MIRADOR: Interview mit Jakob Forsberg
08.04.2005 | 00:00MIRADOR sind zwar schon relativ lange aktiv, aber können in Anbetracht der Tatsache, dass man dieser Tage sein erstes Album vorlegt, durchaus noch als Newcomer angesehen werden. So ist "The Azrael Tales" auch eines der vielseitigsten und originellsten Debütalben der letzten Zeit geworden und kann mit seinem sehr einzigartigen Stilmix zwischen Doom, klassischem Hard Rock und Progressive Metal durchweg begeistern, auch wenn es ein wenig Zeit braucht, um richtig zu zünden. In folgendem Interview mit dem sehr auskunftsfreudigen Sänger Jakob Forsberg erfahrt ihr, warum nicht jede christliche Metalband gleich "White Metal" sein muss, warum BLACK SABBATHs "Tyr" das beste Metalalbum aller Zeiten ist und was dabei rauskommt, wenn man in seiner Jugend auf STRYPER stand und später CANDLEMASS für sich entdeckt...
Rüdiger:
Die Band gibt es bereits seit vierzehn Jahren und erst jetzt das erste Album? Erzähl uns ein bisschen was darüber, warum das so lange gedauert hat. Was habt ihr in der Zeit sonst so gemacht?
Jakob:
Im Grunde waren wir von den vierzehn Jahren nur acht aktiv, weil die Band zwischen 1997 und 2003 für etwa sechs Jahre auf Eis lag. Das Schreiben, Aufnehmen und Veröffentlichen des Albums hat gar nicht mal lange gedauert. Das war alles in einem Jahr erledigt. Die ersten sieben Jahre waren halt der alltägliche Kampf um einen Deal, den jede Band durchmacht. Wir haben ziemlich jung angefangen und hatten nicht viel Ahnung vom Musizieren. Außerdem dauert es eine Weile, eine vernünftige Truppe zusammen zu bekommen.
Rüdiger:
Am Anfang eurer Karriere wart ihr von der sogenannten White-Metal-Band STRYPER aus den USA beeinflusst. Was hat euch so sehr an der Band fasziniert? Nur die Musik oder auch der textliche Hintergrund?
Jakob:
Sowohl Erik als auch ich hatten eine typisch christliche Kindheit und wurden von gläubigen Eltern erzogen. In einer solchen Umgebung ist es leichter deren Zustimmung zur harten Musik mit einer solchen Botschaft zu bekommen, als zum Beispiel für etwas wie IRON MAIDEN. Ich bin immer noch der Meinung, dass STRYPER es damals mit den Titanen jener Zeit aufnehmen konnten. Heutzutage ist die christliche Musikszene breiter und die jungen Leute haben mehr Alternativen in der Situation, in der Erik und ich uns befanden. Aber damals mussten wir leider oft zweitklassige Bands schlucken, die als die "christlichen GUNS'N'ROSES" und dergleichen angepriesen wurden. Das ist für einen 13-jährigen Jungen kein Spaß, wenn er nicht stark genug oder einfach nur zu nett ist, um eine Revolte anzuzetteln. Vielleicht schätzten wir STRYPER so sehr, weil sie auch außerhalb der christlichen Szene Anerkennung fanden, aber wir mochten sie auch wegen ihrer Botschaft. Sie war in umgekehrter Weise radikal. Ich liebe das Cover und den Titel des Albums "To Hell With The Devil".
Rüdiger:
Bist du von der STRYPER-Reunion begeistert oder hast du diesbezüglich große Erwartungen?
Jakob:
Es fällt mir schwer zu glauben, dass STRYPER in der Lage sind, ein würdiges Comeback durchzuziehen. Ich lass mich da gerne überraschen, aber derartige Reunions haben einen schlechten Ruf. Wie viele solche Bands (also 80er Sleaze Metal mit zehnjähriger Pause) machen noch Musik und Tourneen mit Würde? Das wird recht wahrscheinlich wie im Museum aussehen. Nostalgie im Überfluss. Aber wer weiß, ich mochte das "Against The Law"-Album, als die Streifen abgelegt wurden. Aber nein, begeistert bin ich nicht. STRYPER: R.I.P.
Rüdiger:
Kann man den STRYPER-Einfluss eurer Musik heute noch anhören?
Jakob:
Ganz ehrlich, nein. Nicht auf musikalischer Ebene jedenfalls. Wenn ich unser Album anhöre, finde ich gar nichts, das auch nur ansatzweise nach STRYPER klingt. Sogar damals, als wir versuchten STRYPER zu sein, klangen wir überhaupt nicht so. Was aber vor allem an der Inkompetenz unsererseits lag.
Rüdiger:
Euch wird auch öfters das White-Metal-Etikett aufgedrückt. Zu Recht? Wie definierst du White Metal eigentlich?
Jakob:
White Metal, so wie ich ihn kenne, ist per definitionem eine billige christliche Antwort auf den Black Metal. Da muss sich jemand gedacht haben: "Oh, sie nennen es Black Metal. Unsere Musik ist textlich das genaue Gegenteil. Lasst es uns White Metal nennen!" Und es wird noch lustiger: White-Metal-Bands, die Black Metal spielen. Entschuldigung, ich bin ein wenig verwirrt. Aber das ganze ist heutzutage viel zu etabliert, als dass man daran noch groß etwas ändern könnte. Ich kann mich mit White Metal nicht identifizieren. Ich bin Christ, Erik auch. Aber das weiße Etikett wäre dem Hörer gegenüber nicht fair, egal ob Christ oder Heide, da unsere Musik nicht diese Art von Botschaft transportiert.
Rüdiger:
Ist eine Band mit christlichen Texten automatisch White Metal oder muss man dazu auch einen speziellen Stil spielen? Reicht es, wenn der Musiker Christ ist, oder muss das auch im Text auftauchen?
Jakob:
Ich bin kein White-Metal-Experte, aber meiner Meinung nach wird man wohl schon extrem christliche Lyrics haben müssen, um diesen Stempel verpasst zu bekommen. Und Metal sollte man natürlich spielen. Ansonsten wäre wohl fast jede amerikanische Band eine White-Metal-Band. Dann müssten wir darüber diskutieren, wie christlich man sein muss, um als Christ angesehen zu werden.
Rüdiger:
Anfangs war ja Black Metal auch ausschließlich über die textlichen Inhalte definiert, während es heute eher ein Synonym für den musikalischen Stil ist, der von den frühen BATHORY etabliert und von DARKTHRONE in den frühen Neunzigern neu definiert wurde. Was hältst du von Black Metal, sowohl musikalisch als auch lyrisch?
Jakob:
Das lyrische Spektrum ist ja heute unheimlich groß. Das pure Böse versuche ich dabei schon zu meiden. Das tut mir nicht gut. Das Gore-Zeug neigt dazu, ein wenig lächerlich oder zumindest komisch im Sinne eines Splatterfilms zu sein. Dann gibt es da noch den Wettbewerb, wer die brutalsten Texte hat etc. Wie auch immer, weder die bösen, noch die blutigen Lyrics interessieren mich. Musikalisch habe ich so meine Probleme mit Growls und Gesang ohne Melodie. Eine Mischung aus klarem Gesang und Growling kann ich gerade noch ertragen. Mit Blastbeats werde ich auch nicht warm. Ich muss immer lachen, wenn die in einem Song anfangen zu blasten. Ich weiß nicht, warum. Ich finde das einfach seltsam. Aber die langsameren Parts im Death oder Black Metal sind oft absolut überragend. Viel coolere Riffs, als diejenigen, welche mir einfallen. Es ist immer das Selbe: Bei den langsamen Parts denke ich mir "Oh, das ist hervorragende Musik!", und wenn die Blasts einsetzten, schießt mir ein "Oh, warum haben sie das jetzt ruiniert?" durch den Kopf.
Rüdiger:
Es gibt auch Bands im Death und sogar Black Metal, die christliche Lyrics haben. Wie passt das zusammen?
Jakob:
Ich glaube nicht, dass es für irgendeine Philosophie den patentierten Musikstil gibt. In dem Fall müsste jeder Gospel-artige Song ohne christlichen Text unangemessen sein. Aber die Leute kombinieren einen Musikstil automatisch mit einer speziellen Message. Wenn man diese Erwartungshaltung über den Haufen wirft, dann kann das einen guten Effekt haben. Ich finde das okay.
Rüdiger:
Euer nächster Haupteinfluss scheint BLACK SABBATH mit Tony Martin zu sein. Musikalisch wie gesanglich. Wie wichtig sind dir jeweils die drei Hauptphasen von BLACK SABBATH? Mögt ihr auch das Material mit Ozzy und Dio? Ich finde, besonders den letzteren kann man auch gelegentlich in eurem Sound wiederfinden.
Jakob:
Natürlich war SABBATH ein großer Einfluss. Vor allem das Album "Tyr". Als wir mit dem Songwriting für "The Azrael Tales" anfingen, waren wir uns einig, dass "Tyr" das beste Metalalbum aller Zeiten ist. Musikalisch hat es all die Zutaten, die wir auch auf unserem Album haben wollten. Das Hauptriff von 'Anno Mundi' ist eines der besten Riffs, die jemals geschrieben wurden. Und ja, Tony Martin ist einer meiner Lieblingssänger. Das alte Material mit Ozzy ist auf ganz andere Weise magisch. Sein Gesangsstil ist einzigartig, und es würde verdammt viel Mut erfordern, die extrem einfachen Riffs heute in einen stilistisch ähnlich gelagerten Song zu packen. Außerdem hat das Zeug Groove. Einen etwas bluesigeren Groove, den ich sehr gerne mag, aber bis jetzt noch nicht schreiben kann. Wenn Ozzy zu Iommis Riffs singt, kann das nur gut und cool klingen.
Was die Dio-Ära angeht, ist das Material mehr wie eine Achterbahnfahrt. Manches ist wirklich sehr gut, anderes überhaupt nicht. Wir sind von dieser Ära nicht so sehr beeinflusst, wie von der mit Tony Martin, aber ja, ich denke, man kann trotzdem einige Einflüsse davon auf unserem Album hören.
Rüdiger:
Das Element Doom: Welche Rolle spielte Doom Metal im Prozess eurer Stilfindung? Was macht den besonderen Reiz von Bands wie VENI DOMINE, CANDLEMASS und MEMENTO MORI oder speziell einem Sänger wie Messiah Marcolin für euch aus?
Jakob:
Als ich VENI DOMINE zum ersten Mal hörte, war ich total begeistert. Ich hatte vorher niemals solche Musik gehört, und ich bin total davon eingefangen worden. Das Langsame und Epische, gemischt mit dem von mir favorisierten SABBATH-Stil, war für mich die perfekte Mischung. Ich ließ mir sagen, dass man den Stil Doom nennt, und dass CANDLEMASS das große Vorbild seien. Ich hörte, dass Leif Edling der schwedische Tony Iommi unter den Riffmachern sei. Und ich liebe Messiahs Gesangsstil. Allerdings ist er körperlich zweimal so groß wie ich, also habe ich keine Chance mit dem Klang seiner Stimme zu konkurrieren. Junge, dafür braucht man Volumen! Auch hier ist es die erfolgreiche Mischung von trägen, einfachen Riffs und schnelleren Passagen, die meine Aufmerksamkeit erregt. Und die Melodien, hymnisch und dunkel. Einfach wunderschön.
Dann haben wir da MEMENTO MORI, die unser mit Abstand größter musikalischer Einfluss sind. Das ist wie CANDLEMASS auf Acid. Außerdem gibt es einen weiteren großen Unterschied: Snowy Shaw. Sein Schlagzeugspiel, das leider nur auf den ersten beiden Alben zu hören ist, nun, ich weiß nicht, was ich sagen soll... ich habe niemals etwas Vergleichbares gehört. Kein normales Gehirn kann mit diesem Stil und derart verzwickten Fills ankommen. Manchmal höre ich mir "Life, Death And Other Morbid Tales" nur wegen der Drums und des abgedrehten Sounds an. Ich liebe das. Und dazu noch Messiahs Stimme als Krone. Was soll ich mehr sagen?
Rüdiger:
Aber eine reinrassige Doomband seid ihr auch nicht, oder? Ich finde ihr habt viel mehr Einflüsse, vor allem auch Elemente aus Prog und Hard Rock, nicht nur die massive Heaviness und Melancholie des Doom.
Jakob:
Richtig. Wir sind uns darüber im Klaren, dass sich unser Geschmack über die Jahre verändert hat und sich viele verschiedene Einflüsse auf unsere Aufnahmen auswirken. Das Skelett ist Doom, aber der Rest ist eine Mischung vieler andere Dinge. Das Ergebnis kann man sicher nicht als puren Doom Metal definieren. Damit bin ich zufrieden. Wir haben im begrenzen Rahmen unseren eigenen Stil und Sound erschaffen. Das ist das Wichtigste.
Rüdiger:
Was hältst du von den sehr erfolgreichen Reunion-Auftritten von CANDLEMASS, und was erwartest du vom kommenden Album, das am 2. Mai erscheinen wird?
Jakob:
Ich habe CANDLEMASS leider noch nie gesehen. Eine Schande. Aber ich habe aus zuverlässigen Quellen gehört, dass das neue Album brutal gut sein soll.
Rüdiger:
Das kann ich bestätigen. Sowohl CANDLEMASS als auch MEMENTO MORI sind nicht wirklich christliche Bands, aber sie haben durchaus auch christlich geprägte Lyrics wie zum Beispiel 'I Prayed' und 'Samarithan', was mir sehr gut gefällt. Wie sieht das bei euch aus? Was drückt ihr in euren Texten aus? Haben sie eine (christliche) Message oder sind sie eher persönlicher Natur?
Jakob:
Unsere Lyrics sind vor allem einfach Fiktion und leichte Poesie, dabei aber oft in biblischer Umgebung angesiedelt. Einige verarbeiten persönliche Gedanken bezüglich Leben und Tod, die dazu neigen, ein wenig obskur zu sein, andere sind direkter. Alle haben jedoch eine Aussage, manchmal allerdings zwischen den Zeilen.
Rüdiger:
Wofür steht der Engel Azrael aus eurer Sicht und im Kontext des Albums?
Jakob:
Azrael ist der Erzengel des Todes. Das ist doomig genug, um ihn zur Symbolfigur des Albums zu machen. Aber ich habe einige Fiktionen und Theorien über ihn als Ausgestoßenen gelesen, der seine eigenwilligen Taten in einer Grauzone zwischen Himmel, Erde und Hölle begeht. Ich mag diese Geschichte und finde darin meinen eigenen Lebensstil wieder. Die Texte breiten diese Story über mehrere Tracks hinweg aus, aber "No Loss Cut" und "Soul Distortion" beziehen sich ziemlich direkt auf das Thema.
Rüdiger:
Die tollen Keyboardpassagen erinnern manchmal an den klassischen Hard Rock und Metal der 70er und frühen 80er, wie z.B. DEEP PURPLE, RAINBOW oder DIO. Habt ihr eine Beziehung zu dem Stil oder woher kam die Inspiration für den Keyboardsound?
Jakob:
Das ist mehr eine Klangfrage. Du hast das Gefühl, dass irgendetwas fehlt, aber eine weitere Gitarre oder irgendwelche Synthpads würden einem guten Heavy-Rock-Riff die Ecken und Kanten nehmen. Da passt dann die Orgel sehr gut rein. Ich hätte das natürlich nicht reingenommen, wenn ich die von dir genannten Bands niemals gehört hätte. An anderen Stellen hat die Orgel aber einen melodischeren Stil, teils gar mit jazzigen Leadparts. Die sind dann mehr von BO HANSSON und DUNGEN inspiriert.
Rüdiger:
Eine letzte Frage zu den "Einflüssen": Auch wenn der Rest des Albums nicht mal ansatzweise danach klingt, erinnert die Bridge in 'Redeemer' unglaublich stark an MARYLIN MANSONs 'The Beautiful People'. Das kann kaum Zufall sein, oder?
Jakob:
Ihr wisst doch alle, wie das läuft. Du hast einen guten Part geschrieben, der fast zu gut zu sein scheint, um von dir zu sein. Und dann fällt es dir wie Schuppen von den Augen... das gab's schon mal. Ich hab mich dann dazu gezwungen, mir 'The Beautiful People' anzuhören, um das zu überarbeiten. Aber anstatt meinen Part etwas zu verkleiden und die Einflüsse zu verstecken, habe ich genau das Gegenteil gemacht und es noch ähnlicher gestaltet. Es ist also ganz klar eine Hommage, vor allem an Mr. Reznor.
Rüdiger:
Eure Kompositionen sind ziemlich verschachtelt und gehen nicht geradewegs auf die Zwölf. Man muss sich aufmerksam und vertieft damit beschäftigen, um richtig warm damit zu werden. Aber andererseits sind die Refrains meistens sehr eingängig und haben immensen Wiedererkennungswert. Stimmt es, dass man die Refrains als Schlüssel für den Durchschnittshörer sehen könnte, der ihm dazu veranlassen wird, dem Album die Zeit zu geben, die es braucht um zu wachsen?
Jakob:
Da gebe ich dir völlig Recht, bis ins Detail. Es war zwar nicht wirklich beabsichtigt, die Refrains besonders eingängig zu gestalten, um die Durchschnittshörer zu erwischen, sondern wir haben sie so gemacht, weil wir sie selbst so mögen. Aber das Ergebnis ist genau so, wie du es beschrieben hast.
Rüdiger:
Ihr habt auch einige Elemente aus orientalischer und schwedischer Folklore eingebaut. Wo und warum?
Jakob:
Die orientalische Note zeigt sich hier und da, in Tonleitern und Melodien von vor allem Gitarren und Keyboards. Die schwedische Folklore findet sich vor allem bei 'Metropolis' und kommt besonders im Outro zur Geltung. Ich habe eine Schwäche für nahöstliche und nordafrikanische Musik, und ich denke, das passt sehr gut zum Metal. Außerdem ist es eine alte Weißheit aus Hollywood, dass man so eine mystische und magische Atmosphäre erzeugen kann (hört euch nur mal 'The Ring Theme' des Soundtracks zum "Herr der Ringe" an). Wir wollten mit dem ganzen Konzept des Albums die Stimmung einer mystischen, traumhaften Reise erzeugen. Die schwedische Folklore ist das Rückgrat aller Schweden, und ich dachte es wäre eine Schande, sie nicht zu nutzen, da sie mir sehr gut gefällt. Die Mischung klingt so noch abgedrehter, wie ich finde.
Rüdiger:
Seid ihr in gewisser Hinsicht eine progressive Band, wenn man an die vielfältigen Stilelemente und technischen Aspekte eurer Musik denkt?
Jakob:
Ja. Aber auch hier gilt, dass einige richtige Proggies wohl sehr enttäuscht wären, wenn sie etwas wie aus dem Stall von InsideOut erwarten würden. Für den durchschnittlichen Hörer passt der Begriff Prog aber ganz gut.
Rüdiger:
Findest du auch, dass ein passendes und emotionales Gitarrensolo die Seele eines Songs sein kann? Wie wichtig sind eure Soli für euch?
Jakob:
Wir benutzen die Soli nicht nur, um den Platz zu füllen, oder weil sie einfach dazugehören. Ich mag Eriks Spielweise. Er hat bereits mit ca. zehn Jahren mit dem Shredding angefangen, und weiß, wie schnell er sein kann. Er muss das nicht bei jeder Gelegenheit beweisen. Wir sind uns darüber einig, dass das Gitarrensolo eine Möglichkeit darstellt, einen Song im Song zu erschaffen. Man kann damit eine Alternative zum Leadgesang aufzeigen. Wenn man dabei mehr auf Melodie als auf Geschwindigkeit achtet, sind die Chancen sehr gut, dass der Hörer es besser im Gedächtnis behält als die üblichen 30 Sekunden Gitargasmus.
Rüdiger:
Welche Leadgitarristen magst du am liebsten?
Jakob:
Das sollte eigentlich Erik beantworten, aber die meinen sind unter anderem Slash, Jimi Hendrix, Prince und Chris Rea.
Rüdiger:
Kristian Niemann spielt ein Gastsolo auf 'Perfect Plan'. Hat er einen ganz speziellen Stil, den ihr für diesen Song haben wolltet, oder ist er einfach ein Freund von euch, den ihr zu den Aufnahmen eingeladen habt?
Jakob:
Kristian ist ein wahrer Axtshredder mit sehr gutem Ruf. Ich mag seine wütenden, schnellen Skalen und den klagenden Overdrive. Manchmal spielt er unglaublich schnell, aber immer noch glasklar, sauber und scharf. Er ist ein Freund von mir, und ich gab ihm das Solo, um mehr Abwechslung auf die Platte zu bekommen. Das Stück 'Perfect Plan' war dabei die perfekte Wahl für Kristian. Auf dem nächsten Album werden wir mehr Gastmusiker haben.
Rüdiger:
Wie seid ihr auf Olof Gardestrand aufmerksam geworden, der die Scheibe eingetrommelt hat? Warum ist er nur als Sessionmitglied aufgeführt?
Jakob:
Als wir die Aufnahmen planten, waren wir uns in einem Punkt ganz sicher: Wir wollten keinen Drumcomputer benutzen. Wir hatten aber auch kein Geld, um einen Studiomusiker zu bezahlen. Erik schlug dann Olof vor, mit dem er zusammen in einer anderen Band spielt. Ich hatte ihn noch nie getroffen und war skeptisch, weil diese Band AOR spielt. Sie klingen sehr gut, aber die Stile sind halt sehr verschieden, und ich wollte unbedingt einen Schlagzeuger, der die Tracks in der Art von Snowy Shaw würde einspielen können. Erik war aber hartnäckig und versicherte mir, dass Olof sehr talentiert sei, und eine andere Wahl hatten wir auch nicht. Olof hat uns dann total überwältigt, spielte alles in kürzester Zeit genau so ein, wie wir uns das vorgestellt hatten und wollte nicht mal Geld dafür. Wir haben ihm versprochen, ihn zu bezahlen, falls wir überhaupt irgendwas verkaufen sollten. Auf dieser Scheibe ist er also zweifellos ein Sessiontrommler. Aber jetzt, wenn wir live auftreten werden, wollen wir ihn auch hinter dem Drumkit haben. Wir nehmen ihn also für jetzt und die Zukunft als Bandmitglied auf.
Rüdiger:
Wie sieht's mit Konzertplänen aus? Mit wem würdet ihr gerne losziehen?
Jakob:
Bis jetzt sind keine Konzerte gebucht. Wir haben auch nur in der Theorie ein Live-Line-up, und mit den Proben haben wir auch noch nicht angefangen. Um das ökonomisch realisierbar zu machen, bräuchten wir mehrere Gigs am Stück, da die Liveband aus acht Leuten bestehen wird. Wir würden gerne überall spielen, mit jeder anständigen Band, die Metal oder vergleichbare Musik macht.
Rüdiger:
Habt ihr mit dem Songwriting fürs nächste Album schon angefangen?
Jakob:
Ja, wir sind gerade dabei.
Rüdiger:
Sonst noch irgendwelche Ankündigungen?
Jakob:
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit und ich hoffe, wir werden in der Zukunft mehr Kontakt zu euch allen haben.
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle