KAMELOT: Interview mit Roy Khan

01.01.1970 | 01:00

Mit dem neuen Album "Karma" haben Kamelot ihren Stil des schon herausragenden Album "The 4th Legacy" verfeinert. Überall wird das "Karma" in den den höchsten Tönen gelobt. Ein Grund mehr sich mit dem sympathischen Frontmann Roy Khan zu unterhalten.

Georg:
Erstmal eine Gratulation zu eurer neuen CD "Karma", soviel ich mitbekommen habe, ist die Resonanz ja hervorragend. Waren die Reaktionen nur in Deutschland so euphorisch?

Roy:
Die Reaktionen waren überall fantastisch. Zum Beispiel in England, wo es ja nicht so einfach ist. Aber es ist auch noch etwas zu früh, um etwas 100%iges zu sagen. Die Scheibe wurde z.B. in Japan und in den USA noch gar nicht veröffentlicht. Aber dort wo "Karma" bisher veröffentlicht wurde, hat sie eingeschlagen, die Reviews sind überwältigend, die Plattenfirma steht hinter uns, wir sind glücklich, die Produzenten sind zufrieden. Ich bin begeistert.

Georg:
"Karma" hat mehr progressive Einflüsse, als noch "The 4th Legacy", ist das der Weg, den ihr weiter beschreiten wollt?

Roy:
Nun, wir werden sicher keine rein-progressive Band werden. Aber dort wo es hineinpasst, werden wir die Songs mit progressiven Elementen anreichern. Man kann damit viele schöne Effekte erzielen, und somit den Songs einen eigenen Charakter verleihen.

Georg:
Ihr habt auch den Anteil klassischer Elemente deutlich gesteigert.

Roy:
Ich würde es so ausdrücken: Wir sind auf "Karma" extremer als in der Vergangenheit. Ob das nun den Prog-Anteil, die Klassik, den Anteil an symphonischen Elementen oder sonst irgendwas betrifft. Aber es ist kein allzu großer Unterschied zu "The 4th Legacy". Wir sind einfach einen Schritt weiter gegangen. Ich denke, wir haben unseren Stil gefunden.

Georg:
Wie habt ihr die Arbeit im Studio empfunden, vor allem jetzt, mit all den klassischen Arrangements. Ich wette, ihr hattet mehr Arbeit mit den Aufnahmen als je zuvor...

Roy:
Ja, wir haben sogar einen Monat länger gebraucht, als wir eigentlich wollten. Aber die Erwartungen waren so hoch und wir haben lieber die Deadline überschritten, als etwas herauszubringen, womit wir nicht glücklich gewesen wären. Noise Records hat zwar gedrängelt, aber wir haben nur diese eine Chance, und wenn die CD gepresst ist, kann man nichts mehr ändern. Und wir wollten einfach das Beste aus uns herausholen.

Georg:
Sascha Päth hat ja schon reichhaltige Erfahrungen mit aufwendigen Platten gesammelt, wie groß war sein Einfluss auf Eure Produktion?

Roy:
Nun, er ist der Produzent, von daher ist sein Einfluss natürlich sehr groß, aber ich glaube Miro hat mit seinen Keyboards und den orchestralen Arrangements noch wesentlich mehr Einfluss genommen. Sascha hat uns bei gewissen Arrangements geholfen, sich aber in der Hauptsache um organisatorische Dinge gekümmert.

Georg:
Das Electronic-Intro von ?The Spell? ist aber nicht typisch für KAMELOT.

Roy:
Nein, das Intro ist wirklich nicht Kamelot-typisch. Das haben wir nicht einmal zu hören bekommen, bevor das Album fertig war. Aber wir vertrauen Miro und Saschas Arbeit, sie haben meinen vollsten Respekt. Wenn ich es mir jetzt anhöre, bin ich ganz zufrieden damit, aber ich hätte es sicher nicht so gemacht. Aber die Sachen, die Thomas und ich wirklich ändern wollen, die hört vermutlich keiner ausser uns, wir waren schließlich die ganze Zeit im Studio dabei.

Georg:
Was mir besonders gefällt ist diese Wehmut mit der du die Songs singst. Wie machst du das?

Roy:
Ich weiß nicht, es ist ganz natürlich für mich. Ich habe auch immer Bands wie AHA gemocht, die diese Melancholie in ihren Songs haben. Es ist auch meine Art, Songs zu schreiben und anderen etwas zu erzählen. Ich war schon immer so.

Georg:
"Don't you cry" ist ja Thomas Youngblood's Vater gewidmet, ich finde gerade die Wehmut, mit der du diesen Song interpretierst, herausragend. Man kann sich so richtig in den Song einfühlen.

Roy:
Thomas' Vater starb, als er sehr jung war, und er glaubt, dass sein Vater über ihn wacht. Ich kann das nicht ganz nachvollziehen. So in der Art eines Schutzengels. Auf der Tour kam Thomas mit der Gitarre zu mir und sagte: "Hey Roy, lass uns mal den Song ausarbeiten". Der Song existiert übrigens auch in einer französischen Version. Wir haben insgesamt vier verschiedene Versionen des Albums. Es ist kein Trick, um mehr Geld zu bekommen, aber wir mussten die Veröffentlichung in den USA verschieben, und auf dieser Version sind acht Minuten Videoaufnahmen drauf, ein Bootleg welches ein Fan gefilmt hat. Ich denke er wird sehr erfreut sein, wenn er sieht, was wir damit gemacht haben.

Georg:
Wieso sind nach Fall From Grace über 7 Minuten "Leerlauf," so dass das Album eine zufällige Gesamtspielzeit von 55 Minuten und 55 Sekunden hat?

Roy:
Das war ein Gag von Sascha, ich werde die ganze Zeit danach gefragt. Wir haben herrumgescherzt, das Album "The 5th Legacy" zu nennen. Und Sascha hat wohl beim Mastern nach 55:55 Minuten das Masterband angehalten um zu zeigen, daß es das fünfte Album ist. Das sind so die Sachen, die die Produzenten mit einem anstellen. *lacht*

Georg:
Das Thema Bathory wird ja nicht zum ersten Mal im Metal aufgegriffen, wie seid ihr darauf gestoßen?

Roy:
Sie wurde in früheren Vertonungen eher als Vampir, denn als Mensch dargestellt. Wir wollten sie mehr aus einer menschlichen Sichtweise betrachten. Sie war ein Mensch und sie hat gelebt. Letztendlich weiß keiner, wie viele Menschen sie wirklich umgebracht hat, aber darauf kommt es nicht an. Es waren über 600 und sie war damit die schlimmste Mörderin der Geschichte. Und das ist ein Thema, das auch in Zukunft noch mehr Bands aufgreifen werden. Aber wir wollten einfach eine andere Sichtweise einbringen.

Georg:
Bei eurem Live-Silberling "The Expedition" hat deine Stimme etwas an Druck und Power eingebüßt, auf den Studioalben kommt sie deutlich kräftiger... oder täuscht das?

Roy:
Nein, ich denke der Sound ist einfach live. Wir haben zwei Shows in Deutschland und ein oder zwei Shows in Griechenland aufgenommen. Und live singst du einfach anders, da ist alles lauter und nicht so perfekt wie im Studio.

Georg:
Bist du mit dem Album zufrieden?

Roy:
Ich bin grundsätzlich glücklich mit den Sachen,die wir herausbringen, bei denen ich am kreativen Prozess beteiligt bin. Die Plattenfirma hat uns gefragt ob wir ein Live-Album machen wollen, und so ist das entstanden. Wir haben uns nicht großartig Gedanken gemacht mit Overdubs zu arbeiten.

Georg:
Ich schätze mal, dass ihr ihm Herbst / Winter wieder auf Europa Tournee gehen werdet. Diesmal als Headliner?

Roy:
Ja, wir werden wohl wieder auf Tour gehen, aber ob wir Headliner oder Co-Headliner oder sonst was sind, weiß ich noch nicht. Wir werden im Sommer erstmal auf ein paar Festivals spielen u.a. in Balingen auf dem "Bang Your Head".

Georg:
Und was meinst Du, wie hoch die Erwartungen sind, nachdem ihr durchweg positive Kritiken auf Euer Album erhalten habt?

Roy:
Nun, nach den ganzen positiven Reviews und Rückmeldungen von den Fans sind die Erwartungen natürlich schon relativ hoch, aber so genau kann man das natürlich nie wissen. Die letzte Tour ist ja ganz gut gelaufen.

Georg:
Wie groß ist die Gefahr für einen Musiker, die Musik dem Geschmack der Masse anzupassen oder anpassen zu müssen? Wie geht ihr damit um?

Roy:
Nun, natürlich besteht da eine gewisse Gefahr, aber ich habe angefangen Metal zu spielen, als er nicht sehr "groß" war, so anfang 1990. Und das ist das was ich machen will. Es ist einfach die Musik, in der ich mich am besten ausdrücken kann.

Georg:
Glaubt Ihr, dass ihr mit Eurem "neuen" Stil ebenso viel Aussicht auf Erfolg in den Staaten haben werdet?

Roy:
Nun, das hoffe ich. Es ist natürlich auch schwer, da es in den USA eine große "New Metal" Szene gibt, die mit viel Geld um sich wirft. Es wird sicherlich nicht leicht werden, aber ich denke Kamelot hat einen prima Mittelweg zwischen dem US Metal und dem europäischen Metal gefunden, so dass wir auch in den USA bestehen können.

Georg:
Hast Du eigentlich, seit du bei Kamelot bist, alle deine Ziele erreicht, die du dir so gesteckt hast?

Roy:
Ja, ich bin mit Kamelot sehr glücklich. Wir haben seit meinem Einstieg schon ziemlich viel erreicht. Ich habe eigentlich keinen Grund zu klagen. Wenn man sich allein schon überlegt, was für tolle Kritiken wir mit den Alben bekamen. Und unsere Plattenfirma steht auch voll hinter uns.

Georg:
Mal angenommen, "Conception" würden noch existieren; was meinst Du würde die Band für eine Musik machen und wie würde sich Dein Gesang anhören?

Roy:
Nun, CONCEPTION ist vorbei. Ich weiß nicht, wie sie heute klingen würden. Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht.

Georg:
Wieviele Interviews hast du eigentlich schon gegeben? Macht das überhaupt noch Spaß wenn man immer die gleichen Fragen beantworten muß?

Roy:
Nun, es dürften inzwischen um die 250 geworden sein. Das ist schon richtig Arbeit, und manche Fragen fangen auch mit der Zeit an zu nerven, da man immer wieder das selbe runterbeten muß. Aber es gehört zum Job, genauso wie Liveauftritte und die Arbeit im Studio. Musiker zu sein ist für mich eine tolle Verbindung aus Hobby und Beruf, und ich mache es gerne.

Georg:
Vielen Dank für das Interview.

Redakteur:
Georg Weihrauch

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