NECROPHOBIC: Interview mit Joakim Sterner

01.01.1970 | 01:00

Mit „Bloodhymns“ haben NECROPHOBIC, eine der dienstältesten schwedischen Death Metal Acts überhaupt, Anfang April ihren vierten und bis dato wohl genialsten Longplayer auf die Metalwelt gehetzt. Leider verlief deren Kariere nicht stetig bergauf, was bei den Qualitäten des Quartetts eigentlich verwunderlich ist. Vielmehr lässt sich deren Werdegang am ehesten als Äquivalent zum üblich vorherrschenden Wetter des Veröffentlichungsmonats von „Bloodhymns“ beschreiben … mal sonnig, mal windig, dann wieder stürmisch, eine kleiner Schneeschauer dazwischen usw. Maßgeblich Anteil an dieser Berg- und Talfahrt hatte das ehemalige Label des Vierers – BLACK MARK. Über diese und viele weitere Themen steht uns im folgenden Interview Joakim Sterner, Drummer und einzig verbliebenes Gründungsmitglied der Satansbraten aus Stockholm, Rede und Antwort.

Oliver: Wie Eure ehemaligen Labelkollegen FLESHCRAWL hattet Ihr sehr lange unter der Inkompetenz Eures ehemaligen Labels BLACK MARK zu leiden. Warum hat es bei Euch so lange gedauert das Kapitel BLACK MARK hinter sich zu lassen?

Joakim: Tja, wir waren nun mal bei Ihnen unter Vertrag. Wir haben zwar versucht schon früher rauszukommen, aber das haben sie unterbunden. Wie auch immer, wir sind jetzt trotzdem schon früher aus dem Deal draußen. BLACK MARK hatten zwar noch immer eine Option offen, aber nachdem ich ewig mit ihnen verhandelt habe kamen sie schließlich zum Schluss, dass es das beste für uns wäre diese Option nicht in Anspruch zu nehmen. Mit “das beste für uns” meine ich, sie hatten kapiert, dass wir nicht länger mit ihnen zusammenarbeiten wollten. Somit legten sie in dieser Angelegenheit doch etwas Menschlichkeit an den Tag. Unsere Geschäftsbeziehungen wurden jedenfalls auf freundlicher Basis beendet und das ist doch ein gutes Gefühl.

Oliver: Wo wir schon dabei sind … mittlerweile seit Ihr ja bei dem holländischen Label HAMMERHEART RECORDS gelandet. Wieso HHR? Lagen noch andere Angebote vor und sind schon Unterschiede zu Eurem ehemaligen Label erkennbar?

Joakim: Nun, HHR waren die ersten die uns kontaktierten und mit der Zeit hat sich eine gute Beziehung ergeben. Wir mochten einfach Ihre Art Biz-Angelegenheiten anzugehen, die uns um einiges professioneller zu sein schien, als dies bei unserem alten Label der Fall war. Es bestand auch noch Interesse von einem weitaus größeren Label, aber wir hatten das Gefühl, dass uns ein Deal bei dieser Firma nicht wirklich weiterbringt. Dort wären wir nur eine Band unter vielen gewesen.
Ganz klar, Unterschiede sind schon jetzt deutlich zu sehen. Wenn ich Dir sage, dass die jetzige Situation weitaus besser ist, dann weist Du wovon die Rede ist …

Oliver: Durch die Schwierigkeiten in der Vergangenheit mit der Plattenfirma habt Ihr garantiert nicht den Bekanntheitsgrad erreicht, den Ihr mit einer anderen Firma im Rücken hättet haben können. Deshalb dürftet Ihr einigen Metalheads bis jetzt mit Sicherheit verborgen geblieben sein. Sei so gut und fass doch mal die Eckdaten Eurer History zusammen damit man sich ein besseres Bild von Euch machen kann.

Joakim: NECROPHOBIC wurde 1989 in Stockholm gegründet. Bevor es zum ersten Deal kam haben wir 2 Demos und eine Single veröffentlicht. Seit 1993 haben wir jetzt 4 Longplayer und eine Mini an den Start gebracht. Viel mehr gibt es zu dem Thema eigentlich nicht zu sagen. Es ist wohl am besten, Ihr besorgt Euch eine Scheibe von uns und überzeugt Euch selbst von den Qualitäten NECROPHOBIC‘s!

Oliver: Bevor ich nach den Reaktionen auf „Bloodhymns“ frage, würde ich gerne wissen, wie Du mit Kritik umgehst? Wann ist für Dich der Bogen diesbezüglich überspannt?

Joakim: Tatsache ist, wir bekommen äußerst selten schlechte Reviews von der Presse und wenn doch, dann interessiert es mich nicht sonderlich. Sicher ist es eine nette Sache zu lesen, dass den Schreiberlingen gefällt was Du machst, aber viel besser ist es, dies von Leuten zu hören, die die Alben auch kaufen.

Oliver: Nun denn, wie sind die Reaktionen auf “Bloodhymns” bis dato so ausgefallen? Auch diesmal nichts Negatives dabei?

Joakim: Fucking great! Wir wussten zwar, dass wir ein großartiges Album gemacht hatten, aber es ist schon ein geiles Gefühl all die erstklassigen Reviews zu lesen. Nahezu überall gab es die Höchstnote bzw. knapp darunter.

Oliver: O.k. dann lass uns mal auf die Scheibe zu sprechen kommen. Das Teil ist ein großartiges Stück DM mit einem sehr eigenständigen Sound … unverfälscht, irgendwie spartanisch und verdammt rau. Mir scheint Ihr steht nicht sonderlich auf den ganzen Schnick-Schnack der heute studiotechnisch so möglich ist. Liege ich da richtig?

Joakim: Nicht unbedingt, wir streben lediglich nach einem Sound, der dem Feeling auf der Bühne nahe kommt, aber trotzdem so deutlich wie möglich ist, ohne dabei das dreckige und rohe Element des Death Metal zu verlieren. Ich glaube, mit “Bloodhymns” ist uns eine wirkliche Killerproduktion gelungen.

Oliver: Ein Großteil des CD- und Booklet-Artworks zur neuen Scheibe habt Ihr selbst erledigt. Betreibt die betreffende Person dies nur als Hobby oder doch auch beruflich?

Joakim: Wir waren schon immer in die Gestaltung unserer Artworks mit einbezogen, aber auf dieser Scheibe haben wir erstmals wirklich alles selbst gemacht. Ein guter Kumpel von uns hat zwar bei einigen Dingen geholfen, aber letztlich entstand alles in Eigenregie. Deshalb sind wir mit Sicherheit noch keine Profis, aber auf jeden Fall besser wie einige Typen die bei den Labels arbeiten …

Oliver: Wenn Du „Bloodhymns“ einem bestimmten Film bzw. Filmgenre als Soundtrack zuordnen müsstet, wohin würdest Du das Album stecken?

Joakim: Schwierige Frage. Mit einem bestimmten Film kann ich jetzt nicht unbedingt dienen, aber das Genre ist ganz klar “Horror” … haha. Mir fällt keine andere Kategorie ein, zu der unsere Musik besser passen würde … Dir vielleicht? (No Meister Sterner, das passt schon ... Anm. d. Verf.)

Oliver: Jede Band hat was das Songwriting angeht Ihren eigenen Stil. Wie entstehen bei Euch die Songs?

Joakim: Es ist eigentlich ziemlich schwer dies einer Person außerhalb der Band zu erklären. Das unterscheidet sich doch sehr stark von Song zu Song: größtenteils entsteht das Material bei jedem zu hause, das dann im Proberaum den anderen vorgespielt und im Anschluss darüber geredet wird. Hinterher wird das Zeug dann während der Proben zu kompletten Stücken arrangiert.
So ungefähr kann man sich das vorstellen, aber im Endeffekt trifft es die Sache noch immer nicht zu 100%.

Oliver: Inzwischen sind nicht mehr viele Bands übrig, die dem typischen Schweden Death Metal frönen. Warum seit Ihr diesem Stil treu geblieben?

Joakim: Als erstes möchte ich mal festhalten, dass wir unsere Musik nicht als “typischen schwedischen Death Metal” betrachten. Als wir anfingen, haben wir diesen Stil selbst geschaffen. Die meisten anderen Bands spielten zu dem Zeitpunkt eher “gory” ausgerichteten DM. Es gab damals nicht viele Acts wie wir, die diesen düsteren, bösen und satanischen DM-Sound am Start hatten.
Warum wir unserem Stil treu geblieben sind ist ganz einfach deshalb, weil wir diese Art von Musik lieben. Andere Bands springen von Stil zu Stil, aber NECROPHOBIC werden immer die gleichen bleiben!

Oliver: Ihr seit mittlerweile 13 Jahre im Geschäft und habt es lediglich auf 4 Longplayer gebracht … nicht gerade viel oder wie siehst Du das? Mal abgesehen von der schlechten Arbeit Eures Ex-Labels, könnte der Umstand, dass Ihr noch nicht allzu viele Alben veröffentlicht habt, ein Grund dafür sein, dass Ihr nie den großen Durchbruch geschafft habt, wie z. B. andere schwedische DM Combos?

Joakim: Wir wissen selbst, dass wir nicht so oft mit neuen Scheiben aus der Hüfte kommen wie dies andere Bands üblicherweise tun. ABER wenn wir ein Album veröffentlichen, dann sind darauf nur Killer-Stücke … da gibt es keine Lückenfüller, wie dies bei den meisten Bands der Fall ist. Sicher hat unter diesem Umstand der Erfolg von NECROPHOBIC gelitten, aber das interessiert uns nicht sonderlich. Wir wissen, dass wir es lieben Musik zu machen und dass alle unsere Alben 1-A sind!
Und ohne Zweifel, BLACK MARK ist sicher ein Grund dafür, dass wir die Spitze bis dato noch erreicht haben, aber … (… was nicht ist, wird im Falle NECROPHOBIC noch werden! – Anm. d. Verf.)

Oliver: NECROPHOBIC zählen ohne wenn und aber zu den Vorvätern des DM in Schweden. Wie beurteilst Du die Entwicklung des DM in Deinem Heimatland während der letzten 10 Jahre? Welche neuen bzw. unbekannten Bands sind zu empfehlen?

Joakim: Ehrlichgesagt habe ich nicht allzu viel über neue Bands gehört, die ich weiterempfehlen könnte. Trotzdem denke ich, dass wir nach wir vor aus einem Land kommen, das zu den Topadressen in Sachen Death Metal zählt. Allerdings hat sich die Musik durch die ganzen Trends doch verändert, wovon wir uns aber nicht beeinflussen ließen ... darauf bin ich auch sehr stolz.

Oliver: Gibt es ein Ziel, dass Du mit NECROPHOBIC unbedingt erreichen möchtest?

Joakim: Einfach nur weiter so gute Musik zu machen, wie wir es bisher getan haben und vor noch mehr Leuten in noch mehr Ländern zu spielen.

Oliver: Wo siehst Du NECROPHOBIC in 10 Jahren?

Joakim: Wir werden größer sein und noch immer kompromisslosen Death Metal spielen.

Oliver: Was steht für Euch in nächster Zeit an? Touren? Festivals? …

Joakim: Wir werden auf 2 großen deutschen Festivals spielen … WACKEN OPEN AIR und PARTY SAN OPEN AIR. Im November werden wir dann einige Dates in Polen abziehen und Anfang nächsten Jahres geht’s auf Europa-Tour. Ihr solltet uns nicht verpassen!

O.k. soviel zur Band. Anschließend wie üblich ein paar allgemeine Fragen an Mr. Sterner. Here we go!

Oliver: Heutzutage ist es gang und gäbe Scheiben die gerade mal 30 Minuten auf dem Buckel haben als Longplayer zu verticken. Findest Du das o.k. oder sollten diese CD’s evtl. billiger verkauft werden?

Joakim: Wenn die Qualität stimmt ist das allemal besser, als wenn Du 45 beschissene Minuten vorgesetzt bekommst. Mir persönlich ist es egal wie lang ein Album ist. Bestes Beispiel hierfür ist sicher “Reign In Blood” von SLAYER … die Scheibe ist nur 28 Minuten lang. Und kannst Du etwa irgend etwas schlechtes über diese Scheibe sagen? Man kann nicht einfach sagen “die Scheibe ist zu kurz” ohne dass man sie vorher gehört hat.
Meine Antwort ist jedenfalls “Nein” … ich denke nicht, dass eine kürzere Scheibe billiger sein sollte als längere.

Oliver: O.k. dann hätte ich noch ganz gerne Deine Meinung zu folgenden Themen gehört:
1.) MP3 Tauschbörsen und Internet
2.) Online-Mags verglichen mit „herkömmlichen“ gedruckten Magazinen

Joakim: Frage 1: Die MP3 Sache ist einerseits gut, andererseits schlecht. Der negative Aspekt daran ist, dass Musiker keine Kohle für die im Internet heruntergeladenen Songs sehen. Positiv an der Geschichte ist, dass es umsonst ist und Leute neue Musikstile abchecken können, die er oder sie vorher gar nicht beachtet hätten. Natürlich ist das Internet auch für die Künstler selbst eine gute Promotionplattform …
Frage 2: Ich bevorzuge die traditionelle Version, aber Webzines sind schon ‘ne feine Angelegenheit. Die Möglichkeit Interviews, Reviews und sonstigen Kram übers Internet verfügbar zu haben ist ein toller Service. Du kannst dir sämtliche Infos über Bands besorgen, von denen du noch nie was gehört hast und wirst so evtl. auf diese aufmerksam.

Oliver: Welche 3 Dinge würdest Du nicht mit auf eine einsame Insel nehmen?

Joakim: Verrückte Frage. Nun gut, ich würde wohl einen Staubsauger, ein Photo der Fußball-Mannschaft von BAJSKUNGENS IF und einen Fahrplan für die Züge zwischen Jokkmokk und Kiruna daheim lassen.

Oliver: Hättest Du die Möglichkeit einen Tag lang eine andere Person zu sein, in welche Rolle würdest Du gerne schlüpfen und warum?

Joakim: Ich wäre gern der Boss einer Plattenfirma, dann würde ich NECROPHOBIC soviel Kohle zukommen lassen, die sie brauchen um über das lange Leiden auf dem falschen Label gewesen zu sein hinweg zu kommen. Gebt NECROPHOBIC was sie verdienen!!!

Oliver: Zum Abschluss hast Du noch die Möglichkeit Deinen eigenen Nachruf zu verfassen.

Joakim: Hier ruht Joakim Sterner, verehrt von den Massen … hahaha!

Oliver: Gut, das soll’s gewesen sein. Danke für die Antworten. Du hast das letzte Wort ... come on!

Joakim: Ich danke Dir. Haltet Augen und Ohren offen für einige Überraschungen aus dem Hause NECROPHOBIC in diesem Herbst!



Redakteur:
Oliver Kast

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