NIGHTWISH: Tuomas Holopainen im Interview

16.06.2009 | 10:58

Im September haben es die Symphonic-Metaller von NIGHTWISH endlich geschafft: Ihre erste Tour mit der neuen Sängerin Anette neigt sich dem Ende zu.

Viel ist passiert, seitdem die Schwedin vor zwei Jahren zu den Finnen gestoßen ist. Songwriter und Bandkopf Tuomas Holopainen erklärt sich im Tourbus in Allentown zu einem gemütlichen Plausch über Alles und Nichts bereit.

Ricarda:
Als wir unser letztes Interview geführt haben, wart ihr gerade mit der Promotion für "Dark Passion Play" beschäftigt. Kannst du eine kurze Zusammenfassung geben, was in der Zwischenzeit passiert ist?

Tuomas:
Viele Höhenflüge, einige Tiefschläge, ein totaler Breakdown Ende November letztes Jahr. Nun ist alles wieder gut, alle haben ihren Spaß. Der größte Fehler, den wir gemacht haben war, unseren Tourplan etwas zu eng zu stecken, besonders wenn man bedenkt, dass wir eine neue Sängerin haben. Aber der Tourplan hat nicht nur ihr zu schaffen gemacht; in Südamerika haben wir gemerkt, dass alle - nicht nur die Band, sondern auch die Techniker und die anderen Crew-Mitglieder - richtig am Ende waren.

Ricarda:
Ja, der Tourplan beinhaltete ja noch mehr Konzerte in einer kürzeren Zeit als eure letzte Tour mit Tarja.

Tuomas:
Ja, viel mehr. Aber sowas zu überstehen, hat auch etwas Gutes, man kann sich ordentlich selbst auf die Schulter klopfen. (lacht)

Ricarda:
Wie viele Konzerte habt ihr bis jetzt mit Anette gespielt?

Tuomas:
Ungefähr 160 oder 170, so um den Dreh rum.

Ricarda:
Was war der beste und der schlechteste Gig der Tour? Außer dem Breakdown-Gig...

Tuomas:
Hm, Rock am Ring war definitiv der schlechteste. Wir hatten starke technische Probleme, und es war einfach furchtbar. Ja, das war mit Abstand der schlechteste! Ich denke, das war das einzige Konzert, das wir nicht noch irgendwie rumreißen konnten. Normalerweile kann man noch immer zumindest ein wenig stolz sein und sagen: "Ok, ich habe mein Bestes gegeben", aber da war es eine einzige Katastrophe wegen der Technik.



Ricarda:
Aber am Ende ging es doch, oder?

Tuomas:
Ja, schon irgendwie, aber für mich stellte der Gig den neuen Kalten-Schweiß-Weltrekord auf.

Ricarda:
Ich denke, wenn man in so einer Situation involviert ist, fühlt es sich tausendmal schlimmer an, als es die Zuschauer wahrnehmen.

Tuomas:
Das kann sein. Hoffen wir, dass es so war. Aber trotzdem läuft es mir noch kalt den Rücken runter, wenn ich nur daran zurückdenke.

Ricarda:
Und wie steht es mit dem besten Konzert?

Tuomas:
Oh je, es ist unmöglich, nur eins zu nennen, es gab so viele Konzerte, die richtig geil waren. Hm, aber vielleicht Zürich letztes Jahr, das war die größte Show der Tour, und es war super. Wenn ich also wirklich nur ein Konzert nennen soll, dann nehme ich Zürich, auch wenn es noch mindestens ein Dutzend andere gibt, die ebenso gut waren. Alle Shows, bei denen Troy mit von der Partie war, waren richtig gut. Besonders jetzt, wo wir 'Finlandia' live spielen; dieser Moment erzeugt bei mir immer eine Gänsehaut.

Ricarda:
Wir kamt ihr darauf, 'Finlandia' als Intro zu verwenden?

Tuomas:
Wir wussten, dass Troy mit uns touren wird, und er hatte 'Finlandia' für sein Soloalbum aufgenommen. Der Rest war dann nur ein kleiner Schritt.

Ricarda:
Kürzlich habt ihr das Live-Album "Made In Hong Kong" veröffentlicht. Das fandest du ja glaube ich gar nicht so gut...

Tuomas:

Ja, es ist kein Geheimnis, dass ich das Teil nicht wirklich mag. Es hätte mir nichts ausgemacht, wenn es niemals das Licht der Welt erblickt hätte. Besonders der Live-Teil macht überhaupt keinen Sinn, weil es nur die neuen Songs sind; es klingt, als würdest du eine schlecht eingespielte CD hören. Die Doku, die Videos und die Bonustracks sind aber gut, so es ist schon ein nettes Paket.

Ricarda:
Und es war zuviel Papierkram auch ältere Lieder in den Live-Teil zu packen?

Tuomas:

Ja, genau. Das war der einzige Grund. Hätten wir ältere Lieder auf der Scheibe, dann würde es wenigstens Sinn machen, aber so macht es überhaupt keinen. Ich war an der Produktion überhaupt nicht beteiligt.

Ricarda:
Weißt du, warum es auf der DVD keine Live-Videos zu sehen gibt? Es gibt zwar ein paar Live-Ausschnitte in der Doku, aber keine vollständigen Songs, und ich glaube, das hätten die Fans gerne gesehen und das hätte das Album auch rausreißen können.

Tuomas:
Nein sorry, ich habe keine Ahnung, warum sie sowas nicht gemacht haben.

Ricarda:
Habt ihr irgendwelche Pläne, nochmal ein paar Live-Videos von der Tour irgendwie zu veröffentlichen? Vielleicht als Bonusmaterial oder so?

Tuomas:
Nein, im Moment haben wir nichts dergleichen geplant. Ich glaube auch nicht, dass das noch passieren wird.

Ricarda:
Immerhin war die Doku recht interessant, auch wenn sich beim Ansehen die Frage aufdrängt, ob es jemals eine glückliche NIGHTWISH-Doku geben wird...

Tuomas:
Die Leute wollen nicht "glücklich" sehen! Sie wollen "beschissen", "traurig" und "lustig" – aber nicht "glücklich". (lacht) So sind die Menschen halt, glaube ich.

Ricarda:
Ach Quatsch, so sind sie gar nicht! (lacht)

Tuomas:
Doch, finde ich schon. Aber ja, irgendwie passiert auch ständig irgendetwas in der Band, also selbst wenn wir eine glückliche Doku machen wollen würden, ginge das wahrscheinlich gar nicht. Aber immerhin gab es in der Doku viel Drama, und die Leute sehen, dass so ein Leben nicht immer nur toll und spaßig ist, sondern auch seine Schattenseiten hat. Aber es gibt auch ein paar komische Einlagen dank Marco und dem Drunken-Uno-Spiel.



Ricarda:
Seit der Trennung von Tarja ist NIGHTWISH nicht nur wegen der Musik, sondern eben auch wegen diverser bandinterner Dramen in die Medien geraten. Wie sehr geht dir das auf die Nerven, dass die Leute euch nicht mehr nur wegen euer Musik wahrnehmen, sondern auch wegen solch anderer Sachen? Zuvor ging es nur um die Musik, und nun ist es ... ok, 50-50 ist vielleicht übertrieben, aber vielleicht 80-20?

Tuomas:
Ich würde sogar sagen, es ist so gut wie 50-50. (lacht) Und ja, es nervt mich schon etwas, weil ich mich frage, an was sich die Leute letztendlich erinnern werden. So in 20 Jahren zum Beispiel, wird man dann sagen "Oh ja, die haben tolle Musik gemacht" oder "Oh ja, die hatten diese furchtbare Trennung"? Und ich glaube, es wird wirklich 50-50 sein, und damit werden wir bis ans Ende unserer Tage leben müssen. Aber ja, das macht mir schon etwas zu schaffen.

Ricarda:
Aber immerhin ist es nur in den finnischen Medien so, in den anderen Ländern geht es doch eigentlich.

Tuomas:
Ja, das stimmt allerdings, es ist wirklich nur in Finnland, wo wir so einen Seifenoper-Status haben. (lacht)

Ricarda:
Gut, ihr seid jetzt nun gerade wieder einmal in den USA und habt hier keine Pyro-Show. Ist es schwer, sich diesbezüglich umzustellen?

Tuomas:
Am Anfang vermisst man die Pyros ein wenig, aber auf der anderen Seite ist es auch eine Reise zurück zu den Wurzeln der Band. Es ist viel mehr Rock 'n' Roll, viel intimer und mehr mit den Füßen auf dem Boden. Ich mag solche Gigs ebenso gerne wie die mit Pyros. Wenn wir in einem kleinen Club spielen, wie wir es heute Abend tun werden, ist die Atmosphäre toll. Es ist richtig heiß, man kann die Emotionen und den Schweiß des Publikums spüren – ich liebe es.

Ricarda:
Es ist wahrscheinlich auch nicht so schwer sich darauf einzustellen, wenn die ganze Tour ohne Pyros ist.

Tuomas:
Ja, das ist wahr. Es ist aber eine andere Geschichte, wenn wir eine Tour mit Pyros haben, und mittendrin ein Konzert ist, wo wir sie nicht benutzen können.

Ricarda:
Wie das eine Konzert in Italien im März. Es war wirklich lustig, euch dort zuzusehen, besonders dir und Jukka.

Tuomas:
Ja, das war irgendwie ein blödes Gefühl. Aber es ist auch immer gut, einen Wechsel zu haben, so wird es nicht langweilig.

Ricarda:
Das stimmt. Dennoch ändert ihr die Setlist nicht...

Tuomas:
Das würde ich aber gerne. Und ich denke, wir werden das auch irgendwann tun, aber im Moment ist die Setlist so perfekt. Alle sind glücklich damit, also haben wir uns entschlossen, sie für einige Wochen beizubehalten. Und in Europa war es sowieso so, dass wir die ganze Setlist mit den Pyros und den Lichtern erarbeitet hatten; hätten wir also nur einen Song geändert, hätte das alles über den Haufen geworfen. Hier in den USA können wir ein wenig mehr improvisieren, mal schauen ob wir das tun werden. Die Setlist im Moment fühlt sich einfach so gut an, es gibt genug Drama, gute Songs, einen guten Spannungsbogen...

Ricarda:
Ich persönlich vermisse zum Beispiel aber 'Ever Dream'...

Tuomas:
Ja, ich weiß, mir geht es genauso. Es ist eins meiner Lieblingslieber, aber es ist sehr schwer zu singen.

Ricarda:

Und ich vermisse auch 'Bye Bye Beautiful', aber ich habe gehört, das Lied werdet ihr nie wieder live spielen...

Tuomas:
Es fühlt sich so kitschig an...

Ricarda:
Aber es ist ein tolles Lied. Und ihr habt es sogar als eine Single herausgebracht, das fandet ihr nicht kitschig. Und es war der perfekte Opener bei euren Konzerten.

Tuomas:
Ja, das war es wohl. Es ist schon ein guter Live-Song, aber besonders Anette und Marco sagten mir, dass es sich für sie kitschig anfühlt, diesen Text zu singen.

Ricarda:
Immerhin habt ihr 'Wishmaster' endlich rausgeschmissen, da freu ich mich drüber. Nichts für ungut! (lacht)

Tuomas:
Passt schon! (lacht) Der Song ist ok, aber viel zu überspielt worden. Statt dessen haben wir ein paar Lieder ins Programm genommen, die wir noch nie live gespielt hatten, wie zum Beispiel 'Romanticide'. Oder auch 'The Escapist' – das Lied kommt live richtig gut.



Ricarda:
Letztes Jahr habt ihr auch einen Echo bekommen...

Tuomas:
Ja, das war eine Ewigkeit her, letztes Frühjahr. Best International Act. Wow! Wir waren neben MARILYN MANSON, FOO FIGHTERS, WITHIN TEMPTATION nominiert, ich habe keine Ahnung, wie wir den Preis bekommen haben. (lacht) Aber danke, es war schon sehr cool.

Ricarda:
So, wo hast du deinen Award jetzt?

Tuomas:
Hm, ich glaube, ich habe ihn. (lacht)

Ricarda:
Du glaubst? Steht er als Staubfänger auf der Toilette? (lacht)

Tuomas:
Vielleicht steht er auch bei unserer Plattenfirma, ich bin mir da irgendwie gar nicht so sicher.

Ricarda:
Ihr habt aber jeder eine Trophäe bekommen... (lacht)

Tuomas:
Wenn das so ist, dann hab ich das Ding wohl irgendwo. (lacht) Die Trophäe selbst bedeutet mir nicht soviel, es geht mir mehr um die Idee dahinter.

Ricarda:
Im August werdet ihr dann im Olavinlinna-Schloss in Savonlinna spielen. Wie kam es dazu?

Tuomas:
Ich weiß es gar nicht so genau. Sie fragten bei uns an, und unsere Manager Ewo und Toni haben es dann zur Wirklichkeit gemacht. Es ist so cool, ich wünschte nur, wir könnten etwas Besonderes dort machen, aber ich weiß nicht was. Wir wollten, dass Troy kommt, aber er hat bereits ein anderes Konzert, also kann er nicht kommen, was scheiße ist. Es wäre so perfekt 'Finlandia' dort zu spielen. Der Ort ist einfach perfekt dafür, dass wir dort spielen: ein Mittelalterschloss, halb draußen, Sitzplätze – es ist wirklich etwas ganz Besonderes. Aber unsere Techniker haben schon verlauten lassen, dass es für sie ein absoluter Alptraum ist, was die Akkustik angeht. Keine Ahnung, wie es im Endeffekt klingen wird, aber ich hoffe gut.

Ricarda:
Euer großes Abschlusskonzert findet wie bei der letzten Tour in der Hartwall-Arena in Helsinki statt. Heißt die Tour deswegen Déjà-Vu-Tour? Also ich hoffe ja, dass sich das ganze Drama nicht wiederholt... (lacht)

Tuomas:
Ja, das hoffe ich auch! (lacht) Aber keine Angst, das wird nicht passieren. Aber ansonsten ist es schon ein kleines Déjà Vu – alles bis auf eben dem Teil mit dem Brief und so.

Ricarda:
APOCALYPTICA wird eure Vorgruppe sein...

Tuomas:
Ja, fun for the whole family... (lacht)

Ricarda:
Genau. Aber wenn ihr etwas Besonderes dort machen wollt, könntet ihr ja zum Beispiel ein paar Lieder mit ihnen zusammenspielen?

Tuomas:
Sowas braucht leider viel Zeit zum Üben, und ich glaube, die haben wir einfach nicht. Aber sie sind eine tolle Live-Band, einfach fantastisch.

Ricarda:

Gut, dann lass uns mal ein wenig über das zukünftige Album reden. Du hast ja bereits schon Ideen, und ich habe irgendwo gelesen, dass du ein Konzeptalbum planst und es mehr um weltliche Probleme gehen soll anstelle von persönlichen Problemen?

Tuomas:
Nein, nicht um weltliche Probleme. Ich kann sagen, dass ich die Idee, wie das nächste Album werden soll, sehr klar in meinem Kopf habe. Ich habe einige Lieder fertig, habe alle Songtitel...

Ricarda:
Wie viele Songs werden es denn ungefähr?

Tuomas:
Ungefähr zwischen 10 und 15 – wie immer halt. Ich kann es schon gar nicht abwarten, mit der Arbeit zu beginnen, weil es schon ein wenig anders sein wird. Der Stil wird sich nicht drastisch ändern, aber es wird defintiv eine überraschende Wendung geben, auf die ich mich sehr freue und die unbedingt realisieren möchte.

Ricarda:
Wie schaut eure Zeitplanung aus? Habt ihr bereits das Studio gebucht?

Tuomas:
Nein, nicht das Studio, aber den Probenraum. Den haben wir für den Frühling 2010 gebucht.

Ricarda:
Das ist ja schon sehr bald.

Tuomas:
Ja, und ich denke, wir werden das Ganze vielleicht ein paar Monate nach hinten verschieben. Was wir mit dem nächsten Album vorhaben, ist eine große Sache, die defintiv viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Und ich kann es von der Band fühlen, dass wir uns ruhig noch einige Monate mehr Zeit lassen können. Die Atmosphäre ist zwar gut, aber wir sind alle sehr ... ich weiß gar nicht, wie ich es nennen kann. Irgendetwas zwischen Erschöpfung, Heimweh und einfach dem Gefühl, von allem zu viel zu haben. Mir geht es auf alle Fälle so. Ich liebe es zwar noch immer, ein Konzert so spielen, diese 90 Minuten auf der Bühne sind toll, aber es wird jedes Mal härter, von daheim wegzugehen. Das sagt dir schon etwas. Vielleicht werden wir einfach alt oder so, keine Ahnung.

Ricarda:
Vielleicht solltest du darüber einen Song schreiben?

Tuomas:
Ja, vielleicht.  Aber "Dark Passion Play" war so unglaublich düster – zumindest für meinen persönlichen Standard – dass ich im Moment die Idee habe, Songs zu schreiben, die zwar noch immer von großen Gefühlen handeln, aber eben von Gefühlen, die auf der anderen Seite des Spektrums liegen.

Ricarda:
Oh, also ein glückliches Album? Oder zumindest zufriedener?

Tuomas:
Zufriedener? Ja, das ist ein gutes Wort. Es soll einfach um andere große Kräfte des Lebens gehen als Melancholie, Traurigkeit und andere bittersüße Gefühle. Zumindest denke ich das im Moment, aber die Dinge können sich natürlich immer ändern.

Ricarda:
Ja, es kommt wohl immer darauf an, was gerade in deinem Leben passiert und in der Welt generell und so...

Tuomas:
Ja, schon, aber ich werde defintiv nicht BOB GELDOF werden, ich will die Welt nicht verbessern oder irgendetwas predigen... (lacht)



Ricarda:
Hast du schon eine Idee, ob ihr wieder in London in den Abbey Road Studios aufnehmen werdet?

Tuomas:
Ja, ich denke schon. Das Orchester wird dabei sein, der Chor wird dabei sein, ich nehme stark an, dass Troy dabei sein wird – und dann noch etwas völlig Neues. Aber ich denke, wir werden mit diesen Leuten bis zu unserem Tod arbeiten, sie sind einfach so ein starker Bestandteil unseres Sounds.

Ricarda:
Du hast außerdem noch die finnische Girl-Band INDICA produziert. Wie kam das?

Tuomas:
Sie fragten mich. Sie hörten, dass ich ein Fan ihrer Musik bin, und als wir dann gemeinsam in Skandinavien tourten, kam ihnen die Idee, dass sie ja ein neues Album machen und ich dieses produzieren sollte. Und ich sagte zu. "Du machst es aber nicht zu heavy, oder?" - "Nein, nein, nein, ich versuche es..." (lacht) Und jetzt haben wir gerade ihr englisches Album fertiggestellt. Die Arbeit hat wirklich sehr viel Spaß gemacht, die Mädchen sind nun wie fünf Schwestern für mich, aber es war auch ein großer Stress – vor allem das englische Album. Es war ein großer Aufwand, viel Geld, viel Risiko, aber wir werden sehen.

Ricarda:
Hast du auch an den Songübersetzungen mitgearbeitet?

Tuomas:
Nein, damit hatte ich nichts zu tun, ich habe nur produziert.

Ricarda:
Ist das etwas, dass du dir vorstellen könntest zu tun, wenn es NIGHTWISH irgendwann – Gott bewahre! – nicht mehr geben wird?

Tuomas:
Nein. Was ich beim Produzieren einer Band außer NIGHTWISH gelernt habe ist, dass ich es nie wieder machen werde. (lacht)

Ricarda:
Auch nicht mit INDICA?

Tuomas:
Mit INDICA vielleicht und defintiv mit NIGHTWISH, aber ansonsten nein. Ich bin kein Produzent, es ist nicht mein Ding, und ich denke, ich bin auch nicht sehr gut darin.

Ricarda:
Ich kann mir vorstellen, es ist schwer für dich anderen Leuten zu sagen, was sie mit ihren Songs machen sollen und was sie verändern sollen, weil du selbst ein Songwriter bist. Du kennst das Gefühl also wenn man denkt: "Hör auf, mein Kind zu schänden!"

Tuomas:
Das ist genau der Punkt! Ich will es einfach nicht mehr machen.

Ricarda:
Schade. Ich denke, viele Leute wären interessiert.

Tuomas:
Ja, vielleicht. Aber falls jemand von denen das hier liest: Ihr könnt es euch sparen, mich überhaupt zu fragen! (lacht)

Ricarda:
Ein anderen Nebenprojekt von dir ist ja KOTTEOLLISUUS. Hast du auch auf ihrem letzten Album gespielt?

Tuomas:
Ja, und die Jungs haben es bei mir zu Hause aufgenommen. Ich war zwar von den neun Wochen nur eine davon daheim, aber es war lustig.

Ricarda:
Wie sah dein Haus aus, als du heim kamst?

Tuomas:
So sauber wie nie zuvor. (lacht) Sie hatten alle Flaschen weggebracht, alles gesaugt, abgestaubt, es war toll.

Ricarda:
Die können gerne mal bei mir vorbeischauen. (lacht)

Tuomas:
Ok, ich sag's ihnen. (lacht) Diese Jungs bedeuten mir sehr viel, mit ihnen macht alles soviel Spaß, es ist, als wäre man in einer finnischen Komödie über das normale Leben. Und ich liebe ihre Musik und ihren Sinn für Humor. KOTITEOLLISUUS und INDICA sind mir beide sehr wichtig.

Ricarda:
Wirst du auch mit KOTITEOLLISUUS in Zukunft live spielen?

Tuomas:
Ja, so oft ich kann!

Ricarda:
Wie groß ist der Unterschied, mit NIGHTWISH und mit KOTITEOLLISUUS zu touren?

Tuomas:
Es ist ein sehr großer Unterschied. Mit KOTITEOLLISUUS ist alles viel relaxter, keiner schert sich einen Dreck um irgendetwas, aber auf eine sehr angenehme Art. Es ist finnischer Punk-Rock mit Songs, die eben nicht wirklich Punk sind. (lacht)

Ricarda:
Und es ist auch immer mit einem Augenzwinkern verbunden...

Tuomas:
Ja, das ist es auf alle Fälle.



Ricarda:
Wo wir gerade über Unterschiede zwischen Bands reden: Wie war es, mit INDICA zu arbeiten? Du bist es ja gewohnt, eher Männer um dich zu haben und plötzlich waren da fünf Mädels...

Tuomas:
Erst einmal fühle ich mich natürlich sehr priveligiert soviel Zeit mit fünf hübschen Mädchen zu verbringen. (lacht) Sie sind alle sehr locker und entspannt, aber sie haben auch sehr starke Meinungen, was aber natürlich auch gut ist. Wir hatten einige Auseinandersetzungen...

Ricarda:
Auseinandersetzungen oder eher Diskussionen?

Tuomas:
Irgendetwas dazwischen. Aber es ging teilweise schon ein wenig hitzig zu. (lacht) Aber so etwas ist natürlich auch gut, und ansonsten waren sie wirklich sehr locker und wir sind gute Freunde. Es ist definitiv keine Produzent-Künstler-Beziehung, sondern wir sind einfach ein Haufen Freunde.

Ricarda:
Das kann eine Zusammenarbeit aber auch schwerer machen...

Tuomas:
Ja, das kann wirklich der Fall sein. Aber wir hatten einfach Spaß.

Ricarda:
Ok, letzte Frage. Wie ja jeder weiß, bist du ein großer Disney-Fan. Wenn du jedes Bandmitglied von NIGHTWISH mit einer Disney-Figur vergleichen müsstest, wer wäre wer? Du kannst auch Charaktere nehmen, die keine Original-Disney-Figuren sind, sondern aus den Filmen oder so.

Tuomas:
Hm, also ich bin Peter Pan. Es ist zwar wirklich kein Original-Disney-Charakter, aber egal. (lacht) Emppu ist einer der Sieben Zwerge... (überlegt)

Ricarda:
Vielleicht Happy?

Tuomas:
Ja, Happy. Oder Dopey. Ich denke, ich nehme Dopey. Wen haben wir noch? Jukka...

Ricarda:
Jukka finde ich schwer...

Tuomas:
Ja, Jukka ist wirklich schwer. Verdammt. Ich denke, ich komme später nochmal auf ihn zurück. Erst einmal Marco...

Ricarda:
Er muss was Haariges sein... (lacht)

Tuomas:
Was Haariges? Das Biest?

Ricarda:
Oh ja!

Tuomas:
Ja, das Biest passt aber auch super, weil Marcos Äußeres nicht mit seinem Inneren übereinstimmt. Manche Leute haben Angst vor ihm, besonders kleine Kinder natürlich, weil er aussieht wie ein Wikinger. Aber sein Inneres ist total anders. Dann gibt es noch Anette... Hm, Daisy! (lacht) Ich glaube, ich muss gar nichts weiter dazu sagen, aber sie ist sowas von Daisy! (lacht mehr) Und dann haben wir noch immer Jukka übrig. Der einzige Charakter, der ihm wenigstens ein wenig nahe kommt ist Dagobert Duck...

Ricarda:
Echt?

Tuomas:
Ja, weil er es liebt, sich um die Geldsachen zu kümmern, und das meine ich nicht böse, denn bei ihm geht es defintiv nicht um Habsucht oder so. Aber er mag es einfach, diese Dinge zu regeln und er ist auch wirklich gut darin. Außerdem ist er auch sehr sparsam und zählt jeden einzelnen Euro. Es gibt natürlich einige Eigenschaften von Dagobert, die rein gar nichts mit Jukka zu tun haben, aber ich entscheide mich trotzdem für ihn.

Ricarda:
Ok, das war's dann auch. Ich danke dir mal wieder.

Tuomas:
Kein Problem, wie immer ein Vergnügen.

Redakteur:
Ricarda Schwoebel

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