KAMELOT: Interview mit Thomas Youngblood

16.03.2014 | 21:29

"Wenn du einen Song spielst, den vielleicht nur fünf von tausend Leuten kennen, warum sollte man das tun?" Thomas Youngblood setzt bei KAMELOT-Shows bewusst nur auf neueres Material.

Im Zuge des zweiten Teils der "Silverthorn Over Europe"-Tournee konnten wir KAMELOT-Gitarrist und Mastermind Thomas Youngblood für ein Viertelstündchen verhaften und über die Tour und das aktuelle Album "Silverthorn" plaudern. Dabei streiften wir sogar für einen Moment das für ihn leidige Thema "Khan-Ausstieg".

Zunächst palavern wir aber über die lange Welt-Tournee, die die Band unter anderem nach Asien führte. Man machte dort Station in Japan und Taiwan, das erste Mal auch in Südkorea. Von militärischen Spannungen habe sich die Bevölkerung dort aber nur wenig anmerken lassen, "vermutlich sind die Leute diese Spannung dort so gewohnt, dass sie sie nicht mehr fühlen. Da hatten wir Amerikaner schon größere Sorgen im Vorfeld, doch sobald wir dort ankamen, fühlten wir uns wohl. Ich war überrascht, wie modern Südkorea ist. Vielleicht ein bisschen so wie Japan, nur ein wenig westlicher orientiert." Japan ist jedoch Thomas' liebster Ort in Asien für Live-Gigs. Er ist fasziniert, wie dieses sonst so disziplinierte Volk bei den Konzerten völlig ausrasten kann.

Die "Silverthorn"-Tour ist eine richtige Mammut-Tour und bewegt die Band seit Oktober 2012 von Europa nach Asien und Australien, zurück nach Nordamerika, ein zweites Mal nach Europa und jetzt, Februar 2014, nach Südamerika. Ich frage, ob dieses Touren nicht auch sehr ermüdend sein kann, doch "wenn man versucht, immer seine Balance zu finden und professionell zu arbeiten, ist dies nicht der Fall. Es ist unser Job und es ist ein toller Job und wir haben jede Menge Spaß dabei."
Ermüdungserscheinungen solle es nach offizieller Verlautbarung allerdings bei ex-Sänger Khan gegeben haben, der am Burn-Out-Syndrom gelitten haben soll. Thomas hat dafür aber niemals ein Zeichen gesehen. Der Split kam für alle sehr plötzlich und kurz vor einer großen Nordamerika-Tournee im September 2010. Seitdem besteht kein Kontakt mehr zwischen den beiden Musikern. Bekanntermaßen ist RHAPSODY OF FIRE-Sänger Fabio Lione eingesprungen und machte laut Thomas einen fantastischen Job. Er wäre auch ein seriöser Kandidat für den vakanten Leadsängerposten gewesen, doch "seine Stimme und sein Aussehen ist doch sehr mit RHAPSODY OF FIRE verbunden, und wir dachten, die smarteste Lösung wäre es, ein frisches Gesicht zu finden."

Und das ist bekanntermaßen Tommy Karevik. Es wurden über tausend Kandidaten geprüft, die sich über Videos, YouTube etc. beworben hatten. "Tommy war allerdings schon bei der Tour mit Fabio auf Probe mit dabei und am Ende haben wir uns für ihn entschieden. Ich mag seinen typisch skandinavischen Zugang zu Vocals, dazu spricht er sehr gutes Englisch und bringt einen leichten Akzent ein." Es war aber niemals geplant, mit einem Sängerwechsel einen Stilwechsel vorzunehmen.

Betrachtet man die Setlisten, fällt auf, dass nur selten etwas älteres gespielt wird als von "Karma". Das liegt aber nicht daran, das Thomas das alte Material nicht mehr mag. "Aber wenn du einen Song spielst, den vielleicht fünf von tausend Leuten kennen, warum sollte man das tun? Es würde die Show nicht besser machen. Die meisten Leute kennen KAMELOT wohl ab "Black Halo", viele neue Fans kamen mit "Silverthorn" dazu. Und so wie ich das erlebe, gehen die meisten Fans nicht zurück. Viele interessieren sich nicht für ein Album von vor fünf Jahren."

Zu "Silverthorn": Hier geht es ja um das Mädchen Jolee, das bei einem tragischen Unfall stirbt. Ihre Zwillingsbrüder sind Zeugen dieses Unfalls, bei dem Jolee auch ein großes Geheimnis mit in ihr Grab nimmt. In der Geschichte werden aber keine Anspielungen auf echte lebende Personen gemacht, "Es ist reine Fiktion. Zunächst hatten wir vor, etwas in Richtung von Dr. Jekyll & Mr. Hyde zu machen, doch das war uns nicht originell genug. Wir haben dann alle zusammen die Musik um diese Story herum komponiert."

Für Thomas ist es beim Komponieren auch sehr wichtig, vorher einen elaborierten Plan zu haben, angefangen vom Zeitrahmen über die Ausarbeitung der Geschichte bis hin zur langfristigen Planung von Videoproduktion und Studioaufenthalt. Bei einer Band wie KAMELOT muss alles schon Jahre im Voraus feststehen. Alles ist sehr professionell strukturiert. Man fragt sich, ob dies nicht die Kreativität einschränkt, doch Thomas negiert das. "Zum Abschluss der "Silverthorn"-Aufnahmen musste noch ein schneller Song her und so kam es, dass der Opener 'Sacrimony (Angel Of Afterlife)' als letztes geschrieben wurde, mit der Vorgabe, einen fetzigen Opener zu generieren." Et voilà. Es ist ihm doch gelungen, oder? Ein Profi kann eben auch unter Druck arbeiten, manchmal sogar besser. Und Hand auf's Herz, ist das nicht in jedem seriösen Beruf so?

Redakteur:
Thomas Becker

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