftaucht, hier die drei Taucher
."

Dann fangt mal an zu zählen.

Nun ist Per Wiberg festes Mitglied bei KAMCHATKA: "Zunächst sollte ich "The Search Goes On" nur produzieren. Doch ihr Basser Roger hat die Band vor den Aufnahmen verlassen. Ich habe dann zugesagt, auch den Bass zu spielen unter der Prämisse, dass wir gemeinsam an den Songs arbeiten. Das ist für mich viel einfacher, als etwas zu vorgegebenen Songstrukturen zu spielen. Am Ende haben wir Drums, Bass und Rhythmusgitarre live eingespielt. Da die Jungs in einem alten Studio proben, war der Aufnahmeprozess sehr einfach. Mir hat diese entspannte Arbeitsatmosphäre mit den Jungs so gut gefallen, dass ich mich dann dafür entschieden habe, schliesslich festes Mitglied zu werden."

Mir ist beim ECLIPSED ein Review zu "The Search Goes On" aufgefallen, worin es heißt, dass den Reiz des Albums in erster Linie der Sound und nicht so sehr die Songs ausmacht. Dem würde ich widersprechen. Songs wie 'Broken Man' oder 'Dragons' habe große Chancen, in meine Jahresbestenliste einzuziehen. "Jeder Mensch hört eben anders. Wenn Leute die Musik mögen, ist das schön, aber ich gebe jetzt nicht allzu viel auf die Meinung anderer Leute. Wir machen die Musik in erster Linie für uns selbst. Die Produktion ist für dieses Album sogar ein wenig moderner geraten als bei den Alben zuvor. Uns war es sehr wichtig, nach eher nach 2014 als nach 1971 zu klingen. Deswegen sind wir für den Mix auch in ein Studio namens Fascination Street gegangen, das eher für Produktionen von Metalbands wie SOILWORK, OPETH und AMON AMARTH bekannt ist. Die Leute dort verstehen ihr Handwerk und wir sind sehr zufrieden mit dem Endergebnis."





Ich höre ein gewisses DEEP PURPLE-Feeling bei "The Search Goes On". "Klar, aber das erklärt sich eher aus der Art, wie wir die Songs eingespielt haben, als an ihrem Sound. Hör Dir ein altes DEEP PURPLE-Album an und dann das neue KAMCHATKA-Album und Du wirst feststellen, dass die ganz unterschiedlich klingen. Doch wenn Leute sagen, dass wir nach alten BLACK SABBATH oder DEEP PURPLE klingen, ist das, weil wir wie damals üblich live aufnehmen. Das ist einfach etwas ganz anderes, als wenn man Instrument nach Instrument aufnimmt."

Zum Stichwort "live": Eine KAMCHATKA-Headliner-Tour nur mit lokalen Vorbands finde ich erstaunlich. "Wir spielen aber nur an ganz kleinen Venues und das macht uns einen Riesenspaß. Gerade für mich als Neuling ist das Spielen sehr wichtig. Eine Band ist keine richtige Band, bevor sie nicht eine Menge Livekonzerte gespielt hat. Wir machen auch immer wieder Jamsessions, während denen wir mit jedem Gig mehr und mehr als Liveband zusammenwachsen."

Per Wiberg ist nun nicht nur KAMCHATKA-Basser. "Nun ich spiele nach wie vor auch bei SPIRITUAL BEGGARS. Doch jedes Mitglied in dieser Band hat ein Hauptband, die höhere Priorität hat. Die BEGGARS machen wir nur, wenn jeder Zeit hat. Dann spiele ich seit zwei Jahren als Live-Musiker bei CANDLEMASS. Tja, und jetzt mache ich noch KAMCHATKA. Man muss schon einige unterschiedliche Tätigkeiten ausüben, um als Musiker überleben zu können."

Ich denke mir ja, dass man als Mitglied von OPETH nicht schlecht fährt. "Nun, hier hatte ich aber nicht mehr das Gefühl, dass es mir dort noch Spaß macht. Ich musste wieder etwas anderes machen. Mein Ausstieg war aber nichts Persönliches, ich habe immer noch einen guten Draht zu den Jungs". Mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen. Schließlich geht es um KAMCHATKA. Und diese Band ist live und auch auf Platte mehr als empfehlenswert. Ich wünsche dem sehr sympathischen Per Wiberg viel Glück bei ihnen.

Dank geht an Birgit Schwaighofer (Foto-Schwaighofer) für das Live-Foto von Per Wiberg.

Redakteur:
Thomas Becker

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