NAILED TO OBSCURITY: Interview mit Jan-Ole und Raimund

26.02.2017 | 20:58

So machen Interviews Spaß. Raimund und Jan-Ole von NAILED TO OBSCURITY waren in Redelaune. Das verwundert mich nicht, hat die Band doch mit "King Delusion" ein sehr interessantes, neues Album am Start und ist voller Tatendrang. Wir sprachen mit den beiden über das neue Werk, ließen die letzten Jahre Revue passieren, blicken hinter die Fassade der aktuellen Stücke und wagen einen kleinen Blick in die Zukunft.

Hallo Freunde. Bevor es ans Eingemachte geht, lasst mich wissen, wie es euch geht und wie die momentane Stimmung bei euch so ist.

Raimund: Wir sind alle sehr aufgeregt. Direkt nach dem Studio haben wir uns in die Vorbereitungen für die kommenden Liveshows gestürzt, außerdem haben wir neue Fotos gemacht, zwei Videos gedreht und vor allem geprobt. Daneben kamen die wirklich durchgehend positiven, ersten Pressestimmen. Die Stimmung ist also sehr positiv und wir können es nicht erwarten, dass "King Delusion" endlich in den Läden steht [Das Album ist inzwischen am 3.2. erschienen. - Anm. d. Red.] und wir die neuen Songs auf die Bühne bringen können.

Seit eurer letzten Scheibe sind schon einige Jährchen ins Land gezogen. Könnt ihr mir ein kleines Update geben, was in der Zwischenzeit bei euch so passiert ist?

Raimund: Ja, die Zeitspanne ist deutlich größer als sie sich für uns anfühlt, hehe. Wir wohnen leider alle recht verstreut, was dazu führt, dass Ole (Gitarre) alleine etwa drei Stunden und ich ca. zwei Stunden Autofahrt zum Proberaum haben. Noch dazu haben wir alle normale Jobs bzw. studieren neben der Band. Das sorgt dafür, dass sich an den Wochenenden die Frage stellt, ob man nun live spielt oder an neuen Songs im Proberaum feilt. Die Musik entsteht bei uns im Kollektiv. Ole und Volker (ebenfalls Gitarre) bereiten gemeinsam die musikalischen Grundgerüste vor und die finalen Arrangements und der Feinschliff erfolgen dann im Proberaum mit allen Mitgliedern der Band. Es wird auf Tabbing-Software verzichtet und deshalb ist der Ansatz im Prinzip recht old-school. Die Musik lebt aber eben von dieser Dynamik und so ist der Prozess leider doch deutlich langwieriger.

Aber nun zurück zu deiner Frage: In den Jahren 2013, 2014 und weiten Teilen von 2015 haben wir wirklich enorm viel Zeit live gespielt. Darunter waren für uns wirklich coole Shows, wie auf dem Wacken Open Air, dem Summer Breeze, als Vorband von ARCH ENEMY oder bei der "The Plague Within"-Special Show von PARADISE LOST. 2016 haben wir dann bewusst damit verbracht, gemeinsam an den neuen Songs mit all ihren Baustellen - grundsätzliche Ideen, Arrangements, Songtexte - zu arbeiten. Wir haben deshalb vor dem Studiobesuch im vergangenen Jahr auch nur eine einzige Show gespielt. Es gibt also keine negativ behafteten Gründe dafür, dass es nun so lange gedauert hat, aber schlussendlich wollten wir auch nicht, dass so viel Zeit vergeht, bis wir ein neues Album präsentieren konnten. Wir werden uns Mühe geben, dass es beim nächsten Mal nicht so lange dauert.

Wenn ich mir eure neue Scheibe "King Delusion" anhöre, kommen mir direkt Bands wie KATATONIA, OPETH und INSOMNIUM in den Sinn. Welche Bands haben euch und euren Sound am meisten beeinflusst?

Raimund: Definitiv lässt sich nicht von der Hand weisen, dass wir die von dir genannten Bands sehr mögen. Vor allem die OPETH-Phase ab "Blackwater Park" und KATATONIA sind große Einflüsse für den Sound der Band. Aber dennoch hat auch jeder seine eigenen individuellen Vorbilder und musikalischen Helden, die sich nicht so offenkundig im Sound der Band verirren. Ole und Volker beispielsweise kamen seinerzeit durch ihre Vorliebe für SEPULTURA überhaupt erst auf die Idee, eine eigene Band zu gründen. Witzigerweise haben wir irgendwann festgestellt, dass wir sogar schon gemeinsam auf einem SEPULTURA-Konzert waren, ohne dass wir einander kannten. Aber so hat im Prinzip jeder in der Band seine individuellen Einflüsse, die sich auf dessen Attitüde beim Spielen auswirken o.ä., aber nicht zwangsläufig im Sound zu finden sind. Letztlich ist es uns als Band nicht wichtig zu klingen wie XY, sondern uns einfach auf unsere eigene Musik zu konzentrieren.

Ole: Oft sind es auch Songs oder Interpreten ganz anderer Genres, die uns inspirieren. Es können auch einfach bestimmte Songstrukturen, Übergänge, etc. sein, die uns dazu bringen, so etwas auch einmal in ähnlicher Form zu versuchen. Manchmal ist es auch die Atmosphäre eines Films oder dessen Soundtrack, die wir versuchen einzufangen. Da gibt es unzählige verschiedene Dinge, die einen auf gewisse Ideen bringen und eine ganz große Rolle, wahrscheinlich die wichtigste überhaupt, spielen Einflüsse aus unserem persönlichen Leben. All das ist natürlich nicht gerade offensichtlich für jeden herauszuhören, aber diese Dinge überwiegen gegenüber den offensichtlicheren musikalischen Einflüssen ganz deutlich.

Worin liegt eurer Meinung nach musikalisch der Hauptunterschied zwischen eurer neuen Scheibe und "Opaque"?

Raimund: Da wäre zunächst einmal der Sound. Victor ("V. Santura" Bullok) haben wir vor allem ausgewählt, weil er wir fanden, dass seine Produktionen es schaffen, viel Atmosphäre zu transportieren, ohne den Druck vermissen zu lassen. Außerdem versteht er es, den Charakter einer Band sehr deutlich zu erhalten. Deshalb finden wir, dass sich "King Delusion" viel deutlicher nach NAILED TO OBSCURITY anhört.

Außerdem ist das Album konstant in der Besetzung entstanden, die man nun auch auf dem Album hört. Als ich zur Band gestoßen bin, war das [vorherige - d. Red.] Album vollständig fertig, inkl. der Gesangsaufnahmen meines Vorgängers am Mikro. Wir haben uns dann dazu entschlossen, vollständig neue Texte zu verwenden. Diese habe ich dann gemeinsam mit Carsten (Bass) und Ole geschrieben. Im Studio wurden dann die Gitarren vollständig neu aufgenommen und ich habe die neuen Texte eingesungen. Es gab hier also gerade für mich viel mehr Restriktionen, weil ich mit fertig arrangierten Songs arbeiten musste und auch die Stimme, die ich auf dem Album benutze, habe ich quasi im Studio das erste Mal getestet.

Diesmal wussten wir als Band noch deutlicher, was der Einzelne kann. Dabei verlief auch das Songwriting etwas anders. Die Lieder wurden nicht Song für Song komponiert, sondern es wurde so verfahren, dass man, wenn man bei einem Song nicht weiterkam, eine andere Idee aufgegriffen hat, diese weiter ausgestaltet hat und wenn man wieder eine Idee zu dem Song davor hatte, hat man diesen wieder aufgegriffen. Das ist schlussendlich auch ein wichtiger Punkt für den Fluss des Albums geworden. "King Delusion" fließt daher wohl auch so gut.

Ole: Wir wussten bei diesem Album auch von Anfang an, in welche Richtung es gehen sollte, wir hatten quasi schon zu Beginn eine Art Vision, wie das Album werden sollte. Außerdem wussten wir genau, was wir besser machen könnten, wo wir etwas experimentieren wollten, etc. Wir sind einfach viel selbstbewusster und zielstrebiger an das Songwriting herangegangen.

Steckt ein spezielles Konzept hinter "King Delusion" oder einzelnen Songs?

Raimund: Es gibt kein übergeordnetes Konzept in Form einer Geschichte, die von Anfang bis Ende erzählt wird, aber dennoch gibt es einen roten Faden, der sich durch alle Songs zieht. In den Texten geht es den Umgang mit inneren Konflikten und Geschichten von Menschen am Rande emotionaler Abgründe. So erzählt quasi jeder Song eine eigene Geschichte oder liefert eine Metapher. "King Delusion" handelt von dem Gefühl, das man nach einem emotionalen Zusammenbruch, ausgelöst durch Wut, Sorgen, Hilflosigkeit o.ä. fühlt. Man handelt dann oftmals anders als man es von sich selbst erwarten würde. Rückblickend betrachtet ist es regelrecht so, als hätte man unter dem Einfluss von jemandem gehandelt. Dies ist der "King Delusion". In 'Uncage My Sanity' wiederum geht es um die Flucht vor einer Gegenwart, der man sich nicht mehr zugehörig fühlt und wie man sich davon frei macht. So ist das Album sicherlich sehr melancholisch, aber eben auch nachdenklich. Die Texte sollen zum Abstrahieren anregen. Jeder Hörer kann seinen eigenen Schlüssel dazu zwischen den Zeilen finden.

Wer war für das Artwork zuständig? Es gefällt mir sehr…

Raimund: Das Artwork stammt von einem argentinischen Künstler namens Santiago Caruso. Ole, der ohnehin sehr begeistert von Argentinien ist, kam mit der Idee, dass wir das Coverartwork von vorgenanntem Santiago Caruso machen lassen könnten. Nachdem wir die Werkschau auf seiner Website gesehen hatten, waren wir alle Feuer und Flamme. Um ihm die Ausrichtung der neuen Songs zu vermitteln, haben wir ihm die instrumentalen Songs in Form von Aufnahmen aus unserem Proberaum zugesendet und außerdem die textlichen Themen kurz umrissen oder die Texte im aktuell vorliegenden Stand zugeschickt. Auf dieser Basis hat er dann für uns Skizzen ausgearbeitet, die die Stimmung der Songs einfach perfekt eingefangen haben. Dann haben wir ihn weiterarbeiten lassen und das Ergebnis finden wir, nach wie vor, unheimlich gelungen. Es fängt die Elemente der Texte und der Musik einfach genial ein.

Gibt es Pläne eurerseits, mit "King Delusion" auf Tour zu gehen?

Raimund: Definitiv. Momentan arbeiten wir gerade an einer Tour und hoffen, dass diese auch zustande kommen wird. [Ab Mitte April wird die Band mit DARK TRANQUILLITY unterwegs sein und im Mai dann außerdem einige Shows mit THULCANDRA spielen. - Anm. d. Red.] Wir können an dieser Stelle noch nicht zu viel verraten. Darüber hinaus werden wir auch Einzelshows spielen. Man sollte hier einfach mal unsere Kanäle im Auge behalten, hehe.

Wie werden die kommenden Wochen und Monate bei NAILED TO OBSCURITY aussehen?

Raimund: Wir werden so viel wie möglich proben und uns auf die kommenden Shows vorbereiten. Danach hoffen wir entsprechend viel live spielen zu können und so viele Menschen wie möglich persönlich zu treffen, denen unsere Musik gefällt.

Damit wäre ich auch mit meinen Fragen am Ende und möchte mich an dieser Stelle noch einmal bei euch bedanken. Habt ihr an eure Fans und unsere Leser noch ein letztes Wort?

Raimund: Zunächst einmal vielen Dank für euer Interesse an unserer Musik. Wir hoffen, dass euch "King Delusion" genauso gut gefällt wie uns, und wir hoffen, euch schon bald bei einer der kommenden Shows zu treffen.

Redakteur:
Marcel Rapp

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