LIZZY BORDEN: Interview mit Lizzy Borden

01.01.1970 | 01:00

"Deal With The Devil" heißt das neue Scheibchen von US-Rocker LIZZY BORDEN, und damit er sich quasi selbst übertroffen. Was er selbst dazu sagt, lest ihr hier.


Stephan:
Bist du zufrieden mit dem neuen Album?

Lizzy:
Ja, es könnte nicht besser sein. Das ist die ausgefeilteste Platte, die ich je gemacht habe. Sie ist besser geworden, als ich es mir erhofft hatte. Auch wenn man natürlich nicht immer komplett zufrieden sein kein. Man arbeitet sehr lange daran und dann geht es vielleicht in eine andere Richtung als geplant und was man vorher gar nicht erwartet hat. Aber ich mag sie wirklich.

Stephan:
Glaubst du, wie ich, daß "Deal With The Devil" das bisher beste LIZZY BORDEN-Album überhaupt ist?

Lizzy:
Ja, das denke ich schon. Es vereint eine Menge verschiedener Ideen. Es verbindet sozusagen die Vorgängeralben "Love You To Pieces", "Visual Lies" und "Master Of Disguise". Es kompensiert den Sound und den Stil von LIZZY BORDEN auf einer Platte.

Stephan:
Hast du nach der ruhigeren "Master Of Disguise"-Scheibe jetzt bewußt härtere Songs geschrieben?

Lizzy:
Nun, ich suche mir für jedes Album, das ich mache, ein Thema heraus. Und dann lese ich Bücher und schaue mir Filme an, die ich damit in Verbindung bringe. Wenn ich dann die Songs schreibe, habe ich immer das Thema im Hinterkopf. Bei einem anderen Thema würden sich auch die Songs anders anhören. Wie die Platte letztendlich wird, hängt also hauptsächlich von diesem Thema ab.

Stephan:
Und was hast du im Gegensatz zu "Master Of Disguise" verändert?

Lizzy:
"Master Of Diusguise" war eine sehr düstere Platte. Ich wollte ganz bewußt düstere und dunkle Emotionen hervorrufen, was ganz im Gegensatz zu "Deal With The Devil" steht.

Stephan:
Beide Platten wurden ja von Elliot Solomon produziert, aber trotzdem sind sie so unterschiedlich. Wie kann man sich eure Zusammenarbeit vorstellen?

Lizzy:
Bei "Master Of Disguise" hab ich ihm genau gesagt, wie ich diese Platte haben will und er ist so ein großartiger Produzent, er hat einfach ein Gespür dafür, was man von ihm will und was ein großer Produzent auch haben sollte. Ich sagte ihm, daß ich nicht "Master of Disguise" Teil 2 machen wollte, sondern etwas Neues und Anderes. Natürlich mit alten Elementen, aber auch mit neuen Ideen, um einfach ein neues Album zu machen und keinen billigen Abklatsch.

Stephan:
Für mich klingt "Deal With The Devil" so, als wolltest du allen Kritikern zeigen, daß LIZZY BORDEN noch lange nicht tot ist. Ist da was dran?

Lizzy:
Ich hab es nicht aus diesen Grund getan, aber ich bin stolz, daß es so verstanden wird. Ich habe das Album für mich gemacht, ich wollte eine Platte machen, die mir gefällt. Ich bin sehr zufrieden damit, wie es geworden ist und die Tatsache, daß es der Presse auch gefällt ist einfach nur eine schöne Zugabe für mich.

Stephan:
Wie läuft das Songwriting bei dir ab?

Lizzy:
Nun, ich schaue mir viele Filme an und lese Bücher, wie z.B. Dante's Inferno und Paradise Lost. Ich beschäftige mich mit verschiedenen Religionen, ich habe u.a. in der Bibel gelesen. Und dann fange ich an die Songs zu schreiben. Und wenn ich dann die Texte im Kopf habe und worum sich der Song drehen soll, dann schreibe ich die Musik dazu.

Stephan:
Wovon handeln denn die Texte?

Lizzy:
Also überraschenderweise geht es hauptsächlich um den Handel mit dem Teufel. Oder anders gesagt, es geht um das menschliche Gewissen. Jeder Song ist individuell, aber es gibt ein übergreifendes Thema, sie alle verfügen über eine Art moralischen Aspekt. Es geht um die Wahl, die Menschen haben und um die richtigen Entscheidungen, die sie treffen oder eben auch nicht.

Stephan:
Und welche Charaktere spielst du da so?

Lizzy:
Das ist in jedem Song verschieden. Bei "Deal With The Devil" spiele ich Satan, bei anderen Songs andere Charaktere. Ich will das jetzt auch nicht zu sehr kommentieren, weil es sicherlich verschiedene Bedeutungen gibt und es kann schon sein das jemand etwas völlig anderes in einem Song sieht, als ich, als ich ihn geschrieben habe. Wie wenn man z.B. ein Bild betrachtet, dann hat auch jeder unterschiedliche Emotionen diesbezüglich und interpretiert es anders. Und wenn zehn Leute einen meiner Songs interpretieren, erhalten wir hoffentlich zehn verschiedene Antworten. Das war eigentlich mein Ziel.

Stephan:
An Hand der neuen Scheibe, würdest du deine Musik eher als Heavy Metal oder eher als Shock Rock bezeichnen?

Lizzy:
Heavy Metal. Ich gehe nicht raus, um die Leute zu erschrecken. Ich will sie unterhalten. Sie sollen Spaß haben, während ich irgendwas auf der Bühne darstelle. Musikalisch sowieso, da ich Bands wie JUDAS PRIEST favorisiere. Ich weiß auch nicht, wie man Shock Rock definiert und so würde ich sagen, Heavy Metal.

Stephan:
Vor ein paar Wochen, hab ich einen der neuen Songs gehört, der jetzt gar nicht auf "Deal With The Devil" gelandet ist und der da heißt "We'll Burn The Sky". Was ist mit dem passiert?

Lizzy:
Dieser Song, - glaub es oder nicht - ist ein umgeschriebener SCORPIONS-Song. Es war das erste Stück, das wir für das neue Album aufgenommen haben. Es war sozusagen die Generalprobe für unsere eigenen, neuen Songs. Wir haben die kompletten Lyrics geschrieben und jetzt ist er eigentlich nicht mehr wiederzuerkennen. Ich glaube, es wird ein Bonustrack für Japan.

Stephan:
Wir hast du euren diesjährigen Wacken-Auftritt erlebt?

Lizzy:
Es war ein Traum, dort spielen zu dürfen. Wir haben letztes Jahr auf dem Bang Your Head gespielt, bevor wir die neue Platte aufgenommen haben und jetzt damit zurückzukommen, war wirklich großartig für uns, vorallem auf Grund der Reaktionen, die wir geerntet haben. Wir haben ohne Licht und am Tage gespielt und das vor der Mehrheit der Festivalbesucher, wozu einige Bands nicht die Möglichkeit hatten, weil sie zur selben Zeit auf anderen Bühnen spielten. Aber die Leute schienen wirklich begeistert zu sein von unserer Show.

Stephan:
Und hast dir ein paar von den anderen Bands angeschaut?

Lizzy:
Ja, ich hab mir u.a. ARMORED SAINT und ICED EARTH angeschaut. Ich bin viel rumgelaufen und hab mir viele verschiedene Bands angesehen. Ich bin ein Heavy Metal Maniac, und da ist so ein Festival mit so vielen Metal-Bands einfach toll, besonders durch das Publikum, das sehr begeistert zu sein schien. Es sah so aus, als würden sie einfach alles mögen, das war schon interessant zu beobachten.

Stephan:
In letzter Zeit warst du ja nicht so oft hier auf Tour. Werdet ihr jetzt in Europa und auch in Deutschland touren?

Lizzy:
Ja, wir werden auf jeden Fall nach Europa kommen und ausgiebig touren. Wir waren mit MANOWAR und SAXON 1989 schon mal hier, aber das war keine richtige Tour. Das hat wirklich Spaß gemacht und wir werden zur neuen Platte auf jeden Fall in Europa touren, entweder als Headliner oder mit einer anderen Band zusammen.

Stephan:
Und wie wird eure Bühnenshow aussehen?

Lizzy:
Daran arbeiten wir gerade. Es wird natürlich auf dem Thema der neuen Platte aufgebaut sein. Es wird auch davon abhängig sein, ob wir Headliner sind oder weniger Zeit zur Verfügung haben, wie z.B. in Wacken. Deshalb werden wir zwei Versionen der Show auf Lager haben.

Stephan:
Mit den neuen Songs im Gepäck müßt ihr sicherlich den einen oder anderen alten Klassiker weglassen. Ist es problematisch, die Setlist zusammenzustellen?

Lizzy:
Ja, das ist der schwierigste Teil, die alten und neuen Stücke zu kombinieren. Der Grund mit einer neuen Platte auf Tour zu gehen, ist ja, die neuen Songs zu spielen, so daß ich nicht nur zwei Stücke von der neuen Platte spielen möchte und das war's dann. Aber genauso gibt es natürlich viele Leute, die die alten Songs hören möchten. Wir werden wohl ungefähr die Hälfte alte und die Hälfte neue Songs spielen. Aber gerade für die Support-Situation mit weniger Zeit, wird es sehr schwierig, weil wir auch eine Menge älterer Stücke haben, die wir spielen wollen. Aber trotzdem hoffe ich, daß jeder zufrieden sein wird.

Stephan:
Und welche der neuen Stücke werdet ihr mit Sicherheit spielen?

Lizzy:
Wir sind noch nicht ganz sicher, aber auf jeden Fall "There Will Be Blood Tonight", "Hell Is For Heroes", "Deal With The Devil", vielleicht noch "We Only Come Out At Night". Aber es steht jetzt noch nicht ganz fest, welche Songs wir letztendlich in die Setlist werfen.

Stephan:
Hast du die neue Platte von ALICE COOPER - "Brutal Planet" - gehört und wie gefällt sie dir?

Lizzy:
Ich habe sie erst einmal gehört und ich fand es sehr interessant, in welche Richtung er jetzt geht. Er hat ja schon eine lange Karriere hinter sich und ist ja übrigens auch jetzt wieder auf Tour.

Stephan:
Und könntest du dir vorstellen, ähnlich sozialkritische Texte zu schreiben wie er?

Lizzy:
Naja, er hat ja schon immer etwas in dieser Richtung geschrieben und sich auf soziale Probleme bezogen. Ich schreibe da mehr eine Art dramatisches Comicheft und halte mich aus den politischen Sachen eher raus.

Stephan:
Erzähl mir mal was über die Lizzy Borden, nach der ihr euch benannt habt.

Lizzy:
Im 19. Jahrhundert gab es in Amerika eine Axtmörderin. Sie brachte ihre beiden Eltern mit einer Axt um, und es schien einfach ein gute Idee zu sein, den Namen zu übernehmen (lacht). Für mich ist es ein sehr bizarrer Name, auf Grund der Vorgeschichte, auch wenn wir es jetzt ein bißchen im Gegensatz zu der ursprünglichen Person verändert haben.

Stephan:
Ist das nur eine Rolle, die du durch deine Musik spielst oder ist das auch ein bißchen von dir selbst?

Lizzy:
Wer weiß das schon? Ich spiele viele bizarre Charaktere und wenn ich außerhalb so wäre, wie auf der Bühne, wäre ich wohl schon lange tot, weil es so eine brutale Geschichte ist. Aber wenn ich auf der Bühne stehe und mit dem ganzen Blut herumspiele und so weiter, wer weiß, was da alles passieren kann, da alles passieren könnte (Gruselig... - d. Verf.). Da gibt es sicherlich auch Elemente von mir selbst, aber es sind nicht so viele.

Stephan:
"Deal With The Devil" ist ausgerechnet euer siebtes Album, das so ein Hammer geworden ist. Bist du abergläubisch?

Lizzy:
Nein, eigentlich nicht. In den Achtzigern haben wir in L.A. immer an einem Freitag, dem 13. gespielt. Das hat vielleicht eine Menge Unglück über uns gebracht. Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall riefen uns die Promoter immer an, ob wir spielen können, weil kein anderer auftreten wollte. So kam es, daß wir immer am Freitag, dem 13. und all den anderen Tagen, an denen sich die Leute fürchten, aufgetreten sind.

Stephan:
Welche anderen Metalbands und -stile ziehst du dir rein?

Lizzy:
Ich höre mir wirklich viele verschiedene Sachen an. Ich habe die neue ALICE COOPER gehört und etwas von der neuen von ROB HALFORD ("Resurrection" - d. Verf.), die mir sehr gut gefallen hat. Es gibt einfach eine große Bandbreite von Sachen, die mir gefallen. Es ist sicherlich einfacher zu sagen, was mir nicht gefällt.

Stephan:
Und was denkst über diese New-Metal-Bands wie KORN oder LIMP BISKIT?

Lizzy:
Also ich würde sie nicht Metal nennen, LIMP BISKIT ist eher eine Rap-Metal-Band. Für mich hört sich das mehr nach Dance-Musik an. Auf jeden Fall kann ich nicht gerade behaupten, daß ich LIMP BISKIT liebe.

Stephan:
Und glaubst du, daß solche Bands eine Zukunft haben?

Lizzy:
Wer weiß. Ich denke, nicht unbedingt Rap-Metal, aber Rap-Musik wird wohl so erfolgreich bleiben, wie sie es bisher ist. Aber das ist schwer zu sagen. Ich habe keine Ahnung, was sie auf der Bühne abziehen, aber ich bin eher ein Fan von Performance Metal, wo den Leuten auf der Bühne eine ordentliche Show geboten wird.

Stephan:
Um es mal vorsichtig auszudrücken, ihr seid ja auch nicht mehr die Jüngsten. Wie lange wollt ihr noch weitermachen?

Lizzy:
Also auf jeden Fall noch die nächsten sechs, sieben Jahre. Hoffentlich kann ich ein paar Horrorfilme machen, die Technik ermöglicht es einem ja jetzt für wenig Geld gute Filme zu drehen. Und es wird auch noch mindestens drei, vier Alben geben. So lange es Spaß macht, geht es auf jeden Fall weiter. Zur Zeit ist es einfach toll, egal, ob wir Platten aufnehmen oder irgendwo auftreten. Besonders zu touren liebe ich, weil wir eigentlich schon immer eine Live-Band waren. Solange es Spaß macht, bleibe ich dabei, aber wenn das irgendwann nicht mehr der Fall sein sollte, dann höre ich auf und mache etwas anderes.

Stephan:
Gibt es irgendwas, das du mit LIZZY BORDEN noch erreichen möchtest?

Lizzy:
Für mich ist es einfach schön, die Maschine am Laufen zu halten. Es ist so ähnlich wie bei KISS, bloß nicht ganz so groß. Sie haben auch so viele Jahre ihr Ding durchgezogen und dabei im Grunde genommen jeden Tag dasselbe gemacht. Und genauso ist es bei uns, es ist so familiär und natürlich, weil wir schon so lange zusammen sind und das macht einfach Spaß.

Stephan:
Kannst du zum Abschluß noch eine lustige Tourstory zum Besten geben?

Lizzy:
Da fällt mir jetzt spontan die Flughafen-Geschichte ein. Das war nach dem letztjährigen Bang Your Head, als wir auf dem Flughafen waren, um nach Hause zu fliegen. Ich hatte in meinen Taschen noch all die blutverschmierten Utensilien von der Show. Ich dachte, sie würden die Taschen nicht kontrollieren, aber als ich dann mein Zeug durch die Kontrolle schleppte, sahen die Leute vom Personal die blutige Axt und die Körperteile und all das Zeug. Sie begannen herumzuschreien und die Security umzingelte mich und zerrte mich in einen Raum, um mich zu verhören. Sie behaupteten, ich hätte meine Freundin um die Ecke gebracht. Das war ein ziemlich komisches Erlebnis für mich, denn ich sah mich schon in einem deutschen Gefängnis verrotten. Sie sagten mir, ich solle nie wieder hierher zurückkommen, aber ich kam wieder zum Wacken Open Air und natürlich mit all meinen blutigen Utensilien im Gepäck.

Stephan:
Vielen Dank für das Interview.

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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