MARKO HIETALA im Interview zu "Roses From The Deep"
12.02.2025 | 12:00Der barfüßige Wikinger schlägt nach NIGHTWISH ein neues Kapitel auf und spricht dabei nicht nur ausschließlich über Musik.
Das zweite Soloalbum "Roses From The Deep" des ehemaligen NIGHTWISH-Sängers MARKO HIETALA wirft seine Schatten voraus und es gibt wieder einiges zu besprechen. Neben der Reunion mit TARJA TURUNEN birgt sein neuster Soloauswurf einiges, worüber es sich lohnt, sich auszutauschen. Mit leichter Verspätung trudelt dann ein gut gelaunter Marko ein und muss sich noch ein Wasser organisieren, bevor er sich unseren Fragen stellt.
Sorry, dass es ein bisschen länger gedauert hat, aber ich bin hier unten im Keller und über uns ist meine zweijährige Enkelin, die sich gerade bettfertig macht. Da musste ich noch mal schauen, ob alles in Ordnung ist.
Überhaupt kein Problem, Marko! Bevor wir aber mit dem Interview starten: Dir noch nachträglich alles Gute zum Geburtstag! Laut meinen Recherchen hattest du am 14.01. Geburtstag.
Vielen Dank und ja, was im Internet steht, ist in dem Fall richtig.
Das freut mich zu hören! Die Jahre ziehen vorbei.
Allerdings, wie bin ich überhaupt hier gelandet?
Um erstmal anzukommen: Wie geht es dir und was beschäftigt dich momentan?
Nun, momentan genieße ich den ruhigen Januar und ich müsste was essen... (lacht), aber im Ernst: Aktuell muss ich nirgendwo hin reisen, ich kann zuhause bleiben und mich eher gewöhnlichen Dingen wie Familienleben, etc. widmen. Was großartig ist, aber es ist nur für eine begrenzte Zeit, da ich mich am ersten Februar schon in Helsinki befinden werde und mein Equipment für die Proben zusammensuchen werde. Eventuell werden wir noch am selben Tag damit beginnen, uns mit den ganzen technischen Gegebenheiten zu beschäftigen. Wie es eben heutzutage ist, da gibt es da technische Probleme und bla bla bla.Du hast ja dieses Jahr sehr viele Shows geplant. Erst eine Album-Releasetour in Finnland und dann bist du mit TARJA bis zum Sommer unterwegs.
Größtenteils, ja. Es gibt zwar immer mal so kurze Pausen, aber es ist alles bereits gebucht, ziemlich viel sogar.
Es ist wie es ist.
Stimmt, aber es hat alles seine Richtigkeit. Es kommt ein neues Album raus (lächelt verschmitzt) und wir sind zwei Bands auf Tour, die sich jeweils sehr gut kennen, da sind einige Finnen dabei, die sich mögen. Ein Schwede, ein paar Deutsche, ein paar Argentinier... das ist eine tolle Truppe.
Gleichzeitig ist es dennoch etwas, was getan werden muss, bringt es doch das Essen auf den Tisch und lässt uns das Dach über unserem Kopf behalten. Daher haben wir ein paar Abmachungen getroffen. Vermutlich wird meine Schwiegermutter einfliegen, meine Frau ist aus Brasilien. Ich glaube, sie hat vor kurzem ihren Job gekündigt, da sie sich immer unwohler an ihrem Arbeitsplatz gefühlt hat. Darum freut sie sich umso mehr, sehr viel Zeit mit ihrer Enkelin zu verbringen. Wobei ich glaube, dass das für sie wesentlich reizvoller ist, als nur mit ihrer Tochter zusammen zu sein (grinst). Hoffentlich hat sie das nicht gehört.
Bevor wir jetzt zu den weiteren Fragen kommen, möchte ich mich noch bedanken, dass wir dieses Interview führen dürfen. Ich kenne dich und deine Stimme seit bestimmt 20 Jahren und es ist eine große Ehre für mich.
Ich danke dir. Weißt du... hm, wie sage ich das am besten? All diese lieben Worte, die dir mir in den Interviews gesagt werden, es ist ein bisschen absurd. Die Leute neigen dazu, dich sehr schnell zu idealisieren. Auf der anderen Seite verstehe ich das mittlerweile irgendwie. Ich denke dann daran, als ich ein Teenager war, der in echt heftigen Dingen verstrickt war. Da war es für mich eine Wonne, Bands wie BLACK SABBATH oder DIO zu sehen, als er gerade "Holy Diver" oder "The Last In Line" rausgebracht hat. Zu dem Zeitpunkt war ich nicht wirklich an meinem Gesang interessiert, obwohl es so viele großartige Sänger gibt. Ich habe es auch immer geliebt, wie Rob Halford die Texte mit so viel Wut regelrecht ausspucken konnte. Also ja, das kriege ich mit.
Doch für mich wird die Tatsache, als Idol gesehen zu werden, durch andere Dinge überschattet. Wenn man im Studio mit vielen unterschiedlichen Künstlern und Bands aus unterschiedlichen Genres zusammenarbeitet, dadurch so viel lernt und auch versteht, mehr von diesen Künstlern zu erwarten. Ich war zwischen 20 und 25 als ich als Lehrling in einem Studio gearbeitet habe. Dort habe ich gelernt, zu analysieren und die ganze Bandbreite von Musikern und die schiere Masse von Genres zu erfassen. Dadurch wird alles, was du in deinen Kopf kreierst, deine Vorstellung, und so weiter, kalkulierter und am Ende landet es in einem großen Topf Lava. Letztlich ist das Ergebnis ein völlig anderes, aber es ist dann trotzdem ziemlich gut.Vor einigen Jahren, als du bei NIGHTWISH ausgestiegen bist, hast du gesagt, du hast einen Punkt in deinem Leben erreicht, wo du neue Gründe und neue Inspirationen suchst und benötigst. Hattest du die Nase voll von der Musikindustrie? Denn jetzt bist du wieder zurück und öfter als je zuvor zu sehen. Daher die Frage: War die Liebe zur Musik größer als deine Ablehnung der Musikindustrie? Warum hast du dich entschlossen, zurückzukommen?
Ablehnung oder Hass würde ich an der Stelle nicht sagen. Nun ist es so, du kannst mit großartigen Leuten zusammenarbeiten, aber auch mit total beschissenen Leuten. Die ganze Musikindustrie ist ein Stück weit verrottet und verkommen und es wird auch nicht besser. Es gibt da mittlerweile so eine Reihe von Unternehmen, die sich alles unter den Nagel reißen und über Dinge verfügen, Künstlern und Bands etwas vorlügen und ich finde, sie sollten nicht das Recht dazu haben. Vermutlich muss ich dafür noch einen Beweis vorlegen, aber wenn mir etwas gehört, dann kann ich das einfach für mich behalten. Nur dann kommen diese Unternehmen und bieten dir Tonnen von Geld an, nur damit sie dein geistiges Eigentum haben können. Und sie mögen es nicht, wenn sie es nicht bekommen können.
Es gibt viele gute Leute in diesen Geschäft und der Musikindustrie, die dann einfach ausgespuckt werden, weil sie nicht produzieren und liefern. Vor allem diese Leute, die eine musikalische Vision und Mut haben. Aber was ich damit meine: Gerade wenn man sich den musikalischen Mainstream ansieht, werden die Künstler da immer ärmer in ihrer Kreativität, Vorstellungskraft und Intelligenz (blickt nachdenklich zur Seite). In diese Richtung bewegen wir uns immer mehr. Leider sind Leute wie ich, die in einer professionellen Band spielen... ich habe keine Ahnung, in welcher "Ebene" wir spielen, mit Sicherheit nicht in der ersten oder zweiten, nicht mal annähernd, wenn überhaupt in der dritten Ebene (grinst). Für uns ist es genug, wenn wir Alben rausbringen und Shows spielen, da springt genug Geld dabei heraus. Doch bei anderen ist es völlig unterschiedlich. Ich muss da einige Dinge akzeptieren, wie sie sind. Bislang hat niemand versucht, mir den Mund zu verbieten (grinst). Dennoch muss ich ein paar Dinge akzeptieren und teilweise diesen Firmen ein Stück weit die Kontrolle geben. Musiker wie ich haben einfach das Bedürfnis, Musik zu schreiben und live zu spielen. Daher wollen wir sehen, wie unsere Musik veröffentlicht wird und wir sie auch endlich live präsentieren dürfen. Darum kann ich diesen Leuten vertrauen, ich möchte ihnen sogar vertrauen, mit dem begrenzten Wissen, was ich habe. Dann kann ich auch so schlaue Sachen wie jetzt gerade labern und es wirkt, als hätte ich einen Plan davon (schmunzelt).Nun wollen wir uns aber mal dem neuen Album "Roses From The Deep" widmen. Ich habe gelesen, dass ihr das gesamte Album live aufgenommen habt. Was war der Grund dafür? Das ist ja dennoch eine seltene Art und Weise, etwas aufzunehmen anstatt das alles am Computer zusammenzupuzzeln.
Wir haben bereits "Pyre Of The Black Heart" live aufgenommen. Wir haben also schon mal den ganzen Aufwand betrieben und uns alle gemeinsam in einen Raum gezwängt. Weil... wir alle in der Band sind der Auffassung, wenn du es schafft, so natürlich im Studio zusammenzuspielen und deine Band so tight ist, kannst du auch mal andere Wege einschlagen. Im Studio muss man dann nicht so haargenau darauf achten, das alles überkorrekt in diesem "Gitter" von Cubase (Musiksoftware) oder was auch immer platziert wird. Nur so kommt auch der natürliche Groove der Band auf einem Album sehr gut herüber. Ich mag es, wenn man Alben so aufnimmt, es erfordert zwar höhere Konzentration und ein Song klingt immer ein bisschen anders. Aber ich brauche dann auch keinen Produzenten, der mir sagt, dass ich einen kleinen Part immer und immer wieder erneut einspielen muss. Ich wäre sogar sehr überrascht, wenn er sagen würde, das war gut genug (verschmitztes Grinsen). Aber ja, der natürliche Groove Vibe und die Dynamik der Band ist bei dieser Aufnahmeart einfach sehr stark zu spüren. Manche Popbands, ich möchte da jetzt keine Namen nennen, würden mit dieser Methode nicht zurechtkommen. Die müssen dann das alles so zusammenbasteln.
Weil sie nicht spielen können?
Du könntest das dann einfach nicht veröffentlichen (zupft sich den Bart). Und das ist das Tolle an dieser Methode. Man rostet nicht ein und hat hinterher auch nicht so einen großen Aufwand in der Nachbearbeitung. Selbst als professioneller Musiker.Du hast bereits dein erstes Album "Pyre Of The Black Heart" erwähnt, was ist für dich der größte Unterschied zu "Roses From The Deep?
Da gibt es ein paar offensichtliche Dinge. Das neue Album klingt ein bisschen optimistischer, auch wenn ein paar Songs recht heavy und majestätisch sind. Was aber natürlich daran liegt, dass die Band jetzt schon seit ein paar Jahren zusammenspielt. Von Anfang an hat man da dieses rockige Feeling. Die andere Sache, die dieses Album beeinflusst hat: Als wir "Pyre Of The Black Heart" aufgenommen haben, war ich mit Ach und Krach und stur der Meinung, es geht mir gut. Tatsächlich ging es mir schon lange Zeit nicht mehr gut, mein damaliges Leben war auch nicht wirklich toll. Ich war... (überlegt lange) ziemlich gebrochen. Für längere Zeit schon. "Pyre Of The Black Heart" ist vermutlich eher in sich geschlossen und für mich ein Appell weiterzugehen, trotz der Umstände. Als wir das Album aufgenommen haben, konnte ich mich nur schwer aufraffen. Manchmal musste Tuomas Wäinöla (Gitarre) an meine Vernunft appellieren mit Aussagen wie: "Komm schon, wir müssen noch singen, wir müssen noch üben" und so was. Wenn ich dann erst mal im Studio gewesen bin, fiel mir das Arbeiten, egal ob für die Proben oder die Aufnahmen, dann sehr leicht, ich konnte dann gut singen und mich sehr schnell auf die Musik und die Texte fokussieren. Das ist das Tolle an Musik.
Aber das hat dann nur den Studio-Part betroffen, außerhalb davon hatte ich keinen Fokus. Im Studio hatte ich... in Italien nennt man es "The Happier Society", da ging es mir besser und alles hat sich geändert. Ab da habe ich angefangen, Antworten zu finden, mir ging es besser. Und das war ein erstaunlich schneller Prozess. Ich konnte wieder schlafen und träumen. Oder auch Musik schreiben und mich für neue Dinge interessieren, an die bislang nie gedacht habe. Persönlich hat sich auch viel für mich geändert, Sichtweisen haben sich geändert, zu denen ich hinterher kein Interesse mehr daran hatte, zurückzugehen. Nur mein verkommener, verdrehter Sinn für Humor ist geblieben.
Frankenstein's Wife
https://www.youtube.com/watch?v=kap3cktlis8
Gerade in den dunklen Zeiten sollte man nie den Humor verlieren.
Stimmt, so ist es. Deinen Mitmenschen geht es manchmal auch nicht gut und da ist es wichtig, dass man dennoch zusammen lachen kann. Es hilft auch, weiterzumachen. Dann kann man optimistischer in die Zukunft schauen und sagen: Hey, das war beschissen, was damals passiert ist (grinst).
Das neue Album klingt sehr natürlich, abwechslungsreich und hat einen sehr eigenen Sound. Für mich klingt es mehr wie ein Rock-Album als ein Metal-Album.
Ja, damit liegst du vermutlich richtig. Wir spielen da recht sturen und wuchtigen Rock, der immer mal in Prog-Rock und Metal abdriftet.
Ich höre da Einflüsse wie Deep Purple oder anderer Classic Rock-Bands.
Unter anderem. Dennoch: Es ist ein vorsichtiger, aber auch natürlicher Entwicklungsschritt. Alle in der Band mögen diesen eher wuchtigeren Rock, aber auch BLACK SABBATH. Und dann noch eine Tonne an anderen Einflüssen. Aber wir lieben auch alle PANTERA oder TYPE O NEGATIVE. Dann ist es eigentlich nur logisch, dass da ein komischer Hybrid entsteht, wenn wir gemeinsam Songs schreiben. Deswegen sind die Songs alle unterschiedlich und innerhalb der Songs gibt es viele Sprünge, dennoch klingt es schlüssig und passt zusammen.
Das ergibt auch Sinn, das Album klingt auch so, als hättet ihr viel Spaß gehabt, es aufzunehmen.
Ja. Aber wie ich erwähnt habe, wir haben Leute mit viel Erfahrung in der Band, die auch die theoretische Seite der Musik gut kennen, was es erleichtert, verrückte Ideen zu arrangieren. Es ist auch eine große Freude, zusammen in einer Band zu sein.
Aber natürlich müssen wir über 'Left On Mars' reden. Es ist ja deine erste Zusammenarbeit mit TARJA seit 2004, wo ihr mit NIGHTWISH das Album "Once" veröffentlicht habt. Wie war es, wieder mit ihr zusammenzuarbeiten?Nun, mit ihr wieder zu arbeiten, hat sich total natürlich angefühlt. Natürlich haben wir uns über die ganzen Jahre aus den Augen verloren... wir hatten damals schon so eine Bruder/Schwester-Verbindung. Doch gerade in dem Genre, in dem wir uns bewegen, mit 2 Sängern, das gegenseitige Duellieren, das erfordert eine Menge Drama und Kraft, das jeden Abend durchzuziehen. Egal, ob du da eher ein klassischer Shouter oder eine klassische Sängerin bist. Um die Verantwortung dahinter zu verstehen, dieses Duell jeden Abend zu liefern, besser gesagt, mit dem damit verbundenen Stress, der dadurch ausgelöst wird, umzugehen und gleichzeitig die Leute zu unterhalten... es ist wie deinen inneren Baphomet freizulassen. Manchmal kannst du das nicht wie du es gerne möchtest und dann schauen ja meistens auch noch massenweise Leute zu. Oft artet sowas dann in neurotischen Verhalten aus, aber wir beide hatten da nie solche Probleme.
Wie das Ganze passiert ist? Es ist verrückterweise durch Zufall entstanden. Wir hatten bereits angefangen, Demos für mein Album aufzunehmen. Doch dann gab es diese Verkettung von Ereignissen, wo wir im Sommer ein paar Shows spielen konnten und wir hatten das Angebot bekommen, auf diesem Schweizer Festival (Z7 Summer Nights-Festival) zu spielen. Sie hat mir dann eine Nachricht geschrieben, ob ich interessiert wäre, mit ihr gemeinsam 'Phantom Of The Opera' zu singen und da habe ich sofort gesagt: "Yeah, fuck yeah!" Da war dann noch dieses Demo von dem einen Song übrig, wo Tuomas zu mir meinte: "Das könnte als Duett funktionieren!" Anfangs war ich nicht in der Stimmung und habe das nicht weiter ernst genommen, aber es ergab mit jeder Minute mehr Sinn, bis ich letztlich sagte: "Ich weiß genau, was du vorhast. Du hast Recht, das könnte wirklich ein Duett sein!" Ich hatte dann auch nichts dagegen, sie zu fragen, ihr eventuell noch Champagner als Entscheidungshilfe zu bringen. An dem Abend, an dem wir 'Phantom Of The Opera' zusammen gesungen haben, ist mir dann Vieles bewusst geworden. Es sind die einfachen Dinge, die am meisten Eindruck hinterlassen.
Dass wir gemeinsam auf die Bühne gegangen sind, nach so einer langen Zeit. Die Atmosphäre konnte man regelrecht mit den Händen greifen, ich habe Menschen weinen und dann wieder lachen sehen. Auf der einen Seite ist das etwas Herzerwärmendes, aber auch etwas sehr Ernsthaftes und Berührendes. Wie man so viele Menschen so glücklich machen kann, mit nur einem Song, zusammen mit einem anderen Menschen. Danach habe ich ihr den Song geschickt und sie gefragt, ob und was sie an dem Song mag. Sie schrieb mir zurück, dass der Song großartig sei und sie am meisten die Progressive-Rock-Einflüsse mag, was mich sehr stolz gemacht hat. Sie hat dann in ihrem Heimstudio angefangen, erste Ideen einzusingen. Sie hat auch eine eigene Gesangskabine, was gefühlt jeder von uns mittlerweile besitzt.
Jetzt musst du das nie wieder nebenbei auf einem Schweizer Festival aufnehmen (grinst). Nach dem Festival wurde mir klar, dass dieser Song viele Menschen umhauen wird. Daher haben wir diesen Song dann stark priorisiert, sodass wir 'Left On Mars' noch vor den eigentlichen Albumaufnahmen fertiggestellt, abgemischt und schon Videodrehs gebucht haben. Somit hatten wir den Fall, dass der Song ein Jahr vor dem eigentlichen Album erschienen ist. Ich glaube, der Videodreh war letztlich der Grund, warum wir in Südamerika getourt sind und wir konnten da zwischen dem ganzen Geröll drehen. Und der Song und das Video ist ein guter Vorgeschmack für das, was auf dem Album wartet.
Left On Mars
https://www.youtube.com/watch?v=1TgQOj3rwzE
Das auf jeden Fall.
Du weißt ja, man geht auf Tour, um dann auch zu spielen. Also haben Tuomas und ich jeden Abend ein Akustik-Set als Support gespielt, danach war Tarja mit ihrer Band dran und im Laufe ihres Auftritts sind wir dann auch dazugekommen. Wo wir dann auch schon 'Left On Mars' und noch andere Songs gespielt haben, die man eher als Klassiker bezeichnen könnte (schmunzelt). Wir haben das dann später letztes Jahr in Europa weitergeführt und wir werden das auch dieses Jahr weitermachen. Aber daran denke ich jetzt gerade nicht, ich verbringe jetzt Zeit mit meiner Familie. Mit den ganzen Tourdaten werde ich mich frühestens dann beschäftigen, wenn ich am 1.Februar nach Helsinki zur Probe fahren werde. Die erste Show ist dann ja bereits am 7.Februar.
Aber Tarja ist ja nicht deine einzige Duettpartnerin auf dem neuen Album. Beim Song 'Two Soldiers' ist JP, dein Bandkollege von NORTHERN KINGS, dabei. Wie ist dieses Duett entstanden? Gerade, da sein Name außerhalb von Finnland nicht so bekannt ist.
JP ist mein alter Freund und Bruder, den ich seit vielen Jahren kenne. Wir haben uns 2002 kennengelernt, als ich gerade auf meiner ersten Tour mit NIGHTWISH gewesen bin. JP hat damals in einer anderen finnischen Band namens CHARON gesungen. Da sind wir zusammen mit CHARON und AFTER FOREVER getourt und wir hatten uns damals schon sehr gut verstanden, während und auch nach der NIGHTWISH-Zeit. Dazu kommt, das unsere beiden Leben sehr ähnlich verlaufen sind, merkwürdigerweise. Gleicher Sinn für Humor... wie gesagt, er ist für mich ein alter Freund und wie ein Bruder. Als wir an 'Two Soldiers' gearbeitet haben, war es Tuomas, der einen Großteil des Textes geschrieben hat, ich habe da nur ein paar Zeilen verändert, da ich da das Gefühl hatte, dass manches noch nicht drastisch genug klang, was aber der Song gefordert hat. Dazu hatten wir James Lascelles von WHEEL gebeten, das Korrekturlesen zu übernehmen, was für einen gebürtigen Engländer kein Problem ist. Er hat sich ganz besonders die wirklich essenziellen Zeilen angesehen und er hat dann auch noch selber einen Platz im Song bekommen, er ist der Sprecher in der Mitte des Songs.
Doch als Tuomas den Text geschrieben hat, meinte er zu mir: "Frag doch mal JP, ob er bei dem Song nicht den Part des anderen Soldaten übernehmen möchte, da ihr beiden ja bereits so ein brüderliches Verhältnis habt." Er kam dann ins Studio und wir haben das dann gemeinsam aufgenommen, dass ich die erste Strophe gesungen habe, dann kam JP dazu, wir haben eine Harmonie zusammengesungen und so weiter. Und obwohl dieser Song so ungefiltert emotional ist, wurde es im Studio stellenweise ziemlich bekloppt. Ich erinnere mich daran, wie wir uns stellenweise kaputtgelacht haben. Wir standen da zusammen in der Aufnahmekabine, haben versucht nicht zu lachen und ein ernstes Gesicht zu machen, was nicht einfach ist, wenn man sich die ganze Zeit selber hört und der andere dich dann auch so blöd angrinst. Nicht sonderlich klug, aber es hat Spaß gemacht.
Bevor wir jetzt zu den letzten Fragen kommen - uns geht langsam die Zeit aus, da du nach deiner Enkelin schauen musst.
Absolut richtig. Doch wenn du noch Fragen hast, dann kann ich sie eventuell einfacher schneller beantworten (grinst).
Der wohl monumentalste Song auf dem Album ist 'Dragon Must Die'. Der Song hat ja eigentlich alles: epische Momente, wilde Gitarrensoli, große Chöre. würdest du sagen, das ist einer der besten Songs, die du jemals geschrieben hast?
So weit würde ich da jetzt nicht gehen, aber es ist definitiv mein Lieblingssong auf dem Album. Es ist auch der Song, in den am meisten Arbeit reingeflossen ist und es hat eine Zeit gedauert, bis er so geklungen hat, wie wir ihn letztlich wollten.
Ein anderer Song, über den ich mir dir sprechen möchte, ist 'Rebel Of The North'. Auch wenn der mit einem Augenzwinkern zu verstehen ist: Würdest du dich nach all den ganzen Jahren noch als Rebell bezeichnen?
(antwortet wie aus der Pistole geschossen) Ja, definitiv und ohne jeden Zweifel! Denn heutzutage ein Rebell zu sein, bedeutet auch, gegen Menschen zu sein, die ohne jede Regung Dinge tun, die völlig ungerecht sind. Solche Menschen kann ich nicht leiden. Ich meine, wir alle können tun, was wir wollen. Wir können so viel Spaß haben und überdreht sein, wie wi möchten. Aber nur, solange unsere Taten nicht andere Menschen verletzen. Gut, da draußen gibt es auch Masochisten, die gerne ausgepeitscht werden wollen. Das sage ich: Sollen sie nur. Menschen fühlen sich von persönlichen Entscheidungen von anderen angegriffen. Warum fühlen sie sich nicht davon angegriffen, wenn manche ihre Werte verraten?
Rebel Of The North
https://www.youtube.com/watch?v=gA5HLCY8VKw
Die letzte Frage: Der Song 'Tammikuu', was übersetzt "Januar" bedeutet - ist das wie eine Hommage an dich selbst?
Okay, es gibt Dinge, die sich stark an der Realität orientieren oder daraus ihre Inspiration beziehen, aber dann gibt es auch Dinge, die sehr weit in die Fantasie reichen. In dem Fall ist es ein Charakter, der nicht einmal geboren wurde. Belassen wir es mal dabei.
Marko, vielen Dank für das Interview und für deine Zeit! Wir sehen uns!
Danke dir, das wäre sehr cool. Bis dann!
Fotocredit: Hanne Hämmer
- Redakteur:
- Kevin Hunger