LABYRINTH: Interview mit Olaf Thörsen

01.01.1970 | 01:00

Das ist es also, mein allererstes Interview! Mein Opfer war Labyrinth-Gitarrist und -Sprachrohr Olaf Thörsen, den ich zum neuen Album "Sons Of Thunder", Tourplänen und anderen brandheißen Themen ausgehorcht habe und der sich als sehr angenehmer Gesprächspartner herausgestellt hat. Read and enjoy...

Stephan:
Wie verliefen die Aufnahmen zu "Sons Of Thunder" und wie war die Stimmung im Studio?

Olaf:
Oh, es lief nicht so toll. Wir hatten einige Probleme mit dem Produzenten (Neil Kernon, u.a. Queensryche, Nevermore -d. Verf.), und um es kurz zu sagen, zum Schluß war der Mix nicht besonders gut. Deshalb haben wir den Release gestoppt und das Album verzögerte sich entsprechend, weil wir es noch einmal komplett selbst gemixt haben.

Stephan:
Ja, ich hörte, daß ihr mit Neil nicht zufrieden wart...

Olaf:
Nein, absolut nicht.

Stephan:
Das verwundert schon etwas, weil Neil Kernon ja nun wirklich kein Unbekannter ist.

Olaf:
Ja, das stimmt und ich weiß auch nicht, was letztendlich die Gründe waren. Es ist sehr schwierig, da jetzt im Nacheinhinein etwas drüber zu sagen. Wenn man ein Album macht, dann muß da so eine Art Balance im Studio herrschen, denn sonst kann es leicht passieren, daß man nervös wird und nicht das Optimale aus sich herausholen kann. Es ist wirklich schwierig, dir jetzt eine Antwort zu geben; es funktionierte eben einfach nicht mit ihm.

Stephan:
Und wollt ihr es beim nächsten Album mit einem anderen Produzenten versuchen oder wieder selbst machen?

Olaf:
Wir werden es wieder in unsere eigenen Hände nehmen. Es war unser erstes Mal und wir hatten eine Menge Probleme, aber nächstes Mal machen wir es wieder selbst.

Stephan:
Kannst du die Story von "Sons of Thunder" mal kurz zusammenfassen?

Olaf:
Die Geschichte spielt im 17. Jahrhundert während der Herrschaft von Louis XIV. in Frankreich. Auf einer Party bekommt er ein Bild von der Tochter des Herrschers von Venezia geschenkt und verliebt sich in dieses Mädchen. Er muß sie unbedingt sehen, weil er schon nicht mehr schlafen kann. Da er aber Probleme mit den Veneziern hat, beauftragt er den Führer der Sekte "Sons of Thunder" dieses Mädchen zu entführen und nach Paris zu bringen. Aber auf dieser Reise verliebt sich der Sektenführer seinerseits in das Mädchen und beschließt, sie nicht nach Paris zu bringen, sondern mit ihr zu fliehen.

Stephan:
Und wie kamst du auf diese Idee?

Olaf:
Ich habe mich von meinen Studien inspirieren lassen. Ich war auf einer Schule, wo wir jeden Tag Geschichtsunterricht hatten. Und da war ich besonders fasziniert vom 17. Jahrhundert, so daß ich schon eine Weile die Idee hatte, ein Album darüber zu machen.

Stephan:
Du hast fast alle Songtexte geschrieben. Wollten die anderen, außer Sänger Rob Tyrant (schrieb "Love" und "Chapter I"), nicht?

Olaf:
Wir haben es eigentlich schon immer so gemacht. Ich habe die Band 1991 gegründet um mich selbst zu verwirklichen, und da ist das Schreiben der Lyrics sehr wichtig für mich, zumal ich früher auch schon Musicals geschrieben habe. Deshalb schreibe ich die Texte und ich glaube, die anderen sind auch nicht besonders böse darüber (lacht).

Stephan:
Wie bist du mit dem Cover-Artwork zufrieden?

Olaf:
Also, ich finde es wirklich gut. Es sind nicht die üblichen Drachen und Ritter, also die typischen Power-Metal-Klischees. Wir wollten etwas besonderes machen. Der Zeichner ist ein sehr guter Freund von uns und er hat wirklich gute Arbeit geleistet.

Stephan:
Die Scheibe habt ihr ja nach eurem "Sons of Thunder"-Fanclub benannt. Eine Art Dankeschön?

Olaf:
Ja, genau. Das erste, was wir hatten, war der Albumtitel. Noch vor den Lyrics und der Musik. Dann hab ich mir praktisch eine Story dazu überlegt. Wie ich dir erzählt habe, wollte ich etwas über das 17. Jahrhundert machen, und so hab ich die beiden Sachen vermischt und das Ergebnis ist unsere neue CD.

Stephan:
Gibt’s nach der Europatournee zum "Return Of Heaven Denied"-Album mit Hammerfall jetzt eine Headliner-Tour in Europa oder eine Welttournee? Ihr habt ja besonders in Japan und Südamerika viele Fans...

Olaf:
Ja, wir sind sehr beliebt in Japan und Südamerika und werden dort eine Headliner-Tour machen. Das wird bestimmt eine tolle Sache. In Europa ist es ein bißchen komplizierter. Es gibt Länder, wo wir als Headliner touren könnten, aber in anderen wäre es mit sehr viel Risiko verbunden. Deshalb wollen wir mit einer anderen Band zusammen auf Tour gehen, damit die Leute unsere Musik überall erleben können.

Stephan:
Wie warst du mit eurem Wacken-Auftritt zufrieden, den ich leider nicht sehen konnte?

Olaf:
Jeder, den ich fragte, sagte mir, daß es toll war, also sollte ich ihnen wohl glauben (lacht).

Stephan:
Wie beurteilst du die Fans in Deutschland im Gegensatz zum Rest von Europa?

Olaf:
Es ist unmöglich, überall die gleichen Reaktionen zu erwarten. Die deutschen Fans sind sehr originell. In Italien z.B. sind die Fans enthusiastischer. Das soll nicht heißen, daß sie die Musik mehr mögen, aber sie springen und schreien herum und man denkt, daß sie überhaupt nicht der Musik zuhören. In Deutschland scheinen die Leute mehr auf die Musik zu hören und erst am Ende der Songs zeigen sie dir, ob es ihnen gefallen hat oder nicht.

Stephan:
Was war für dich der bisher beeindruckendste Auftritt mit Labyrinth?

Olaf:
Da fällt mir spontan das letztjährige Dynamo Open Air ein, das sehr beeindruckend war, und natürlich das 98er Gods Of Metal. Das war ja unser erstes Konzert vor so vielen Leuten und es war schon sehr bewegend, wie uns die Fans da gefeiert haben.

Stephan:
Glaubst du, daß ihr mit dem neuen Album einige der eingesessenen Bands vom Thron stoßen könnt und in Europa den endgültigen Durchbruch schaffen werdet?

Olaf:
Es ist sehr schwierig, da etwas vorrauszusagen. Wenn du ein Album aufnimmst, weißt du nie, wie die Reaktionen darauf sein werden. Ich hoffe natürlich, daß das eintreten wird, aber das kann man jetzt noch nicht abschätzen. Das Wichtigste für mich ist, daß ich genau das Album gemacht habe, das ich mache wollte und mich dabei gut fühle.

Stephan:
Ist Rob Tyrant der perfekte Sänger für Labyrinth?

Olaf:
Ja, definitiv.

Stephan:
Glaubst du, daß es ein großer Vorteil ist, daß sich eure Bandbesetzung seit drei Jahren, als Rob zu euch kam, nicht mehr verändert hat?

Olaf:
Ja, auf jeden Fall. In den Jahren davor hatten wir viele Line up-Wechsel, aber seit drei Jahren sind wir in der selben Besetzung zusammen, so daß wir mittlerweile wie eine Familie geworden sind. Jeder will in der Band bleiben, was uns natürlich positiv in die Zukunft blicken läßt.

Stephan:
Hat das dazu beigetragen, euren eigenen Stil zu finden?

Olaf:
Ich denke, mit diesem Album ist es uns gelungen, den Leuten zu zeigen, daß wir nicht nur eine von vielen Power-Metal-Bands sind. Ich mag Power-Metal-Bands wie Gamma Ray, aber ich betrachte Labyrinth als etwas anderes. Das soll nicht heißen, besser oder schlechter, aber ich sehe Labyrinth mehr als Heavy-Metal-Band allgemein und nicht als Power-Metal-Band. Ich denke, daß wir schon etwas Besonderes sind und nicht einfach in eine Schublade gesteckt werden können.

Stephan:
Denkst du, daß ihr in Zukunft ein noch besseres Album als "Sons..." hinbekommen werdet?

Olaf:
Nun, wenn man eine Platte veröffentlicht, denkt man natürlich immer, es so gut wie möglich gemacht zu haben. Aber später hofft man dann schon, noch etwas verbessern zu können.

Stephan:
Erzähl mir mal etwas über dein Side-Projekt Vision Divine?

Olaf:
Für mich ist es eigentlich kein Projekt, ich habe Vision Divine schon immer als richtige Band betrachtet, weil ich sehr viel Arbeit und Energie hineinstecke. Wir arbeiten jetzt am zweiten Album. Mit dem ersten ("Vision Divine" -d. Verf.) war ich sehr zufrieden, aber zu viele Leute haben es einfach als Projekt abgetan, obwohl es für mich eine richtige Band ist. Wir werden nach Südamerika fliegen, um dort zu touren und das macht mich schon stolz. Ich bin bisher sehr glücklich mit meiner persönlichen Laufbahn, ich verbringe sehr viel Zeit mit meiner Musik und das ist auch genau das, was ich machen will.

Stephan:
Aber es spielen ja mit Andrew (McPauls, Keyboards) und Mat (Stancioiu, Drums) noch zwei weitere Mitglieder von Labyrinth bei Vision Divine. Macht so eine Band dann überhaupt noch Sinn?

Olaf:
Ja, aber das ist eigentlich eine lustige Geschichte zwischen Vision Divine und Labyrinth. Der Grund ist, daß Andrew vor drei Jahren für eine Band namens Shadows Of Steel spielte, und ich spielte auf dem Album die Gitarrenparts ein und habe ihn so kennengelernt. Ich überredete ihn, bei Vision Divine einzusteigen, weil wir ein Album aufnehmen wollten. Er fügte sich dann aber so gut ein, daß er letztendlich auch am Songwriting beteiligt war und so vollwertiges Mitglied bei Vision Divine wurde. Dann brauchten wir bei Labyrinth einen neuen Keyboarder, und da er nun einmal der Beste ist, den ich kenne, kam er zu Labyrinth. Es ist schon eine komische Geschichte, weil er ja eigentlich nur bei Vision Divine aushelfen sollte.

Stephan:
Wie siehst du den derzeitigen Metal-Boom in Italien?

Olaf:
Er hat seine guten und seine schlechten Seiten. Es ist natürlich gut, daß die Szene größer wird und Aufmerksamkeit bei den großen Magazinen und aus dem Ausland erregt wird. Aber es ist schlecht, daß so viele Bands, besonders Power-Metal-Bands, Alben aufnehmen, die nicht ehrlich hinter ihrer Arbeit stehen und nur auf irgendeinen Zug aufspringen wollen, um Geld zu machen.

Stephan:
Glaubst du, daß so der Markt überflutet wird und echten Newcomern die Chance genommen wird, bekannt zu werden?

Olaf:
Ja, es gibt einfach zu viele Release zu Zeit und ist einfach unmöglich für die Fans, bei hunderten von Veröffentlichungen pro Monat den Überblick zu behalten. Deshalb versuchen wir auch, mit Labyrinth ein bißchen unseren eigenen Weg zu gehen, indem wir eben nicht wie jeder andere auch klingen wollen, sondern etwas Besonderes machen wollen, was die Leute dadurch aufmerksam macht.

Stephan:
Und wie beurteilst du die Möglichkeiten junger Nachwuchsbands, über das Internet bekannt zu werden?

Olaf:
Das ist der beste Weg, sich einen Namen zu machen. Die jungen Bands können wirklich glücklich sein, denn als ich vor sechs Jahren mit meinem ersten Demo anfing, gab es keine Möglichkeit, das Internet zu nutzen. Das hat sich in den letzten Jahren doch ziemlich stark geändert.

Stephan:
Das sieht man auch an deiner Homepage (olafthorsen.supereva.it), die mir wirklich gut gefallen hat. Eine sehr übersichtliche und informative Angelegenheit. Als Inspirationen für deine Musik gibst du dort u.a. Bands wie Maiden, Helloween und Fates Warning an. Aber was ich auf den ersten Blick nicht vermutet hätte, ist, daß sich da auch Bands wie Slayer, Sepultura und Kreator finden.

Olaf:
Ja, denn nicht viele Leute wissen, daß wir, als wir 1991 mit der Band anfingen, wo ich die ersten drei Jahre Sänger und Gitarrist war, sehr aggressive Musik spielten, die ziemlich nach Sepultura und Slayer klang.

Stephan:
Und könntest du es dir vorstellen, mit einer nicht-Power-Metal-Band auf Tour zu gehen?

Olaf:
Also, wir hätten sicherlich keine Angst davor z.B. mit einer Trash-Metal-Band aufzutreten, weil wir live schon ziemlich hart spielen, aber ich glaube durch Labels, Management u.ä. wäre es nicht möglich, weil die schon versuchen, stilistisch ähnliche Bands zusammen auf Tour zu schicken. Es wäre sicherlich auch schwierig für die Zuschauer, sich unterschiedliche Musikstile anzuhören.

Stephan:
Aber auf Festivals spielen ja auch total unterschiedliche Bands...

Olaf:
Ja, aber Festivals sind da schon etwas anderes. In Italien z.B. würde es nicht funktionieren, weil jemand, der sich Trash Metal anhört nicht auf Power-Metal steht (da ist der Verfasser dieser Zeilen vermutlich so etwas wie die goldene Ausnahme... -d. Verf.).

Stephan:
Auf deiner Homepage finden sich neben Labyrinth auch jede Menge Vision Divine-MP3‘s. Wie stehst du zu der allgemeinen Problematik?

Olaf:
Nun, das ist sehr schwierig... Ich stelle ja nur Samples und keine kompletten Songs rein, in dieser Weise finde ich es in Ordnung. Es ist natürlich eine tolle Sache, wenn man sich jeden Song per Mausklick runterladen kann, ohne dafür zu bezahlen, aber das kann eine Band natürlich sehr leicht kaputtmachen. Sicherlich wird die erste Band, die daran kaputtgeht, nicht Metallica sein, aber für Bands der Größenordnung von Labyrinth, ist es schon eine Gefahr.

Stephan:
Aber für unbekannte Bands ist es doch eine feine Sache, sich so neue Fankreise erschließen zu können.

Olaf:
Für Newcomer, die ein Demo-Tape unter die Leute bringen wollen, ist es natürlich ein sehr guter Weg, um bekannt zu werden. Damit bin ich vollkommen einverstanden und wünschte, ich hätte damals die Möglichkeit dazu gehabt.

Stephan:
Was machst du, wenn du gerade nicht für eine deiner Bands in die Saiten greifst?

Olaf:
Ich spiele Gitarre für jemand anderen (lacht)...

Stephan:
Reicht das aus, um deinen Lebensunterhalt zu verdienen?

Olaf:
Also ich sag es mal so: reich werde ich bestimmt nicht davon, aber es macht mich glücklich und ich kann mich damit selbst verwirklichen.

Stephan:
Was hälst du von dem allgemein grassierenden Reunions-Wahn?

Olaf:
Nun, manche sind gut und andere nicht. Manche scheinen damit den Leuten nur das Geld aus der Tasche ziehen zu wollen.

Stephan:
Und welcher Teil überwiegt?

Olaf:
Nun, nicht alle sind unehrlich den Fans gegenüber, aber die meisten sind für mich überflüssig.

Stephan:
Was ziehst du dir zu Hause für nicht-Metal-Bands rein?

Olaf:
Ich höre mir z.B. sehr gerne Enya an, Irish Folk und Pop-Musik aus den Achtzigern.

Stephan:
Okay, vielen Dank für das Interview und hoffentlich bis bald auf Tour.

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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