MESH: Interview mit Mark
01.01.1970 | 01:00Dass dieses Interview noch zustande gekommen ist, habe ich schon gar nicht mehr zu hoffen gewagt. Von plötzlich defekten Aufnahmegeräten bis hin zu Mails, die Gott weiß wo verschwunden sind, war auf dem Weg zu diesem Gespräch alles dabei. Zum Glück hat dank einer supernetten Mitarbeiterin der Promotionfirma und dem geduldigen Mark von der Synthpopband MESH doch noch alles geklappt und deshalb könnt ihr jetzt lesen, was euch mit dem neuen Album und der kommenden Tour von MESH erwartet.
Freya:
Im April kommt euer neues Album mit dem Titel „Who Watches Over Me?“ in die Plattenläden. Angenommen, jemand, der MESH nicht kennt, würde dich fragen, warum er das Album kaufen sollte. Was würdest du ihm sagen?
Mark:
„Who Watches Over Me?“ besteht aus zwölf Tracks, die von drei Leuten geschrieben wurden, die glauben, dass gute Songs wichtig sind und diese mit Synthesizer und Computertechnologie (vermischt mit ein wenig Gitarre) aufgenommen haben. Es ist ein Album über die Leute, die sich um uns kümmern wie zum Beispiel Freunde, Familie und Lover. Es geht um Menschen, die versuchen, diese manchmal zerbrechlichen Beziehungen zu zerstören und um das, was mit uns passiert, wenn diese Beziehungen zerfallen – wenn also niemand mehr da ist, der sich um uns kümmert. Es ist ein Album, dass mit dem Hörer in Kontakt treten will und hat jedem etwas zu bieten, der Musik nicht nur als Tapete betrachtet.
Freya:
Was meinst du damit?
Mark:
Ich meine damit, dass es Leute gibt, die Musik hören, um etwas von ihr zurück zu bekommen, das ihr Leben beeinflusst und für die sie ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens ist. Sie greifen in bestimmten Lebenssituationen auf sie zurück, weil die Musik ihnen in diesen Situationen hilft. Aber es gibt auch andere Menschen, die nur akzeptieren, dass die Musik da ist. Sie lassen sich von ihr berieseln und betrachten sie als eine Art Hintergrundgeräusch - sie ist einfach nur da, wie die Tapete in einem Raum, bei der die Struktur oder die Farbe unwichtig ist. Sie gibt ihnen nichts, also braucht sie auch keine Substanz zu haben. Wir wollen mit unserer Musik Menschen der erstgenannten Sorte ansprechen, da wir, genau wie sie, die Musik würdigen.
Freya:
Wenn dich ein Fan danach fragen würde, was kann er im Vergleich zu früheren Alben erwarten?
Mark:
Wir glauben, dass die neue CD für uns ein Schritt vorwärts ist – sowohl im Songwriting wie auch in der technischen Qualität. Wir hoffen, dass existierende Fans etwas neues aber auch etwas bekanntes in „Who Watches Over Me?“ finden werden. Die thematische Substanz der neuen Aufnahme hat sich sicherlich ein wenig verändert, aber sie ist immer noch eine MESH- CD, von der wir hoffen, dass die Fans mehr Spaß an ihr haben als an allem, was wir in der Vergangenheit gemacht haben. Das ist unsere Hoffnung.
Freya:
Ihr nennt euren Musikstil „electronic mainstream crossover“. Was bedeutet das?
Mark:
Die eigene Musik zu beschreiben ist immer schwer. Wir wollen nicht einfach als elektronische Band angesehen werden, weil das nur die eine Seite der Medaille ist. Das Genre ist sehr sehr wichtig für uns, aber wir schreiben die Songs und setzen sie dann mit der Hilfe der Elektronik um. Ich denke, dass wir uns bis zu einem gewissen Grad schon immer als Schreiber von Mainstream Musik angesehen haben. Natürlich experimentieren wir und ein Teil unserer Musik kann auch mal düster sein. Es gibt immer Songs, die mainstreamfreundlich sind und ich glaube, das ist es, was diese bestimmte Beschreibung aussagen will.
Freya:
Wer beeinflusst eure Musik? Ich konnte in euer neues Album bereits reinhören und ich dachte, dass vielleicht Bands wie DEPECHE MODE Einflüsse auf eure Musik haben könnten. Liege ich da richtig?
Mark:
Ich bin mir nicht sicher, ob uns momentan überhaupt jemand großartig beeinflusst. Bands wie RADIOHEAD machen interessante Sachen mit Elektronik. NINE INCH NAILs „5.1 Dolby“ Veröffentlichung ist auf jeden Fall auch sehr gut und so was würden wir auch gerne versuchen. Ich glaube, dass wir von der Arbeit von VINCE CLARKE und ALISON MOYET in Yazoo erst motiviert wurden, Keyboards zu benutzen. Wundervolle emotionale Musik, die streng genommen eigentlich starr und steril hätte sein müssen. DEPECHE MODE haben auch großartige Sachen gemacht und sie waren auf jeden Fall eine Beeinflussung. Außerdem mochten wir Bands wie FRONT 242, DAF, NITZER EBB, KRAFTWERK und PORTION CONTROL und ich glaube, dass diese Einflüsse uns immer begleitet haben. Außerdem haben wir uns auch mit Gitarren- und Punkbands wie zum Beispiel THE CLASH, STIFF LITTLE FINGERS, THE UNDERTONES, THE JAM und PIL (später) beschäftigt – pure Energie und immer noch klasse Songs. Es ist wirklich schwer, an diesen frühen Einflüssen zu rütteln - aber Leugnen wäre respektlos.
Freya:
Vor der Veröffentlichung des Albums wird die Singleauskopplung „Leave You Nothing“ veröffentlicht. Warum habt ihr diesen Song gewählt und was wird die CD beinhalten?
Mark:
Wir haben die Wahl der Single der Plattenfirma überlassen, weil wir eigentlich mit allem, was auf der CD drauf ist, sehr zufrieden sind. Das klingt arrogant, aber so ist es nicht gemeint – wir sind auch noch viel zu nahe an der CD dran. Es ist fast unmöglich, eine objektive Entscheidung darüber zu treffen, welche Songs die besten sind, weil wir die ganzen Hintergründe wie Probleme bei den Aufnahmen oder beim Schreiben kennen. Oder, als wir dachten, das Demo sei besser als das Album (wenn auch nicht in diesem Fall). Man sollte die kommerziellen Entscheidungen einfach besser den Leuten überlassen, die am besten urteilen können.
Freya:
Ihr seid in verschiedenen Ländern auf Tour gewesen. Welches Land hat die besten Fans? Was sind die Unterschiede?
Mark:
Wir haben in vielen Ländern gespielt und, um ehrlich zu sein, haben wir bisher kaum Unterschiede beim Publikum feststellen können. Es hängt meistens von der Umgebung ab – davon, welcher Wochentag es ist, wie spät oder wie früh es ist. Die Leute zeigen ihre Anerkennung, wenn sie mögen, was man tut und wenn man sie beeinflussen kann – das ist überall so. Ich denke, die einzige Sache, die einen Unterschied machen kann ist, ob man einfach mit dem Publikum kommunizieren kann, da wir außer Englisch keine weitere Sprache gut sprechen können. Das geht natürlich am besten in den USA oder im UK – ich glaube, wir haben Glück, dass die meisten Englisch verstehen. Engländer sind faul.
Freya:
Ihr werdet mit dem neuen Album auf Tour gehen. Habt ihr schon Pläne für die Show und wer wird euch als Support unterstützen?
Mark:
Wir werden dieses Jahr so viel wie möglich touren. Das ist etwas, für das wir in der Vergangenheit wenig Zeit hatten, da wir noch „richtige“ Jobs hatten und da gab es einfach keine Zeit für lange Tourneen. Wir haben in Europa 23 Auftritte eingeplant, wovon die meisten in Deutschland stattfinden werden. Es werden aber noch Gigs in anderen Ländern gebucht werden. Wir planen, die Live-Präsentation dieses Mal zu verändern. Wir hatten nun einige Monate Zeit, um über unseren Live-Auftritt nachzudenken und wir haben eine interessante Show erarbeitet. Sie wird neben mehr Lichteffekten ein absolut neuprogrammiertes Set aus neuen Songs, alten Songs und Songs, die wir nur selten live gespielt haben, enthalten. Um ehrlich zu sein freuen wir uns schon wahnsinnig auf die ganzen neuen Erfahrungen. Mit Supportbands verhandeln wir zur Zeit noch, aber die Entscheidung steht nahe bevor. Es war ein richtiger Alptraum, eine passende Band zu finden, die auch noch so eine lange Tour mitmachen kann.
Freya:
Auf eurer deutschen Homepage http://www.mesh-fg.de habe ich gelesen, dass ihr eure Fans aufgerufen habt, Listen mit ihren Lieblingssongs einzuschicken, damit ihr diese auf der Tour spielen könnt. Stimmt das?
Mark:
Ja, das stimmt. Wir wollten herausfinden, ob es Tracks gibt, die die Leute mögen, die wir aber noch nie live gespielt haben. Die Ergebnisse waren wirklich eine Überraschung und im einen oder anderen Fall haben wir deshalb auch schon einen Track hinzugefügt. Es ist gut, solche Dinge zu wissen – man kann nie gut genug informiert sein...
Freya:
Auf der selben Seite habe ich eine Liste mit Antworten auf oft gestellte Fragen gefunden. Nervt es euch, in Interviews immer die selben Fragen zu beantworten?
Mark:
Nein, eigentlich nicht. Es gibt schlimmere Jobs auf der Welt. Wir haben viele Interviews gegeben. Es ist wichtig, dass die Leute die grundlegenden Dinge über dich und das was du tust kennen.
Freya:
Ich habe gelesen, dass Berühmtheiten wie DAVE GAHAN und ROBBIE WILLIAMS euch bei einem Gig in London besucht haben. Wie habt ihr euch gefühlt, als ihr sie gesehen habt?
Mark:
Wir haben gehört, dass DAVE GAHAN und MARTIN GORE zu einem Auftritt in London gekommen sind. Wir haben sie gar nicht gesehen. Aber die Information kam von verschiedenen Seiten und deshalb denken wir, dass das auch stimmt. ROBBIE WILLIAMS haben wir bei einem anderen Auftritt getroffen. Er fragte, ob er uns Backstage treffen könnte – da sind wir ehrlich gesagt wirklich ausgeflippt, weil er so berühmt in England ist und es war schon komisch, ihn ganz real vor sich zu sehen. Er war aber richtig cool – ein netter Typ, der sich eine Nacht von seinem stressigen Leben freigenommen hat, um uns zu sehen. Davon muss man geschmeichelt sein. Er hat sich sogar eines unserer T-Shirts gekauft und es dann auch getragen. Er hat uns gefragt, was wir später machen würden und wir haben gesagt, dass wir nach Hause gehen würden!! Wir Idioten!!
Freya:
Sind Live-Auftritte wichtig für euch?
Mark:
Ja, sehr. Die Live-Situation ist, wo du herausfinden kannst, ob du deine Zeit im Musikbusiness verschwendest oder nicht. Dort trittst du mit den Fans in Kontakt und dort wächst du als Musiker. Es ist nicht immer die einfachste Sache, aber es ist intensiv und das, woraus Erinnerungen gemacht sind.
Freya:
Wie lange im Jahr seid ihr unterwegs? Wisst ihr immer wo ihr grade seid?
Mark:
Schwere Frage. Im ersten 3/4 des letzen Jahres sind wir nicht allzu viel herumgereist, da wir Songs geschrieben haben. Aber wir waren auf einer kleinen US-Tour, für einen Gig in Hamburg, dann wieder für vier Wochen in Hamburg, dann in Belgien, um das Album zu mastern, in der Schweiz für einen Auftritt, wieder in Hamburg für eine Party usw... Ja,
ich denke, wir reisen viel. Wir waren in diesem Jahr bereits ein paar Mal in Deutschland und werden vor der Tour auch noch mal herkommen. Um ehrlich zu sein, eine deutsche Plattenfirma zu haben und im UK zu wohnen macht die Sache nicht gerade besser.
Freya:
Ihr habt euer Ziel von der Musik leben zu können erreicht. Wie fühlt sich das an? Und was hat es in eurem Leben verändert?
Mark:
Es fühlt sich fantastisch an – wie als ob du ein Stück deines Lebens zurückerobert hast. Gleichzeitig einem Job nachgehen zu müssen und in einer Band zu sein wurde uns langsam wirklich zu viel. Es war so, als ob man zwei Full-Time-Jobs hätte und da mussten wir uns entscheiden. Ich weiß nicht, wie lange ich so hätte weitermachen können. Plötzlich hat es uns nicht mehr drei Jahre in Anspruch genommen, ein Album zu schreiben, sondern nur noch eins und das hat für uns den mentalen Unterschied gemacht und sehr viel Motivation gegeben.
Freya:
Was sind deine Pläne für den heutigen Abend?
Mark:
Ein Interview für Gothicparadise geben. Die „Gravity Games“ und die Wiederholung von „Hawaii Five O“ im Kabelfernsehen ankucken. Rotwein trinken. Vor 0:30 Uhr ins Bett gehen.
Freya:
Und was sind deine Pläne für den Rest des Jahres?
Mark:
Das Album, das wir gemacht haben, promoten. Viele Live-Shows machen und viele Leute treffen. Spaß haben, weil ein langer Weg hinter uns liegt und vielleicht verdienen wir das jetzt ja.
Freya:
Und zum Schluss die beliebte letzte Frage: Möchtest du ein paar letzte Worte an unsere Leser richten?
Mark:
Wenn ihr bereits etwas von unserer Musik besitzt, möchten wir euch für die Unterstützung, die ihr uns gegeben habt, bedanken – das ist es, was uns antreibt. Es passieren in diesem Jahr interessante und aufregende Dinge und wir hoffen, dass ihr die Möglichkeit habt, sie mit uns zu teilen. Wenn ihr nichts über uns wisst, leiht euch eine CD oder hört euch „Who Watches Over Me“ in einem Plattenladen an. Ihr könntet etwas kleines finden, dass eine große Lücke in eurem Plattenregal füllen wird. Außerdem haben wir ein Video zu „Leave You Nothing“ mit dem amerikanischen Regisseur David Incorvaia gedreht, der uns wirklich gut aussehen lässt – es verdient es also, gesehen zu werden. Nervt eure lokalen Musiksender, bis sie es spielen. Das war’s...
Danke und alles Gute
Freya:
Ich danke dir für das Interview.
Gothicparadise.de - Freya
http://www.gothicparadise.de
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